JudikaturJustiz6Ob549/85

6Ob549/85 – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. Mai 1985

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Riedler und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Huschang A, Teppichhändler, Münzgrabenstraße 10, 8010 Graz, vertreten durch Dr. Manfred Rath, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Ferreydon B, Privater, Neubaugasse 80/2, 1070 Wien, vertreten durch Dr. Hellmuth Boller, Rechtsanwalt in Wien, wegen Herausgabe (Streitwert S 112.000,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 10. Dezember 1984, GZ. 14 R 266/84-21, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 6. Juni 1984, GZ. 54 Cg 12/83-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur ergänzenden Verhandlung

und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Am 3. Jänner 1983 erschien Heinrich C im Geschäft des Klägers in Graz, Münzgrabenstraße 10, und 'verleitete' dort eine Angestellte desselben zur Ausfolgung dreier Teppiche, und zwar einer Bidjar-Brücke im Ausmaß von etwa 165 x 115 cm (Fläche etwa 1,89 m 2 ) mit der Nr.1749, einer weiteren Bidjar-Brücke im Ausmaß von etwa 168 x 114 cm (Fläche rund 1,92 m 2 ) mit der Nr. 1992 und eines Sarough-Teppichs. Heinrich C hatte 'vorgegeben', er wolle diese Teppiche in seiner Wohnung zur Probe auflegen und werde sie je nach dem Ergebnis entweder kaufen oder zurückstellen. Dabei handelte er mit dem Vorsatz, sich durch die Handlung der getäuschten Angestellten unrechtmäßig zu bereichern. Tatsächlich verkaufte er in der Folge die beiden Bidjar-Brücken, deren Wert der Kläger mit S 59.000,-- bzw. S 53.000,-- bezifferte, zusammen um S 25.000,-- 'im eigenen Namen' an den Beklagten. Wegen dieser und weiterer Tathandlungen wurde Heinrich C, der bereits wegen schweren Betruges verurteilt war, vom Landesgericht für Strafsachen Graz mit Urteil vom 26. Mai 1983, GZ. 11 Vr 251/83-46, des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 sowie 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt; dem Kläger, der sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligter angeschlossen hatte, wurde gemäß § 369 Abs. 1 StPO ein Betrag von S 117.072,50 - S 112.000,-- als Ersatz der beiden Brücken, deren Wert das Strafgericht in dieser Höhe (S 59.000,-- bzw. S 53.000,--) festgestellt hatte, und der Restbetrag für die Auslösung des dritten Teppichs im Dorotheum zuerkannt.

Der Kläger begehrte vom Beklagten die Herausgabe der beiden von Heinrich C gekauften Bidjar-Brücken und brachte hiezu vor, der Verkäufer, dem die Teppiche bloß zur Ansicht überlassen worden seien, sei nicht Eigentümer und der Beklagte angesichts des Unterschiedes zwischen Wert und Kaufpreis auch nicht redlich gewesen.

Der Beklagte wendete ein, er habe die Teppiche gutgläubig von einer Person gekauft, der sie der Kläger selbst anvertraut habe; er habe deshalb Eigentum erworben. Außerdem sei dem Kläger ein Schadenersatzbetrag von S 112.000,-- zugesprochen worden; da er zu einer solchen Forderung nur bei Aufgabe des Eigentums berechtigt gewesen sei, mangle ihm die Aktivlegitimation.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es verneinte die Voraussetzungen des § 367 ABGB, weil Heinrich C weder befugter Gewerbsmann gewesen sei noch ihm die Teppiche 'anvertraut' worden seien. Der Betrüger sei nicht als Vertrauensmann des Eigentümers im Sinne des § 367 dritter Fall ABGB anzusehen. Der Zuspruch von Schadenersatz gegenüber dem Betrüger stehe der Eigentumsklage nicht entgegen.

