JudikaturJustiz8Ob48/15i

8Ob48/15i – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Mai 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn und die Hofrätin Dr. Weixelbraun Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** B*****, vertreten durch die Dr. Reinhard Kraler Rechtsanwalt GmbH in Lienz, gegen die beklagte Partei I***** L*****, vertreten durch Dr. Gernot Gasser und Dr. Sonja Schneeberger, Rechtsanwälte in Lienz, wegen Streitanmerkung gemäß § 61 GBG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 24. März 2015, GZ 3 R 11/15i 6, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 3 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 126 Abs 3 GBG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Vorweg wird festgehalten, dass über einen Antrag auf Bewilligung der Streitanmerkung auch dann, wenn er wie hier im Rahmen eines Rechtsstreits beim Prozessgericht gestellt wird, nach den Vorschriften des GBG zu entscheiden ist (RIS Justiz RS0060516).

2. Die Abgrenzung zwischen einem Rekurs gegen den Grundbuchsbeschluss auf lastenfreie Abschreibung einer Trennfläche einerseits und einer Löschungsklage andererseits hat das Rekursgericht nach den zutreffenden Grundsätzen (RIS Justiz RS0124445; vgl auch 4 Ob 516/96) vorgenommen. Da der Kläger behauptet, dass die bekämpfte Eintragung mangels seiner Zustimmung der materiellen Rechtslage widersprochen habe, könnte ihm die Löschungsklage nicht aus dem Grund verwehrt werden, dass er gegen den seinerzeitigen Grundbuchsbeschluss keinen Rekurs erhoben hat.

3. Das Rekursgericht hält den zugrunde liegenden Antrag auf Anmerkung der Löschungsklage aber für unbegründet, weil der Kläger zur Löschungsklage nicht berechtigt sei. Die Löschung der von der Klage betroffenen bücherlichen Verfügung vom 11. 1. 1999 würde nicht dazu führen, dass sich das bücherliche Dienstbarkeitsrecht des Klägers (besser: „ein“ bücherliches Dienstbarkeitsrecht des Klägers ) auf die der Löschungsklage zugrunde liegenden Trennfläche von 110 m 2 (vormals des GSt 2542/2) erstrecken würde. Vielmehr würde das bücherliche Dienstbarkeitsrecht des derzeitigen Liegenschaftseigentümers (des Sohnes des Klägers) betroffen sein.

Diese Entscheidung des Rekursgerichts steht mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs im Ergebnis im Einklang.

4. Auf den Punkt gebracht stellt sich im vorliegenden Fall die Frage, ob der Kläger zur Löschungsklage legitimiert ist, wenn er zwar zum Zeitpunkt der bekämpften lastenfreien Abschreibung der Trennfläche von 110 m 2 vom dienenden Grundstück, nicht mehr aber zum Zeitpunkt der Einbringung der Löschungsklage (bzw des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung) bücherlicher Eigentümer des herrschenden Grundstücks war.

Nach der Rechtsprechung steht die Löschungsklage gemäß § 61 GBG nur dem zu, der in seinen bücherlichen Rechten durch eine materiell unrichtige Eintragung verletzt wurde. Kläger einer Löschungsklage kann also nur sein, wer im Grundbuch eingetragen ist oder schon eingetragen war und der durch eine nachfolgende, auf einem materiell unwirksamen Titel beruhende Eintragung aus dem Grundbuch verdrängt oder in seinen bücherlichen Rechten beschränkt (belastet) wurde (RIS Justiz RS0060428; RS0126087; 8 Ob 85/06t; 7 Ob 345/97d; 4 Ob 516/96). Die Wendung „eingetragen war“ bezieht sich auf die „Verdrängungsfälle“, also auf Konstellationen, in denen der Kläger durch die nachfolgende unberechtigte Eintragung aus dem Grundbuch verdrängt wurde, wie zB beim Eigentumsrecht der frühere bücherliche Eigentümer (vgl schon 2 Ob 511/96). Durch die Löschung der bekämpften Verfügung muss der Kläger wieder bücherlich berechtigt werden. Er muss also sein Begehren aus einem (eigenen) bücherlichen (dinglichen) Recht ableiten, das ihm zum maßgeblichen Zeitpunkt zusteht.

Maßgeblicher Zeitpunkt, auf den sich die Entscheidung bezieht, ist nach allgemeinen Regeln der Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz (5 Ob 95/09w). Der Kläger muss also jedenfalls bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz durch die bekämpfte Eintragung in seinen bücherlichen Rechten verletzt sein (vgl 4 Ob 516/96).

5.1 Entgegen den Ausführungen des Rekursgerichts sind die Entscheidungen 5 Ob 24/11g und 7 Ob 12/11g nicht einschlägig. Die Entscheidung 5 Ob 24/11g betrifft eine Schenkung auf den Todesfall, bei der der Geschenkgeber Eigentümer des Geschenks bleibt. Der Geschenknehmer könnte daher nur die Wiederherstellung des Buchstands durch Wiedereintragung des Eigentumsrechts des bisherigen (verdrängten) Liegenschaftseigentümers, nicht aber eines eigenen bücherlichen Rechts begehren, weshalb die Klage abzuweisen wäre. Die Entscheidung 7 Ob 12/11g betrifft die Behauptung von (nur) außerbücherlichem Eigentum. Einer Person, die aufgrund eines behaupteten Eigentumserwerbstitels bücherliches Eigentum erst erwerben will, ist die Streitanmerkung nach ständiger Rechtsprechung nicht zu bewilligen (vgl auch 3 Ob 127/13t).

5.2 Schließlich kann sich der Kläger nicht auf die Entscheidung 2 Ob 511/96 stützen, die eine Zession des Löschungsanspruchs betrifft. Danach steht im Fall einer Abtretung des Löschungsanspruchs (bis spätestens zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz) dem (durch einen noch nicht verbücherten Kaufvertrag ausgewiesenen künftigen) Einzelrechtsnachfolger des in einem bücherlichen Recht Verletzten die Löschungsklage zu. Die Aussage, es schade nicht, dass der Zedent zur Zeit des Abschlusses der Abtretungsvereinbarung im Grundbuch nicht mehr als Eigentümer eingetragen gewesen sei, weil der Löschungsanspruch gerade demjenigen zustehe, der in einem früher eingetragenen bücherlichen Recht verletzt worden sei, betrifft wiederum den Fall, dass der Zedent vom materiell unberechtigt Eingetragenen aus dem Grundbuch verdrängt wurde.

6. Mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG war der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen.

Rechtssätze
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