JudikaturJustiz7Ob50/06p

7Ob50/06p – OGH Entscheidung

Entscheidung
06. Juli 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisions- und Rekursgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei „Sch*****" *****gesellschaft m. b. H. in Liqu. *****, vertreten durch Dr. Dieter Zaponig, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Franz W*****, vertreten durch Dr. Herbert Grass und Mag. Günther Kiegerl, Rechtsanwälte in Deutschlandsberg, und die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei Verlassenschaft nach dem am 14. September 2001 verstorbenen Dr. Josef F*****, vertreten durch Dr. Jörg Herzog, Rechtsanwalt in Graz, wegen EUR 145.345,84 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil und den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss je des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 19. Oktober 2005, GZ 5 R 71/05h-88, womit infolge der Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 24. Februar 2005, GZ 39 Cg 21/01i-80, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisions- und Rekursverfahrens wird der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Begründung:

Am 2./30. 3. 1988 schlossen der Beklagte als Alleineigentümer und Vermieter der Liegenschaft EZ 292, KG T***** bestehend aus der Baufläche Nr 13 mit Wohnhaus und Wirtschaftsgebäude, den Grundstücken 63 (Garten) und 60/24 (Acker) sowie dem Oberlandgrundstück 823/4 (Garten) KG R***** im Gesamtausmaß von 8701 m2 und die Klägerin als Mieterin zum Zweck der Errichtung einer Kleinbrauerei und einer Gaststätte einen Mietvertrag auf unbestimmte Zeit betreffend das genannte Wirtschaftsgebäude und die Hälfte des Hofraumes unter Benützung eines bisher bereits bestehenden (und noch auszubauenden) Parkplatzes.

Gemäß Punkt VI Abs 2 dieses Vertrages räumte „der Vermieter der Mieterin das Vorkaufsrecht an den gemieteten Teilen der Liegenschaft sowie das Vorpachtrecht am Gasthaus ein, was die Mieterin vertraglich annimmt. Der Vermieter bewilligt, dass ohne sein weiteres Einvernehmen, jedoch nicht auf seine Kosten zugunsten der Mieterin in EZ 292 KG T***** das Vorkaufsrecht gemäß §§ 1072 ff ABGB gemäß den Bestimmungen dieses Vertrages ... grundbücherlich einverleibt wird."

Die Verbücherung dieses Vorkaufsrechtes unterblieb jedoch. Die Klägerin baute das gemietete Wirtschaftsgebäude samt Grundstücksanteil mit erheblichen Kosten aus und errichtete eine Brauerei und das so genannte „Braustüberl".

Laut Teilungsausweis vom 24. 5. 1994 teilte der Beklagte von dieser Gesamtliegenschaft das Grundstück 63 in die Grundstücke 63/1 und 63/2, vereinigte die Baufläche 13 samt den Gebäuden mit dem (neuen) Grundstück 63/2 und löschte die Grundstücksbezeichnung 13. Mit Kaufvertrag vom 23./24. 6. 1994 (grundverkehrsbehördlich genehmigt am 15. 7. 1994) verkaufte er die Grundstücke 63/2 (samt darauf befindlichen Objekten und Parkplatz) und 823/4 an Rudolf B***** und Klement G***** je zur Hälfte zum Kaufpreis von S 3,5 Mio. In Punkt VI dieses Kaufvertrages ist festgehalten, dass die beiden Käufer ausdrücklich erklären, den einleitend genannten Mietvertrag zwischen den Streitteilen zu kennen und als künftige gemeinsame Eigentümer des Mietgegenstandes in dieses Vertragsverhältnis einzutreten. Eine Verbücherung dieses Kaufvertrages fand (zunächst [2 Ob 201/99v]) nicht statt.

