JudikaturJustiz6Ob656/83

6Ob656/83 – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. März 1985

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl, Dr.Resch, Dr. Schobel und Dr.Riedler als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing.Raimund A, Architekt, Frankfurt am Main, Jahnstraße 21, vertreten durch Dr.Gottfried Peloschek und Dr.Wolf-Dieter Arnold, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Dipl.Ing.Dr.Robert B, o.Hochschulprofessor, Wien 18., Pötzleinsdorferstraße 94, bisher vertreten durch Dr.Wolfgang Albert, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Widerruf (Teilstreitwert 300.000 S) sowie 35.000 S samt Nebenforderungen, 1.) infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 4.November 1977, GZ.5 R 163/77-12, womit die Beschlüsse des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 23.März 1977, GZ.39 f Cg 457/76-8 und 9, abgeändert wurden, sowie 2.) infolge (a) Revision der klagenden Partei sowie (b) der Rekurse beider Parteien gegen das (a) Teilurteil und (b) gegen den Teilaufhebungsbeschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 19.Februar 1980, GZ.12 R 122/79-39, womit das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 30.April 1979, GZ.39 f Cg 457/76-34, (a) zum Teil bestätigt und (b) zum Teil unter Rechtskraftvorbehalt zur Verfahrensergänzung aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung die B e s c h l ü s s e gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs des Klägers gegen die den Beschluß, ON 9, abändernde Rekursentscheidung (ON 12) wird zurückgewiesen. Dem Revisionsrekurs des Klägers gegen die die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Weigerung des Zeugen Dipl.Ing.Ernst C (ON 8)

abändernde Rekursentscheidung (ON 12) wird stattgegeben. Der

angefochtene Beschluß wird derart abgeändert, daß der Beschluß

erster Instanz wiederhergestellt wird.

Der Revision des Klägers gegen das berufungsgerichtliche Teilurteil wird stattgegeben. Die angefochtene Entscheidung und das Urteil erster Instanz, soweit in diesem über das Begehren auf Wiederruf der in der Klage angeführten Mitteilung gegenüber Dipl.Ing.Ernst C abgesprochen wurde, werden aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfang an das Prozeßgericht erster Instanz zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen. Weder dem Rekurs des Klägers noch dem des Beklagten gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß wird stattgegeben. Die Kosten des Revisionsrekurses des Klägers, soweit dieses Rechtsmittel nicht zurückgewiesen wurde, die Kosten der Rekurse gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß sowie die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zum Begehren auf Widerruf gegenüber Dipl.Ing.Ernst C sind Kosten des weiteren Verfahrens.

Text

Begründung:

Der Kläger ist ein in der D E ansässiger Architekt. Als Vortragender bei Seminarveranstaltungen und als Gutachter übte er seine Berufstätigkeit auch im Inland aus. So erstattete er im Auftrag einer inländischen Handelskammer ein Gutachten über Mängel an einem von der Kammer als Bauherrin errichteten Gebäude. Der Beklagte ist inländischer Hochschulprofessor. Er erstattete ein Gegengutachten. Dazu nahm der Kläger in seinem Ergänzungsgutachten vom 26.Januar 1976 Stellung. Der Beklagte fühlte sich durch die darin gebrauchten Wendungen persönlich herabgesetzt. In der am 29.September 1976 anhängig gemachten Klage behauptete der Kläger, der Beklagte habe in einer gegen ihn eingeleiteten gezielten Diffamierungskampagne wiederholt gegenüber verschiedenen Personen, so auch gegenüber einem ehemaligen Institutsleiter und einem Handelskammerangestellten die unwahre Behauptung aufgestellt, er, der Kläger, sei als Lehrbeauftragter an einer deutschen Universität 'rausgeflogen' und derartiges stehe ihm als Lehrbeauftragter an einer anderen deutschen technischen Universität bevor. Der Kläger behautpete, aus den Äußerungen des Beklagten seien ihm bereits berufliche Nachteile erwachsen.

