JudikaturJustiz7Ob238/13w

7Ob238/13w – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. März 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache der Antragstellerin A***** W*****, vertreten durch Dr. Franz Marschall und Mag. Rene Heinz, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Antragsgegner DI Dr. G***** A*****, vertreten durch Dr. Stefan Duschel und Mag. Klaus Hanten, Rechtsanwälte in Wien, wegen 64.070,29 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 6. November 2013, GZ 22 R 18/13x 85, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Schwechat vom 2. Jänner 2013, GZ 2 Nc 30/08v 78, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Im 1989 erwarben Ing. U***** P***** und der Antragsgegner je zur Hälfte eine Liegenschaft. Mit Schenkungsvertrag vom 30. 3. 1999 übertrug Ing. U***** P***** seinen Miteigentumsanteil an die Antragstellerin.

Die Antragstellerin begehrt zuletzt die Zahlung von 64.070,29 EUR an „Renovierungs , Erhaltungs und Instandhaltungskosten“. Im Laufe des Verfahrens änderte sie nach umfangreicher Erörterung durch den Erstrichter ihr Vorbringen mehrfach ab. Im ursprünglichen Antrag begehrte sie als Miteigentümerin die Hälfte des Negativsaldos aus den „Hausertragsrechnungen vom 1. 4. 1999 bis 31. 12. 2006“. Sie sei für die Kosten für die (näher beschriebenen) 26 „Projekte“ in Vorlage getreten und der Antragsgegner müsse ihr diese anteilig (zur Hälfte) gemäß § 839 ABGB ersetzen. Letztlich brachte sie vor, dass hinsichtlich der Forderungen aus den im Revisionsrekursverfahren relevanten „Projekten 1, 2, 15, 16, 20, 25 und 26“ das Leistungs und Rechnungsdatum teils vor dem 30. 3. 1999 liege, also vor dem Zeitpunkt, in dem sie Miteigentümerin geworden sei, und dass teils ein solches Datum nach dem 30. 3. 1999 nicht angegeben werden könne. Sie stütze ihre Forderungen nunmehr auch auf Anerkenntnis durch den Antragsgegner, auf § 1042 ABGB und auf Zession der Forderungen durch den damaligen Miteigentümer und ihren späteren Ehemann Ing. U***** P***** an sie, die am 1. 11. 1997, zu Beginn ihrer Lebensgemeinschaft, erfolgt sei. Sie habe die Kosten der Investitionen für die Miteigentümer (Ing. U***** P***** und Antragsgegner) vorfinanziert. Die Antragstellerin sei berechtigt, diese Ansprüche im außerstreitigen Verfahren geltend zu machen, weil der Zusammenhang zwischen den Ansprüchen mit der Verwaltung und der Nutzung der gemeinsamen Liegenschaft gegeben sei. Ihr zu den weiteren „Projekten 21 und 22“ erstattete nähere Vorbringen ist für das Revisionsrekursverfahren nicht relevant.

Der Antragsgegner beantragt die Abweisung des Antrags. Die durchgeführten Arbeiten, denen er nicht zugestimmt habe, seien nicht erforderlich gewesen. Aufwendungen auf die Liegenschaft vor dem Erwerb des Miteigentumsanteils am 30. 3. 1999 könne die Antragstellerin nicht im eigenen Namen im außerstreitigen Verfahren geltend machen.

Das Erstgericht wies den Antrag der Antragstellerin insgesamt ab. Es ging ohne Feststellungen zu treffen davon aus, dass das mehrfach ergänzte Vorbringen der Antragstellerin trotz umfassender Erörterung zur Gänze unschlüssig sei. Ein konstitutives Anerkenntnis des Antragsgegners könne aus der behaupteten Äußerung „Schafft immer nur an, was nötig ist, aber Geld kriegt ihr keines“ nicht abgeleitet werden. Lediglich Aufwendungen, die die Antragstellerin für die im Miteigentum stehende Liegenschaft tatsächlich getätigt habe, könnten Grundlage für Forderungen sein. Dazu müsse sie jedoch präzise darlegen und beweisen, wann welche Leistungen von wem erbracht und wann diese von wem bezahlt worden seien. Dies sei nicht geschehen.