Mit Schreiben vom 5. 8. 1994 teilte der Klagevertreter dem Beklagten mit, dass die Klägerin vom Verkauf der Gesamtliegenschaft erfahren, der Beklagte es jedoch unterlassen habe, das Vorkaufsrecht der Klägerin zu beachten und dass der Beklagte kein Anbot im Sinne des Gesetzes gestellt habe. Die Klägerin erkläre daher, das Vorkaufsrecht ausüben zu wollen, weshalb der Beklagte aufgefordert werde, zu Handen des Klagevertreters eine Vertragskopie zu übermitteln, damit der angemessene Teilkaufpreis festgestellt werden könne. Der Beklagtenvertreter beantwortete dieses Schreiben am 25. 8. 1994 damit, dass sich das Vorkaufsrecht nur auf einen geringen Teil der Gesamtliegenschaft beziehe, der Beklagte jedoch die Gesamtliegenschaft (und nicht bloß den vom Vorkaufsrecht betroffenen Teil derselben) verkauft habe; diesfalls könne nach der Rechtsprechung das Vorkaufsrecht vom Vorkaufsberechtigten nicht ausgeübt werden, sondern sei (gleichgültig, ob einverleibt oder nicht) auf die Käufer zu überbinden und von diesen zu beachten, was auch geschehen sei.

Mit Schreiben vom 2. 9. 1994 wiederholte der Klagevertreter namens der Klägerin sein Begehren auf Einlösung des Vorkaufsrechtes und bot für die Teilliegenschaft „vorläufig" einen Kaufpreis von S 600.000 an. Mit der Begründung, dass die Liegenschaft wirtschaftlich nur als Ganzes verkauft habe werden können und der Beklagte auf den Gesamtkaufpreis angewiesen gewesen sei, wurde dieses Schreiben vom Beklagtenvertreter mit Antwort vom 12. 9. 1994 neuerlich abschlägig beschieden.

Aufgrund dieser Feststellungen erkannte der Oberste Gerichtshof mit Urteil vom 2. 9. 1999, 2 Ob 201/99v, den Beklagten schuldig, „der Klägerin die Möglichkeit des Erwerbes des mit dem Vorkaufsrecht belasteten Liegenschaftsteiles der EZ 292, KG T***** bestehend aus dem Grundstück 824/3 [richitg: 823/4], dem Wirtschaftsgebäude, dem halben Hofraum und einer Grundfläche für die Abstellung von 50 PKW auf der nördlich gelegenen Wiese unterhalb des Gastgartens nach der Geländestufe mit eigener Zufahrt von der Straße Zug um Zug gegen Zahlung des darauf entfallenden Kaufpreisanteiles und unter Übernahme der Nebenvereinbarungen gemäß Punkt V. und VIII. des mit Rudolf B***** und Klement G***** geschlossenen Kaufvertrages vom 23. bzw 24. 6. 1994 zu verschaffen".

Dem Beklagten, der diesen „Verschaffungstitel" nicht erfüllte, ist die Verschaffung des Liegenschaftsanteils auf Dauer nicht mehr möglich. Die Klägerin (FN 53063i) wurde mit Generalversammlungsbeschluss vom 28. 11. 2000 aufgelöst. Mit der vorliegenden, am 20. 11. 2000 eingebrachten Interessenklage nach § 368 EO begehrt die Klägerin zuletzt (nach der Klagsausdehnung vom 21. 10. 2003 um EUR 41.133 samt 4 % Zinsen seit 22. 10. 2003 [ON 54]) den Ersatz von EUR 145.345,84 sA. Da der Beklagte dem Verschaffungstitel nicht entsprochen habe, sei sie nicht Eigentümerin der Liegenschaftsanteils geworden, sondern Mieterin geblieben. Die Verletzung des Vorkaufsrechtes habe zu einer Erhöhung des Mietzinses durch den neuen Eigentümer und schließlich zu einem Notverkauf der Brauereianlage geführt. Dadurch sei ihr der im Einzelnen aufgeschlüsselte Schaden entstanden.

Der Beklagte beantragte Klageabweisung. Er und sein als Nebenintervenient beigetretener, während des Verfahrens verstorbener ehemaliger Rechtsberater wendeten ein, dass die Klägerin

ersparte Mietzinse ATS 730.982,60

(07/94 bis Schluss der Verhandlung

[tatsächlich bis 06/02 infolge

Kündigung des Mietverhältnisses])

Verkehrswert der Teilliegenschaft ATS 1,250.000,--

(im Schädigungszeitpunkt Juni 1994)

werterhöhende Mieterinvestitionen ATS 682.000,--

(im Schädigungszeitpunkt Juni 1994)

ergibt ATS 2,662.982,60

Wert der unterbliebenen eigenen Leistung:

