JudikaturJustiz7Ob323/99x

7Ob323/99x – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Februar 2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schenk und Dr. Schaumüller als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, gegen die beklagte Partei Elfriede E*****, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 466.440,-- sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 20. April 1999, GZ 11 R 229/98x-12, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 17. September 1998, GZ 28 Cg 54/98m-7, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Beklagte unterfertigte am 23. 5. 1995 in der Österreichischen Botschaft in Teheran die Verpflichtungserklärung gemäß § 10 Abs 3 Z 2 FrG 1992, Blg 1, wonach sie Kiamars G***** und dessen zwei mj. Söhne zu einem Besuch in der Dauer von einem Monat zu sich einlud. Weiters heißt es in der Erklärung wörtlich:

Ich verpflichte mich, für den Unterhalt und die Unterkunft der eingeladenen Person(en) aufzukommen. Ich verpflichte mich weiters, der Republik Österreich, den Ländern, Gemeinden und anderen öffentlichen Rechtsträgern alle Kosten, die ihnen im Zusammenhang mit der Einreise, dem Aufenthalt - auch wenn dieser aus welchen Gründen immer über den Zeitraum der Einladung hinausgeht - und der Ausreise sowie allfälliger fremdenpolizeilicher Maßnahmen entstehen, binnen 14 Tagen ab Zahlungsaufforderung bei sonstiger gerichtlicher Geltendmachung zu bezahlen.

Unter der Unterschrift der Beklagten findet sich ua noch folgende Erläuterung:

Durch diese Verpflichtungserklärung sind beispielsweise auch Kosten für Fürsorgeleistungen und Aufwendungen für medizinische Betreuung erfasst.

Auf Grund dieser Verpflichtungserklärung, zu der keine Nebenabreden getroffen wurden, erteilte die klagende Partei Kiamars G***** und seinen Söhnen einen - gemäß § 5 FrG 1992 für die Einreise nach und den Aufenthalt in Österreich erforderlichen - Touristensichtvermerk. Die Beklagte wollte mit ihrer Erklärung Kiamars G***** und seinen Söhnen ermöglichen, über Österreich nach Kanada auszureisen, wo sich deren Ehefrau und Mutter bereits aufhielt. Nach ihrer Ankunft in Österreich stellten die Genannten Asylanträge und wurden von der klagenden Partei vom 10. 7. 1995 bis 15. 5. 1997 (also 676 Tage lang) in Bundesbetreuung übernommen.

Unter Hinweis auf die Verpflichtungserklärung begehrt die klagende Partei von der Beklagten die Kosten der Bundesbetreuung in Höhe von S 230,-- pro Person und Tag, insgesamt daher S 466.440,--. Die Beklagte habe nicht die Absicht gehabt, die eingeladenen Personen tatsächlich zu beherbergen und zu versorgen, sondern habe dies nur vorgetäuscht. Kiamars G***** habe angegeben, den Sichtvermerk im Iran über Vermittlung eines Afghanen für 1,1 Mio Rial erhalten zu haben.

Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und wendete im Wesentlichen ein, die begehrten Kosten seien unangemessen hoch. Sie habe die Einladung nur für einen Monat ausgesprochen und auf Grund eines telefonischen Anrufs des Kiamars G*****, der ihr Cousin sei, drei Wochen nach seiner Abreise (nach Österreich) angenommen, dass er und seine Söhne bereits in Kanada seien. Erst 1997 habe sie erfahren, dass sich die Genannten als Asylwerber im Flüchtlingslager Traiskirchen aufhielten. In der Bundesbetreuung sei die klagende Partei nicht als Körperschaft öffentlichen Rechts, sondern im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung rein karitativ tätig. Ihre Erklärung hätte sich nicht auf karitative Zuwendungen bzw Leistungen bezogen, die die klagende Partei im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung erbringe. Sie, die Beklagte habe nicht für eine Aufenthaltsberechtigung der eingeladenen Personen einzustehen, die sich nicht auf den erteilten Sichtvermerk, sondern auf Asylanträge stütze. Der klagenden Partei sei vorzuwerfen, dass sie im Zusammenhang mit ihrer Erklärung weder über fremdenpolizeiliche Rechtsfragen, noch über die Tragweite der übernommenen Bürgschaft belehrt worden sei. Die von ihr Eingeladenen hätten auch nicht in Bundesbetreuung aufgenommen werden dürfen, weil sie nicht hilfsbedürftig gewesen seien. Die Beklagte für ein deliktisches Verhalten der Asylwerber in Anspruch zu nehmen, sei sittenwidrig. Der klagenden Partei sei auch eine Verletzung der Schadensminderungspflicht vorzuwerfen, weil sie es unterlassen habe, nachzuforschen, welche Umstände zur Sichtvermerkserteilung geführt hätten. Die Verpflichtungserklärung sei für sie, die Beklagte, grob benachteiligend, weil sie kein Möglichkeit gehabt habe, eine Asylantragstellung abzuwenden. Da Kiamars G***** gegenüber der Österreichischen Botschaft in Teheran unrichtige Angaben über den Zweck und die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gemacht habe, hätte über ihn sofort ein Aufenthaltsverbot verhängt und der Sichtvermerk für ungültig erklärt werden müssen. Das Asylverfahren müsse schon wegen seiner langen Dauer mangelhaft gewesen sein; dies sei ebenfalls der klagenden Partei anzulasten. Wäre sie, die Beklagte, von der klagenden Partei über den Verbleib der eingeladenen Personen raschestmöglich informiert worden, hätte sie Vorkehrungen treffen können, die nichts gekostet hätten. Die klagende Partei habe dadurch, dass sie sie uninformiert gelassen habe, vertragliche Schutz- und Sorgfaltspflichten verletzt. Dadurch und durch die mangelhafte Vollziehung des Asylgesetzes und des Bundesbetreuungsgesetzes sei ihr, der Beklagten, ein Schaden in Höhe der Klagsforderung entstanden, der kompensando als Gegenforderung geltend gemacht werde.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Verpflichtungserklärung der Beklagten stelle eine - einseitig verbindliche - Garantie iSd § 880a ABGB dar, die nach § 914 f ABGB auszulegen sei. Die Garantiezusage könne nur so verstanden werden, dass sich die Beklagte nur verpflichtet habe, für die der klagenden Partei auf Grund der Erteilung des Sichtvermerks entstehenden Kosten aufzukommen. Die Erklärung der Beklagten könne aber nicht extensiv dahin interpretiert werden, dass auch die auf Grund der Asylgewährung - von der Sichtvermerkserteilung unabhängig aufgelaufenen - Kosten der Bundesbetreuung umfasst seien. Die Beklagte hafte auch nicht aus schadenersatzrechtlichen Grundsätzen, weil eine allfällige Irreführung über den Zweck der Einreise der eingeladenen