JudikaturJustiz6Ob26/97k

6Ob26/97k – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. März 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Firmenbuchsache der zu FN 2391 t protokollierten offenen Handelsgesellschaft A.F***** in Liquidation mit dem Sitz in Wien, infolge Revisionsrekurses der Gesellschafter 1. Marianne F*****, ***** ***** 2. Dr.Christian F*****, ***** beide vertreten durch Dr.Franz J.Salzer, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 25. November 1996, AZ 28 R 156/96h (702 Fr 9513/96m), womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 9.Mai 1996, AZ 702 Fr 8297/95y, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Im Firmenbuch des Handelsgerichtes Wien ist die offene Handelsgesellschaft A.F***** in Liquidation zur FN 2391 t eingetragen. Persönlich haftende Gesellschafter sind die Geschwister Marianne F*****, Dr.Christian F***** und Dr.Michael F*****.

Aufgrund der von Dr.Michael F***** am 31.12.1987 gegen seine Mitgesellschafter eingebrachten Klage auf Auflösung (§ 133 HGB) wurde mit Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 28.10.1994, 26 Cg 207/93a-52, die Gesellschaft aufgelöst. Die von den Mitgesellschaftern dagegen erhobene Berufung blieb ebenso wie die vom Mitgesellschafter Dr.Christian F***** gegen das Urteil des Berufungsgerichtes (Oberlandesgericht Wien vom 10.4.1995, 4 R 27/95) erhobene außerordentliche Revision erfolglos (Oberster Gerichtshof vom 8.6.1995 2 Ob 1548/95).

Am 24.8.1995 stellte Dr.Michael F***** den Antrag auf Bestellung eines Liquidators und Eintragung desselben ins Firmenbuch (§ 146 Abs 2 HGB). Seit Rechtskraft des die Gesellschaft auflösenden Urteils seien alle Gesellschafter als "geborene" Liquidatoren gleichberechtigt und gemeinsam zur Geschäftsführung und Vertretung des Unternehmens im Rahmen der Liquidation berufen. Die seit Beginn ihrer Tätigkeit in der Gesellschaft bestehenden tiefgreifenden Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern - die auch zur Auflösungsklage geführt hätten - ließen nicht erwarten, daß durch die Gesellschafter selbst eine ungestörte Abwicklung ohne Nachteil für die Beteiligten durchgeführt werden könnte. Es sei auch auszuschließen, daß sich die Gesellschafter auf die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters zur Vornahme der Liquidation oder auch auf die Person eines vom Gericht zu bestellenden Liquidators einigten.

Die Mitgesellschafter M***** und Dr.Christian F***** sprachen sich gegen die Bestellung eines Liquidators aus. Sie hätten am 1.8.1995, dem Tag der Zustellung des Beschlusses des Obersten Gerichtshofes, mit dem die außerordentliche Revision Dr.Christian F*****s gegen das das Auflösungsurteil des Handelsgerichtes Wien bestätigende Urteil des Oberlandesgerichtes Wien zurückgewiesen wurde, den Beschluß gefaßt, die Gesellschaft fortzusetzen. Dr.Michael F***** sei dieser Beschluß zur Kenntnis gebracht und ihm gleichzeitig mitgeteilt worden, er werde so abgefertigt wie bei einer Liquidation. Die Bestellung eines fremden Liquidators sei nicht erforderlich, da die Geschäfte durch Marianne F***** und Dr.Christian F***** als Liquidatoren - Dr.Michael F***** sei gerichtlich Vertretungsmacht und Geschäftsführungsbefugnis entzogen worden - geführt würden.

Eine von Marianne F***** und Dr.Christian F***** am 13.10.1995 gegen Dr.Michael F***** beim Handelsgericht Wien eingebrachte Klage, mit der sie die Ermächtigung zur Übernahme des Unternehmens anstrebten, wies das Handelsgericht mit Beschluß vom 22.11.1995 36 Cg 423/95b zurück, nachdem der mit der Klage verbundene Sicherungsantrag mit Beschluß vom 16.10.1995 abgewiesen worden war. Das Oberlandesgericht Wien gab den gegen die Abweisung des Sicherungsantrages erhobenen Rekurs nicht Folge (Beschluß vom 5.2.1996, 4 R 285/95).

Am 25.11.1995 trug das Handelsgericht Wien die Auflösung der Gesellschaft durch Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 28.10.1994 26 Cg 207/93a und die gemeinsame Vertretungsbefugnis aller drei Gesellschafter ins Firmenbuch ein.

Der von Marianne F***** und Dr.Christian F***** am 30.11.1995 gestellte Antrag auf Eintragung, daß sie die offene Handelsgesellschaft fortsetzen, wurde mit Beschluß vom 11.1.1996 abgewiesen. Dr.Michael F***** hatte sich gegen eine Eintragung der Fortsetzung ausgesprochen, weil er der Fortsetzung nicht zugestimmt habe und nicht zustimme. Er führte aus, dieser Antrag zeige, daß seine Mitgesellschafter sich dem Auflösungsurteil widersetzten und die Gesellschaft gegen seinen Willen fortsetzten. Sie verzögerten den Beginn der Liquidation und setzten die werbende Tätigkeit der Gesellschaft fort, womit die Gefahr einer weiteren Schädigung seiner Interessen und der Erhöhung seines Haftungsrahmens verbunden sei, so daß der Antrag auf Bestellung eines Liquidators wiederholt werde.