Teilkaufpreis ATS 1,490.000,--

Ankaufspesen ATS 100.000,--

Zinsen und Spesen für Kredit ATS 740.588,19

(1. 7. 1994 bis Schluss der Verhandlung)

ergibt ATS 2,330.588,19

Differenz: ATS 332.394,41

= EUR 24.156,--

aufgerundet EUR 24.200,--

12.100 und einer Teilabweisung von EUR 92.112,84 jeweils samt 4 % Zinsen seit 10. 5. 2000) hob es das Ersturteil auf und trug dem Erstgericht in diesem Umfang (EUR 104.212,84 samt 4 % Zinsen seit 10. 5. 2000) die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision gegen das Teilurteil und der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss zulässig sei. Die Abweisung der am 21. 10. 2003 ausgedehnten Ansprüche von EUR

41.133 sA sei (mit Teilurteil) zu bestätigen, weil sie zu diesem Zeitpunkt bereits verjährt gewesen seien. Für den Beginn der 3-jährigen Verjährungszeit komme es nämlich - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht auf den Zeitpunkt an, zu dem der Beklagte außer Streit gestellt habe, dass ihm die Erfüllung der Verschaffungspflicht auf Dauer unmöglich sei (21. 10. 2003). Aber auch die - von der Klägerin bekämpfte - Feststellung des Erstgerichtes, dass der Klägerin schon „im Laufe" des Vorverfahrens „klar geworden" sei, dass sie ihr Vorkaufsrecht nicht mehr ausüben werde können, sei hiebei nicht entscheidend, weil der Beklagte angesichts des Verschaffungstitels immer noch Maßnahmen ergreifen hätte können, die die Liegenschaftseigentümer doch noch umstimmen hätten können. Die Verjährungsfrist für die Interessenklage beginne vielmehr mit dem Ablauf der Leistungsfrist zur Erfüllung des Verschaffungstitels, jedenfalls aber mit dem Verstreichen einer gesetzten, aber nicht genützten Nachfrist, was hier nach dem Klagevorbringen am 5. 11. 1999, also im zweiten Halbjahr 1999 der Fall gewesen sei. Mangels gefestigter Judikatur zur Frage des für eine Unmöglichkeit der Leistungserfüllung anzunehmenden Zeitpunktes sei die ordentliche Revision gegen das Teilurteil zulässig.

Zum Aufhebungsbeschluss führte das Berufungsgericht aus wie folgt:

Die Interessenklage habe - ohne Rücksicht auf den Haftungsgrund - den Ersatz des Schadens zum Gegenstand, den der Gläubiger durch die Nichterfüllung seines Anspruches erleide, also ziffernmäßig den Betrag, den er brauche, um sich die ihm zugesprochene Sache anzuschaffen. Das Interesse des Klägers bestehe darin, dass er wirtschaftlich so gestellt werde, wie wenn ordnungsgemäß geleistet worden wäre. Angesichts dieses Grundsatzes, wonach dem Gläubiger als Schadenersatz die für die Schaffung der Ersatzlage notwendigen Kosten zustehe, habe die Klägerin eine Schadensberechnung vorgenommen, die ihren Anspruch auf Ersatz nicht rechtfertige. Wenn der Schaden - wie hier - darin bestehe, dass dem Gläubiger die Kaufgelegenheit einer Liegenschaft genommen werde, stünden ihm als Ersatz nur die Anschaffungskosten einer gleichwertigen Sache zu, abzüglich dessen, was er an Kaufpreis leisten hätte müssen. Er könne nicht neben diesen Kosten noch eine Ertragsberechnung anstellen und einen allenfalls entgangenen Gewinn an Mieteinnahmen fordern. Da die Klägerin als Schadenersatz grundsätzlich nur den Verkehrswert der ihr entgangenen Liegenschaft abzüglich dessen, was sie leisten hätte müssen, fordern könne, habe sie nur dann einen Schaden, wenn sie einen Kaufpreis zu zahlen gehabt hätte, der günstiger sei als der Verkehrswert. Abgesehen davon, dass die ausgedehnten Ansprüche verjährt seien und der Klägerin der auf die entgangenen Pachteinnahmen entfallende Anteil der ausgedehnten Beträge jedenfalls nicht zustünden, sei das Ersturteil schon deshalb aufzuheben, weil die Art der Schadensberechnung mit der Klägerin nicht erörtert worden sei und sie so mit einer Rechtsansicht überrascht würde. Dies werde mit den Parteien zu erörtern sein.