Personen nicht kausal für die Kosten der Bundesbetreuung gewesen sei. Auch Personen, die ohne Sichtvermerk (etwa über die "grüne Grenze") einreisten, komme bei Stellung eines Asylantrags eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zu. Auch sie seien im Falle der Hilfebedürftigkeit in Bundesbetreuung aufzunehmen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei Folge, hob das Urteil des Erstgerichts auf und trug diesem die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof wurde für zulässig erklärt. Die Verpflichtungserklärung der Beklagten umfasse eindeutig und ausdrücklich alle Kosten des Aufenthalts "auch wenn dieser aus welchen Gründen immer über den Zeitraum der Einladung hinausgehe. Damit gebe es zum einen keine zeitliche Begrenzung der Verpflichtung der Beklagten auf die Dauer des "Besuches", zum anderen verliere auch der Hinweis auf die unterschiedliche Aufenthaltslegitimation der Fremden im Bundesgebiet, auf die das Erstgericht abstelle, die rechtliche Relevanz; habe es doch gerade auf die Gründe der Verlängerung des Aufenthalts der Fremden nach der Verpflichtungserklärung nicht ankommen sollen. Darauf, dass sich der "Besuch" nur auf die Dauer eines Monats beschränken sollte, könne sich die Beklagte schon deshalb nicht berufen, weil ein Besuch überhaupt nicht vorgesehen gewesen sei und sie nach dem von ihr verfolgen Zweck der Erklärung, es den Fremden zu ermöglichen, über Österreich nach Kanada auszuwandern, mit einem längeren Aufenthalt der Eingeladenen in Österreich rechnen habe müssen. Eine Verpflichtung der klagenden Partei, die Beklagte davon zu verständigen, dass ihre Gäste, für die zu sorgen sie sich ja verpflichtet habe, in Bundesbetreuung übernommen wurden, könne nicht erkannt werden. Es wäre vielmehr Sache der Beklagten gewesen, für ihre "Gäste" im Sinne der von ihr übernommenen "Patronatserklärung" zu sorgen. Nach § 1 Abs 1 Bundesbetreuungsgesetz übernehme der Bund die Betreuung hilfsbedürftiger Fremder, die einen Antrag nach § 2 des Asylgesetzes gestellt haben. Nach § 2 Abs 2 dieses Gesetzes habe der Asylwerber an der Feststellung seiner Hilfsbedürftigkeit mitzuwirken und die entsprechenden Umstände unverzüglich mitzuteilen. Seien die Asylwerber dieser ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen, so sei es nicht Sache der klagenden Partei, einen allfälligen Garanten für die Unterkunft und Verpflegung zu ermitteln und ihn von der Übernahme seiner Gäste in Bundesbetreuung zu verständigen. Nach dem Inhalt ihrer Verpflichtungserklärung, die Voraussetzung für die Einreise ihrer Gäste gewesen sei, habe sich die Beklagte der klagenden Partei gegenüber zum Ersatz aller Kosten, die mit dem Aufenthalt der Eingeladenen entstehen, verpflichtet. Sie habe der klagenden Partei demnach auch die durch die Bundesbetreuung entstandenen Kosten zu ersetzen; habe sie doch durch ihre Erklärung auch für Fürsorgeleistungen ausdrücklich die Haftung übernommen. Es könne nicht angehen, dass die Beklagte sich von den von ihr übernommenen Verpflichtungen einfach dadurch befreie, dass sie sich nach Abgabe der Patronatserklärung vom Schicksal der von ihr eingeladenen Personen in keiner Weise überzeuge, weder vom Antritt des sogenannten Besuches noch auch von dessen Beendigung. Da die betreffenden Personen auf Grund der Patronatserklärung der Beklagten auf legalem Weg nach Österreich einreisen und hier Asylanträge stellten konnten, sei die Verpflichtungserklärung der Beklagten entgegen der Ansicht des Erstgerichts kausal für die der klagenden Partei erwachsenen Kosten gewesen.

