JudikaturJustiz7Ob512/95

7Ob512/95 – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. Mai 1995

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 31.März 1991 verstorbenen Liselotte Helene Z*****, infolge Rekurses der Erben 1. Johann Z*****, 2. Irene C*****, und 3. Christian Z*****, alle vertreten durch Dr.Klaus Fischer, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgericht vom 16.Dezember 1994, GZ 3 R 316/94-16, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 19.Oktober 1994, GZ A 424/94z-13, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Entscheidung des Rekursgerichtes, die in dem Punkt, daß über Antrag der Erben nach der verstorbenen Liselotte Helene Z***** für den in Österreich befindlichen beweglichen Nachlaß das Ausfolgungsverfahren eingeleitet wird, unbekämpft geblieben ist, wird im übrigen, das ist hinsichtlich der Beauftragung des zuständigen Gerichtskommissärs mit der Durchführung der Ausfolgung, aufgehoben und dem Erstgericht insoweit eine nach Verfahrensergänzung zu treffende neue Entscheidung aufgetragen.

Text

Begründung:

Die Erblasserin war deutsche Staatsangehörige und verstarb in Deutschland. Mit Beschluß vom 7.9.1994 wurde vom Notar Fritz Früh in Esslingen die Testamentsvollstreckung angeordnet und es wurden Johann Z*****, Irene C***** und Christian Z***** zu Drittelerben erklärt.

Der in Österreich befindliche bewegliche, mit S 72,447.939,-- bewertete Nachlaß besteht aus Gesellschafts- bzw Geschäftsanteilen an den Firmen "Richard Hirschmann Elektrik GesmbH Co KG" in R*****, "Richard H***** Verwaltungs-GesmbH" in R*****-B***** und "Richard H***** GesmbH", ebenfalls in R*****-B*****.

Das Erstgericht wies den Antrag der Erben auf Genehmigung der schriftlichen Abhandlungspflege des Ausfolgungsverfahrens ab und wies den Ausfolgungsantrag zurück. Es vertrat rechtlich die Auffassung, daß die Parteien zwar schriftliche Abhandlungspflege begehren können, soweit hiebei aber gerichtliche Amtshandlungen im Sinne des § 2 Abs.1 GKG vorzunehmen seien, diese nur dem Notar zugewiesen werden könnten.

Das Rekursgericht änderte über Rekurs der Erben diesen Beschluß mit der angefochtenen Entscheidung dahin ab, daß über den in Österreich befindlichen Nachlaß der Verstorbenen das Ausfolgungsverfahren eingeleitet, jedoch mit dessen Durchführung der zuständige Gerichtskommissar beauftragt wird. Das Rekursgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand als mit S 50.000,-- übersteigend und erklärte den Revisionsrekurs für zulässig. Es folgerte rechtlich, daß, da zwischen Österreich und der Bundesrepublik Deutschland kein entsprechender Staatsvertrag bestehe, die Abhandlung dem deutschen Gericht zu überlassen sei. Das österreichische Gericht, in dessen Sprengel sich Nachlaßvermögen des Erblassers befinde, habe gemäß § 23 AußStrG sich vor dessen Ausfolgung auf das Sicherungsverfahren nach den §§ 137 ff AußStrG zu beschränken. Dem Gesetz lasse sich nicht unmittelbar entnehmen, ob im Ausfolgungsverfahren ein Notar zu beauftragen sei. Allerdings bestehe aufgrund der Verweisungsnorm des § 2 Abs.1 Z 2 GKG kein Zweifel darüber, daß neben der Todfallsaufnahme alle anderen im Zuge einer Verlassenschaftsabhandlung erforderlichen Amtshandlungen einem Notar aufzutragen seien, soferne es sich nicht um richterliche Entscheidungen, förmliche Vernehmungen oder Rechtshilfeersuchen handle. Davon sei auch das Ausfolgeverfahren umfaßt. Die letztzitierte Bestimmung schließe jedoch nicht die im § 3 GKG den Parteien eingeräumte Befugnis der unmittelbaren Vorlage von Anträgen und Schriftsätzen an das Gericht aus. Jede darüber hinausgehende Abhandlungstätigkeit habe aber entweder das Gericht oder der Gerichtskommissär vorzunehmen. Abweichend von der Ansicht der Rekurswerber seien nämlich im Ausfolgeverfahren auch solche Amtshandlungen zu setzen, die keine richterlichen Entscheidungen darstellten, bedenke man allein die notwendigen Verfügungen im Zusammenhang mit der Übertragung von Gesellschafts- und Geschäftsanteilen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung erhobene Revisionsrekurs der Erben ist im Sinne seines Aufhebungsantrages berechtigt.

