JudikaturJustiz8Ob5/06b

8Ob5/06b – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. Juni 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Margarete R*****, 2.) Gerlinde R*****, beide vertreten durch Dr. Christine Fädler, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei Erika B*****, vertreten durch Dr. Andreas Mirecki, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 6.540,56 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 25. Jänner 2005, GZ 1 R 200/04i-16, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien vom 7. April 2004, GZ 4 C 1099/03a-11, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 549,34 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten EUR 91,56 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die klagenden Parteien sind Mehrheitseigentümerinnen der Liegenschaft EZ 39, Grundbuch L*****. Die Beklagte ist die Komplementärin der ehemaligen Hausverwalterin der Klägerinnen. Am Haus auf der Liegenschaft der Klägerinnen waren in den Jahren 1988/89 Dachdeckerarbeiten ausgeführt worden. Die Klägerinnen leiteten im Jahr 1992 ein Rechnungslegungs- und Herausgabeverfahren gegen ihre ehemalige Hausverwalterin ein, um unter anderem Einsicht in die Originalbelege über diese Arbeiten zu erhalten. Dem Rechungslegungsbegehren wurde mit Teilurteil vom 31. 8. 1995 stattgegeben, doch konnten die Klägerinnen erst am 10. 5. 2000 im Zuge des Exekutionsverfahrens Einsicht in die Originalbelege nehmen. Mit ihrer am 28. 5. 2003 eingebrachten Klage begehren die Klägerinnen die Zahlung von EUR 6.540,56. Dies stelle die Differenz zwischen dem seinerzeit für die Dachdeckerarbeiten bezahlten (überhöhten) Betrag von ATS 350.000 und dem angemessenen Betrag von ATS 260.000 dar. Die Klägerinnen stützten ihren Anspruch in der Klage „auf jeden erdenklichen Rechtsgrund", insbesondere § 1009 ABGB. Die Beklagte wendete unter anderem Verjährung ein, weil es sich um einen Schadenersatzanspruch nach § 1299 ABGB handle. Das Erstgericht wies den Anspruch der Klägerinnen wegen Verjährung ab. Es qualifizierte das Begehren als Schadenersatzanspruch, da der Hausverwaltung nicht mangelnde Rechnungslegung, sondern die Bezahlung überhöhter Professionistenrechnungen und somit eine Verletzung ihrer Berufspflichten, vorgeworfen werde; dieser verjähre nach den allgemeinen Regeln in 3 Jahren. Da der Lauf der Verjährungsfrist spätestens mit 10. 5. 2000 (Belegeinsicht) begonnen habe, sei der Anspruch schon verjährt.

Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung der Klägerinnen keine Folge. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, dass der Anspruch der Klägerinnen ein Schadenersatzanspruch sei, der nach § 1012 ABGB zu beurteilt werden müsse. Da aber keine besondere Verjährungsfrist bestimmt sei, gelte die 3-jährige Verjährungsfrist für Schadenersatzansprüche. Der Beginn des Fristenlaufes sei spätestens mit 10. 5. 2000, also dem Zeitpunkt, in dem sowohl der Schaden als auch der Ersatzpflichtige bekannt gewesen seien, anzusetzen.

Das Berufungsgericht erachtete - nach amtswegiger Berichtigung - die ordentliche Revision für zulässig, da es keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Verjährung eines sich aus der „Herausgabe der entsprechenden Rechnungslegung und einer diesbezüglich resultierenden Schadenersatzpflicht wegen Schlechterfüllung" gäbe.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von den klagenden Parteien erhobene Revision ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruches des Berufungsgerichtes (§ 508a Abs 1 ZPO) unzulässig.

§ 1009 ABGB regelt die Pflichten des Gewalthabers. Dieser hat neben anderen Pflichten „allen aus dem Geschäfte springenden Nutzen dem Machtgeber zu überlassen". Dies bedeutet ua, dass der Gewalthaber das auf Grund der eingeräumten Geschäftsbesorgung Erlangte, herauszugeben hat. Die Herausgabepflicht geht sehr weit und umfasst alles, was dem Gewalthaber aus Anlass der Geschäftsbesorgung zufließt, ist aber von allfälligen Schadenersatzansprüchen wegen Verletzung anderer Verhaltenspflichten (Treuepflicht etc) zu unterscheiden (Fenyves in WoBl 1992, 213). Der Herausgabeanspruch ist nicht Schadenersatz-, sondern Erfüllungsanspruch und unterliegt daher der 30-jährigen Verjährung (Strasser in Rummel ABGB³ § 1009 Rz 24; Apathy in Schwimann ABGB3 § 1009 Rz 17 Rz 17).

In der von den Klägerinnen zitierten Entscheidung (EvBl 1962/414) ging es um eine solche Herausgabe. Es hatten die dortigen Kläger durch den Beklagten, ihren Hausverwalter, ein Grundstück verkauft und ein anderes gekauft. Der beklagte Hausverwalter hatte nach den Klagebehauptungen ua ATS 64.694,69 in Empfang genommen, über die er ebenso wenig wie über eine Steuerangelegenheit der Kläger Rechnung legte, und den längst fälligen Haben-Betrag nicht auszahlte. In diesem Fall sprach der OGH aus, dass der Anspruch des Machtgebers auf Herausgabe des Erlöses oder Gewinnes ebenso wie sein Rechnungslegungsanspruch in 30 Jahren verjährt.

Im vorliegenden Fall geht es aber nicht um die Herausgabe eines solchen „Haben-Betrages", sondern um die Differenz zwischen der von der Beklagten bezahlten und der den Klägerinnen (aufgrund eines Gutachtens aus dem Jahr 1997) angemessen scheinenden Aufwände für die Dachdeckerarbeiten. Damit machen die Klägerinnen aber geltend, dass durch das (allenfalls) schuldhafte und vertragswidrige Verhalten der Beklagten ihr Vermögen gemindert wurde. Dabei handelt es sich nicht um einen Herausgabeanspruch (dem Machthaber ist nichts zugeflossen), sondern um einen Anspruch auf Ersatz des erlittenen Schadens wegen Schlechterfüllung der vertraglichen Verpflichtung.

Für den Bevollmächtigungsvertrag sieht § 1012 ABGB vor, dass der Gewalthaber schuldig ist, dem Machtgeber den durch sein Verschulden verursachten Schaden zu ersetzen. Der Anspruch folgt aber den allgemeinen Schadenersatzregeln (Strasser in Rummel aaO, § 1012 Rz 1; Apathy in Schwimann, ABGB3, § 1012 Rz 1) und unterliegt daher auch der kurzen Verjährungsfrist von 3 Jahren. Auch der Anspruch auf Rechnungslegung (§ 1012 zweiter Fall ABGB) ist von diesen Schadenersatzansprüchen zu trennen. Zwar kann ein Zusammenhang zwischen Rechnungslegungspflicht und Herausgabepflicht bzw. Schadenshaftung des Geschäftsbesorgers insoweit gegeben sein, als häufig erst die Rechnungslegung die Geltendmachung eines Herausgabeanspruches oder Schadenersatzanspruches ermöglicht (Strasser in Rummel aaO § 1012, Rz 13).

Die dreijährige Verjährungsfrist für Schadenersatzansprüche nach § 1489 ABGB beginnt mit Kenntnis des Schadens und der Person des Ersatzpflichtigen. Es reicht, wenn dem Berechtigten der Kausalzusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und dem eingetretenen Schaden erkennbar war, ohne dass die Kenntnis der genauen Höhe des Schadens hiezu erforderlich wäre (Bydlinski in Rummel ABGB3 § 1488 Rz 3; Mader/Janisch in Schwimann ABGB3 § 1489 Rz 9 jeweils mwN). Der Beginn der Verjährungsfrist ist daher jedenfalls mit dem Zeitpunkt der Belegeinsicht im Mai 2000, zu dem ja auch bereits ein Gutachten aus dem Jahre 1997 vorlag, das über die unangemessene Rechnung Auskunft gab, anzusetzen.

Da diese Fragen durch die vorliegende Rechtsprechung bereits ausreichend geklärt sind, erweist sich die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO sohin als unzulässig.

Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Sie hat daher Anspruch auf Ersatz der Kosten ihrer Beteiligung am Revisionsverfahren (§§ 41 iVm 50 ZPO).