Strittig sei aber auch noch auf welchen Zeitpunkt bei der zur Schadensermittlung erforderlichen Differenzrechnung abzustellen sei. Nach einem Teil der oberstgerichtlichen Entscheidungen sei der Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz im Interessenstreit maßgebend; nach anderen Entscheidungen sei auf den Zeitpunkt der Einbringung der Interessenklage bzw auf jenen, in dem sich die Exekution als fruchtlos erweise, abzustellen. Der Grundsatz, dass der Schluss der Verhandlung erster Instanz maßgebend sei, werde jedenfalls dann als unbillig angesehen, wenn - wie insbesondere bei einem Kraftfahrzeug - eine naturgemäße Wertminderung eintrete. Das Erstgericht werde daher auch die für eine Bewertung maßgeblichen Zeitpunkte zu erörtern, grundsätzlich aber auf die Verhältnisse des Schlusses der Verhandlung abzustellen haben, sofern nicht Umstände vorgebracht werden, die diesen Zeitpunkt als unbillig erscheinen ließen.

Selbst bei Richtigkeit des im angefochtenen Urteil zugrundegelegten Zeitpunkts 1994 (in dem der Beklagte die Gesamtliegenschaft an B***** und G***** verkauft habe) wäre die Sache aber nicht entscheidungsreif, weil die vom Erstgericht für den Zeitpunkt 1994 zugrundegelegten Werte, die zum Teil bekämpft seien, (aus den vom Berufungsgericht aufgezeigten Gründen) nicht als unbedenklich übernommen werden könnten.

Außerdem sei als weiterer Erörterungsmangel aufzugreifen, dass der Anspruch auf das Interesse wegen Nichterfüllung Verschulden voraussetze, wobei zwischen dem Verschulden an der Nichtanbietung der vom Vorkaufsrecht erfassten Liegenschaft durch den Beklagten an die Klägerin und dem Verschulden an der Nichterfüllung des Verschaffungstitels unterschieden werden müsse. Hier treffe den Beklagten eine Schadenersatzpflicht nur dann, wenn ihm an der Nichterfüllung des Verschaffungstitels ein Verschulden treffe. Diesbezüglich habe die Klägerin in der Klage (zur Begründung der Unmöglichkeit der Leistung und Fälligkeit der Interessenklage) behauptet, dass die Käufer Rudolf B***** und Klement G***** zu einem Verkauf des vermieteten Liegenschaftsteiles nicht bereit seien. Das würde zunächst darauf hindeuten, dass den Beklagten an der Nichterfüllung des Verschaffungstitels kein Verschulden treffe. Demgegenüber habe die Klägerin in der Tagsatzung vom 20. 11. 2001 behauptet, dass der Beklagte keinerlei Anstalten getroffen habe, um ihr Eigentum zu verschaffen und lediglich einmal kurz bei G***** angefragt habe, ohne jedoch konkrete Vorschläge zu unterbreiten. Der Beklagte habe hingegen - wenngleich mit anderer Begründung - schon im Schriftsatz vom 25. 1. 2001 ein Verschulden an der Nichterfüllung des Verschaffungstitels bestritten. Auch die Nebeninterventin habe vorgebracht, dass die Herausgabe der durch das Vorkaufsrecht belastenden Liegenschaftsteile an die Klägerin nicht etwa daran scheitere, dass die derzeitigen Eigentümer hiezu grundsätzlich nicht bereit seien, sondern darin ihre Ursache hätten, dass die mittlerweile aufgelöste Klägerin absolut nicht in der Lage sei, den Kaufpreis für diese Liegenschaftsteile zu entrichten. Zu diesen jeweiligen Behauptungen werde das Erstgericht entsprechende Feststellungen zu treffen haben. Im Zusammenhang mit dem Verschulden an der Nichterfüllung des Verschaffungstitels werde mit den Parteien aber auch zu erörtern sein, wie weit die Klägerin dem Beklagten jemals einen Kaufpreis angeboten habe. Müsste sie als Betreibender in einem Exekutionsverfahren die Zug-um-Zug-Leistung anbieten oder sicherstellen, so habe sie auch hier im Streit über ihr Interesse die Verpflichtung der vorherigen Klarstellung, welche Gegenleistung sie erbringen werde.