Das Erstgericht habe ausgehend von seiner vom Berufungsgericht nicht geteilten Rechtsmeinung eine Prüfung der Höhe der von der beklagten Partei zu ersetzenden Kosten unter Prüfung der erhobenen Einwendungen auch hinsichtlich der Dauer - sowie einer Erörterung allfälliger Gegenforderungen - unterlassen. Dies werde im fortgesetzten Verfahren nachzuholen sein.

Seinen Zulassungsausspruch begründete das Berufungsgericht damit, es lägen divergierende Entscheidungen (der zweiten Instanzen) hinsichtlich der Frage, ob und allenfalls unter welchen Voraussetzungen die Verpflichtungserklärung auch den Ersatz der Kosten der Bundesbetreuung als Folge von Asylanträgen umfasse, vor.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Beklagten ist zulässig, da zu der über den vorliegenden Fall hinaus bedeutsamen Frage, ob auf Grund einer Patronatserklärung, wie der gegenständlichen, auch für Kosten der Bundesbetreuung gehaftet werde, noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliegt; er ist aber nicht berechtigt.

Soweit der erkennende Senat die Rechtsmittelausführungen für nicht stichhältig hält, die damit bekämpften Entscheidungsgründe des angefochtenen Beschlusses hingegen für zutreffend erachtet, reicht es aus, auf deren Richtigkeit hinzuweisen und sie nur durch einige grundsätzliche Anmerkungen zur Rechtsnatur der gegenständlichen Verpflichtungserklärung sowie bezugnehmend auf die Ausführungen des Rekurses wie folgt zu ergänzen:

Die Klägerin stützt ihren Anspruch auf eine am 18. 1. 1995 gegenüber der Aufenthaltsbehörde abgegebene Verpflichtungserklärung nach § 10 Abs 3 Z 2 Fremdengesetz in der damals geltenden Fassung (FrG 1992; BGBl 1992/838 idF BGBl 1994/505), in der sich die Beklagte verpflichtet hatte, der Republik Österreich, den Ländern und Gemeinden und anderen öffentlichen Rechtsträgern alle Kosten zu ersetzen, die ihnen im Zusammenhang mit der Einreise, dem Aufenthalt - auch wenn dieser aus welchen Gründen immer über den Zeitraum der Einladung hinausgeht - und der Ausreise sowie allfälliger fremdenpolizeilicher Maßnahmen entstünden. Als Beispiel derartiger Kosten waren in dem von der Beklagten unterfertigten Formular auch Kosten für Fürsorgeleistungen ausdrücklich angeführt. Die Erklärung stellte die Voraussetzung für die Erteilung eines gemäß § 5 FrG 1992 für die Einreise nach und den Aufenthalt in Österreich benötigten Sichtvermerkes dar. Nach § 10 Abs 1 Z 2 und 3 FrG 1992 war ein Sichtvermerk dann zu versagen, wenn der Fremde nicht über ausreichende eigene Mittel zur Deckung seines Unterhalts oder nicht über einen, alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügte oder sein Aufenthalt zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen konnte, es sei denn, diese Belastung ergäbe sich aus der Erfüllung eines gesetzlichen Anspruches. Trotz Vorliegens dieser Versagungsgründe konnte die Behörde einen Sichtvermerk aber dann erteilen, wenn auf Grund der Verpflichtungserklärung einer Person mit Hauptwohnsitz oder Sitz im Bundesgebiet die Tragung aller Kosten, die öffentlichen Rechtsträgern durch den Aufenthalt des Fremden entstehen könnten, gesichert erschien (§ 10 Abs 3 Z 2 FrG 1992). Sinn und Zweck der also im Fremdengesetz ausdrücklich vorgesehenen Verpflichtungserklärung war es demnach (und ist es - das am 1. 1. 1998 in Kraft getretene FrG 1997 sieht hier keine wesentliche Änderung vor), jene Kosten zu sichern, die öffentlichen Rechtsträgern durch den Aufenthalt des Fremden entstehen können (Muzak, Die Aufenthaltsberechtigung im österreichischen Fremdenrecht, 69 f; SSV-NF 8/113; Schrammel, Rechtsfragen der Ausländerbeschäftigung 42 f; VwGH 10. 2. 1994 Zl 93/18/0569). Dass es sich dabei um eine privatrechtliche Verpflichtungserklärung handelt, wird weder von der Lehre (Muzak aaO 73) noch in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 10. 2. 1994 Zl 93/18/0569) bezweifelt; der Verwaltungsgerichtshof geht gleichfalls von einer "privatrechtlichen Maßnahme" aus. Auch die Materialien zum Fremdengesetz 1992 (RV 692 BlgNR 18. GP, 34; abgedruckt in Hickisch/Kepplinger, Handbuch zum Fremdengesetz FN 21 zu § 10, und in Schmidt/Aigner/Taucher/Petrovic, Fremdenrecht II 24) verweisen im Zusammenhang mit der Verpflichtungserklärung nach § 10 Abs 3 Z 2 FrG 1992 auf "Maßnahmen des Privatrechts".