Das Gericht zweiter Instanz verwarf die Berufung, soweit sie Nichtigkeitsgründe geltend machte, und bestätigte im übrigen das erstinstanzliche Urteil, sprach aus, daß der Streitwert zwar S 60.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteigt, und ließ die Revision zu. Es führte zur Rechtsrüge aus, nach Klang (2. Aufl. II 225) und der älteren Rechtsprechung seien betrügerisch entlockte Sachen nicht als anvertraut anzusehen; die jüngere Lehre habe sich gegen diese Ansicht gewandt. Aus dem strafrechtlichen Begriff 'anvertrauen' (§ 133 StGB) sei für die vorliegende Frage nichts zu gewinnen. Der Beklagte habe zwar den Wortlaut des § 367 ABGB für sich, weil es danach auf die Absicht des Eigentümers, der einem anderen die Sache anvertraue, nicht ankomme. Die teleologische Auslegung erfordere dagegen eine Prüfung der Interessen des Eigentümers und des redlichen Erwerbers der Sache. Die Rechtsordnung bewerte das Eigentum sehr hoch. Den einzelnen Fällen des § 367 ABGB komme auch unterschiedliches Gewicht zu. Während der gutgläubige Erwerb vom Nichtberechtigten im Handelsverkehr und in öffentlicher Versteigerung in fast allen 'zivilisierten' Ländern anerkannt werde, sei vielen dieser Rechtsordnungen der dritte Fall der genannten Bestimmung unbekannt. Der erste und der zweite Fall erfüllten demnach eine wichtigere Funktion. Die öffentliche Versteigerung erfordere angesichts des Zweckes des Zwangsversteigerungs- und Insolvenzverfahrens einen besonderen Bietanreiz; zudem werde der Eigentümer durch zahlreiche Rechtsbehelfe (z.B. Aussonderung, Widerspruch ua) geschützt. Der zweite Fall diene der Sicherung des Handels. Eine solche Interessenlage bestehe regelmäßig bei dem dritten Fall des § 367 ABGB zu unterstellenden Sachverhalten nicht. Für den Schutz des Rechtsverkehrs zwischen einem arbeitslosen Autoverkäufer und einem Privaten sprächen keine besonderen Erwägungen. Aus der Tatsache, daß sich Heinrich C die Gewahrsame der Teppiche zu verschaffen gewußt habe, lasse sich noch nicht erschließen, daß sein Nachmann gegen den ursprünglichen Eigentümer geschützt werden solle.

Das Anvertrauen im Sinne des dritten Falles des § 367 ABGB müsse demnach auf eine Situation abgestellt werden, die mit einer obligatorischen Bindung auf einige Zeit unter dem Gesichtspunkt des Vertrauens und Vertrauenskönnens zu tun habe, wie dies gerade auf die in der erwähnten Gesetzesstelle genannten Fälle der Leihe, Miete und der Verwahrung regelmäßig zutreffe. Solches fehle bei einer 'kurzfristigen' Besichtigung von Teppichen in der eigenen Wohnung, weshalb die Voraussetzungen für den Erwerb im Sinne des § 367 ABGB zu verneinen seien. Die Frage der Redlichkeit des Beklagten könne somit auf sich beruhen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes vom Beklagten erhobene Revision ist berechtigt.