Der Kläger begehrte die Verurteilung des Beklagten 1. zur Unterlassung der in der Klage angeführten Behauptungen, 2. zu ihrem Widerruf a) gegenüber dem ehemaligen Institutsleiter sowie b) gegenüber dem Handelskammerangestellten und 3. zur Zahlung eines Verdienstentganges von 35.000 S samt 4 % Zinsen seit dem Tag der Klagsbehändigung (= 15.Oktober 1976).

Der Beklagte bestritt, die in der Klage behaupteten Äußerungen in der in der Klage zitierten Weise gemacht zu haben. Er habe, ausgelöst durch die unqualifizierten Ausführungen im Ergänzungsgutachten, Nachforschungen nach dessen Urheber angestellt, im Büro seiner Auftraggeber von den persönlichen Umständen des Klägers gehört und sich zur Kontrolle hierüber gesprächsweise bei dem ehemaligen Institutsleiter erkundigt.

Das Prozeßgericht ließ den Beweis über die vom Beklagten gegenüber dem ehemaligen Institutsleiter und gegenüber dem Handelskammerangestellten gemachten Äußerungen durch zeugenschaftliche Vernehmung dieser beiden Personen zu. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 23.März 1977 berief sich der als Zeuge vorgeladene Handelskammerangestellte auf seine Verschwiegenheitspflicht gegenüber der Handelskammer. Das Prozeßgericht erkannte die Aussageverweigerung als nicht gerechtfertigt. Der Zeuge beharrte darauf, von seiner Verschwiegenheitspflicht nicht entbunden worden zu sein und deshalb nicht aussagen zu wollen. Hieauf verhängte das Prozeßgericht über den Zeugen eine Geldstrafe von 100 S.

Infolge Rekurses des Zeugen änderte das Rekursgericht die erstgerichtlichen Entscheidungen derart ab, daß es die Aussageverweigerung als rechtmäßig erkannte und den Beschluß über die Verhängung der Geldstrafe aufhob.

Mit der Berufung gegen das klagsabweisende Urteil erster Instanz verband der Kläger einen Revisionsrekurs gegen die zweitinstanzliche Abänderung der Beschlüsse über die Aussageverweigerung des Handelskammerangestellten sowie über die Verhängung der Geldstrafe. Der Oberste Gerichtshof wies dieses Rechtsmittel mit der Begründung zurück, daß Rekurse gegen die abändernde Rechtsmittelentscheidung der zweiten Instanz erst mit einem Rechtsmittel gegen eine selbständig anfechtbare Entscheidung der zweiten Instanz verbunden werden könnten (6 Ob 685/79).

Das Prozeßgericht wies das Klagebegehren in sämtlichen Punkten ab. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung - im Jahre 1980 - als Teilurteil nur in Ansehung des Begehrens auf Widerruf gegenüber dem Angestellten der Handelskammer, im übrigen faßte es einen Aufhebungsbeschluß.

Zum Teilurteil sprach es aus, daß der Wert des davon betroffenen Streitgegenstandes 60.000 S übersteige, dem Aufhebungsbeschluß fügte es einen Rechtskraftvorbehalt bei.

Aus dem vom Berufungsgericht zugrundegelegten Sachverhalt ist hervorzuheben:

Der Beklagte erstattete das Gegengutachten zum Gutachten des Klägers im Interesse der Erben des Architekten, dem die Handelskammer als Bauherrin schwere Planungsmängel vorgeworfen hatte. Zwei Mitarbeiter aus dem Büro dieses planenden Architekten besuchten Seminarvorträge des Klägers und erfuhren von vier bis sechs anderen Zuhörern, der Kläger habe Differenzen mit einer Universität in der D E gehabt, er habe diese Hochschule deswegen entweder selbst verlassen oder sein Vertragsverhältnis sei auf sonstige Weise gelöst worden. Die beiden Mitarbeiter des Architektenbüros nahmen die Berichte ihrer Kollegen über ein unfreiwilliges Verlassen der Universität in der D E durch den Kläger als Tatsache hin, weil diese Mitteilung zu dem persönlich gewonnenen Eindruck vom Kläger paßte, der in seinen Vorlesungen wiederholt die Grenzen sachlicher Kritik überschrittten hatte. Die beiden Mitarbeiter im Architektenbüro teilten dem Beklagten das Gehörte als Tatsache mit. Hierauf setzte sich der Beklagte im März 1976 fernmündlich mit dem Leiter des Instituts in Verbindung, das er selbst vertretungsweise über ein halbes Jahr einmal geführt hatte. Nach einer Bemerkung, daß er für eine Leitung des Instituts durch seinen Telefongesprächspartner votiert habe, äußerte der Beklagte, daß der Kläger an einer Universität in der D E Schwierigkeiten gehabt habe und sie deshalb zwangsweise habe verlassen müssen. Die genaue vom Beklagten dabei gebrauchte Formulierung sei nicht mehr feststellbar. Der Beklagte hatte seinen Telefongesprächspartner schon lange Zeit gekannt. Für ihn hätte das Gespräch vertraulichen Inhaltes sein sollen, auch wenn er dies seinem Gesprächspartner nicht ausdrücklich zu verstehen gegeben hat. Der Leiter des Instituts, an dem der Kläger gegen ein Honorar von rund 35.000 S ein Seminar vor etlichen hundert Hörern halten sollte, verhielt sich dem Beklagten gegenüber zurückhaltend. Der Beklagte ersuchte den Institutsleiter auch, auf den Kläger einzuwirken, daß dieser schwebende Vergleichsverhandlungen in dem damals anhängigen Rechtsstreit, in dem der Gegenstand von Gutachten des Klägers und Gegengutachten des Beklagten Streitpunkt war, durch Bemerkungen in seinen Vorträgen nicht stören möge. Kurz nach dem Telefongespräch teilte der Institutsleiter dem Kläger mit, der Beklagte habe sich nachteilig über ihn und seine Lehrtätigkeit geäußert. Die vom Kläger behaupteten Äußerungen des Beklagten gegenüber dem Handelskammerangestellten seien - infolge der Aussageverweigerung - nicht feststellbar.

Zur Aussageverweigerung des als Zeugen vorgeladen gewesenen Handelskammerangestellten erachtete das Gericht zweiter Instanz im Gegensatz zum Prozeßgericht, daß die Verweigerung der Aussage im § 66 HandelskammerG (HKG) in der im Jahre 1977 geltenden Fassung gedeckt gewesen sei.

Dementsprechend verneinte das Gericht zweiter Instanz als Berufungsgericht das Vorliegen eines Verfahrensmangels, den der Kläger darin erblickte, daß der von ihm geführte Handelskammerangestellte sowie ein weiterer von beiden Parteien namhaft gemachter Handelskammerangestellter nicht als Zeugen vernommen worden seien. Das Berufungsgericht billigte die erstrichterliche Würdigung der Parteienaussage des Klägers, daß durch dessen mittelbare Bekundungen allein die in der Klage behaupteten Äußerungen des Beklagten gegenüber dem Handelskammerangestellten nicht als bewiesen anzusehen seien. Zu der telefonischen Äußerung des Beklagten gegenüber dem Institutsleiter schaltete das Berufungsgericht die erstgerichtliche Feststellung, der Beklagte habe seine Äußerung 'in fragender Form' gemacht, als aktenwidrig aus. Es erachtete das Verfahren zur telefonischen Äußerung des Beklagten gegenüber dem Institutsleiter über ein bevorstehendes 'Hinausfliegen' des Klägers aus einer anderen Universität in der D E als ergänzungsbedürftig und wies darauf hin, daß die deshalb erforderliche Verfahrensergänzung zum Anlaß genommen werden könne, die Formulierung der Äußerungen des Klägers genauer oder doch die Umstände, aus denen schlüssig die vom Erstgericht ohne aktenmäßige Deckung festgestellte Frageform der Wendung zu folgern wäre, festzustellen. Ergänzungsbedürftig erachtete das Berufungsgericht die erstrichterlichen Feststellungen über die vom Kläger behauptete und auch zu beweisende Unwahrheit der vom Beklagten verbreiteten Mitteilungen über ihn.