Lehre und Rechtsprechung (Schrammel, aaO 43; 10 ObS 176/94 = SSV-NF

8/113 = SZ 67/214 = ARD 46243895; 10 ObS 8/95) bezeichnen eine solche

Verpflichtungserklärung als "Patronatserklärung", ein Begriff, der schon bisher im Zusammenhang mit Verpflichtungserklärungen verwendet wurde, die der Kreditsicherung dienten (Heiss/Müller, Rechtsgrundlagen der Haftung aus Patronatserklärungen in RdW 1989, 290; Nowotny, Besicherung durch "harte" Patronatserklärung in RdW 1992, 198; vgl Rummel in Rummel ABGB2 Rz 3 zu § 880a; SZ 58/127 = EvBl 1985/168; SZ 61/73). Von Lehre und Rechtsprechung wird dieser Begriff als Sammelbezeichnung für eine Vielzahl von Erklärungen einer vom Kreditnehmer verschiedenen, zu diesem jedoch regelmäßig in einem Naheverhältnis stehenden Person aufgefasst, die je nach ihrem Inhalt von völlig unverbindlichen Erklärungen bis zum Garantievertrag reichen können, wobei die Rechtsnatur der Erklärung im Einzelfall aus den Auslegungsregeln der §§ 914 f ABGB zu ermitteln ist (SZ 58/127 mwN). Dabei ist ausgehend von den Umständen, unter denen die Erklärung abgegeben wurde und ihrem Wortsinn die dem Erklärungsgegner erkennbare Absicht des Erklärenden entscheidend (Koziol/Welser I10 91 f; Rummel aaO Rz 4 zu § 914; SZ 58/127).

Wie Muzak aaO 73 f zutreffend ausführt, stellt eine Patronatserklärung (nach § 10 Abs 3 Z 2 FrG 1992 eine Willenserklärung im Sinne des ABGB gegenüber dem Bund dar, für jene Ansprüche, die diesem, einem Land, einer Gemeinde oder einer sonstigen juristischen Person öffentlichen Rechts gegen den Fremden entstehen, zu haften. Zivilrechtsdogmatisch betrachtet handelt es sich um eine Mischform aus einer Bürgschaft und einem echten Vertrag zu Gunsten Dritter. Soweit sich der Dritte verpflichtet, Verbindlichkeiten des Fremden gegenüber dem Bund zu begleichen, ist die Erklärung mit einer Bürgschaft iSd § 1346 ABGB vergleichbar; er tritt als Bürge für zukünftige Schuldverhältnisse bei. Insoweit die Person, die die Verpflichtungserklärung abgibt, erklärt, für Forderungen anderer Rechtsträger gegenüber dem Fremden zu haften, liegt ein "echter Vertrag zu Gunsten Dritter" zwischen ihr und dem Bund vor (Muzak aaO 74).

Wie vom Obersten Gerichtshof in der - die Frage der Verjährung einer (offenbar unter Verwendung des gleichen Formulars abgegebenen und daher der gegenständlichen voll und ganz entsprechenden) Patronatserklärung betreffenden - Entscheidung 6 Ob 334/99g ausgesprochen wird, stellt eine solche Verpflichtungserklärung keine (abstrakte) Garantie iSd § 880a ABGB, sondern eine gegenüber der Haftung des oder der betreffenden Fremden selbst akzessorische Verbindlichkeit dar (vgl auch Muzak aaO 76).