Die behauptete Aktenwidrigkeit liegt nach Prüfung durch den Obersten Gerichtshof allerdings nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO). Zutreffend sind dagegen die Ausführungen zur Rechtsrüge. Der Beklagte beruft sich auf gutgläubigen originären Eigentumserwerb nach dem dritten Fall des § 367 ABGB. Danach ist die Eigentumsklage gegen den redlichen Besitzer einer beweglichen Sache ausgeschlossen, der sie gegen Entgelt von jemand an sich gebracht hat, dem sie der (bisherige) Eigentümer zum Gebrauche, zur Verwahrung oder in was immer für einer anderen Absicht anvertraut hatte. Der Oberste Gerichtshof hat in seiner - allerdings spärlichen und überwiegend schon längere Zeit zurückliegenden - Rechtsprechung betrügerisch herausgelockte Sachen nicht für anvertraut gehalten. In der - soweit überblickbar - ältesten Entscheidung SZ 8/249 begegnete er dem Einwand des Beklagten, er habe gutgläubig erworben, unter Verweisung auf Ehrenzweig (1. Aufl., I/2 204 - richtig: 205, der dort ebenso wie in der 2. Aufl., I/2 188 f die Vindikation gegen den gutgläubigen Erwerber in Analogie zu § 875 ABGB ausschließt) mit dem Hinweis, durch das betrügerische Herauslocken der Sache sei die Kette jener Personen, die als Treuhänder des Klägers oder als Vertreter der Treuhänder des Klägers in Betracht kommen könnten, unterbrochen. Es ist demnach nicht einmal erkennbar, ob dieses Argument nicht bloß zur Dartuung in der Rechtsprechung (EvBl. 1971/294 ua; vgl. auch Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rdz 9 zu § 367) jetzt aufgegebener Bedenken gegen den Erwerb vom Vertrauensmann des Vertrauensmannes vorgebracht wurde. In der Entscheidung SZ 24/307 wurde der Gutglaubensschutz des § 456 ABGB bei betrügerisch herausgelockten Sachen ohne weitere Begründung abgelehnt. Die Entscheidung SZ 25/70 berief sich bei gleicher Problematik bloß auf die 'Lehre und Rechtsprechung'. In der Entscheidung EvBl. 1971/294 wurde der Rechtssatz, eine durch Betrug herausgelockte Sache sei nicht anvertraut, bloß auf Klang (2. Aufl., II 225 bei FN 64) gestützt. Die Entscheidung 11 Os 119/83

(veröffentlicht in JBl. 1984, 447, dort irrig mit 10 Os 119/83 angegeben), die den Gutglaubenserwerb bei betrügerisch herausgelockten Sachen gleichfalls verneinte, verwies lediglich auf die bisherige Judikatur (MGA ABGB 31 Nr. 22 zu § 367). Soweit sich die Entscheidungen überhaupt auf das Schrifttum bezogen, fällt auf, daß auch Klang (aaO) und Ehrenzweig (2. Aufl. I/2 188 f. = 1. Aufl. I/2 205) keine eigenständige Begründung lieferten. Klang verwies auf Ehrenzweig und beide bezogen sich auf Pfersche (Grundriß des Sachenrechts 2 (1911) 29 f) sowie auf Melzer-Brügel (Vertrauensschutz und exekutiver Erwerb (1912) 23 f); Pfersche stellte zwar, allerdings ohne jedwede Beweisführung, diesen Rechtssatz auf, die - unter anderem - auf Grund eines betrügerischen Geschäftes entlockte Sache sei nicht anvertraut; Melzer-Brügel betonten dagegen ausdrücklich, auch erschlichenes Anvertrauen bleibe immerhin ein Anvertrauen (aaO 24). Im Schrifttum wurde - abgesehen von Klang und Ehrenzweig - die Möglichkeit des Gutglaubenserwerbes an herausgelockten Sachen überwiegend bejaht. Randa (Eigentumsrecht 2 (1893) I/1 348 FN 31) hat entlockte Sachen ebenso für anvertraut gehalten wie Krasnopolski (Der Schutz des redlichen Verkehrs im österreichischen Zivilrecht (1892) 45 ff), der unter anderem meinte, der Irrende habe die Folgen seiner mangelnden Vorsicht selbst zu tragen. Ernst Demelius (Das Pfandrecht an beweglichen Sachen nach österreichischem bürgerlichem Recht (1897) 357 ff) glaubte zwar, daß bei Täuschung subjektiv keine Anvertrauung anzunehmen sei, hielt aber die äußere Erscheinungsform im Interesse der Verkehrssicherheit für ausschlaggebend, sodaß der Redliche das Recht trotz der Täuschung des Berechtigten erwerbe. Auch Wellspacher (Das Vertrauen auf äußere Tatbestände im österreichischen Recht (1906), 181 FN 7 und 20 f FN 47), meinte, die infolge Betruges weggegebenen Sachen seien nicht unfreiwillig abhanden gekommen, auch wenn solche Rechtsakte anfechtbar seien. Erst in der jüngeren Literatur hat Reischauer (JBl. 1973, 589 ff) die einzige eingehende Darstellung des Problems geliefert; er gelangt - wie noch zu zeigen sein wird - nach überzeugender Begründung zu dem Schluß, daß zufolge richtig beurteilter Risikoverteilung der gutgläubige Erwerber auch dann zu schützen ist, wenn er vom 'betrügerischen Vertrauensmann' erworben hat. Auch Spielbüchler (in Rummel aaO Rdz 9 zu § 367) erblickt - allerdings ohne weitere Begründung - im Betrüger den Gewährsmann des Eigentümers im Sinne der genannten Bestimmung. Dagegen folgt Petrasch (in Rummel aaO Rdz 3 zu § 456 ABGB) der Entscheidung EvBl. 1971/294. Koziol-Welser (Grundriß II 7 73) referieren den Meinungsstand ohne eigene Stellungnahme.

