JudikaturJustiz6Ob27/08a

6Ob27/08a – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. Februar 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.-Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Verlassenschaftssache der am 11. April 2004 verstorbenen Pinna A***** über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Einschreiterin A***** Kirche *****, vertreten durch Hon.-Prof. Dr. Mesrob K. K*****, dieser vertreten durch DDr. Harald Schröckenfuchs, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 13. September 2007, GZ 43 R 570/07b, 43 R 595/07d-80, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Text

Begründung:

Die Einschreiterin macht in ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs geltend, das Erstgericht habe Mantelbeschluss und Einantwortungsurkunde bereits zu einem Zeitpunkt erlassen, als der zwischen der Einschreiterin und Wartan K***** anhängige Erbrechtsstreit noch nicht rechtskräftig entschieden worden war; dies bewirke Nichtigkeit der beiden Entscheidungen.

Rechtliche Beurteilung

1. Nach dem - im Hinblick auf den Todeszeitpunkt der Erblasserin noch anzuwendenden (s § 205 AußStrG) - § 127 AußStrG 1854 war mit der Verlassenschaftsabhandlung bis zur (rechtskräftigen [6 Ob 105/66 = SZ 39/67]) Entscheidung des (Erb )Rechtsstreits innezuhalten, wenn die Klage von dem gemäß §§ 125, 126 AußStrG 1854 auf den Rechtsweg verwiesenen Teil in der festgesetzten Frist überreicht worden war. Nach der hiezu ergangenen Rechtsprechung war der Gang des Verlassenschaftsverfahrens dadurch auf Verfügungen beschränkt, die der Inventarisierung oder der Sicherung des Nachlasses dienten (RIS-Justiz RS0008044). Beachtete das Verlassenschaftsgericht dies nicht, nahm die Rechtsprechung (Teil )Nichtigkeit des Verlassenschaftsverfahrens im Sinne des § 477 Abs 1 Z 3 ZPO an (5 Ob 101/61 = SZ 34/61).

2. Es ist im vorliegenden Verfahren unstrittig, dass die von der Einschreiterin zu AZ 58 Cg 72/05t des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien eingebrachte Erbrechtsklage zwar im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Beschlussfassung noch nicht, wohl aber bereits zum Zeitpunkt der Überreichung des Rekurses der Einschreiterin und damit auch zum Zeitpunkt der Beschlussfassung zweiter Instanz rechtskräftig abgewiesen worden war (s Seite 5 des außerordentlichen Revisionsrekurses). Das führt zu folgenden Überlegungen:

2.1. Die Übergangsbestimmung des § 205 AußStrG betrifft trotz ihrer uneingeschränkten Formulierung nur die besonderen Regeln der §§ 143 bis 185 AußStrG zum Verlassenschaftsverfahren im III. Hauptstück des Gesetzes. Demnach bleiben nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs die Übergangsbestimmungen zum I. Hauptstück des Gesetzes unberührt und sind gemäß § 203 Abs 7 AußStrG die neuen Regeln über den Rekurs und den Revisionsrekurs anzuwenden, wenn das Datum der Entscheidung erster Instanz nach dem 31. 12. 2004 liegt. Dies bezieht sich auch auf die Anfechtbarkeitsregeln (6 Ob 76/06d; 6 Ob 55/06s; 8 Ob 6/06z; 1 Ob 202/06x) und gilt auch für Verfahren, die die Verteilung der Klägerrollen für den Erbrechtsstreit nach §§ 125 ff AußStrG 1854 betreffen (6 Ob 290/07a).

2.2. Nach § 66 Abs 1 Z 1 AußStrG kann in einem Revisionsrekurs Nichtigkeit nur in den Fällen der §§ 56, 57 Z 1 und § 58 AußStrG geltend gemacht werden. Da - wie bereits zu 1. erwähnt - die Rechtsprechung bei Nichtbeachtung der Innehaltungsvorschrift des § 127 AußStrG 1854 durch das Verlassenschaftsgericht (Teil )Nichtigkeit des Verlassenschaftsverfahrens im Sinne des § 477 Abs 1 Z 3 ZPO (unheilbare Unzuständigkeit) annahm, ist nunmehr § 56 Abs 2 AußStrG einschlägig. Danach ist der angefochtene Beschluss aufzuheben, wenn er von einem unzuständigen Gericht gefällt wurde.

Allerdings kann daraus für die Einschreiterin nichts gewonnen werden, weil diese Aufhebung (im Sinne einer Nichtigerklärung) zwingend mit der Verweisung der Sache an das sachlich und örtlich zuständige Gericht erster Instanz verbunden werden müsste. Eine solche Verweisung kommt im vorliegenden Verfahren aber nicht in Betracht, weil - wie die Einschreiterin ja selbst zugesteht - zwischenzeitig der Erbrechtsstreit rechtskräftig beendet ist und damit das „sachlich und örtlich zuständige Gericht erster Instanz", an das verwiesen werden müsste, wiederum das Erstgericht wäre. Die von der Einschreiterin angestrebte Nichtigerklärung der Entscheidung des Erstgerichts wäre dann aber ein völlig überflüssiger Formalakt, weil das Erstgericht umgehend die aufgehobenen Entscheidungen nochmals treffen müsste.