Eine Haftungsbefreiung auf den Fall des - beim gegebenen Verfahrensstand nicht als erwiesen anzunehmenden - Vorsatzes gemäß § 1330 Abs.2 Satz 3 ABGB scheide nach Ansicht des Berufungsgerichtes aus, weil dem Beklagten, sollte er die in der Klage zitierten Bemerkungen über den Kläger gemacht haben, dazu kein berechtigtes Interesse zugebilligt werden dürfte.

Der Kläger ficht das berufungsgerichtliche Teilurteil wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Sachbeurteilung mit einem Abänderungsantrag im Sinne des Klagebegehrens und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag sowie den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß aus denselben Gründen mit einem (vor der Zivilverfahrens-Novelle 1983 gestellten) Aufhebungsantrag an.

Mit dieser Anfechtung verbindet der Kläger den Revisionsrekurs gegen die rekursgerichtliche Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidungen über die Aussageverweigerung und die Verhängung der Geldstrafe.

Der Beklagte bekämpft den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Er strebt die Bestätigung des vom Kläger angefochtenen berufungsgerichtlichen Teilurteiles an.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist über den Revisionsrekurs zu befinden:

Aus Anlaß der vom Kläger ergriffenen Rechtsmittel stellte der Oberste Gerichtshof den Antrag an den Verfassungsgerichtshof, die im ersten Satz des § 66 HKG enthalten gewesene Wortgruppe 'und das gesamte Personal', zu dem der die Aussage verweigernde Handelskammerangestellte zu zählen war, als verfassungswidrig aufzuheben (6 Ob 656-658/80). Mit dem Erkenntnis vom 3.März 1983, G 31/81-10, erkannte der Verfassungsgerichtshof im Sinne dieses Antrages und sprach aus, daß die Aufhebung mit Ablauf des Jahresendes 1983 in Kraft trete, ohne daß frühere gesetzliche Bestimmungen wieder in Kraft treten.

Der Bundesgesetzgeber hat dem § 66 HKG mit der 7. Handelskammergesetznovelle vom 14.Dezember 1983, BGBl. Nr.663/1983, eine seit 1.Januar 1984 in Geltung stehende Fassung gegeben, nach der die Geheimhaltungsinteressen der Kammern mit den Interessen der Rechtspflege und den sonstigen öffentlichen Interessen in ein ausgewogeneres Verhältnis gesetzt wurden.

