JudikaturJustiz6Ob519/88

6Ob519/88 – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. Februar 1988

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der außerstreitigen Eheangelegenheit des Dr. Herbert G***, Primararzt, Linz, Marienstraße 10, vertreten durch

Dr. Maria-Christina Engelhardt, Rechtsanwalt in Wien, und der Elfriede G***, im Haushalt, Hohenems, Bahnhofstraße 1, vertreten durch Dr. Ernst und Dr. Günther Hagen, Rechtsanwälte in Dornbirn, wegen Scheidung im Einvernehmen, infolge Revisionsrekurses des ersten Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgerichtes vom 27. November 1987, GZ 1 a R 420/87-12, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 8. Oktober 1987, GZ C 2076/87-8, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht stattgegeben.

Der Antrag auf Zuspruch eines Ersatzes für die Kosten des Revisionsrekurses wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Im Rechtsstreit über das Ehescheidungsbegehren des Mannes fand am 27. August 1987 eine Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung statt. Zur Abfassung des Verhandlungsprotokolles wurde gemäß § 212 a ZPO ein Schallträger verwendet. Nach einem ergebnislos gebliebenen Versuch einer Versöhnung der Ehegatten erklärten diese übereinstimmend, den Antrag auf Scheidung der Ehe im Einvernehmen gemäß § 55 a EheG zu stellen. Hierauf faßte der Streitrichter einen Beschluß auf Unterbrechung des Rechtsstreites gemäß § 460 Z 10 ZPO. Als Leiter des außerstreitigen Verfahrens nach den §§ 220 ff AußStrG verhandelte er im unmittelbaren Anschluß an den verkündeten Unterbrechungsbeschluß mit den antragstellenden Ehegatten weiter und nahm dabei eine Vereinbarung der Ehegatten über die Scheidungsfolgen im Sinne des § 55 a Abs 2 EheG zu - dem weiterhin unter Verwendung eines Schallträgers aufgenommenen - Protokoll. In weiterer Folge verkündete der Richter den Beschluß auf Scheidung der Ehe gemäß § 55 a EheG und die Ehegatten erklärten, auf Rechtsmittel zu verzichten. Beide Ehegatten und deren Parteienvertreter sowie der Richter unterfertigten den in Vollschrift aufgenommenen Teil des Protokolles. Ein Begehren auf Zustellung einer Protokollabschrift oder einer Vergleichsausfertigung ist nicht aktenkundig. Gleichzeitig mit der Beschlußausfertigung über die Ehescheidung wurde den geschiedenen Ehegatten zu Handen ihrer Vertreter am 1. Oktober 1987 auch eine Protokollabschrift und eine Vergleichsausfertigung zugestellt.

Der geschiedene Ehemann begehrte in einer mit 2. Oktober 1987 datierten Eingabe, deren Postaufgabe und Einlangen bei Gericht nicht (mehr) aktenkundig ist (nach der Sachverhaltsdarstellung in der angefochtenen Rekursentscheidung erfolgte die Postaufgabe am 2. Oktober 1987), die Berichtigung eines Punktes in der protokollierten Parteienvereinbarung durch Einfügung zweier, den Wortsinn der protokollierten Regelung zum Nachteil der geschiedenen Frau einschränkenden Wörter.

Das Erstgericht verfügte die beantragte Berichtigung der protokollierten Vereinbarung ohne vorher eine Stellungnahme der geschiedenen Ehefrau eingeholt zu haben.

Das Rekursgericht hob den Berichtigungsbeschluß ersatzlos auf und führte in der Begründung seiner Entscheidung aus, daß der Protokollberichtigungsantrag als Widerspruch im Sinne der §§ 212 a Abs 2 und 212 Abs 5 ZPO (§ 222 Abs 1 AußStrG) anzusehen sei, über den aber wegen rechtskräftiger Verfahrensbeendigung nicht mehr entschieden werden könne. Eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 212 Abs 5 letzter Satz ZPO liege nach dem Vorbringen im Berichtigungsantrag und der erstinstanzlichen Begründung nicht vor. Der strittige Vergleichspunkt hat folgenden protokollierten Wortlaut:

...(der Ehemann)..."verpflichtet sich, die bei der...Versicherungs-AG geschlossene Er- und Ablebensversicherung weiterhin die Prämien zu bezahlen und"...(die Ehefrau)..."unwiderruflich als Begünstigte im gegenständlichen Versicherungsvertrag zu belassen."

In der vom Erstgericht über Antrag des geschiedenen Mannes berichtigenden Form lautet der letzte Satzteil:

...(die Ehefrau)..."unwiderruflich als Begünstigte für den Fall seines Ablebens in gegeständlichem Versicherungsvertrag zu belassen."