Der erkennende Senat vermag nach neuerlicher Prüfung - namentlich unter Bedachtnahme auf die überzeugenden Ausführungen Reischauers - die bisherige Rechtsprechung nicht mehr aufrecht zu erhalten:

Das zur Beurteilung stehende Problem gipfelt darin, ob der redliche Dritte in seinem Erwerb auch dann geschützt wird, wenn der Eigentümer die Sache zwar willentlich herausgegeben hat, sein Entschluß aber mit einem Willensmangel (hier: List) behaftet ist. Der dritte Fall des § 367 ABGB geht auf den deutschrechtlichen Grundsatz 'Hand wahre Hand' (auch 'Trau, schau wem') zurück (so schon Zeiller, Comm. II/1 134). Zeiller referierte, diese Bestimmung handle 'von Fällen, wo der Eigentümer seine Sachen gewissen Personen eigens anvertraut hat, wo ihm also, der möglichen Auswahl wegen, mehr Schuld beigemessen werden könnte, als dem Dritten, der sich redlicher Weise mit einer solchen Person in einen Verkehr einließ' (so Ofner, Der Ur-Entwurf und die Beratungsprotokolle des Österreichischen Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches I 251). Daher kam Zeiller auch in seinem Kommentar (aaO) zu dem Schluß, 'daß der Schuldige den Schaden vor dem Schuldlosen, und den zufälligen Schaden der Eigentümer tragen soll'. Zutreffend deutet Reischauer (aaO 594) diesen Schuldbegriff als risikobehaftetes Verhalten: Suche sich jemand einen Verwahrer aus, wendet er dabei größte Sorgfalt an und veruntreut der Verwahrer dennoch, so fällt dem Eigentümer zwar kein Verschulden in eigenen Angelegenheiten zur Last, er übernimmt jedoch ein Risiko, mit dessen Folgen ihn die Rechtsordnung belastet. Er hat demnach die Sache freiwillig aus der Hand gegeben und damit aus freien Stücken einen mit dem Rechtsschein, der es dem Gewährsmann ermöglicht, über das Gut zu verfügen, behafteten Zustand geschaffen (Krasnopolski aaO 40, 44). Das soll dem gutgläubigen Dritten nicht zum Nachteil gereichen.