Nach den Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zu § 1 Abs.1 Z 1 GKG umfaßt der dort gebrauchte Ausdruck "Verlassenschaftsabhandlung" alle im Zweiten Hauptstück des Außerstreitverfahrens genannten Amtshandlungen einschließlich des sogenannten Ausfolgungsverfahrens (vgl. 132 der BlgNR XII.GP, 7). Diese Interpretation des Gesetzgebers steht mit dem Wortlaut der Norm im Einklang. Es besteht keinerlei Veranlassung, dieser Auslegung nicht zu folgen. Nach § 2 Abs.1 GKG sind dem obligatorisch zu bestellenden Gerichtskommissär alle im Zusammenhang mit § 1 Abs.1 Z 1 lit.b leg.cit. erforderlichen Amtshandlungen, ds. die im Zug einer Verlassenschaft anfallenden Amtstätigkeiten, aufzutragen. Wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, schließt dies die Vornahme einer schriftlichen Abhandlungspflege nach § 3 GKG nicht aus, soweit sich die Abhandlungspflege auf die Abgabe von Erklärungen, das Verfassen von Anträgen oder Ausweisen, die die Erben bzw Bedachten, die diese Anträge bzw. Ausweise erstellen, betreffen, beschränkt. Gemäß § 138 AußStrG hat das Ausfolgegericht Vorkehrungen zum Schutz von inländischen Gläubigern zu treffen und daher von Amts wegen Sorge dafür zu tragen, daß die Ausfolgung des in Österreich befindlichen Nachlasses erst dann erfolgt, wenn deren Befriedigung erfolgt ist, oder die Sicherstellung ihrer Forderungen gewährleistet ist (vgl SZ 53/144 = NZ 1981, 108 = ZfRV 1981, 307). Schon zu der vor Inkrafttreten des GKG bestehenden Rechtslage wurde ausgesprochen, daß das Gericht hiezu auch einen Verlassenschaftskurator bestellen kann, um für die notwendige Sicherung des auszufolgenden Nachlasses Sorge zu tragen. Darüber hinaus hat das Ausfolgungsgericht gemäß § 139 Abs.1 AußStrG stets alle Erben, Vermächtnisnehmer und Gläubiger, welche auf den Nachlaß Ansprüche stellen zu können glauben, mittels eines auf angemessene Frist auszufertigenden Ediktes aufzufordern, ihre Ansprüche anzumelden, ansonsten der Nachlaß den ausländischen Erben ausgefolgt wird. Dies zeigt auf, daß neben dem vom Verlassenschaftsrichter zu erlassenden Edikt in diesem Zusammenhang möglicherweise noch eine Reihe von Amtshandlungen zur Behandlung allenfalls angemeldeter Gläubigerforderungen vorzunehmen sind, die nicht vom Richter durchzuführen wären und daher alle in den Wirkungskreis des obligatorisch zu bestellenden Gerichtskommissars fielen. Ob solche Amtshandlungen erforderlich sind, läßt sich aber erst aufgrund allfälliger Gläubigeranmeldungen nach Verstreichen der Ediktsfrist beurteilen. Sollten sich keine Gläubiger melden, stünde der von den Erben beantragten schriftlichen Abhandlung ohne Zuziehung des Gerichtskommissärs nichts im Wege. Erst wenn sich im Zusammenhang mit Gläubigerforderungen Amtshandlungen ergeben sollten, die nicht vom Gericht durchzuführen sind, wäre deren Abwicklung dem Gerichtskommissär zu übertragen. Entgegen der Auffassung des Erstgerichtes ist aber keine Inventarisierung des österreichischen Nachlasses erforderlich, und entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes haben auch keine Übertragungsakte hinsichtlich der einzelnen Gesellschaftsanteile stattzufinden, weil sich der Zweck des Ausfolgungsverfahrens allein auf die Sicherung beschränkt (vgl. MGA2 AußStrG § 137/2).

Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben.