JudikaturJustiz7Ob214/04b

7Ob214/04b – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Februar 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Dr. Edwin Mächler, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei U*****versicherung AG, *****, vertreten durch Dr. Helmut Derstaller ua, Rechtsanwälte in Graz, wegen EUR 5.252,39 samt Anhang, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 14. April 2004, GZ 17 R 50/04d-15, womit das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 20. November 2003, GZ 41 C 685/03y-10, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 399,74 (darin enthalten EUR 66,62 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage - an den gegenteiligen Ausspruch des Berufungsgerichtes ist der Oberste Gerichtshof nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO) - auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Die Begründung des (nachträglich abgeänderten) Zulässigkeitsausspruches hält - insoweit zutreffend - fest, dass sich der Zulassungsantrag darauf beruft, hier wären folgende Rechtsfragen erheblich iSd § 502 Abs 1 ZPO:

Hinsichtlich des Fahrlässigkeitsgrades nach § 61 VersVG weiche die Berufungsentscheidung von der stRsp und der "Mosaiksteinchentheorie" des Obersten Gerichtshofes ab, während zur Frage, ob die Kriterien der stRsp für die Beurteilung des Fahrlässigkeitsgrades bei Schadensfällen aufgrund von Diebstählen von Fahrzeugen auch für daraus folgende Sachschäden heranzuziehen seien, überhaupt Rsp des Obersten Gerichtshofe fehle.

Davon ausgehend vertritt das Berufungsgericht jedoch die - unzutreffende - Auffassung, dass, wenngleich das Berufungsgericht nicht von einer krassen Fehlbeurteilung ausgehe, die Revision nachträglich zuzulassen sei, weil es - soweit überschaubar - keine Rsp zur Frage gebe, ob (auch) bei Sachschäden, die auf das Zurücklassen des Reserveschlüssels im Fahrzeuginneren zurückzuführen sind, die Mosaiksteinchentheorie betreffend Schäden, die im Zusammenhang mit dem Diebstahl (dem Verbringen) dieses Fahrzeuges mit dem Reserveschlüssel zurückzuführen sind, anzuwenden sei. Der bisherigen Judikatur wären nämlich im Wesentlichen jeweils Sachverhalte zugrunde gelegen, bei denen das Fahrzeug gestohlen geblieben und nicht nach dem Diebstahl in beschädigtem Zustand wieder aufgetaucht sei.

Dabei wird Folgendes übersehen:

Ob eine Fehlhandlung die Annahme grober Fahrlässigkeit rechtfertigt, bildet bei Vertretbarkeit der immer von den Umständen des Einzelfalles abhängigen Beurteilung, grundsätzlich keine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (stRsp; 7 Ob 12/04x; 7 Ob 170/03f mit Hinweis auf VersE 1691; 4 Ob 2010/96h; 9 Ob 358/97f; 7 Ob 289/98w; 7 Ob 8/99x; 7 Ob 301/99m; 7 Ob 59/01d; 7 Ob 74/02m; 7 Ob 165/02v ua). Die Revision wäre daher nur zulässig, wenn der Sachverhalt auch bei weitester Auslegung den von der Judikatur für die Annahme grober Fahrlässigkeit aufgestellten Kriterien nicht entspräche (7 Ob 12/04x; 7 Ob 170/03f mit Hinweis auf 7 Ob 34/88, VR 1989/168; 7 Ob 59/01d; 7 Ob 74/02m; 7 Ob 165/02v ua), also nur dann, wenn dem Berufungsgericht eine grobe Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, die im Interesse der Rechtssicherheit korrigiert werden müsste (RIS-Justiz RS0026555 [T5], RS0087606 [T8].

Auch die Frage welche konkreten Aufbewahrungsmöglichkeiten von Kfz-Schlüsseln nicht als grob fahrlässig anzusehen sind, hängt - wie der erkennende Senat bereits wiederholt ausgesprochen hat (7 Ob 14/03i; 7 Ob 72/03v) - von den Umständen des Einzelfalls ab und lässt sich daher ebenfalls nicht generell, sondern nur einzelfallbezogen beantworten. Was die angesprochen Frage betrifft, ist daher nach den bereits von den Vorinstanzen richtig dargestellten Grundsätzen lediglich davon auszugehen, dass das Abstellen eines nicht der Luxusklasse angehörenden PKW's, versperrt und mit aktivierter Diebstahlsicherung in einem verriegelten Innenhof, wobei die im versperrten Kofferraum liegende Windjacke, in der sich die Kfz-Reserveschlüssel befanden, ebenso wie die weiteren im Fahrzeug zurückgelassenen Gegenstände, von außen nicht sichtbar waren, keine grobe Fahrlässigkeit darstellt (RIS-Justiz RS0111476 [T2]). Nichts anderes kann für die besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalles gelten; wurden die Kfz-Reserveschlüssel doch auch hier nicht im Handschuhfach, sondern in einer Geldtasche im versperrten Kofferraum des alarmgesichert auf einer öffentlichen Straße abgestellten Fahrzeuges aufbewahrt. Eine vom Obersten Gerichtshof zu korrigierende Fehlbeurteilung der Frage nach der Vertretbarkeit der vom Berufungsgericht geäußerten Rechtsansicht liegt somit nicht vor. Mangels erheblicher, für die Entscheidung des Verfahrens relevanter Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen.

Rechtssätze
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