Ausgehend von diesen grundsätzlichen Erwägungen erweist sich die Ansicht des Berufungsgerichtes, die Patronatserklärung der Beklagten umfasse auch die gegenständlichen Kosten der Bundesbetreuung von Asylwerbern als zutreffend, zumal am privatwirtschaftlichen Charakter der Bundesbetreuung, den die Beklagte ja selbst betont, kein Zweifel bestehen kann (vgl die Materialien zum Bundesbetreuungsgesetz BGBl 1991/405 RV 158 BlgNR 18. GP, 7; abgedruckt in Muzak/Taucher/Aigner/Lobner [Hrsg], Fremdenrecht II 121). Es handelt sich dabei auch nicht um eine sich aus der Erfüllung eines gesetzlichen Anspruchs ergebende Belastung iSd § 10 Abs 1 Z 3 FrG 1992, da § 1 Abs 3 des Bundesgesetzes, mit dem die Bundesbetreuung von Asylwerbern geregelt wird (Bundesbetreuungsgesetz, BGBl 1991/405) ausdrücklich darauf hinweist, dass auf die Bundesbetreuung kein Rechtsanspruch besteht. Die im Rahmen der Bundesbetreuung erbrachten Leistungen (von der Beklagten selbst als "karitative Tätigkeit" bezeichnet) sind in weiterem Sinne unter den Begriff der "Fürsorgeleistungen" zu subsumieren, die in der gegenständlichen Verpflichtungserklärung beispielhaft erwähnt werden. Der Umstand, dass sich der betreffende Hinweis im verwendeten Formular unter der Unterschrift der Beklagten befindet, ist ohne jede Bedeutung, zumal die Beklagte ja gar nicht behauptet hat, dass es sich dabei um einen nachträglichen Zusatz handelte. Die klagende Partei hat den von der Beklagten in ihrem Schriftsatz ON 5 wiedergegebenen Inhalt der Verpflichtungserklärung (samt dem betreffenden Hinweis) ausdrücklich außer Streit gestellt (AS 21). Keine Rede kann daher davon sein, dass das Berufungsgericht, wie die Rekurswerberin behauptet, den Inhalt der Verpflichtungserklärung aktenwidrig wiedergegebenen hätte.

Bei den weiteren Ausführungen, mit denen die Beklagte Aktenwidrigkeit reklamiert, handelt es sich um Schlussfolgerungen, die das Berufungsgericht im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung aus dem von der Beklagten ausdrücklich eingeräumten Umstand gezogen hat, dass den von ihr Eingeladenen in Wahrheit eine Auswanderung nach Kanada (via Österreich) ermöglicht werden sollte. Gerade eine lebensnahe Einschätzung der Situation, die von der Beklagten sonst wiederholt gefordert wird, lässt die Ansicht des Berufungsgerichtes, die beabsichtigte Auswanderung iranischer Staatsbürger nach Kanada könnte sich bei der gegebenen politischen Lage verzögern; die Beklagte habe daher allenfalls auch einen längeren Aufenthalt der betreffenden Personen in Österreich ins Kalkül ziehen müssen; naheliegend erscheinen. Die Beklagte hat selbst vorgebracht, dass sie sich erst ab Juli 1995 mit ihrer Familie (wieder) in Österreich befand und sie zu diesem Zeitpunkt Kiamars G***** längst in Kanada gewähnt habe. Völlig zu Unrecht wendet sie sich daher nun gegen die Schlussfolgerung des Berufungsgerichtes, ein Besuch des Genannten und seiner Kinder bei ihr in Österreich sei tatsächlich gar nicht vorgesehen gewesen. Ob die von ihr Eingeladenen die Beklagte persönlich in Österreich besuchen wollten, ist im Übrigen aber letztlich ebensowenig entscheidungswesentlich, wie der Umstand, ob zwischen ihnen und der Beklagten ein (wie diese behauptet sogar verwandtschaftliches) Naheverhältnis besteht. Entscheidend ist vielmehr, dass die Beklagte eine nach § 10 Abs 3 Z 2 FrG 1992 vorgesehene Erklärung abgab, die nach ihrem Wortlaut der gesetzlichen Intention nachkam, eine mögliche finanzielle Belastung der Republik Österreich durch den "Besuch" im Rahmen des Vorhersehbaren auszuschließen (vgl SZ 67/214). Auf Grund des Inhalts der von ihr unterfertigten Erklärung musste der Beklagten klar sein, dass allfällige, nach den Wechselfällen des Lebens mit dem Aufenthalt der Eingeladenen in Österreich verbundene Risken (zB Krankheitsfälle etc) zu ihren finanziellen Lasten gehen würden. Eine Ausnahmeregelung dahin, dass die Beklagte für die klagenden Partei durch ein bewusstes Vorgehen bzw Fehlverhalten der Eingeladenen verursachte Kosten nicht zu haften hätte, ist weder der Verpflichtungserklärung zu entnehmen, noch aus gesetzlichen Vorschriften abzuleiten. Daher muss aber auch der Einwand der Beklagten, sie habe keine Möglichkeit gehabt, ein schädigendes Verhalten der von ihr eingeladenen Personen in Österreich zu verhindern, ins Leere gehen.

