JudikaturJustiz8Ob17/21i

8Ob17/21i – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Februar 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Tarmann Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** K*****, vertreten durch MMag. Dr. Christina Haslwanter, Rechtsanwältin in Hall in Tirol, gegen die beklagte Partei Mag. M***** K*****, vertreten durch Krall Kühnl, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Räumung und Übergabe, infolge der „außerordentlichen“ Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 27. November 2020, GZ 3 R 154/20y 64, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Hall in Tirol vom 21. April 2020, GZ 3 C 630/17b 58, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

[1] Die Vorinstanzen wiesen im zweiten Rechtsgang die auf titellose Benützung der Liegenschaft gestützte Räumungsklage ab. Das Berufungsgericht bewerte den Entscheidungsgegenstand mit über 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR, und ließ die Revision nicht zu.

[2] Gegen das Berufungsurteil brachte die Klägerin beim Erstgericht einen Schriftsatz ein, den sie im Rubrum und im Einleitungssatz als „außerordentliche Revision“ bezeichnet. Im Schriftsatz führt sie zur „Zulässigkeit nach § 508 Abs 1 ZPO“ aus, dass entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die ordentliche Revision doch für zulässig zu erklären wäre, welche sie im Weiteren ausführt.

[3] Das Erstgericht legte den Akt direkt dem Obersten Gerichtshof vor.

[4] Diese Vorgangsweise widerspricht dem Gesetz.

Rechtliche Beurteilung

[5] Die Revision ist jedenfalls unzulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat (Entscheidungsgegenstand), an Geld oder Geldeswert insgesamt 5.000 EUR nicht übersteigt (§ 502 Abs 2 ZPO), oder – außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO – wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar 5.000 EUR, nicht aber insgesamt 30.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision – wie hier – für nicht zulässig erklärt hat (§ 502 Abs 3 ZPO).

[6] Diese Bestimmungen gelten jedoch nicht für Streitigkeiten, die unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallen, wenn dabei über eine Kündigung, über eine Räumung oder über das Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrags entschieden wird (§ 502 Abs 5 Z 2 ZPO). Die Ausnahme von der wertgrenzenmäßigen Beschränkung der Revisionszulässigkeit ist im Räumungsstreit aber nur dann anwendbar, wenn über ein Bestandverhältnis und seine wirksame Beendigung zu entscheiden ist (RIS Justiz RS0043261), wenn also die Klage aus der Beendigung eines Bestandverhältnisses resultiert und dieses Verhältnis auch bereits in der Klage behauptet wurde (RS0122891). Dagegen gehören Klagen auf Räumung, wenn sie die Benützung des Objekts ohne Rechtsgrund geltend machen, nicht zu den Streitigkeiten iSd § 49 Abs 2 Z 5 JN (RS0046865).

[7] Für die Frage, ob der in § 502 Abs 5 Z 2 ZPO angeführte Ausnahmefall einer streitwertunabhängigen Revisionszulässigkeit vorliegt, ist von den Behauptungen der klagenden Partei auszugehen (RS0043003). Die Klägerin stützte ihr Räumungsbegehren hier eindeutig auf eine rechtsgrundlose Benützung der Liegenschaft durch den Beklagten, weshalb das Berufungsgericht den Entscheidungsgegenstand gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO auch zutreffend einer Bewertung unterzog.

[8] Im – nach der hier erfolgten Bewertung im Berufungsurteil vorliegenden – Streitwertbereich zwischen 5.000 EUR und 30.000 EUR ist gegen ein Berufungsurteil, in dem die Revision für nicht zulässig erklärt wurde, keine außerordentliche Revision zulässig (§ 505 Abs 4 ZPO), sondern es ist im Weg des Abänderungsantrags nach § 508 ZPO sowie einer damit verbundenen ordentlichen Revision beim Berufungsgericht Abhilfe zu suchen. Die Vorlage der „außerordentlichen“ Revision direkt an den Obersten Gerichtshof widerspricht dieser Rechtslage.

[9] Aus diesem Grund war der Schriftsatz der Klägerin ungeachtet der Bezeichnung als „außerordentliche“ Revision jedenfalls nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen. Ob er der Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (vgl RS0109501 [T22]).

Rechtssätze
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