Zum eingewendeten Mitverschulden der Klägerin (weil sie von ihrem Verbücherungsrecht hinsichtlich des ihr eingeräumten Vorkaufsrechtes nicht Gebrauch gemacht habe) führte das Berufungsgericht Folgendes aus: Abgesehen davon, dass ein Verschulden der Klägerin nicht zu berücksichtigen sei, weil ihr das dingliche Vorkaufsrecht Sicherheiten nur gegenüber dem hier nicht verfahrensbeteiligten Dritten verschaffe und der Beklagte ihr gegenüber ja schon obligatorisch hafte, habe die unterbliebene Verbücherung auch keinen Einfluss auf ein allfälliges Verschulden an der Nichterfüllung des Verschaffungstitels.

Allen Einwendungen, die sich auf den mangelnden Ankaufswillen oder die mangelnde Ankaufsmöglichkeit der Klägerin zum Zeitpunkt 1994 und bis zum Schluss der Verhandlung des Vorprozesses bezögen, stehe die Rechtskraft des Verschaffungstitels entgegen. Unbeachtlich sei daher (auch der Einwand), dass die finanzielle Situation der Klägerin so gewesen sei, dass sie weder aus eigenen Mitteln noch durch Fremdfinanzierung im Jahr 1994 einen Kredit über den zu bezahlenden Kaufpreis bekommen hätte.

Beachtlich sei aber der Einwand, dass auch in der Folge, also auch noch jetzt (ab Rechtskraft des Verschaffungstitels bis heute) die Klägerin nie in der Lage gewesen sei, einen Kaufpreis zu entrichten, sodass ihr durch die unterbliebene Verschaffung auch kein Schaden entstanden sei:

Das Erstgericht habe mit den Parteien in der Tagsatzung vom 21. 10. 2003 erörtert, dass ein Exekutionsversuch keine Voraussetzung für die Interessenklage sei und dass der Zug-um-Zug-Verurteilung durch Abzug der von der Klägerin zu erbringenden Gegenleistung, die sie sich erspart habe, aus Sicht des Gerichtes Rechnung getragen werde. Der Rechtsansicht, dass der Exekutionsversuch keine Voraussetzung für die Interessenklage sei, sei beizupflichten.

Es sei jedoch unbillig davon auszugehen, dass durch den Abzug der von der Klägerin zu erbringenden Gegenleistungen „Genüge getan" werde und ihr als Schaden die Differenz zuzusprechen sei, wenn einem Eigentumserwerb durch sie trotz gehöriger Anbietung durch den Beklagten (in Erfüllung des Verschaffungstitels) der Umstand entgegenstünde, dass die Klägerin die Gegenleistung nicht erbringen könnte. Sie wäre im Interesseprozess bessergestellt, weil ihr auf alle Fälle eine Schadenszahlung zukäme, obwohl der von ihr behauptete Schaden der Nichterlangung des Eigentumsrechtes an einer Liegenschaft dadurch eingetreten wäre, dass sie die Gegenleistung nicht erbringen hätte können oder wollen. Insoweit ähnle dieser Fall der der Entscheidung SZ 28/264. Dort sei zwar der auf Schadenersatz nach § 1079 ABGB gerichteten Klage kein solches Verfahren wie hier vorgelagert gewesen, das zum Verschaffungstitel geführt habe. Auch dort sei aber ausgesprochen worden, ein Schadenersatzanspruch aus der Unterlassung des Anbotes der Einlösung an den Vorkaufsberechtigten habe zur Voraussetzung, dass überhaupt ein Schaden entstehen könne, was nicht der Fall sei, wenn der Vorkaufsberechtigte auch bei gehörigem Anbot der Einlösung von seinem Vorkaufsrecht keinen Gebrauch gemacht hätte. Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeute dies, dass ein Schaden nicht entstehen könne, wenn der Vorkaufsberechtigte auch bei gehöriger Verschaffung des Eigentums hievon keinen Gebrauch gemacht hätte oder - worauf sich die Einwendung des Beklagten in erster Linie beziehe - keinen Gebrauch machen hätte können, weil ihm hiezu die Mittel gefehlt hätten. Im fortzusetzenden Verfahren seien daher auch Feststellungen darüber zu treffen, wie weit die Klägerin ab Rechtskraft des Verschaffungstitels in der Lage gewesen wäre, einen (erst festzusetzenden) Kaufpreis für den Liegenschaftsanteil, der vom Vorkaufsrecht erfasst sei, zu leisten.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil eine gefestigte Rechtsprechung dazu fehle, inwieweit (wie nach der Entscheidung 7 Ob 209/02i) die positive Erledigung der Interessenklage Verschulden des Beklagten voraussetze, ob es am Gläubiger oder am Schuldner liege, den erst zu bestimmenden Kaufpreis dem Vertragspartner anzubieten oder zu fordern und auf welchen Zeitpunkt bei der Schadensberechnung abzustellen sei. Gegen das Teilurteil richtet sich die Revision der Klägerin, gegen den aufhebenden Teil der Berufungsentscheidung der Rekurs des Beklagten jeweils wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Mit dem Revisionsantrag wird die Abänderung des angefochtenen Teilurteils im klagestattgebenden Sinn begehrt (hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt). Im Rekurs wird beantragt, die Entscheidungen der Vorinstanzen im klageabweisenden Sinn abzuändern.

Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision, „zumindest aber" ihr nicht Folge zu geben. Letzteres begehrt auch die Klägerin hinsichtlich des Rekurses des Beklagten.

Die Revision ist nicht zulässig.

Der Rekurs ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund

zulässig, aber nicht berechtigt.

Zur Revision:

Die Revisionswerberin macht geltend, es gebe - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes - eine gefestigte Rechtsprechung, wonach die Verjährung frühestens mit Ablauf der Leistungsfrist und „spätestens" mit Feststehen der Erfolglosigkeit der Exekution bzw der (zugestandenen oder erwiesenen) Unmöglichkeit der Naturalleistung beginne. Dies stehe auch mit der Lehre (Heller/Berger/Stix EO4, 2626) und der ratio legis in Einklang. Ein Verschaffungspflichtiger könnte sonst den gutgläubigen Berechtigten durch Manipulationen und falsche Versprechungen zu einem Zuwarten mit der Exekution oder der Klage bewegen. Hätte eine solche Vorgangsweise auf die Verjährungszeit keinen Einfluss, stünde es - ohne Sanktionen - im Belieben des Verpflichteten, die Verjährungszeit um die Zeit des Zuwartens zu verkürzen, im Extremfall sogar bis zum Ablauf der dreijährigen Frist. Hier habe die Verjährungszeit erst mit der Außerstreitstellung der Unmöglichkeit der Verschaffung am 21. 10. 2003 zu laufen begonnen. Eine vom Obersten Gerichtshof zu korrigierende Fehlbeurteilung ist jedoch nicht zu erkennen:

Rechtliche Beurteilung

Für die Interessenklage gilt die dreijährige Verjährungsfrist des §

1489 ABGB (RIS-Justiz RS0004787; 4 Ob 148/03y mwN). Richtig ist, dass

die Verjährung der Ersatzansprüche nicht vor der endgültigen

Entscheidung im Hauptprozess zu laufen beginnt (RIS-Justiz RS0004790

[T2]; 8 Ob 41/06x mwN), sondern nach Lehre und Rechtsprechung erst

dann, wenn der Leistungsanspruch fällig ist und die Unmöglichkeit der

Leistung tatsächlich eintritt, sich also im Exekutionsweg

herausstellt oder nach eigener Erklärung des Schuldners feststeht (1

Ob 674/86 = JBl 1986, 108 mwN; Dehn in KBB² § 1489 Rz 6 mwN;