Das Rekursgericht bestätigte die abweisende Entscheidung des Erstgerichts hinsichtlich der „Projekte 1, 2, 15, 16, 20, 21, 22, 25 und 26“ im Umfang von 30.382,40 EUR samt 4 % Zinsen seit 29. 10. 2009 als Teilbeschluss und hob im Übrigen die Entscheidung auf. Nach dem Vorbringen der Antragstellerin seien ihre Forderungen hinsichtlich der „Projekte 1, 2, 15, 16, 20, 25 und 26“ teils ausdrücklich vor dem 30. 3. 1999, als sie noch nicht Miteigentümerin gewesen sei, entstanden, teils habe sie trotz Erörterung durch das Erstgericht nicht präzisieren können, dass die Arbeiten/Zahlungen nach dem 30. 3. 1999 erfolgt seien. Sie stütze ihre Forderungen insoweit im Gegensatz zu ihrem ursprünglichen Antragsvorbringen nicht mehr auf § 839 ABGB, sondern auf Zession vom 1. 11. 1997 und auf Einlösung nach § 1042 ABGB. Im Verfahren außer Streitsachen könnten diese Ersatzansprüche nicht geltend gemacht werden. Im Übrigen lasse sie den Rechtsgrund für die behauptete Zession offen. Bei Berufung auf eine Abtretung zu Beginn der Lebensgemeinschaft am 1. 11. 1997 mangle es an Vorbringen zur hinreichenden Bestimmtheit der Forderungsabtretung, zumal künftig noch nicht entstandene Forderungen betroffen gewesen seien. Soweit das Rekursgericht die abweisende Entscheidung zu den „Projekten 21 und 22“ bestätigte, vertrat es die Rechtsansicht, dass das Vorbringen unschlüssig sei, weil der geltend gemachte Rechnungsbetrag nicht aufgeschlüsselt werde und die Wohnungssanierungskosten nicht nachvollziehbar seien.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil keine erhebliche Rechtsfrage zu lösen sei.

Gegen den die Antragsabweisung bestätigenden Teilbeschluss des Rekursgerichts richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin mit einem Abänderungsantrag, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Antragsgegner beantragt in der ihm vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Der Vorwurf des Revisionsrekurses, das Rekursgericht sei von einer in einem früheren Rechtsgang geäußerten Rechtsansicht abgegangen, kann auf sich beruhen. Auch wenn das Rekursgericht an seine in einem Aufhebungsbeschluss ausgesprochene Rechtsansicht gebunden ist, ist das Abgehen davon ohne Bedeutung, wenn die Rechtsansicht, die der vom Obersten Gerichtshof zu prüfenden Entscheidung zu Grunde liegt, die richtige ist (RIS Justiz RS0042181, RS0042173).

Im Revisionsrekurs macht die Antragstellerin ausschließlich geltend, dass nach § 838a ABGB alle Ansprüche auf Rechnungslegung und aus der Verteilung von Nutzen und Lasten dem außerstreitigen Rechtsweg unterlägen. Die Antragstellerin habe sich hinsichtlich der vor dem 30. 3. 1999 dem damaligen Miteigentümer Ing. P***** entstandenen Forderungen ausdrücklich auf Zession am Beginn der Lebensgemeinschaft am 1. 11. 1997 berufen, weil sie bereits vor 1997 die Investitionen für die Miteigentümer vorfinanziert habe und somit die offenen Rechnungen der „seinerzeitigen Werkstätte Ing. U***** P*****“ an die „Hausgemeinschaft“ bezahlt habe. Die Antragstellerin sei berechtigt, ihre Ansprüche auf Anerkenntnis durch den Antragsgegner, auf § 1042 ABGB und Zession auch im außerstreitigen Verfahren zu stützen. Der Zusammenhang der Ansprüche mit der Verwaltung und Benützung der Liegenschaft sei gegeben.

