JudikaturJustiz7Ob254/02g

7Ob254/02g – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. November 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen 1. (zu 5 C 716/01v des Bezirksgerichts Hietzing) der klagenden Partei G***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Werner Goeritz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Thomas O*****, vertreten durch Dr. Markus Freund, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 16.655,79 (= EUR 1.210,42) sA und Räumung, 2. (zu 5 C 782/01z des Bezirksgerichts Hietzing) der beklagten Parteien mj. Stefan O***** (*****) und mj. Andreas O***** (*****), beide *****, beide vertreten durch ihren Vater Thomas O*****, dieser vertreten durch Dr. Markus Freund, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei G***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Werner Goeritz, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der (zu 5 C 716/01v) klagenden und der (zu 5 C 782/02z) beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 17. Juli 2002, GZ 39 R 276/02f-20, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Vater des (zu 5 C 716/01v) Beklagten (im folgenden Sohn genannt) und Großvater der (zu 5 C 782/01z) Kläger (in der Folge: Enkel), die minderjährig sind (geboren 1994 bzw 1997), hat als weichender Hauptmieter seine Mietrechte an der von ihm von der zu 5 C 716/01v klagenden und zu 5 C 782/01z beklagten Partei (im folgenden Vermieterin) gemieteten Wohnung an seinen Sohn und - mit pflegschaftsgerichtlicher Genehmigung - auch an seine Enkel gemäß § 12 Abs 1 MRG abgetreten. Der Sohn hielt der von der Vermieterin unter Berufung auf § 16 Abs 2 MRG erklärten Mietzinserhöhung die Bestimmung des § 46 Abs 1 MRG entgegen, wonach der Vermieter beim (allein oder gemeinsam mit anderen Angehörigen erfolgten) Eintritt (ua) minderjähriger Kinder (§ 42 ABGB; demnach auch Enkelkinder) weiterhin nur den Hauptmietzins begehren darf, den er ohne den Eintritt begehren dürfte.

Die Vermieterin hat dagegen den - im Revisionsverfahren allein noch strittigen - Einwand erhoben, die Abtretung auch an die minderjährigen Enkel sei ein Schein- oder ein Umgehungsgeschäft mit dem einzigen Ziel und Zweck, die Anhebung des Mietzinses zu verhindern.

Ausgehend von den erstgerichtlichen Feststellungen, die Abtretung an die Enkel sei in der Absicht erfolgt, diesen die schöne, etwas über 100 m2 große Wohnung - im Hinblick auf die möglichen Wechselfälle des Lebens - langfristig zu sichern; der Sohn könnte sich aufgrund der festgestellten Höhe seines Einkommens die Bezahlung eines angehobenen Mietzinses gemäß § 36 Abs 2 MGR nicht leisten; haben die Vorinstanzen diesen Einwand der Vermieterin verworfen.

Rechtliche Beurteilung

Diese vermag, indem sie in der Revision die Rechtsansicht der Vorinstanzen bekämpft und die Auffassung vertritt, derartige Mietrechtsabtretungen gemäß § 12 MRG könnten sich künftig zunehmender Beliebtheit erfreuen, weshalb eine "Klarstellung der Rechtslage" durch den Obersten Gerichtshof angezeigt erscheine, keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen:

Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn sich der Erklärende und der Erklärungsempfänger darüber einig sind, dass das Erklärte nicht gelten soll, wenn also die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, die mit dem betreffenden Rechtsgeschäft verbundenen Rechtswirkungen jedoch nicht eintreten lassen wollen (RIS-Justiz RS0018149 mwN). Anders als beim Scheingeschäft, bei dem also die Vertragsgestaltung bloß vorgetäuscht wird, streben die Beteiligten eines Umgehungsgeschäftes an, den Tatbestand einer bestimmten Norm zu vermeiden, bzw den einer anderen Norm zu erfüllen, deren Anwendung jedoch nach dem gesetzlichen Wertungssystem als untragbarer Widerspruch zur Sachgerechtichkeit oder Systemgerechtigkeit der Rechtsordnung erscheint. Das Umgehungsgeschäft verstößt zwar nicht "den Buchstaben des Gesetzes nach" gegen eine gesetzliche Bestimmung, vereitelt indes im Ergebnis doch den Zweck, den das Gesetz mit dieser Bestimmung anstrebt (vgl 1 Ob 201/99m; 6 Ob 251/01g, RIS-Justiz RS0113579).

Ausgehend von diesen Definitionen kann nach der festgestellten Sachlage in der Rechtsansicht der Vorinstanzen, die Abtretung der Mietrechte an die Enkel sei weder als Schein- noch als Umgehungsgeschäft anzusehen, kein im Interesse der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung korrekturbedürftiger Fehler erblickt werden. Auch wenn Indizien für eine Umgehungsabsicht vorliegen, erscheint die eine solche verneinende Rechtsansicht der Vorinstanzen hier vertretbar.

Mangels Vorliegens eines tauglichen Zulassungsgrunds war daher spruchgemäß zu entscheiden.