JudikaturJustiz7Ob55/07z

7Ob55/07z – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. Mai 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Alois K*****, vertreten durch Dr. Herbert Heigl und andere Rechtsanwälte in Marchtrenk, gegen die beklagte Partei Dr. Karin K*****, vertreten durch Dr. Peter Posch und Dr. Ingrid Posch, Rechtsanwälte in Wels, wegen Feststellung des teilweisen Erlöschens von Unterhaltsansprüchen, 1. über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Klägers gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wels als Rekursgericht vom 17. Jänner 2007, GZ 21 R 15/07s-31, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Grieskirchen vom 13. Dezember 2006, GZ 8 C 22/05x-28, in eine Antragszurückweisung (anstatt Antragsabweisung) abgeändert wurde, und 2. über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wels als Berufungsgericht vom 8. November 2006, GZ 21 R 393/06b-26, womit die Berufung des Klägers gegen das Teil- und Zwischenurteil des Bezirksgerichtes Grieskirchen vom 21. Juli 2006, GZ 8 C 22/05x-20, zurückgewiesen wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Der außerordentliche Revisionsrekurs zu 7 Ob 62/07d wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

2. Dem Rekurs zu 7 Ob 55/07z wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Das Erstgericht wies das Hauptbegehren des Klägers, es werde das Bestehen (für 2004 das Nichtbestehen) seiner (gegenüber dem Titelunterhalt niedrigeren) Unterhaltspflicht gegenüber der Beklagten in bestimmter Höhe festgestellt, mit Teilurteil ab und erkannte im Sinne des Eventualbegehrens mit Zwischenurteil dem Grunde nach die Beklagte für schuldig, dem Kläger zuviel geleisteten Unterhalt zurückzubezahlen.

Das Urteil wurde dem - in erster Instanz nicht anwaltlich vertretenen - Kläger durch Hinterlegung zugestellt (Beginn der Abholfrist: 28. 7. 2006).

Am 21. 9. 2006 brachte der Klagevertreter die Berufung ein. Er führte zur Frage der Rechtzeitigkeit aus, dass das Teil-Zwischenurteil des Erstgerichtes am 27. 7. 2006 zugestellt worden sei und bei Berechnung der vierwöchigen Frist ab 25. 8. 2006 die Rechtsmittelfrist für die Berufung am 21. 9. 2006 ende.

Das Berufungsgericht wies die Berufung des Klägers als verspätet zurück. Gemäß § 225 Abs 2 ZPO habe die verhandlungsfreie Zeit auf den Anfang und den Ablauf der Fristen in Ferialsachen keinen Einfluss. Ferialsachen seien gemäß § 224 Abs 1 Z 4 ZPO auch Streitigkeiten über den aus dem Gesetz gebührenden Unterhalt. Solche seien nicht nur Streitigkeiten, die sich auf den erstmaligen Zuspruch eines Unterhaltsanspruches oder auf Erhöhung oder Herabsetzung eines schon titulierten Unterhaltsanspruches bezögen, sondern es seien davon alle Rechtsfragen des gesetzlichen Unterhalts, sohin auch das Haupt- und Eventualbegehren umfasst.

Der Kläger beantragte am 12. 12. 2006 die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist, hilfsweise erhob er auch Rekurs gegen den Beschluss des Berufungsgerichtes auf Zurückweisung der Berufung. Infolge Reihung durch den Kläger ist zunächst über den Wiedereinsetzungsantrag zu entscheiden (3 Ob 112/03x).

Rechtliche Beurteilung

Zu 1. (außerordentlicher Revisionsrekurs):

Es liegt eine abändernde Entscheidung vor, wenn das Erstgericht den Antrag mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 146 ZPO abweist und das Rekursgericht den Antrag als verspätet zurückweist (RIS-Justiz RS0044202), sodass der außerordentliche Revisionsrekurs nicht absolut unzulässig ist. Er ist jedoch mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Der Lauf der Frist zur Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages beginnt nicht zwingend erst mit der Aufklärung des Irrtums, sondern bereits mit seiner möglichen Aufklärung. Es kommt darauf an, wann das die Versäumung verursachende Ereignis hätte wegfallen können (RIS-Justiz RS0036608). Ist die Prozesshandlung durch einen Irrtum versäumt worden, beginnt die Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit dessen möglicher Aufklärung, sofern diese durch auffallende Sorglosigkeit unterblieben ist (RIS-Justiz RS0036742). Es kommt also darauf an, wann die Partei die versäumte Prozesshandlung hätte nachholen können (RIS-Justiz RS0036621). Die Partei hat sich das Verschulden ihres Rechtsanwaltes grundsätzlich zurechnen zu lassen (RIS-Justiz RS0036729). Ob den Parteienvertreter bereits bei Unterfertigung des Rechtsmittels eine Handlungspflicht im Sinne des § 147 Abs 3 ZPO getroffen hat oder ob er bis zur Zustellung des die Berufung zurückweisenden Beschlusses zuwarten darf, betrifft nur den zu beurteilenden Einzelfall und stellt grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO dar (RIS-Justiz RS0036590). Die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, dass dem Klagevertreter die unrichtige Berechnung der Berufungsfrist für eine Ferialsache (siehe dazu die Ausführungen zu 2.) bereits bei Unterfertigung der Berufung hätte auffallen müssen, sodass ein erst nach Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses gestellter Wiedereinsetzungsantrag verspätet ist, hält sich im Rahmen der Judikatur. Es wurde keine erhebliche Rechtsfrage geltend gemacht.

Zu 2. (Rekurs):

Der Rekurs ist zulässig (§ 519 Abs 1 Z 1 ZPO), aber nicht berechtigt. Gemäß § 224 Abs 1 Z 4 ZPO sind Ferialsachen Streitigkeiten über den aus dem Gesetz gebührenden Unterhalt. Alle Streitigkeiten über den aus dem Gesetz gebührenden Unterhalt sind Ferialsachen, also auch die auf Feststellung des Erlöschens eines Unterhaltsanspruches (2 Ob 155/00h; 6 Ob 113/00m; RIS-Justiz RS0037378). Auf die konkrete Dringlichkeit eines Verfahrens kommt es im Hinblick auf die Gesetzeslage nicht an (RIS-Justiz RS0110162).

Soweit sich der Kläger auf die Entscheidung 3 Ob 108/02g beruft, ist ihm zu erwidern, dass Gegenstand dieser Entscheidung eine Wiederaufnahmsklage war, die kraft Gesetzes nicht zu den Ferialsachen gehört. War Gegenstand des Vorprozesses eine Ferialsache, macht dies das Verfahren über die Wiederaufnahmsklage nicht ebenfalls zur Ferialsache (RIS-Justiz RS0037508).

Dem Rekurs kommt daher kein Erfolg zu.

Rechtssätze
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