Das bedeutet für die Rechtsmittelentscheidung: Über die Rechtmäßigkeit der in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 23.März 1977 zu Protokoll erklärten Aussageverweigerung des als Zeugen vorgeladen gewesenen Handelskammerangestellten ist gemäß Art.140 Abs.7 B-VG jedenfalls ohne Bedachtnahme auf den als verfassungswidrig erkannten Normenteil zu entscheiden. Danach bestand für den Handelskammerangestellten kein Verweigerungsrecht nach § 321 Abs.1 Z 3 ZPO. Die sonstigen Fälle des § 321 Abs.1 ZPO scheiden nach der Aktenlage von vornherein aus. Daher ist die die Weigerung des Zeugen für unrechtmäßig erkennende erstinstanzliche Entscheidung (ON 8) wiederherzustellen. Die Bedeutung der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aussageverweigerung eines Zeugen liegt allerdings ungeachtet der in den §§ 321 und 324 ZPO gebrauchten Formulierungen nicht so sehr in der Wertung des in der Vergangenheit gesetzten prozessualen Verhaltens des Zeugen (also in seiner Weigerung), sondern vielmehr in dem indirekten, mit den Mitteln nach § 325 ZPO durchzusetzenden Befehl zu künftigem prozessualen Verhalten (Aussagegebot). Ein solcher Befehl ist insoweit unzulässig, als er einem gesetzlichen Verbot zuwiderliefe. Dem Weigerungsrecht des Zeugen entspricht ein Verbot, die Aussage zu befehlen und in der Folge auch durchzusetzen zu versuchen. Im Falle des § 321 Abs.1 Z 3 ZPO stehen die Interessen der Rechtspflege nicht einmal mit Interessen des Zeugen, sondern mit gesetzlich anerkannten Interessen von weiteren Rechtspersönlichkeiten an der Nichtveröffentlichung von Tatumständen im Widerspruch, von denen der zu vernehmende Zeuge nur Wissensträger ist oder zumindest sein könnte. Die vom Gericht im unmittelbaren Interesse der Parteien des Rechtsstreites vom Zeugen als einem Dritten zu fordernde Wissenskundgabe wird zur Wahrung von fundamentalen Interessen eines 'Vierten' an der Geheimhaltung ihn berührender Umstände beschränkt. Dieser Inhalt jeder dem § 66 HKG vergleichbaren Norm bedingt wegen seines zwingenden Charakters zum Schutz der Interessen von Unbeteiligten im Hinblick auf die Bedeutung für das künftige Verhalten des sich weigernden Zeugen, daß Gesetzesänderungen auch nach einem Erkenntnis, daß eine frühere Aussageverweigerung eines Zeugen nach damaliger Rechtslage unrechtmäßig gewesen ist, bei einer künftigen Zeugenvernehmung berücksichtigt werden.

In Stattgebung des Revisionsrekurses war daher zwar die über die Aussageverweigerung des Handelskammerangestellten ergangene abändernde Rekursentscheidung im Sinne der seinerzeitigen erstinstanzlichen Entscheidung (ON 8) wiederherzustellen, das Prozeßgericht aber darauf hinzuweisen, daß es bei einer neuerlichen Vernehmung des Zeugen die Rechtmäßigkeit einer allfälligen neuerlichen Aussageverweigerung nach der geltenden Rechtslage zu beurteilen haben werde.

Soweit der Kläger bei seinem Revisionsrekurs auch die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses betreffend die über den Zeugen verhängte Strafe (ON 9) anstrebt, ist die Anfechtung unzulässig. Den Parteien des Rechtsstreites steht keinerlei unmittelbare Einflußnahme darauf zu, ob und welche im § 325 ZPO zur Durchsetzung der Aussagepflicht vorgesehenen Mittel das Gericht anwendet. Das Gericht wendet die Zwangsmittel - im Interesse der Aufrechterhaltung staatlicher Autorität - von Amts wegen nach seinem pflichtgemäßen Ermessen an (vgl.hiezu den Bericht des Permanenzausschusses zu § 338 ZPO der Regierungsvorlage). Eine von den Prozeßparteien dabei als Fehler des Gerichtes gewertete Unterlassung könnte höchstens als Verfahrensmangel bei der Anfechtung der Sachentscheidung geltend gemacht werden. Soweit der Revisionsrekurs (Wiederherstellung des Beschlusses über die Verhängung der Strafe) nicht als unzulässig zurückzuweisen war, sind dessen Kosten gemäß § 52 ZPO als Kosten des weiteren Verfahrens zu behandeln.

