JudikaturJustiz7Ob538/95

7Ob538/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
31. Mai 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Brigitte W*****, vertreten durch Dr.Hubert Fitz, Rechtsanwalt in Feldkirch, gegen die beklagte Partei Marktgemeinde S*****, vertreten durch Dr.Fritz Miller, Rechtsanwalt in Schruns, wegen Feststellung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht als Berufungsgericht vom 30.Dezember 1994, GZ 4 R 258/94-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 25.April 1994, GZ 9 Cg 6/94-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision und die Revisionsbeantwortung werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Klägerin und ihre Mutter sind je zur Hälfte Miteigentümerinnen der Liegenschaft EZ ***** GB ***** S*****, mit deren Eigentum als Stammsitzliegenschaft das Eigentumsrecht zu einem 1/56 an der Liegenschaft EZ ***** GB ***** S***** mit Gst Nr ***** Weg (768 m2) als einzigem Gutsbestand realrechtlich verbunden ist. Dieser Weg wird als "Feldweg" bezeichnet.

Die Klägerin begehrte die Feststellung, daß zwischen den Miteigentümern dieses Wegegrundstückes "weder am 5.5.1993 noch zu einem späteren Zeitpunkt, jedenfalls bis zum Tag der Einbringung dieser Klage eine rechtsgültige Vereinbarung welchen Inhalts auch immer bezüglich dieses Grundstückes getroffen wurde". Die Klägerin brachte hiezu vor, daß der Bürgermeister der beklagten Gemeinde mehrfach behauptet habe, am 5.5.1993 sei eine Vereinbarung zwischen der beklagten Partei und den Miteigentümern des "Feldweges" getroffen worden, wonach dieser Weg dem Gemeingebrauch gewidmet sei. Die beklagte Partei habe begonnen, Asphaltierungsarbeiten durchzuführen, die aber von den Miteigentümern gestoppt worden seien. Die Klägerin bewertete ihr Interesse mit S 101.000,--.

Die beklagte Partei beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Der Feldweg stehe im Gemeingebrauch, weil er seit vielen Jahren von der Allgemeinheit ungehindert benützt und von der beklagten Partei gewartet werde. Dessen ungeachtet sei der Bürgermeister der beklagten Partei, die selbst eine Stammsitzliegenschaft erworben habe, mit der das Eigentumsrecht am Feldweg zu einem 1/14 realrechtlich verbunden sei, um ein Einvernehmen mit den anderen Miteigentümern bemüht gewesen. Bei der Besprechung am 5.5.1993 sei es mit der anwesenden Mehrheit der Miteigentümer zu einer Einigung bezüglich des Gemeingebrauches am Feldweg gekommen. Im übrigen werde das Vorliegen eines Feststellungsinteresses und die aktive Klagslegitimation bestritten. Der Streitwert werde bemängelt, weil vom Einheitswert auszugehen sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil die Klägerin als Minderheitseigentümerin ohne Billigung der Mehrheit zu einer derartigen Klagsführung, die auf Abwehr einer Rechtsanmaßung gerichtet sei, nicht legitimiert sei. Der Einheitswert sei für den Streitwert nur maßgebend, wenn dingliche Ansprüche geltend gemacht würden. Im Hinblick auf das Interesse der Klägerin an der Verhinderung des Durchzugsverkehrs sei der von ihr angegebene Streitwert nicht zu beanstanden.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil und teilte im wesentlichen die Rechtsansicht des Erstgerichtes. Es sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Ein Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes unterblieb.

Die von der Klägerin gegen dieses Urteil des Gerichtes zweiter Instanz erhobene Revision ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 502 Abs 2 ZPO ist die Revision jedenfalls unzulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat (Entscheidungsgegenstand), an Geld oder Geldeswert S 50.000,-- nicht übersteigt. Gemäß § 500 Abs 3 ZPO ist bei dem nach Abs 2 Z 1 dieser Gesetzesstelle zu treffenden Ausspruch unter anderem § 60 Abs 2 JN sinngemäß anzuwenden. Nach dieser Gesetzesstelle ist als Wert einer grundsteuerpflichtigen unbeweglichen Sache jener Betrag anzusehen, welcher als Steuerwert für die Gebührenbemessung in Betracht kommt. Dies ist nunmehr der Einheitswert (§ 6 Abs 1 EStG iVm § 19 Bewertungsgesetz; JUS extra 1991/916; RZ 1990/38 ua).

Verstößt das Gericht zweiter Instanz bei seinem Bewertungsausspruch oder bei seinem Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision gegen diese bindende Bewertungsvorschrift und die sich daraus ergebende Konsequenz des § 502 Abs 2 ZPO, so ist der Oberste Gerichtshof daran nicht gebunden.

Entgegen der Auffassung des Erstgerichtes enthält § 60 Abs 2 JN keine Einschränkung auf Klagen aus einem dinglichen Recht (JBl 1991, 597 mwN). Als Wert des Entscheidungsgegenstandes ist der Einheitswert anzusehen, wenn die Liegenschaft selbst streitverfangen ist oder das Streitinteresse ausschließlich vom Wert der Liegenschaft bestimmt wird (RZ 1990, 95; 5 Ob 610/92 ua).

Im vorliegenden Fall ist das Klagebegehren im Zusammenhang mit den Parteienbehauptungen dahin zu verstehen, daß die Klägerin als eine der Miteigentümerinnen eines bestimmten Grundstückes der von einer anderen Miteigentümerin, nämlich der beklagten Gemeinde, angestrebten Benützungsregelung nicht zugestimmt habe, weshalb der beklagten Partei das behauptete Recht auch nicht zustehe. Der Rechtsstreit betrifft demnach das Schicksal der Liegenschaft selbst. Die behauptete Rechtsanmaßung seitens der beklagten Partei, der Weg sei dem Gemeingebrauch gewidmet, kann nicht mehr zu Lasten der Klägerin gehen als etwa die Behauptung, der beklagten Partei stehe nun das Alleineigentum am Weg zu. Es kann daher nach der im § 60 Abs 2 JN zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Wertung (vgl 5 Ob 87/92) höchstens der Einheitswert der betroffenen Liegenschaft angesetzt werden, wobei nur strittig sein könnte, ob nicht nur der dem ideellen Anteil der Klägerin entsprechende Wert (vgl 2 Ob 673/86) maßgebend ist.

Der Oberste Gerichtshof hat daher den Einheitswert der betreffenden Liegenschaft erhoben. Als Ergebnis ist festzuhalten, daß dieser Wert den für die Anrufung des Obersten Gerichtshofes maßgebenden Mindestbetrag nicht erreicht. Nach Auskunft des zuständigen Finanzamtes F***** wurde für das Wegegrundstück EZ 404 kein Einheitswert festgestellt, und zwar in Anwendung des § 25 (2) BewG in Verbindung mit § 2 Abs 9 lit a GrStG. Wie sich aus dem primären Hinweis auf § 25 (2) BewG ergibt, wurde offenbar der für eine Feststellung maßgebende Mindestbetrag nicht erreicht. Streng genommen existiert damit zwar kein Einheitswert, der für die Gebührenbemessung herangezogen werden könnte, doch erfordert eine verfassungskonforme Auslegung der Bewertungsvorschriften in einem solchen Fall die Bindung an einen die Bagatellgrenze des § 25 Bewertungsgesetz nicht übersteigenden Wert (5 Ob 1550/92, 5 Ob 93/94).

Damit erweist sich aber die Revision als jedenfalls unzulässig im Sinn des § 502 Abs 2 ZPO und war - ebenso wie die Revisionsbeantwortung - zurückzuweisen.

Rechtssätze
6