RIS-Justiz RS0034369; 8 Ob 624/92 = ecolex 1993, 20; 5 Ob 18/01k =

RdW 2002/140, 153). Maßgebend für den Beginn der Verjährung des Anspruches auf das Interesse (§ 368 EO), der als Entschädigungsanspruch gilt, ist somit entweder die fruchtlos geführte Naturalexekution, oder, wenn nicht Exekution geführt wird, der Ablauf der urteilsmäßigen Leistungsfrist (M. Bydlinski in Rummel³ II/3 § 1489 ABGB Rz 3 vorletzter Abs mit Hinweis auf Heller/Berger/Stix EO4, 2626 und weiteren Nachweisen aus der Rsp; in diesem Sinne auch Roth, Individualleistung und Geldersatz im Rahmen der Interessenklage, 149 f und RIS-Justiz RS0004790 [T3]). Die Beurteilung des Berufungsgerichtes, im vorliegenden Fall habe die Verjährung mit Ablauf der aufgrund des (an sich sofort fälligen - vgl RIS-Justiz RS0001185; 4 Ob 301/89 = ÖBl 1990, 132) Verschaffungstitels (2 Ob 201/99v) gesetzten, aber nicht genützten „Nachfrist", also - selbst nach dem Klagevorbringen - am 5. 11. 1999 begonnen und sei daher zum Zeitpunkt der mehr als drei Jahre später erfolgten Klagsausdehnung vom 21. 10. 2003 bereits eingetreten gewesen, folgt den Grundsätzen dieser Rechtsprechung und ist daher nicht zu beanstanden. Eine erhebliche Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO muss insoweit also nicht beantwortet werden, weshalb die Revision zurückzuweisen ist.

Zum Rekurs:

Der Rekurswerber erachtet sich zum einen durch die Auffassung des Berufungsgerichtes beschwert, die Rechtskraft des „Verschaffungstitels" stehe allen Einwendungen betreffend mangelnden Ankaufswillen oder mangelnde Ankaufsmöglichkeit der Klägerin bis zum Schluss der Verhandlung im Vorprozess entgegen, zum anderen durch die Beurteilung, dass das eingewendete Mitverschulden zufolge unterlassener Verbücherung unbeachtlich sei, weil es auf ein Verschulden an der Nichterfüllung des Verschaffungstitels keinen Einfluss habe. Dazu beruft er sich auf die Beweispflicht der Klägerin für die Schadenshöhe und die Kausalität des Verstoßes für den Schadenseintritt sowie darauf, das ihn der Verschaffungstitel nicht einfach zur Herausgabe des mit dem Vorkaufsrecht belasteten Liegenschaftsanteils zwinge, sondern zu einer Zug-um-Zug-Leistung. Wenn die Klägerin - wie festgestellt - weder im Juli 1994 noch nach Rechtskraft des Verschaffungstitels die Möglichkeit zur Erfüllung ihrer Zahlungsverpflichtung gehabt habe, könne sich der ihm angelastete Verstoß auch nicht schädigend im Sinne einer die Klägerin belastenden Vermögensminderung ausgewirkt haben. Durch den Verschaffungstitel sei für den Schadenersatzprozess nur ein Verstoß des Beklagten präjudiziell festgestellt, nicht jedoch die Frage vorentschieden, ob die Klägerin von einem ihr Vorkaufsrecht betreffenden formgerechten Einlösungsanbot überhaupt Gebrauch gemacht hätte. Jedenfalls sei der Klägerin ein Mitverschulden von 50 % anzulasten, weil sie ihr Vorkaufsrecht sechs Jahre lang nicht verbüchert habe, obwohl sie von bestehenden Verkaufsabsichten informiert gewesen sei. Außerdem habe sie nie versucht, die Käufer, denen das Vorkaufsrecht bei Ankauf bekannt gewesen sei, zur Herausgabe des damit belasteten Liegenschaftsanteils zu veranlassen. Soweit die Einwände des Rekurswerbers den Anspruchsgrund betreffen, kommt ihnen schon aus folgenden Überlegungen keine Berechtigung zu:

Richtig ist, dass der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt - in insoweit einhelliger Rechtsprechung - ausgesprochen hat, die Interessenklage sei nicht schon durch die verfahrensrechtliche Bestimmung des § 368 EO begründet. Der Anspruch auf Wertersatz muss vielmehr im materiellen Recht seine Grundlage haben (RIS-Justiz RS0004674; RS0004748; RS0004770 [T5] ua; 4 Ob 148/03y mwN). Im Bereich des Schuldrechts hat die Interessenklage ihre materiell-rechtliche Grundlage in den §§ 918 ff ABGB (6 Ob 139/00k; 10 Ob 149/00b; vgl auch Roth, aaO, 124 ff mwN). Wenn der Schuldner säumig ist, kann der Gläubiger vom Anspruch auf Erfüllung (Naturalleistung) zurücktreten und das Interesse fordern (Roth, Voraussetzungen einer Interessenklage in JBl 1992, 302 f [308 f]; Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner EO § 368 EO Rz 5), wobei der Anspruch auf das Interesse wegen Nichterfüllung nach Rechtsprechung und überwiegender Lehre Verschulden voraussetzt (Roth aaO; zu allem:

7 Ob 209/02i mwN).

Daraus lässt sich aber nichts für den Standpunkt des Beklagten gewinnen.