Der geschiedene Ehemann hatte in seinem Antrag auf Richtigstellung des Vergleichswortlautes ausgeführt, sie hätten "besprochen, daß"...(der Ehemann)..."weiterhin die Prämie bezahlt und Frau...unwiderruflich als Begünstigte im Ablebensfall im gegenständlichen Versicherungsvertrag beläßt. Dies sollte Pensionsansprüche der Frau...absichern. Es wurde jedoch keinesfalls davon gesprochen, daß Frau...die Erlebensprämie erhalten sollte."

Das Erstgericht führte in der Begründung seines Berichtigungsbeschlusses aus, die Ehegatten hätten eine Vereinbarung geschlossen, "wobei unter anderem sinngemäß vereinbart wurde, daß der Erstantragsteller bezüglich der bei der...Versicherungs-AG abgeschlossenen Lebensversicherung weiterhin die Prämie bezahlt und die Zweitantragstellerin unwiderruflich als Begünstigte im Ablebensfall in gegenständlichem Versicherungsvertrag beläßt, um damit die Pensionsansprüche der Zweitantragstellerin abzusichern. Es wurde jedoch nicht darüber gesprochen, daß die Zweitantragstellerin auch die allfällige Erlebensprämie erhalten sollte."

Der geschiedene Ehemann ficht die abändernde Rekursentscheidung wegen irriger Nichtannahme einer gemäß § 212 Abs 5 letzter Satz ZPO jederzeit berichtigungsfähigen offenbaren Unrichtigkeit des protokollierten Vergleichswortlautes mit dem auf Wiederherstellung des erstinstanzlichen Berichtigungsbeschlusses abzielenden Abänderungsantrag an.

Die Verweisungsnorm des § 222 Abs 1 AußStrG übernimmt zwar die Regelungen der Zivilprozeßordnung über die Protokolle für das besondere außerstreitige Verfahren nach den §§ 220 ff AußStrG und damit auch sinngemäß die besondere Rechtsmittelbeschränkung des § 214 ZPO, obwohl das allgemeine Rechtsmittelsystem nach den §§ 9 ff AußStrG das Institut des aufgeschobenen Rekurses als solches nicht kennt, es läßt aber darüber hinaus den außerstreitigen Charakter des Verfahrens und die grundsätzliche Anwendbarkeit des allgemeinen Rechtsmittelsystems nach dem Außerstreitgesetz unberührt. Aus dieser Erwägung ist die Zulässigkeit des Revisionsrekurses nach § 14 AußStrG zu beurteilen. Gegen die Zulässigkeit des Rechtsmittels bestehen daher keine Bedenken.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.

Das Verhandlungsprotokoll ist öffentliche Beurkundung. Die Aufnahme einer Parteienvereinbarung in das Protokoll beurkundet den Inhalt der hiezu abgegebenen Parteienerklärungen. Die gerichtliche Tätigkeit bei der Protokollführung bleibt selbst dann auf die beurkundende Funktion beschränkt, wenn der Verhandlungsleiter durch eigene Anregungen Einfluß auf Inhalt und Formulierung der Parteienerklärung genommen haben sollte. Nicht seine Vorstellung, Absichten und Auslegungen einer Regelung, sondern die diesbezüglichen Erklärungen der Parteien sind festzuhalten. Abweichungen vom geäußerten Wortlaut einer Parteienvereinbarung sind einer Protokollberichtigung zugänglich. Abänderungen des den tatsächlich gemachten Erklärungen entsprechenden Wortlautes einer protokollierten Parteienvereinbarung, und sei es auch nur zur Verdeutlichung einer objektiv unklaren Formulierung einer übereinstimmend beabsichtigten Sachregelung, bedürfen grundsätzlich einer weiteren Parteienerklärung, die, wenn sie Aufnahme in die Gerichtsakten finden soll und kann, grundsätzlich auch eines weiteren Protokollierungsaktes bedarf. Richtigstellungen von reinen Erklärungsirrtümern mögen im Rahmen einer Protokollberichtigung unter der Voraussetzung hingenommen werden, daß sämtliche Beteiligte, deren Erklärung niederschriftlich im Protokoll festgehalten wurde und auch die den Protokollvorgang leitende Amtsperson über das Vorliegen des Irrtums und den Inhalt der beabsichtigten Erklärung übereinstimmen. Davon kann im vorliegenden Fall nach der im Rekurs gegen den erstinstanzlichen Berichtigungsbeschluß zum Ausdruck gebrachten Haltung der geschiedenen Ehefrau keine Rede sein.

Der vom geschiedenen Ehemann angestrebte Weg einer bindenden Feststellung des vom protokollierten Wortlaut der Vereinbarung über die Scheidungsfolgen abweichenden seinerzeitigen Parteiwillens durch Protokollberichtigung wurde vom Rekursgericht mit Recht abgelehnt. Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen. Der Revisionsrekurswerber hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen, weil im außerstreitigen Verfahren nach den §§ 220 ff AußStrG ein Kostenersatz eines Ehegatten gegenüber dem anderen nicht vorgesehen ist.

Rechtssätze
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