JudikaturJustiz8Ob69/04m

8Ob69/04m – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Juli 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer, Dr. Spenling, Dr. Kuras und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Staatsanwaltschaft Klagenfurt, 9020 Klagenfurt, Heuplatz 2, gegen die beklagten Parteien 1.) Franziska B*****, 2.) P*****, vertreten durch Dr. Gustav Eckharter, Rechtsanwalt in Wien, wegen Nichtigerklärung einer Ehe gemäß § 23 EheG, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der zweitbeklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt vom 28. Mai 2004, GZ 4 R 166/04k-9, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem vorliegenden Beschluss wurde die vom Zweitbeklagten erhobene Unzuständigkeitseinrede zurückgewiesen und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens über die Ehenichtigkeitsklage unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen. Nach § 528 Abs 1 ZPO ist der Revisionsrekurs gegen den Beschluss eines Rekursgerichtes nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechtes oder des Verfahrensrechtes abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt bzw uneinheitlich ist. Im Revisionsrekurs wird nunmehr releviert, dass § 76 JN auf den vorliegenden Fall anwendbar wäre, da diese Bestimmung die Zuständigkeit für Streitigkeiten über die Scheidung, die Aufhebung, die Nichtigerklärung "oder" die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Parteien festlege. Da sich bei dieser Aufzählung zwischen den beiden letzten Fallgruppen kein Beistrich befinde, sondern diese durch "oder" verbunden seien, könne sich die Wortfolge, dass es sich um Streitigkeiten "zwischen" den Parteien handeln müsse nicht auf den Fall der Nichtigerklärung beziehen. Auch erfasse § 76 Abs 1 JN generell die Klagen des Staatsanwaltes nach § 23 EheG. Auf § 93 Abs 1 JN könne die Zuständigkeit nicht gestützt werden, da dies eine Streitgenossenschaft nach § 11 Abs 2 ZPO voraussetze. Das Rekursgericht hat aber zutreffend darauf verwiesen, dass der Oberste Gerichtshof bereits in zwei Entscheidungen, und zwar jener vom 15. 2. 2000 zu 4 Ob 39/00i (= SZ 73/27) und jener vom 22. 2. 2000 zu 1 Ob 39/00t ausgesprochen hat, dass die Regelung des § 76 Abs 1 JN hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit nicht für die Ehenichtigkeitsklagen des Staatsanwaltes gegen beide Ehegatten zur Anwendung gelangt, sondern sich auf Streitigkeiten aus dem Eheverhältnis zwischen den Ehegatten beschränkt. Der Staatsanwalt kann daher die Ehenichtigkeitsklage beim allgemeinen Gerichtsstand eines der beiden beklagten Ehegatten einbringen, da diese eine Streitgenossenschaft bilden und somit § 93 Abs 1 JN zur Anwendung gelangt. Eindeutig stellt § 76 Abs 1 JN hinsichtlich sämtlicher verschiedener Streitigkeiten auf solche betreffend die "Ehe zwischen den Parteien" ab. Dementsprechend kann dieser besondere Gerichtsstand sich nicht auf Klagen auf Nichtigerklärung durch den Staatsanwalt als Partei beziehen und damit auch nicht den allgemeinen Gerichtsstand bzw jenen für Streitgenossen nach § 93 JN verdrängen. Insgesamt vermag es die Revision jedenfalls nicht, eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO darzustellen.