JudikaturJustiz8Ob100/08a

8Ob100/08a – OGH Entscheidung

Entscheidung
02. September 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Spenling und Dr. Kuras sowie die Hofrätinnen Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*****, vertreten durch Dr. Stefan Glaser, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, und der Nebenintervenientin Sch*****, vertreten durch Hopmeier Wagner, Rechtsanwälte OG in Wien, wider die beklagte Partei A*****, vertreten durch Dr. Roman Schmied, Rechtsanwalt in St. Florian am Inn, und der Nebenintervenientin F*****, vertreten durch Dr. Walter Lanner, Rechtsanwalt in Steyr, wegen 521.724,14 EUR sA, über den Revisionsrekurs der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 24. Juni 2008, GZ 2 R 82/08d-65, mit dem der Rekurs der Nebenintervenientin der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 14. April 2008, GZ 1 Cg 14/06s-61, zurückgewiesen wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die Rechtsmittelwerberin hat die Kosten des erfolglosen Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin beauftragte die Beklagte im Jahr 2000 mit verschiedenen Estrich- und Oberbelagsarbeiten in einer Produktionshalle, und begehrte zuletzt die Zahlung von 521.724,14 EUR sA aus dem Titel Gewährleistung und Schadenersatz wegen mangelhafter Ausführung dieser Arbeiten. Auf Seiten der Beklagten trat die Lieferantin der für diese Arbeiten verwendeten Spachtelmasse als Nebenintervenientin bei. Nachdem ein Mitverschulden der Klägerin mit der Begründung eingewendet wurde, dass diese die mangelhafte Planung des Fußbodenaufbaus zu vertreten habe und auch entsprechend gewarnt worden sei, verkündete die Klägerin der letztlich erst nach Schluss der mündlichen Streitverhandlung in erster Instanz auf ihrer Seite als Nebenintervenientin beigetretenen Sch***** (im Folgenden kurz:

Ziviltechniker GmbH, welche die Ausschreibung, Auftragsvergabe und Bauüberwachung vorgenommen habe) den Streit.

Das Erstgericht gab mit Urteil vom 10. 1. 2008 dem Klagebegehren im Ausmaß von 501.014,88 EUR sA statt und wies das Mehrbegehren (unbekämpft und damit rechtskräftig) ab. Dieses Urteil wurde den Hauptparteien am 18. 1. 2008 und der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei am 21. 1. 2008 zugestellt. Ebenfalls am 21. 1. 2008 langte im ERV-Weg ein Schriftsatz der Ziviltechniker GmbH samt „Streitbeitritt" auf Seiten der Klägerin als weiterer Nebenintervenientin im Verfahren mit dem Vermerk ein, dass den anderen „Beteiligtenvertretern" die Gleichschriften bereits gemäß § 112 ZPO „per E-Mail" übermittelt worden seien. Das rechtliche Interesse begründete die nunmehr auf Seiten der Klägerin beigetretene Nebenintervenientin mit allfälligen Regress- und Schadenersatzansprüchen der Klägerin gegen sie. Eine Zustellung dieses Schriftsatzes an die Hauptparteien wurde seitens des Erstgerichts nicht verfügt (ON 51a).

Gegen die in der Folge ausschließlich von der Nebenintervenientin der Beklagten gegen den klagestattgebenden Teil des Urteils erhobene Berufung erstattete nicht nur die Klägerin, sondern auch die neue Nebenintervenientin auf ihrer Seite eine Berufungsbeantwortung (ON 53 und 54). Daraufhin beantragten die Beklagte und die Nebenintervenientin auf ihrer Seite die Zurückweisung der Nebenintervention auf Seiten der Klägerin; die Klägerin und deren Nebenintervenientin sprachen sich hingegen für die Zulassung der Nebenintervention aus.

Das Erstgericht ließ die Nebenintervention der Ziviltechniker GmbH auf Seiten der Klägerin zu. Es führte dazu rechtlich aus, dass ein Streitbeitritt auch noch während der Rechtsmittelfrist erfolgen könne und bejahte ein rechtliches Interesse der Nebenintervenientin am Obsiegen der Klägerin.

Das Rekursgericht wies den gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs der Nebenintervenientin (Materiallieferantin) auf Seiten der Beklagten zurück. Es stützte dieses Ergebnis zusammengefasst darauf, dass nach § 18 Abs 2 ZPO nur den Prozessparteien das Recht zustehe, die Zurückweisung der Nebenintervention zu beantragen. Der Nebenintervenient sei grundsätzlich nur Streithelfer, da er weder zu Leistungen verurteilt noch ihm unmittelbar etwas zugesprochen werden könne. Auch an den Zwischenverfahren über die Zulassung der Nebenintervention seien nur der dies beantragende Nebenintervenient und die Prozesspartei zu beteiligen, welche die Zurückweisung beantragt habe. Ein anderer Nebenintervenient sei dementsprechend nicht zu beteiligen und habe auch keine Rechtsmittellegitimation. Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht für zulässig, weil zur Frage der Rechtsmittellegitimation einer Nebenintervenientin gegen den Beschluss, mit dem die Nebenintervention einer anderen Person zugelassen wurde, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs auffindbar sei. Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei mit dem Antrag, den Zurückweisungsbeschluss aufzuheben und dem Rekursgericht eine Entscheidung in der Sache aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der ordentliche Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig (vgl RIS-Justiz RS0044501; Zechner in Fasching/Konecny, ZPO2 § 528 Rz 13), aber nicht berechtigt. Nach § 18 Abs 1 ZPO kann die Nebenintervention in jeder Lage des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung unter bestimmten Angaben und Voraussetzungen - insbesondere des Vorliegens eines rechtlichen Interesses am Sieg einer Prozesspartei - durch Zustellung eines Schriftsatzes an beide Parteien erfolgen. Gemäß § 18 Abs 2 ZPO kann jede Prozesspartei einen Antrag auf Zurückweisung der Nebenintervention stellen. Darüber ist sodann (nach vorhergehender mündlicher Verhandlung zwischen dem Bestreitenden und dem Nebenintervenienten) durch Beschluss zu entscheiden; der Fortgang des Hauptverfahrens wird dadurch nicht gehemmt und der Nebenintervenient ist bis zur rechtskräftigen Zurückweisung der Nebenintervention dem Hauptverfahren zuzuziehen (§ 18 Abs 3 ZPO).

Nach ständiger Rechtsprechung ist im Zwischenverfahren nach § 18 Abs 2 ZPO über den Zurückweisungsantrag nur der Nebenintervenient und diejenige Prozesspartei zu beteiligen, welche die Zurückweisung der Nebenintervention beantragt hat, sodass der zum Beitritt auffordernden und vom Nebenintervenienten unterstützten Prozesspartei kein Rekursrecht gegen den die Nebenintervention für unzulässig erklärenden Beschluss zusteht (RIS-Justiz RS0035743; zuletzt 6 Ob 336/97y).

Im vorliegenden Fall geht es nun darum, ob ein anderer, bereits früher beigetretener Nebenintervenient, gegen die Zulassung eines später auf Seite des Prozessgegners beigetretenen neuen Nebenintervenienten einen Zurückweisungsantrag stellen kann. § 18 Abs 2 ZPO unterscheidet hiezu ausdrücklich zwischen der „Prozesspartei" und den Nebenintervenienten und räumt dem Wortlaut nach nur der „Prozesspartei" eine solche Antragsbefugnis ein. Auch Schubert in Konecny/Fasching, ZPO2 § 18 Rz 8 bezieht sich nur auf die Antragsbefugnis der „Prozessparteien". Dies gilt ebenso für Fucik in Rechberger ZPO3 § 18 Rz 3, der ausdrücklich auf die „Hauptparteien" abstellt, Deixler-Hübner, Die Nebenintervention im Zivilprozeß (1993), 116 sowie Deixler-Hübner/Klicka, Zivilverfahren2 Rz 44a. Es ist der Rechtsmittelwerberin zuzugestehen, dass eine ausführliche Auseinandersetzung mit der hier vorliegenden Frage sich in all diesen Literaturstellen nicht findet, jedoch ist der Gesetzeswortlaut eindeutig. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der (historische) Gesetzgeber der Stammfassung der ZPO den vorliegenden Fall übersehen hätte und damit eine durch die Rechtsprechung schließungsfähige planwidrige Lücke anzunehmen wäre, da doch grundsätzliche Unterschiede zwischen der verfahrensrechtlichen Position einer Nebenintervenientin und einer Hauptpartei bestehen, nicht zuletzt etwa hinsichtlich der Frage der Kostenersatzpflicht. Auch wäre es dann, wenn man einen Zurückweisungsantrag des schon im Prozess früher zugelassenen Nebenintervenienten gegen einen später neu hinzukommenden Nebenintervenienten zuließe, oftmals von bloßen Zufälligkeiten abhängig, wer zeitlich zuerst kommt und sich damit gegen weitere Nebenintervenienten wehren könnte bzw wer als später Hinzutretender die schon vorgefundenen Nebenintervenienten akzeptieren müsste. Auch geht es hier - anders als etwa bei den Entscheidungen verstärkter Senate zu 1 Ob 145/02h = SZ 2002/168 und 1 Ob 2123/96d = SZ 70/60 - nicht um Fragen, welche die inhaltliche Beteiligung der Nebenintervenienten am Rechtsstreit um die Sache betreffen, sondern (ausschließlich) darum, wer sich an diesem zwischen klagender und beklagter Partei verfahrensmäßig zusätzlich und mit den Prozessgesetzen konform zulässigerweise beteiligen kann. Insoweit liegt es aber bei den Prozessparteien, die Interessen an einem raschen Prozess zu wahren. Ein Streit (ausschließlich) zwischen Nebenintervenienten untereinander über deren rechtliches Interesse an einem Beitritt und damit Zulassung könnte dem eigentlichen Prozessgegenstand völlig fremde Interessen in den Prozess hineintragen und durch vermehrte Zwischenverfahren darüber den Prozess übergebührlich verzögern und kostenmäßig belasten. Es ist daher - in Übereinstimmung mit dem Rekursgericht - davon auszugehen, dass einem Nebenintervenienten weder ein Antrag auf Zurückweisung des Beitritts eines anderen Nebenintervenienten noch ein Rechtsmittel in diesem Zusammenhang zukommt. Insoweit hat die Rechtsstellung des Nebenintervenienten auch durch die zitierten Entscheidungen der verstärkten Senate keinen Wandel erfahren. Dem Revisionsrekurs war damit nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50 und 40 ZPO.