In der Sache selbst folgt daraus zu dem Teilbegehren, auf das sich das berufungsgerichtliche Teilurteil bezieht (Revision des Klägers):

Nach den Darlegungen zum Revisionsrekurs kann über die Rechtmäßigkeit der Aussageverweigerung des Handelskammerangestellten, also über die Verpflichtung zur Zeugenaussage, erst nach Erneuerung des Verfahrens nach den §§ 323 ff ZPO unter Zugrundelegung der geltenden Fassung des § 66 HKG erkannt werden. Damit kann derzeit auch noch nicht abschließend über die vom Kläger wegen Unterbleibens der Vernehmung der von ihm als Zeugen geführten Handelskammerangestellten erhobenen Verfahrensrüge entschieden werden. Das Berufungsgericht hätte nach der derzeitigen Beurteilungsgrundlage vor einer entsprechenden Ergänzung des erstinstanzlichen Verfahrens über die Mängelrüge nicht entscheiden dürfen. Darin liegt ein wesentlicher Mangel des Berufungsverfahrens. In Ansehung des weiteren vom Kläger als Zeugen geführten Handelskammerangestellten, über dessen schriftlichen Hinweis (ON 16) auf einen im § 66 HKG begründeten Aussageverweigerungstatbestand im Sinne des § 321 Abs.1 Z 3 ZPO keine Beschlußfassung nach § 324 ZPO erfolgte und daher auch keine Selbstbindung des Gerichtes zweiter Instanz bestanden haben konnte, gilt der Sache nach dasselbe. Es liegt nach den bisherigen Ausführungen auf der Hand, daß das Verfahren einer Ergänzung in erster Instanz bedarf, um festzustellen, ob und welche Äußerungen der Beklagte über den Kläger in der in der Klage behaupteten Art tatsächlich gemacht hat. Diese Feststellung ist ebenso wie die über die entsprechenden Äußerungen des Beklagten gegenüber dem ehemaligen Institutsleiter nicht etwa aus dem Grunde unerheblich, daß selbst bei Zutreffen der Klagsbehauptungen eine Haftungsbefreiung des Beklagten angenommen werden müßte. Im einzelnen ist hiezu auf die Rechtsausführungen zu den Anfechtungen des berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschlusses hinzuweisen.

Das Verfahren über das Begehren auf Widerruf gegenüber dem Handelskammerangestellten bedarf einer Ergänzung in erster Instanz. Die auf das Revisionsverfahren entfallenden Verfahrenskosten sind gemäß § 52 ZPO wie die Kosten des weiteren Verfahrens zu behandeln. Die vom Berufungsgericht aufgetragene Verfahrensergänzung zum Unterlassungsbegehren, zum Begehren auf Widerruf gegenüber dem ehemaligen Institutsleiter sowie zum Geldleistungsbegehren bekämpft der Beklagte zunächst mit dem Vorwurf der Aktenwidrigkeit und der wesentlichen Verfahrensmängel.

Hiezu genügt der Hinweis darauf, daß das Berufungsgericht die erstrichterliche Feststellung über die vom Beklagten behauptete Äußerung des Beklagten gegenüber dem ehemaligen Institutsleiter ausdrücklich mit Rücksicht darauf gebilligt hat, daß infolge der (als rechtmäßig angesehenen) Aussageverweigerung der beiden Handelskammerangestellten keine hinreichenden Beweisgrundlagen für eine anspruchsbegründende Verbreitungshandlung des Beklagten vorlägen. Damit hat das Berufungsgericht unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß es in einer erweislichen Äußerung des Beklagten gegenüber dem Handelskammerangestellten einen beachtlichen Hilfstatbestand für die Würdigung der vorliegenden Beweisergebnisse zur behaupteten Äußerung des Beklagten gegenüber dem ehemaligen Institutsleiter erblicke. Einer derartigen mit den Denkgesetzen keinesfalls in Widerspruch geratenden Beurteilung der Beweiskraft von einzelnen Tatumständen und der sich daraus ergebenden Erheblichkeit einer Beweisaufnahme kann der Oberste Gerichtshof auch im Verfahren über einen Rekurs gegen einen berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß nicht entgegentreten. Die vom Berufungsgericht unmißverständlich zum Ausdruck gebrachte Einschätzung der Bedeutung einer etwa feststellbaren Äußerung des Beklagten gegenüber dem Handelskammerangestellten für die Feststellung seiner strittigen Äußerungen gegenüber dem ehemaligen Institutsleiter erweitert die Bedeutung der Feststellung zum zweiten Beweisthema über dieses hinaus für das erstgenannte Beweisthema. Dies allein rechtfertigt den berufungsgerichtlichen Verfahrensergänzungsauftrag. Die Rüge der Aktenwidrigkeit ist jedenfalls insoweit unberechtigt, als das Berufungsgericht nach den von ihm in voller Übereinstimmung mit den von ihm zitierten Protokollstellen die erstrichterliche Feststellung über eine Äußerung des Beklagten im Telefongespräch mit dem ehemaligen Institutsleiter 'in fragender Form' als nicht gedeckt und damit als aktenwidrig erkannte.

