JudikaturJustiz8Ob111/20m

8Ob111/20m – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. März 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely Kristöfel als weitere Richter in den verbundenen Familienrechtssachen der Antragstellerinnen 1. K***** W*****, 2. K***** W*****, ebendort, beide vertreten durch Dr. Kristina Venturini, Rechtsanwältin in Hollabrunn, gegen den Antragsgegner J***** F*****, vertreten durch Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG in St. Pölten, wegen Unterhalt, über den Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom 19. Mai 2020, GZ 20 R 39/20f 57, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Hollabrunn vom 16. Jänner 2020, GZ 4 FAM 17/18t 51, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerinnen haben ihre Kosten der Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

[1] Mit Beschluss des Erstgerichts vom 16. 1. 2020 wurde der Antragsgegner als Vater der Antragstellerinnen zur Leistung erhöhter monatlicher Unterhaltsbeiträge ab 1. 1. 2017 verpflichtet. Grundlage für die Bemessung des Unterhalts war ein Sachverständigengutachten über das in den Jahren 2015, 2016 und 2017 durchschnittlich erzielte Einkommen des als Handelsagent und Landwirt selbstständig erwerbstätigen Antragsgegners.

[2] Das Rekursgericht gab dem Rechtsmittel des Vaters keine Folge und bestätigte den erstgerichtlichen Beschluss. Über Antrag des Vaters erklärte es nachträglich den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Es stelle eine erhebliche Rechtsfrage dar, ob das Rekursgericht von Amts wegen aufgreifen hätte müssen, dass die bis 2017 ermittelten Durchschnittseinkünfte des Unterhaltspflichtigen auch für die Folgejahre ohne weitere Überprüfung als Bemessungsgrundlage herangezogen wurden, obwohl der Antragsgegner dies in seinem Rekurs nicht bemängelt und dazu nichts ausgeführt habe.

Rechtliche Beurteilung

[3] Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.

[4] Auch im Verfahren außer Streitsachen ist der Oberste Gerichtshof keine Tatsacheninstanz. Behauptete Verfahrensmängel erster Instanz, ungenügende Stoffsammlung und mangelhafte Beweiswürdigung können, wenn sie vom Rekursgericht aufgrund der Rechtsmittelausführungen geprüft und verneint wurden, im Revisionsrekursverfahren nicht mehr geltend gemacht werden (RIS Justiz RS0006737; RS0108449; RS0007236 [T6] ua).

[5] Ein nicht unter § 66 Abs 1 Z 1 AußStrG fallender, vom Rekursgericht verneinter (RS0030748; RS0050037) Mangel des Außerstreitverfahrens erster Instanz bildet keinen Revisionsrekursgrund. Die vom Rechtsmittelwerber kritisierte unterlassene Einholung eines Gutachtens aus dem Fachgebiet der Land und Forstwirtschaft, ist daher vom Obersten Gerichtshof nicht mehr neuerlich aufzugreifen.

[6] Dies gilt auch für behauptete Verfahrensmängel erster Instanz, die vom Rechtsmittelwerber gar nicht erst an das Rekursgericht herangetragen wurden (RS0030748 [T8]). Richtig ist, dass der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, dass bei Beurteilung vergangener Zeitabschnitte grundsätzlich die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners für diesen Zeitraum zu ermitteln ist (1 Ob 549/95; 5 Ob 103/18k ua). Die für die Unterhaltsbemessung herangezogenen Beobachtungszeiträume können aber auch variieren und sind von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängig zu machen (RS0053251 [T19]). Ob der herangezogene Beobachtungszeitraum zur Gewinnung verlässlicher Ergebnisse ausreicht und ob das im Beobachtungszeitraum erzielte Einkommen vom Unterhaltspflichtigen voraussichtlich auch in Zukunft erzielt werden kann, stellt auch eine nicht revisible Tatfrage dar (9 Ob 74/19a).

[7] Da der Antragsgegner nicht einmal im Rekurs geltend gemacht hat, dass sich sein ermitteltes verfügbares Einkommen nach dem Ende des Beobachtungszeitraums verringert habe, konnte das Rekursgericht ohne weiteres diese Einkünfte auch für die Zukunft der rechtlichen Beurteilung zugrunde legen (vgl RS0053251 [T6]; vgl 9 Ob 74/19a).

[8] Ein Kostenersatz für die Rechtsmittelbeantwortung steht gemäß § 78 Abs 1 und 2 AußStrG nicht zu, weil darin auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels nicht eingegangen wurde. Der Schriftsatz diente daher nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung (RS0035979; RS0035962 [T17]; Obermaier in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG I 2 § 78 Rz 47).