JudikaturJustiz7Ob74/19m

7Ob74/19m – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Oktober 2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon. Prof. Dr. Höllwerth, Dr. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Amhof und Dr. Damian GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. W. *****gesellschaft mbH und 2. W***** W*****, beide *****, beide vertreten durch Tautschnig Rechtsanwälte GmbH in Klagenfurt, wegen 23.111,88 EUR sA und 44.601,24 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 26. Februar 2019, GZ 3 R 56/18d 108, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Die Beklagten stützen sich darauf, dass ihre Zahlung nur auf die Judikatschuld zufolge der zweitinstanzlichen Entscheidung erfolgt sei, gegen welche eine ordentliche Revision der Zweitbeklagten nicht zulässig und die daher bereits vollstreckbar gewesen sei. Infolge der von der Klägerin rechtsirrig, aber wirksam vorgenommenen Klagseinschränkung sei die Klagsforderung – entgegen der Ansicht der Vorinstanzen – verjährt und ihr Verjährungseinwand widerspreche auch nicht Treu und Glauben. Mit diesen Ausführungen machen die Beklagten keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO geltend:

Rechtliche Beurteilung

1. Den Beklagten ist nur dahin zuzustimmen, dass eine – wirksame – Klagseinschränkung sofort und unmittelbar dazu führt, dass das Begehren, um welches eingeschränkt wurde, aus dem Prozessrechtsverhältnis ausscheidet und eine Wiederausdehnung um den eingeschränkten Teil eine neue prozessuale Geltendmachung und keine Fortsetzung der verjährungsunterbrechenden Klagsführung darstellt (RS0034911). Jene Klagseinschränkung, auf welche die Beklagten ihre Verjährungseinrede gründen, ist allerdings nicht wirksam geworden.

2. Im Hinblick auf den im § 176 ZPO verankerten Verfahrensgrundsatz der Mündlichkeit der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht kann – sofern nicht eine Sondernorm besteht – in Schriftsätzen enthaltenes Vorbringen nur dann berücksichtigt werden, wenn es in der Verhandlung mündlich vorgetragen wurde (RS0036700 [T1]). Ein vorbereitender Schriftsatz wird mangels Vortrags in der mündlichen Verhandlung nicht zum Verhandlungs- und Entscheidungsstoff (1 Ob 188/98y).

3. Demnach hängt auch die Wirkung einer Klagsausdehnung mittels Schriftsatzes vom späteren Vortrag in der mündlichen Streitverhandlung ab ([verstärkter Senat] 7 Ob 707/88 = SZ 62/69; vgl auch 1 Ob 17/01h). Ebenso ist der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach davon ausgegangen, dass auch die Wirksamkeit einer in einem Schriftsatz vorgenommenen Klagseinschränkung von dessen Vortrag in einer Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung abhängt (vgl 2 Ob 163/89; 7 Ob 6/04i).

4. Der erkennende Senat hatte in der Entscheidung 7 Ob 6/04i einen im Wesentlichen gleichgelagerten Fall zu beurteilen, bei dem ebenfalls eine Zahlung nur auf die Judikatschuld (vollstreckbares, aber noch nicht rechtskräftiges zweitinstanzliches Urteil; § 505 Abs 4 ZPO) erfolgt war und der Kläger sodann (rechtsirrig) mittels Schriftsatzes eine Klagseinschränkung vornahm. Auch in dieser Entscheidung kam der erkennende Senat zum Ergebnis, dass diese Klagseinschränkung mangels späteren Vortrags in einer Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung nicht wirksam war.

5. Es trifft zwar zu, dass der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 2 Ob 61/11a ausgesprochen hat, dass eine durch Schriftsatz erklärte Klagseinschränkung zu ihrer Wirksamkeit nicht des Vortrags in der mündlichen Verhandlung bedürfe. Allerdings betraf diese Entscheidung eine ganz spezifische Verfahrenskonstellation, in der aufgrund der dort maßgeblichen Regeln über das Versäumungsurteil den Mündlichkeitsgrundsatz einschränkende Sondervorschriften maßgeblich waren. Im vorliegenden Fall kommen keine Sonderregeln zur Anwendung, die eine mündliche Streitverhandlung erübrigen oder gar ausschließen. Es besteht daher kein Anlass, von der in 7 Ob 6/04i vertretenen, dem Mündlichkeitsgrundsatz entsprechenden und zur Gleichbehandlung mit der Klagsausdehnung gebotenen Rechtsansicht abzugehen. Den die Klagseinschränkung enthaltenden Schriftsatz hat die Klägerin in der folgenden Tagsatzung nicht vorgetragen, die Klagseinschränkung ist demnach nicht wirksam geworden und Verjährung folglich nicht eingetreten.

6. Die Beklagten machen im Hinblick auf die durch den allgemein anerkannten Mündlichkeitsgrundsatz getragene einschlägige Vorentscheidung (7 Ob 6/04i) keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO geltend. Ihre Revision ist daher nicht zulässig und somit zurückzuweisen.