Im übrigen kann eine abschließende Wertung aller für die rechtliche Ableitung erheblichen Umstände der Äußerungen des Beklagten beim Telefongespräch erst nach der als erforderlich erkannten Verfahrensergänzung vorgenommen werden.

Zu der im Rekurs des Beklagten ausgeführten Mängelrüge reicht der Hinweis darauf aus, daß das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung sämtliche Feststellungen, soweit diese nicht als aktenwidrig oder als auf einem mangelhaften Verfahren beruhend zu erkennen waren, zu berücksichtigen hatte, ob das Berufungsgericht sie nun in seiner Entscheidungsbegründung bei der Wiedergabe der als wesentlich erachteten erstrichterlichen Tatsachenfeststellungen aufgenommen hatte oder nicht. Die vom Beklagten in seinem Punkt 1.1 des Rekurses zitierten Feststellungen sind nicht streiterheblich. Zu den Äußerungen des Beklagten gegenüber dem ehemaligen Institutsleiter beim Telefongespräch wurde bereits Stellung genommen. Das Fehlen des Vorsatzes des Beklagten reichte zur Spruchreife nicht hin, wie noch auszuführen sein wird. Die Notwendigkeit der Verfahrensergänzung im Sinne der §§ 323 ff ZPO macht jedenfalls den Vorwurf des Beklagten gegenstandslos, das Berufungsgericht habe sich in gesetzwidriger Weise seiner Pflicht zur Beweiswiederholung zu entziehen versucht. Zu der aus unterschiedlichen Gesichtspunkten sowohl vom Kläger als auch vom Beklagten bekämpften rechtlichen Beurteilung, die das Berufungsgericht seinem Verfahrensergänzungsauftrag zugrunde legte und dem Erstgericht überband, ist zusammenfassend, soweit dies der Verfahrensstand erfordert, zu erwägen:

Es gehört in Ansehung sämtlicher Begehren zum anspruchsbegründenden Sachverhalt, daß der Beklagte u n w a h r e , den Kläger betreffende Tatsachen verbreitet hat. Dem Kläger obliegt daher nicht bloß der Beweis der von ihm behaupteten Äußerungen des Beklagten, sondern auch der ihrer Unwahrheit (vgl.Reischauer in Rummel, ABGB, § 1330 Rdz 18; Koziol, Haftpflichtrecht 2, II, 175 im Text zu FN 15; Ehrenzweig System 2 II/1, 659

im § 396 II Z 1 lit.d). Der Beklagte hat die ihm vorgeworfenen Äußerungen bestritten, er hat nicht zugestanden, daß der Inhalt der ihm angelasteten Äußerungen objektiv unrichtig sei. Das Fehlen gegenteiligen Prozeßvorbringens 'der Beklagtenseite' entbindet den Kläger nicht, wie er in seinem Rechtsmittel ausführt, von seiner Beweislast.