Die Antragstellerin begehrte im verfahrenseinleitenden Antrag als Miteigentümerin die Hälfte des Negativsaldos aus den „Hausertragsrechnungen vom 1. 4. 1999 bis 31. 12. 2006“, also aus einem Zeitraum, in dem sie nach ihrem Vorbringen tatsächlich Miteigentümerin war. Das war für die Bestimmung der Verfahrensart entscheidend. Es ist nämlich vom Wortlaut des Entscheidungsbegehrens und dem zu seiner Begründung vorgebrachten anspruchsbegründenden Sachverhalt auszugehen (RIS Justiz RS0013639, RS0045584). Solche Ansprüche sind auch im von der Klägerin gewählten außerstreitigen Verfahren geltend zu machen. Diese Anspruchsgrundlage (§ 839 ABGB) konnte sie aber im Verfahren nicht aufrechterhalten. Sie will nun ihr Begehren auf andere Rechtsgründe stützen. Sind diese der Geltendmachung im streitigen Verfahren vorbehalten, ist eine Änderung der Rechtsgründe nicht zulässig und der Antrag als unberechtigt abzuweisen. Es ist also zu prüfen, ob im außerstreitigen Verfahren nach § 838a ABGB auch Ansprüche geltend gemacht werden können, die sich nicht nur auf das Miteigentumsverhältnis, sondern darüber hinaus auch noch auf weitere Rechtsgründe stützen.

Der mit dem FamErbRÄG 2004, BGBl I 2004/58, eingefügte und mit 1. 1. 2005 in Kraft getretene § 838a ABGB verweist Streitigkeiten zwischen den Teilhabern über die mit der Verwaltung und Benützung der gemeinschaftlichen Sache unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten in das Verfahren außer Streitsachen. Die Gesetzesmaterialien (ErlRV 471 BlgNR 22. GP 33) führen dazu aus, dass die Bestimmung nur für Streitigkeiten zwischen den Teilhabern einer Miteigentümergemeinschaft, nicht aber für solche mit Dritten gelte. Die Verweisung in das Außerstreitverfahren erstrecke sich nur auf die mit der Verwaltung und Nutzung unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten. Ansprüche, die nicht nur auf das Miteigentumsverhältnis, sondern darüber hinaus auch noch auf weitere Rechtsgrundlagen gestützt würden (etwa ein Besitzstörungsanspruch, ein Schadenersatzanspruch, ein Bereicherungsanspruch oder ein auf das Nachbarrecht gestützter Unterlassungsanspruch zwischen Miteigentümern), seien weiterhin im streitigen Verfahren geltend zu machen.

Der Oberste Gerichtshof hat sich bereits mit dieser Bestimmung auseinandergesetzt (vgl 8 Ob 111/11y, 2 Ob 71/12y, 9 Ob 18/13g, 4 Ob 75/13b je mwN; RIS Justiz RS0122986, RS0124971). Noch nicht beantwortet wurde aber die Frage, ob im außerstreitigen Verfahren auch Ansprüche geltend gemacht werden können, die einem Dritten von einem Miteigentümer zediert oder die vom Dritten nach § 1042 ABGB eingelöst wurden.

In der Lehre wird vertreten, dass in dem Fall, dass der Anspruch nicht nur auf das Miteigentumsverhältnis, sondern darüber hinaus auf weitere Rechtsgrundlagen gestützt werde, der von den Gesetzesmaterialien geforderte unmittelbare Zusammenhang mit der Verwaltung und Benützung nicht gegeben sei ( H. Böhm in Kletečka/Schauer , ABGB ON 1.00, § 838a ABGB Rz 12; Sailer in KBB³, § 838a ABGB Rz 3; Gruber/Sprohar Heimlich in S chwimann/Kodek , ABGB 4 , § 838a ABGB Rz 3; Egglmeier Schmolke in Schwimann , TaKom², § 838a ABGB Rz 3).

