JudikaturJustiz7Ob69/18z

7Ob69/18z – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Mai 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** A*****, vertreten durch Mag. Clemens Braun, Rechtsanwalt in Innsbruck, und der auf der Seite der klagenden Partei als Nebenintervenientin einschreitenden K***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Martin Triendl, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei U***** AG, *****, vertreten durch Tramposch Partner Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 3.685,95 EUR sA, über den Rekurs der als Nebenintervenientin einschreitenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 22. Jänner 2018, GZ 3 R 18/18w 16, mit dem die Berufung der als Nebenintervenientin einschreitenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 21. September 2017, GZ 16 C 236/17k 10, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die als Nebenintervenientin einschreitende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 501,91 EUR (darin 83,65 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihrer Rekursbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Ersturteil erhielt der Klagevertreter am 22. 9. 2017 zugestellt.

Die K***** GmbH (fortan nur mehr: GmbH) erklärte mit dem am 18. 10. 2017 beim Erstgericht eingebrachten Schriftsatz, dem Rechtsstreit als Nebenintervenientin auf der Seite der Klägerin beizutreten und beantragte die Zustellung des Ersturteils.

Das Erstgericht stellte den Beitrittsschriftsatz (nur) der Beklagten am 23. 10. 2017 zur Äußerung binnen einer Woche zu und sprach mit Beschluss vom 31. 10. 2017 aus, dass der Beitritt der GmbH auf der Seite der Klägerin zugelassen werde. Diesen Beschluss erhielten der Klagevertreter sowie der Vertreter der GmbH zusammen mit einer Ausfertigung des Ersturteils jeweils am 3. 11. 2017 zugestellt. Die GmbH erhob am 30. 11. 2017 Berufung gegen das Ersturteil. Die Klägerin ließ das Ersturteil unbekämpft.

Das Berufungsgericht wies mit dem angefochtenen Beschluss die Berufung der GmbH zurück. Die 4-wöchige Frist zur Erhebung der Berufung habe für die durch die Abweisung des Klagebegehrens allein beschwerte Klägerin mit Ablauf des 20. 10. 2017 geendet. Der Beitritt als Nebenintervenient könne auch noch im Rechtsmittelverfahren erfolgen, wobei dann für den Nebenintervenienten eine eigene Rechtsmittelfrist laufe, sofern diese für die Hauptpartei noch nicht abgelaufen sei. Es komme dabei auf den Zeitpunkt der Zustellung des Beitrittsschriftsatzes an beide Parteien noch innerhalb der offenen Rechtsmittelfrist für die Hauptpartei an. Hier sei der Schriftsatz mit der Beitrittserklärung zwar noch vor Ablauf der Berufungsfrist beim Erstgericht eingelangt, der Beklagten aber erst nach Fristablauf, daher erst nach bereits eingetretener Rechtskraft, zugestellt worden. Der Beitritt der GmbH als Nebenintervenientin habe daher nicht mehr wirksam werden können, woran auch der – nicht konstitutiv – wirkende Bewilligungsbeschluss des Erstgerichts nichts habe ändern können.

Gegen diesen Beschluss des Berufungsgerichts richtet sich der Rekurs der als Nebenintervenientin auf der Seite der Klägerin einschreitenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den bekämpften Beschluss aufzuheben und dem Berufungsgericht die Sachentscheidung über die Berufung aufzutragen.

Die Beklagte erstattete eine Rekursbeantwortung mit dem Antrag, dem Rekurs der als Nebenintervenientin einschreitenden Partei keine Folge zu geben.

Der Rekurs ist zulässig (RIS Justiz RS0043893); er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Gemäß § 18 Abs 1 ZPO kann die Nebenintervention in jeder Lage des Rechtsstreits bis zu dessen rechtskräftiger Entscheidung durch Zustellung eines Schriftsatzes an beide Parteien erfolgen. Der Beitritt des Nebenintervenienten erfolgt demnach durch Abgabe der Beitrittserklärung an das Gericht und wird mit der Zustellung des Beitrittsschriftsatzes an beide Parteien rechtswirksam (RIS Justiz RS0115771 [T1]). Die Zustellung des Beitrittsschriftsatzes im direkten Weg nach § 112 ZPO führt zu keinem wirksamen Beitritt (1 Ob 109/16k).

2. Die Erklärung des Beitritts kann bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits erfolgen. Dem Nebenintervenienten ist – wie der Hauptpartei – eine Ausfertigung der Entscheidung zuzustellen (RIS Justiz RS0117093), wobei für ihn die Rechtsmittelfrist, auch wenn er erst im Rechtsmittelverfahren beigetreten ist, mit dem Zeitpunkt dieser Zustellung beginnt (RIS Justiz RS0122182). Dieser Grundsatz gilt allerdings nur dann, wenn zum Zeitpunkt des Beitritts die Rechtsmittelfrist für jene Partei, auf deren Seite der Nebenintervenient beitrat, noch nicht abgelaufen war (3 Ob 45/11f; Schneider in Fasching/Konecny 3 II/1 § 18 ZPO Rz 5). Die Erhebung eines Rechtsmittels, wenn der Beitritt erst zu einem Zeitpunkt wirksam wurde, zu dem für die Hauptpartei die Rechtsmittelfrist bereits ungenützt verstrichen war, ist nicht mehr möglich. Letztgenannter Fall liegt hier vor:

3. Die Klägerin erhielt das Ersturteil am 22. 9. 2017 zugestellt. Die Berufungsfrist der Klägerin endete demnach am 20. 10. 2017. Die GmbH brachte den Schriftsatz mit ihrer Beitrittserklärung zwar noch innerhalb der Berufungsfrist am 18. 10. 2017 beim Erstgericht ein. Die Zustellung des Beitrittsschriftsatzes an die Beklagte erfolgte aber erst nach Ablauf der Berufungsfrist am 23. 10. 2017 und eine gerichtliche Zustellung dieses Schriftsatzes an die Klägerin ist bislang überhaupt unterblieben. Der Beitritt der GmbH ist daher nicht wirksam geworden. Der – überdies erst nach Rechtskraft des Ersturteils ergangene – Beschluss des Erstgerichts, mit dem der Beitritt der GmbH auf der Seite der Klägerin zugelassen wurde, vermag die nach § 18 Abs 1 ZPO für die Wirksamkeit des Beitritts erforderlichen Zustellungen nicht zu ersetzen. Mangels wirksamen Beitritts der GmbH hat das Berufungsgericht deren Berufung zutreffend als unzulässig zurückgewiesen. Dem dagegen erhobenen Rekurs der GmbH muss daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 40, 51 ZPO. Ein Streitgenossenzuschlag gebührt der Beklagten nicht, weil ihr im Rekursverfahren nur eine Partei gegenüberstand.

Rechtssätze
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