Als Anspruchsgrundlage kommt hier insbesondere auch die (verschuldete) Unmöglichkeit oder Vereitelung der geschuldeten Leistung (der Klägerin die „Möglichkeit des Erwerbes" des im Titel 2 Ob 201/99v näher bezeichneten Liegenschaftsanteils „zu verschaffen") in Betracht (5 Ob 504/92; 7 Ob 209/02i). Die Weigerung des Beklagten, diesen (titulierten) Anspruch der Klägerin zu erfüllen, ist objektiv rechtswidrig. Aufgrund der Klagestattgebung im Vorprozess steht diese Leistungspflicht bindend fest. Demgemäß trifft den Beklagten daran jedenfalls prima facie ein Verschulden und er hat es, als in seiner Sphäre eingetreten, zu vertreten, dass ihm „mittlerweile auf Dauer" eine Erfüllung des Verschaffungstitels nicht mehr möglich ist. Die Nichterfüllung der Titelschuld in der Leistungsfrist löst als Verletzung einer in § 1295 Abs 1 ABGB angeführten Pflicht Schadenersatz aus (7 Ob 209/02i mit Hinweis auf 6 Ob 139/00k). Durch die Auffassung des Berufungsgerichtes, die Rechtskraft des „Verschaffungstitels" stehe allen Einwendungen betreffend mangelnden Ankaufswillen oder mangelnde Ankaufsmöglichkeit der Klägerin bis zum Schluss der Verhandlung im Vorprozess entgegen, ist der Rekurswerber aber schon deshalb nicht beschwert, weil im vorliegenden Fall nicht auf den Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung im Titelprozess abzustellen ist. Maßgebend ist vielmehr - wie bereits zu der im Rahmen der Revision erörterten Verjährungsfrage aufgezeigt wurde - der Ablauf der Leistungsfrist des Titels, hier aber der nach Rechtskraft des Verschaffungstitels gesetzten „Nachfrist" (also der 5. 11. 1999). Bis dahin musste die Leistung erbracht werden; dann konnte ohne weiteres das Interesse gefordert werden (RIS-Justiz RS0004770 [T3]):

Zu diesem Zeitpunkt begann hier also nicht nur die Verjährungsfrist; es kommt ihm vielmehr auch für die Fragen, ob und in welcher Höhe die Klägerin Interessenersatz nach § 368 EO aufgrund der Nichterfüllung des „Verschaffungstitels" begehren kann, ausschlaggebende Bedeutung zu. Was die Schadensberechnung betrifft, wird somit ebenfalls auf den 5. 11. 1999 abzustellen und zu prüfen sein, ob im Vermögen der Klägerin überhaupt ein Schaden eingetreten ist (ob sie also bei gehöriger Erfüllung des Titels auf „Verschaffung der Möglichkeit des Eigentumserwerbes" von ihrem Vorkaufsrecht überhaupt Gebrauch gemacht hätte) und - sollte dies der Fall sein - welchen Schaden sie durch das Unterbleiben eines derartigen Anbots erlitten hat. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch ein Mitverschulden der Klägerin infolge der unterlassenen Verbücherung des Vorkaufsrechtes verneint. Da der Rekurswerber ausdrücklich zugesteht, dass die Käufer davon auch ohne Verbücherung Kenntnis hatten, war dieser Umstand für einen (allenfalls) eingetretenen Schaden nämlich bedeutungslos und konnte daher auch kein Mitverschulden der Klägerin begründen. Dem Rekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.

Der Vorbehalt der Kosten des Revisions- und des Rekursverfahrens gründet sich jeweils auf § 52 Abs 1 ZPO.

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