Die Intention des Gesetzgebers war, dass nicht jeder Anspruch im Zusammenhang mit der Verwaltung und Benützung von Miteigentum § 838a ABGB unterstellt wird. Es sollen nur Streitigkeiten zwischen Miteigentümern und nicht auch solche zwischen einem Miteigentümer und einem Dritten erfasst sein. Weiters soll sich der Anspruch ausschließlich auf das Miteigentumsverhältnis stützen und nicht auf eine weitere Rechtsgrundlage. Sowohl ein von einem Miteigentümer zedierter Anspruch als auch ein von einem solchen nach § 1042 ABGB eingelöster wird von einem Dritten geltend gemacht, der sich dabei auf einen weiteren Rechtsgrund stützen muss. Solche Ansprüche sind im streitigen Rechtsweg geltend zu machen.

Im vorliegenden Fall sind zwar die Antragstellerin und der Antragsgegner im Zeitpunkt der Antragseinbringung Miteigentümer der Liegenschaft, doch macht die Antragstellerin Ansprüche geltend, die vor ihrer Miteigentümerschaft ihrem Rechtsvorgänger entstanden sind. Sie kann damit die Ansprüche nicht nur aus ihrem Miteigentumsverhältnis ableiten, sondern muss weitere Rechtsgründe heranziehen, hier Anerkenntnis durch den Antragsgegner (zu einem nicht bekannten Zeitpunkt), Zession und/oder Einlösung in Bezug auf Forderungen des vormaligen Miteigentümers. Solche Ansprüche sind, wie dargelegt, nicht im außerstreitigen, sondern im streitigen Verfahren geltend zu machen. Eine Erörterung des unklaren Vorbringens der Antragstellerin, um welche Forderungen es sich überhaupt bei der behaupteten Einlösung/Zession gehandelt hat, kann daher unterbleiben. Aus ihrem Vorbringen geht nämlich nicht einmal klar hervor, ob überhaupt Forderungen des vormaligen Miteigentümers Ing. U***** P***** gegen den Antragsgegner Gegenstand waren oder „nur“ solche der „Werkstätte“ gegen den Auftraggeber, die ohnehin nicht unmittelbar aus dem Miteigentumsverhältnis abgeleitet werden könnten.

Die Frage, ob sich ein Miteigentümer im außerstreitigen Verfahren auch auf Anerkenntnis des eigenen (nur auf § 839 ABGB gestützte) Anspruchs durch den Miteigentümer stützen kann, stellt sich hier nicht. Solche Ansprüche werden nicht geltend gemacht. Abgesehen davon kann die behauptete Äußerung des Antragsgegners („Schafft nur immer an, was nötig ist, aber Geld kriegt ihr keines“) ohnehin keine Grundlage für ein Anerkenntnis sein, weil der Äußerung kein Verpflichtungswille zu entnehmen ist. Vielmehr wird eindeutig die Begründung von Forderungen abgelehnt.

Die Forderungen hinsichtlich der „Projekte 21 und 22“ macht die Antragstellerin zwar nur aus ihrem Miteigentumsverhältnis geltend, das Rekursgericht erachtete ihr Vorbringen aber wie das Erstgericht mangels Aufschlüsselung und Nachvollziehbarkeit als unschlüssig und wies die Forderungen ab. Dem setzt die Antragstellerin im Revisionsrekurs nichts entgegen. Die Rechtsrüge ist nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weil nicht dargelegt wird, aus welchen Gründen die Beurteilung der Vorinstanzen unrichtig sein soll (vgl RIS Justiz RS0043603).

Über die Kosten im Sinn von § 78 AußStrG kann erst im Endbeschluss entschieden werden.