JudikaturJustiz7Ob270/05i

7Ob270/05i – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. Juli 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alfred H*****, vertreten durch Dr. Peter Kranzelbinder, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Siegfried N*****, vertreten durch Dr. Hans Paternioner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Feststellung und Abgabe einer Willenserklärung (Streitwert: EUR 10.000), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 31. August 2005, GZ 3 R 153/05t-33, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Feldkirchen vom 1. März 2005, GZ 3 C 532/02p-29, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 665,66 (darin enthalten EUR 110,94 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 485 Satz 2 ABGB kann die auf einem Grundstück lastende Dienstbarkeit durch dessen Vergrößerung, Verkleinerung oder Zerstückelung - abgesehen von dem in § 847 ABGB bezeichneten Fall - weder verändert noch geteilt werden. Zufolge § 847 ABGB bleiben durch die Teilung eines gemeinschaftlichen Gutes alle einem Dritten zustehenden Pfand-, Dienstbarkeits- und anderen dinglichen Rechte unberührt. Betrifft jedoch die Ausübung einer Grunddienstbarkeit bloß ein Teilstück, so erlischt das Recht in Hinsicht auf die übrigen Teile. Somit kann die Teilung des dienenden Gutes dem Berechtigten nicht zum Nachteil gereichen. Ohne seine Zustimmung dürfen daher nur jene Teilstücke des dienenden Gutes lastenfrei abgeschrieben werden, die von einer Grunddienstbarkeit „eindeutig und dauernd" nicht betroffen sind (SZ 59/50 mwN; 5 Ob 69/03g), sodass sich die Dienstbarkeit also nicht länger auf das abzuschreibende Trennstück erstreckt (RIS-Justiz RS0018222).

Wiederholt hat der Oberste Gerichtshof daher bereits ausgesprochen, dass dem Eigentümer eines - wie hier - mit der Dienstbarkeit des Trink- und Nutzwasserbezugs belasteten Grundstücks (dass auch die hier zu beurteilende Dienstbarkeit der Trinkwasserversorgung des Anwesens des Beklagten dient, hat der Kläger selbst in seinem Klagevorbringen behauptet) im Allgemeinen alle Nutzungen verwehrt sind, durch die die Beschaffenheit des Grundwassers im Zeitpunkt der Dienstbarkeitsbestellung beeinträchtigt werden könnten, soll der - gerade durch den Trinkwasserbezug manifestierte - Zweck einer solchen Dienstbarkeit nicht verfehlt werden (SZ 67/27; RIS-Justiz RS0016619; zuletzt: 1 Ob 198/99w).

Darüber hinaus wird in der letztgenannten Entscheidung (1 Ob 198/99w) auch noch Folgendes festgehalten:

„Da dem Eigentümer eines mit der Dienstbarkeit des Trink- und Nutzwasserbezugs belasteten Grundstücks im allgemeinen alle Nutzungen verwehrt sind, die eine quantitative oder qualitative Beeinträchtigung der Beschaffenheit des Grundwassers bei Bestellung der Dienstbarkeit zur Folge haben könnten, durften sich die Beklagten - nach rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten - zumindest bis zum 6. März 1998 (Tag der Zustellung des Ergänzungsgutachtens des gerichtlichen Sachverständigen) der lastenfreien Abschreibung des Grundstücks 3195/2 vom dienenden Gut mit Fug und Recht widersetzen, war doch bis zu diesem Zeitpunkt noch gänzlich unklar, ob allfällige Baumaßnahmen auf diesem Grundstück die innerhalb der Ausübungungsgrenzen der Dienstbarkeit maßgeblichen Grundwasserströme beeinflussen würden. Die Beklagten hielten daher vorerst begreiflicherweise auch an der Belastung des Grundstücks 3195/2 mit ihrer Servitut fest, um nicht andernfalls einen möglicherweise nachhaltigen Eingriff in ihre durch die Dienstbarkeit gesicherten rechtlichen Interessen zu erleiden. Die Kläger ... lehnten vor Klageeinbringung überdies noch die Unterfertigung der von den Beklagtenvertretern vorbereiteten Haftungserklärung ab, was die Beklagten - bei redlicher Betrachtung - darin bestärken musste, dass das abzuschreibende Grundstück für die weitere uneingeschränkte Ausübung der Dienstbarkeit von Bedeutung sei. .... Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO ist im Anlassfall nicht zu lösen, weil die Entscheidung des Rechtsstreits auf dem Boden der - vom Berufungsgericht zutreffend angewandten - Grundsätze der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs beruht, ohne dass dieser Einzelfall allgemein bedeutsame Fragen aufwürfe, die zu einer Änderung bzw Ergänzung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung führen müssten."

Ungeachtet dieser Rechtslage hat das Berufungsgericht die Zulässigkeit einer Revision deshalb bejaht, weil sich die Rechtsprechung mit der Frage, „welche sichere Prognose" bzw welcher Grad an Wahrscheinlichkeit für die Beurteilung, dass bei einer auf einem Grundstück lastenden Dienstbarkeit des Wasserbezugs- und Wasserleitungsrechts ein Teilstück nicht betroffen sei, vorliegen müsse, - soweit überblickbar - noch nicht auseinandergesetzt habe. Da die Beurteilung dieser - immer nur einzelfallbezogen zu beantwortenden - Rechtsfrage jedoch im Rahmen der dargestellten Grundsätze liegt, sind die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht erfüllt:

Steht doch im vorliegenden Fall fest, dass ein vollständiger [100 %iger] Ausschluss einer quantitativen Beeinflussung der Quelle nur nach Bodenuntersuchungen und nach Messungen der Grundwasserstände möglich wäre, dass derzeit aber über den Aufbau der Bodenschichten und über die Grundwasserstände (noch) „nichts bekannt" sei, wobei der Kläger - wie sich aus der von ihm selbst vorgelegten Korrespondenz ergibt (Beilage ./K) - offenbar ebenfalls nicht bereit ist, eine Haftung (für allfällige Schäden durch die Unterteilung des Grundstücks, den damit verbundenen Verkauf und die Errichtung von Baulichkeiten) zu übernehmen.

Demgemäß kann dem Beklagten nicht vorgeworfen werden, er verfolge mit der Verweigerung der Zustimmung zur lastenfreien Abschreibung (im Sinne der in der Revision zuletzt noch aufrechterhaltenen Behauptung einer missbräuchlichen Rechtsausübung, also einer „geradezu schikanösen" Handlungsweise) entweder unlautere Handlungsmotive oder eigene Interessen, deren Bedeutung krass hinter den beeinträchtigten Interessen des Klägers zurückbliebe (1 Ob 198/99w mwN). Der Oberste Gerichtshof ist bei der Prüfung der Revisionszulässigkeit an einen Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden. Da in der Revision auch sonst keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt wird, war das Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO; der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen.