JudikaturJustiz7Ob141/05v

7Ob141/05v – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. Juli 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Daniel Oliver L*****, geboren am 22. April 1987, *****, vertreten durch den Magistrat Graz, Amt für Jugend und Familie - Jugendwohlfahrtsreferat, 8011 Graz, Kaiserfeldgasse 25, gegen die beklagte Partei Dr. Volker S*****, wegen Feststellung der Vaterschaft und Unterhalt, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 18. April 2005, GZ 2 R 63/05g-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 10. Dezember 2004, GZ 59 C 4/04k-13, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Hinsichtlich des am 22. 4. 1987 geborenen (und damit inzwischen volljährigen gewordenen) Klägers wurde mit rechtskräftigen Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 9. 7. 2003, AZ 33 C 204/01a, festgestellt, dass dieser nicht der am 17. 2. 1999 rechtskräftig geschiedenen Ehe seiner Mutter mit ihrem damaligen Ehemann entstammt. Aufgrund der dem vorliegenden Verfahren zu Grunde liegenden, am 12. 1. 2004 eingebrachten Klage im vorliegenden Verfahren haben die Vorinstanzen seinem Klagebegehren auf Feststellung der außerehelichen Vaterschaft des Beklagten einerseits samt Leistung eines monatlichen Unterhaltsbeitrages von EUR 348 ab Juli 2001 stattgegeben und hat das Berufungsgericht ausgesprochen, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

In seiner außerordentlichen Revision bestreitet der Beklagte (so wie schon im Berufungsverfahren) zwar nicht, biologischer Vater des klägerischen Kindes, jedoch (weiterhin) nicht dessen gesetzlicher und damit unterhaltspflichtiger Vater zu sein, weil (zusammengefasst) das genannte Vorverfahren 33 C 204/01a hinsichtlich der Beweisaufnahme mangelhaft und unvollständig geführt und die Vaterschaftsbestreitungsklage nicht binnen Jahresfrist eingebracht worden sei und ihm zufolge Unterbleibens einer zwingend vorgeschriebenen Streitverkündung die aus Art 6 EMRK ableitbaren Parteirechte versagt geblieben seien, sodass das Urteil im Vorverfahren ihm gegenüber auch keine Bindungswirkung entfalten könne.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu ist seitens des Obersten Gerichtshofes folgendes (§ 510 Abs 3 ZPO) zu erwidern:

Vorauszuschicken ist, dass gemäß Art IV § 7 FamErbRÄG 2004 BGBl I 2004/58 auf das vorliegende gerichtliche Abstammungsverfahren noch die vor dieser mit 1. 1. 2005 in Kraft getretenen (§ 1 leg. cit.) Novelle geltenden Bestimmungen anzuwenden sind; gleiches gilt auch für die Wirkung der Entscheidung dieses Verfahrens. Im gemäß §§ 158, 159 ABGB aF vom (vormaligen) Ehemann der Mutter eingeleiteten Ehelichkeitsbestreitungsverfahren kam dem nunmehr als leiblicher Vater in Anspruch genommenen (und als solcher auch festgestellten) Beklagten keine Stellung als Nebenintervenient zu (Stabentheiner in Rummel, ABGB³ Rz 15 zu §§ 156 ff; SZ 58/130; RIS-Justiz RS0048139; LGZ Wien EFSlG 66.921). Das ex tunc wirkende (RIS-Justiz RS0000847; RS0048229; RS0000797) Bestreitungsurteil entfaltet damit allseitige, sich gegenüber jedermann erstreckende Rechtskraftwirkung, weil es sich um ein positives Rechtsgestaltungsurteil handelt (SZ 58/130; Schwimann in Schwimann, ABGB² Rz 2 zu § 159). Weder die (angebliche) Unvollständigkeit (Mangelhaftigkeit) des in diesem rechtskräftigen Vorverfahren abgeführten Beweisverfahrens noch die (angebliche) Versäumung der Jahresfrist des § 158 ABGB aF durch den dort klagenden Ehemann (siehe hiezu auch Stabentheiner aaO Rz 3) können daher vom Beklagten des nachmaligen Vaterschaftsfeststellungsverfahrens mit Erfolg aufgegriffen (und zum Gegenstand einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO gemacht) werden. Entscheidend ist demnach (allein), dass dem Beklagten im vorliegenden Verfahren - was er selbst nicht zu bestreiten vermag - sämtliche Parteienrechte (auch im Lichte des Art 6 EMRK) gewährt und gewahrt waren. Der Beklagte wird auch nicht durch seine Rechtsposition belastende Tatsachenfeststellungen im Urteil des Vorprozesses in seinen Rechten geschmälert, sondern ergibt sich vielmehr seine rechtliche Stellung als außerehelicher Vater des Klägers ausschließlich aus der vom Erstgericht (nach Einholung eines entsprechenden DNA-Gutachtens) auf Sachverhaltsebene getroffenen (und daher vom Obersten Gerichtshof zugrundezulegenden) Tatsachenfeststellung seiner erwiesenen biologischen Vaterschaft (ON 13 iVm ON 6). Auch Schubert (in Fasching/Konecny, ZPO² Rz 4 ff zu § 21) zählt eine Streitverkündung an den (im Zeitpunkt des Ehelichkeitsbestreitungsverfahrens vielfach ja auch noch gar nicht bekannten) präsumtiven außerehelichen Vater weder bei der Auflistung gesetzlich verpflichtender noch bloß zweckmäßiger Streitverkündungen auf (ebenso Fucik in Rechberger, ZPO² Rz 1 zu § 21). Ein bloß wirtschaftliches Interesse (hier im Zusammenhang mit der Bestreitung seiner Unterhaltspflicht: vgl sein Vorbringen nach Vorliegen des Sachverständigengutachtens in der Streitverhandlung ON 12) hätte überdies auch nicht zur Nebenintervention ausgereicht (RIS-Justiz RS0035724). Schließlich würde die Bestreitung dieser verfahrensmäßigen wie auch materiellrechtlichen Gegebenheiten im vorliegenden Klageverfahren dem aus Art 8 EMRK ableitbaren (und vom Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis G 48/00 besonderes in den Vordergrund gerückten) verfassungsgesetzlich geschützten Recht des Klägers auf durchsetzbaren Rechtsanspruch der Feststellung seiner (wahren) biologischen Vaterschaft widerstreiten.

Rechtssätze
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