Reischauer (aaO 594 f) ist beizupflichten, daß es nicht darauf ankommen kann, ob der Wille des Eigentümers, die Sache dem Gewährsmann anzuvertrauen, fehlerhaft ist. Der Eigentümer würde diesem die Sache gleichermaßen nicht ausfolgen, hegte er den Verdacht, daß ihn dieser betrügen wolle bzw. erst später den Veruntreuungsvorsatz fassen würde. In beiden Fällen ist es das 'Vertrauen' in die Ehrlichkeit des Gewährsmannes, die es dem Eigentümer geraten erscheinen läßt, ihm die Sache 'anzuvertrauen'. So wie er sich des Risikos bewußt sein muß, daß der zunächst ohne Bereicherungsvorsatz handelnde Vertrauensmann späterhin die Sache veruntreut, darf er auch nicht das Wagnis außer acht lassen, daß ihn sein Gewährsmann betrügen könnte. Diese dem Eigentümer zu unterstellende Einschätzung des mit der überantwortung der Sache stets verbundenen Risikos läßt es gerechtfertigt erscheinen, den redlichen Dritten vor dem Eigentümer zu schützen, selbst wenn letzterem ein Verstoß gegen die Obliegenheiten in eigenen Belangen (vgl. § 1304 ABGB) nicht vorgeworfen werden kann. überläßt jemand einem anderen die im Sinne des § 367 dritter Fall ABGB rechtlich erhebliche faktische Verfügungsmacht über eine Sache, kann seine Rechtsstellung bei richtiger Einschätzung des damit in abstracto stets verbundenen Risikos nicht verschieden beurteilt werden, je nachdem ob der Gewährsmann schon bei der überlassung der Sache vom betrügerischen Vorsatz bestimmt ist oder erst späterhin die Sache veruntreut. Die Möglichkeit der freien Einschätzung des Risikos des mit der Einräumung der Gewahrsame verbundenen Rechtsscheines (Reischauer, a.a.O., 595) läßt es geboten erscheinen, bei mangelndem Verschulden des Eigentümers und des Dritten ersteren auf die Schadensersatzansprüche gegen den Gewährsmann zu verweisen. Für die Annahme des Berufungsgerichts, der dritte Fall des § 367 ABGB treffe nur auf jene Fälle des Anvertrauens zu, bei welchen regelmäßig eine schuldrechtliche Bindung entsprechend der Leihe, Miete oder Verwahrung gegeben ist, bietet schon der Wortlaut der genannten Bestimmung keinen Anhaltspunkt. Eine besonders qualifizierte schuldrechtliche Bindung ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes nicht Voraussetzung für das Anvertrauen; auch etwa dem Boten oder Präkaristen kann die Sache im Sinne des § 367 dritter Fall ABGB anvertraut werden.

Es kann auch nicht darauf ankommen, ob der Gewährsmann strafgesetzwidrig handelt; sonst würde der redliche Dritte das Eigentum auch nicht erwerben, wenn der Gewährsmann die Sache dabei veruntreut hat (§ 133 StGB).

Der erkennende Senat kommt demnach in übereinstimmung mit der überwiegenden Lehre zu der Auffassung, daß auch herausgelockte Sachen 'anvertraut' sein können.

Ist demnach entgegen der Rechtsauffassung der Vorinstanzen davon auszugehen, daß der Kläger Heinrich C die beiden Teppiche anvertraut hat und der Beklagte deshalb - seine Redlichkeit vorausgesetzt - das Eigentum an diesen Sachen erwerben konnte, wird das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren zu prüfen haben, ob dem Beklagten auch in der Tat guter Glaube, der schon bei leicht fahrlässiger Unkenntnis der wahren Umstände ausgeschlossen wäre (SZ 50/142; JBl. 1980, 589 ua), zugebilligt werden kann. Der Kläger berief sich dabei insbesondere auf das gemäß § 368 ABGB in die Beurteilung der Redlichkeit einzubeziehende Mißverhältnis zwischem dem Wert der Teppiche und dem vom Beklagten entrichteten Kaufpreis. Soweit das Strafgericht den Wert der Teppiche - offenbar den Angaben des Klägers folgend - mit S 59.000,-- bzw. S 53.000,-- feststellte, ist das Zivilgericht an diese Feststellung gemäß § 268 ZPO nicht gebunden, weil der Schaden aus den zahlreichen Betrügereien Heinrich CS gemäß § 29 StGB zusammenzurechnen ist und die Summe der Schäden, die insofern eine ununterscheidbare Einheit bilden, den den höheren Strafsatz des § 147 StGB bedingenden Betrag von S 100.000,-- bei weitem und selbst dann übersteigt, wenn man den Wert der dem Kläger herausgelockten Teppiche außer Ansatz ließe. Der die strafgesetzlichen Wertgrenzen übersteigende Schaden gehört nicht mehr zu den den Schuldspruch (nach einem bestimmten höheren Strafsatz) notwendigerweise bedingenden Tatsachen (SZ 54/150; ÖJZ-LSK 1978/208).

Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht die Redlichkeit des Beklagten beim Erwerb der beiden Teppiche im Rahmen der Behauptungen des Klägers gemäß § 368 ABGB - ohne Bindung an die strafgerichtlichen Wertfeststellungen - zu prüfen haben. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs. 1 ZPO.

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