Die Eignung der vom Beklagten vorgeworfenen Äußerungen zur Schädigung des Klägers in seinem Erwerb oder Fortkommen und damit eine nach § 1330 Abs.2 ABGB erhebliche Gefährdung hat das Berufungsgericht mit Recht bejaht. Dagegen führt auch der Beklagte nichts mehr aus. Wieweit diese Anspruchsvoraussetzung erfüllt ist, kann vor der Ergänzung des Beweisverfahrens zur tunlichst wörtlichen Feststellung der Äußerungen des Beklagten nicht abschließend beurteilt werden.

Daß zur Erfüllung des Tatbestandselementes 'verbreiten' die Mitteilung an eine einzige dritte Person hinreicht, entspricht übereinstimmender Lehre und Rechtsprechung (vgl.Reischauer a.a.O. Rdz 14; Koziol a.a.O., 175 im Text zu FN 16; Ehrenzweig a.a.O., 659 im § 396 II Z 1 lit.c).

Sollte eine in der Klage behauptete Äußerung des Beklagten als erwiesen angenommen werden - wobei Abweichungen des festgestellten vom behaupteten Wortlaut, soweit der wesentliche Sinngehalt derselbe bleibt, kein aliud bedeuteten - obläge es dem Beklagten, den Abgang auch nur leichter Fahrlässigkeit zu erweisen (vgl.Reischauer, a.a.O. Rdz 16, Koziol a.a.O.,176 f und FN 25 sowie die von diesen Autoren zitierte Rechtsprechung).

Eine Haftungsbefreiung im Sinne des letzten Satzes des § 1330 Abs.2 ABGB könnte dem Beklagten, falls Äußerungen im Sinne des Klagsvorbringens erwiesen wären, nicht zugebilligt werden, weil er nach seinem Prozeßvorbringen kein berechtigtes Interesse darzulegen vermochte. Auch die vom Beklagten behaupteten persönlichen Angriffe des Klägers gegen ihn - und umsoweniger gegen einen verstorbenen Architekten, wie sie der Beklagte in seinem Rekurs behauptet - hätten die Verbreitung erwerbsschädigender Tatsachen über den Kläger keinesfalls gerechtfertigt und nicht entschuldigt. Provokationen des Verletzten und Revanche hiefür heben die Rechtswidrigkeit und nach den vorgebrachten Umständen aber auch ein anzunehmendes Verschulden nicht auf. Zur sogenannten Vorgeschichte liegen daher entgegen den Rekursausführungen des Beklagten keine Feststellungsmängel vor. Die Fragen der Nichtöffentlichkeit und des Abganges bösen Vorsatzes sind unerheblich. Soweit der Beklagte in seinem Rekurs von Formulierungen seiner Äußerungen ausgeht, die als Entscheidungsgrundlage nicht feststehen, liegt keine gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge vor, weshalb auf die darauf gestützten Ausführungen nicht einzugehen war. Zu den Äußerungen des Klägers gegen den Verfahrensergänzungsauftrag ist zu bemerken, daß zunächst er die Verbreitung einer unwahren, zur Erwerbsschädigung geeigneten Tatsache durch den Beklagten zu beweisen hat und erst nach Feststellung des genauen Wortlautes und der Umstände der behaupteten Mitteilung Schlüsse auf die subjektive Verantwortlichkeit des Beklagten gezogen werden können. Der berufungsgerichtliche Ergänzungsauftrag zum Geldleistungsbegehren ist frei von Rechtsirrtum, gegen ihn wird auch nichts vorgebracht.

Keinem der beiden Rekurse gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß war daher stattzugeben.

Die Entscheidung hiezu dient aber einer Klarstellung des berufungsgerichtlichen Verfahrensergänzungsauftrages. Die Rekurskosten sind deshalb gemäß § 52 ZPO wie die Kosten des weiteren Verfahrens zu behandeln.

Rechtssätze
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