Eine von der Beklagten in diesem Zusammenhang vermisste Beweisaufnahme wurde von den Vorinstanzen daher mangels Entscheidungsrelevanz zu Recht unterlassen. Die von der Rekurswerberin deshalb geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor.

Das Berufungsgericht hat betreffend das Verhalten der Eingeladenen keineswegs eine Kontrollmöglichkeit der Beklagten unterstellt, sondern die zutreffende Ansicht vertreten, diese könne auf Grund ihrer Verpflichtungserklärung nun nicht einfach jede Verantwortung für ein Verhalten ihrer "Gäste" ablehnen, das zu von ihr nicht vorhergesehenen bzw bedachten privatrechtlichen Verbindlichkeiten gegenüber dem Staat (oder den in der Patronatserklärung genannten Gebietskörperschaften) führt. Der im Rekurs noch erhobene Einwand, die gegenständliche Verpflichtungserklärung müsse "extensiv" dahin interpretiert werden, dass sich die Beklagte nur zu "Naturalleistungen" verpflichtet habe, wird von der Beklagten selbst ad absurdum geführt, wenn sie an anderer Stelle richtig darauf hinweist, dass die "sogenannte Verpflichtungserklärung auch im Zusammenhang mit touristischen Aufenthalten in der identen Textierung gebräuchlich ist, wobei es nicht darauf ankommt, ob die eingeladenen Personen bei ihrem Gastgeber wohnen oder in einem Hotel untergebracht sind oder der Einladende auch zu Hause ist und einer Gastgeberrolle nachkommt".

Dass der Inhalt der gegenständlichen Patronatserklärung, wie die Beklagte meint, sittenwidrig wäre, da er ihr allenfalls zu hohe Belastungen aufbürde, kann nicht erkannt werden. Hat doch die klagende Partei das im Bundesverfassungsgesetz verankerte Postulat der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Verwaltung zu beachten und ist sie daher schon unter diesem Gesichtspunkt verhalten, auch die ihr zufolge der Erteilung eines Sichtvermerks erwachsenden Belastungen nach Möglichkeit gering zu halten. Nichts anderes wird aber in Wahrheit von der Revisionswerberin gefordert, wenn sie eine Verletzung der "Schadensminderungspflicht" durch die klagende Partei reklamiert. Dies wird bei der Ausmittlung des Ersatzanspruches der Klägerin zu beachten sein.

Ob sich die Verpflichtungserklärung auch auf Kosten bezieht, die dem Staat bei der Durchsetzung hoheitlicher Akte, etwa Erlassung eines Aufenthaltsverbotes entstehen, wie die Materialien annehmen (692, BlgNR 18. GP, 35), oder, wie von Muzak aaO 75 vertreten wird, nur auf Kosten, die den Gebietskörperschaften als Träger von Privatrechten entstünden, kann hier dahingestellt bleiben, weil die Bundesbetreuung, wie bereits ausgeführt, dem Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung zuzurechnen ist.

Soweit von der Rekurswerberin schließlich noch moniert wird, dass die Patronatserklärung nicht von einem Vertreter der klagenden Partei unterfertigt worden sei, weshalb es an der Annahme der Verpflichtungserklärung der Beklagten fehle, wird übersehen, dass § 10 Abs 3 Z 2 FrG 1992 eine Verpflichtungserklärung ausdrücklich vorsieht und gewisse Rechtsfolgen daran knüpft. Daraus ist zu schließen, dass es einer ausdrücklichen Annahme der Erklärung durch den Bund nicht bedarf; insofern kann man von der Normierung einer fingierten Willenserklärung sprechen (vgl Muzak aaO 74 uHa Koziol/Welser I10 89).

Der Rekurs muss daher erfolglos bleiben. Das Erstgericht wird im Sinn des Aufhebungsbeschlusses der zweiten Instanz vorzugehen haben.

Der Ausspruch über den Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

Rechtssätze
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