Am 5.3.1996 brachten Marianne F***** und Dr.Christian F***** beim Handelsgericht Wien eine Klage gegen Dr.Michael F***** mit nachstehendem Urteilsbegehren ein:

"1. Der von den klagenden Parteien als Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft A.F***** gefaßte Beschluß, die gemäß § 133 HGB aufgelöste Gesellschaft ohne die beklagte Partei fortzusetzen, ist rechtswirksam.

2. Die der beklagten Partei durch die unterbliebene Liquidation des Unternehmens der Firma A.F***** zustehende Abfindung beläuft sich auf die Höhe des Liquidationsanteiles, wie dieser der beklagten Partei bei einer Abwicklung des Unternehmens der Gesellschaft gemäß §§ 145 ff HGB zusteht.

a) Die Höhe des Liquidationsanteiles ist durch einen gerichtlich beeideten Sachverständigen, auf den sich die Streitteile binnen 14 Tagen zu einigen haben, widrigenfalls dieser durch den Präsidenten des Handelsgerichtes Wien über Antrag eines der Teile bestellt wird, zu ermitteln.

b) Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, diesen dem Liquidationsanteil entsprechenden Betrag binnen drei Monaten ab Rechtskraft dieses Urteils an die beklagte Partei zu bezahlen.

3. Die klagenden Parteien sind verpflichtet, die beklagte Partei gegen Ansprüche für bis zum Beginn der Liquidation entstandene Gesellschaftsschulden schad- und klaglos zu halten.

.............

Hilfsweise:

Die Beklagte ist bei sonstiger Exekution schuldig, den Beschluß der klagenden Parteien in deren Eigenschaft als Gesellschafter der OHG A.F*****, die gemäß § 133 HGB aufgelöste Gesellschaft ohne die beklagte Partei fortzusetzen, zuzustimmen, jedoch nur Zug um Zug gegen Sicherstellung des der beklagten Partei zustehenden Abfindungsbetrages in der Höhe des Liquidationsanteiles, wie sich ein solcher bei einer Abwicklung der A.F***** gemäß §§ 145 ff HGB ergeben würde, sowie gegen eine Inanspruchnahme für frühere Gesellschaftschulden".

Das Verfahren ist zu 13 Cg 44/96i des Handelsgerichtes Wien anhängig.

Am 8.3.1996 beantragten Marianne F***** und Dr.Christian F*****, das Verfahren zur Bestellung eines Liquidators bis zur rechtskräftigen Entscheidung zu unterbrechen. Eine vor Abschluß dieses Verfahrens durchgeführte Liquidation würde den mit der Klage verfolgten Anspruch vereiteln.

Das Erstgericht berief die Liquidatoren Marianne F*****, Dr.Christian F***** und Dr.Michael F***** ab (Punkt 1), bestellte Rechtsanwalt Dr.Georg Kahlig zum selbständigen vertretungsbefugten Liquidator (Punkt 2) und wies den Unterbrechungsantrag ab.

Es stellte zusammengefaßt fest:

Die schon von Kindheit an bestehenden feindseligen Gefühle zwischen Dr.Christian und Dr.Michael F***** verstärkten sich seit dem Eintritt des letztgenannten als Gesellschafter in die OHG 1966/67. Nachdem die Gesellschafter vorerst ein gemeinsames Kassabuch führten, war von Dr.Christian F***** 1982 wegen Fehlgelder die getrennte Kassaführung durch die Gesellschaft eingeführt worden, da er "Schwindelausgänge" von Dr.Michael F***** feststellte. Eine gemeinsame Computeranlage sollte alle Geschäftsvorgänge der jeweils durch die Gesellschafter durchgeführten Verkäufe zur Erstellung der täglichen Buchhaltung verbinden. Dr.Michael F***** behielt teilweise Inkassi für sich und stellte Unterlagen nicht zur Verfügung, so daß der Gesamtüberblick über die Geschäftsgebarung fehlte. Seit Beginn der Jahre ab 1980 reduzierte Dr.Michael F***** seine Tätigkeit in seinem Aufgabenbereich Administration immer mehr. Zwischen den Gesellschaftern, insbesondere zwischen Dr.Michael und Dr.Christian F*****, herrschen eine sich immer mehr verstärkende Feindseligkeit und Mißtrauen, es kommt wiederholt zu Beschimpfungen; die Gesellschafter trauen einander nicht und bezichtigen sich gegenseitig der Unredlichkeit. Eine Verbesserung der persönlichen Verhältnisse ist nicht zu erwarten. Seit Liquidation der Gesellschaft beteiligt sich Dr.Michael F***** nicht mehr am Firmengeschehen, gemeinsame Vertretungshandlungen werden nicht gesetzt. Eine Zusammenarbeit zwischen den Gesllschaftern ist nicht möglich.

Die letzte Bilanz wurde 1992 erstellt, jene für die Jahre 1993 bis 1995 sind in Ausarbeitung. Der Auftrag zur Erstellung der Liquidationseröffnungsbilanz ist bis heute nicht erteilt worden. Dr.Christian F***** tätigt weiterhin alle Einkäufe und hält aufgrund des gefaßten Fortsetzungsbeschlusses den Geschäftsbetrieb aufrecht.

Die Gesellschafter haben keine von der im Firmenbuch eingetragenen gemeinsamen Vertretungsbefugnis der Liquidatoren abweichende Vereinbarung getroffen, noch findet sich eine solche im Gesellschaftsvertrag.

Das Erstgericht bejahte das Vorliegen wichtiger Gründe für die Ernennung eines gesellschaftsfremden Liquidators nach § 146 Abs 2

HGB.

Das Rekursgericht gab dem gegen Punkte 1 und 2 erhobenen Rekurs der Gesellschafter Marianne F***** und Dr.Christian F***** nicht Folge.

Die OHG sei mit Eintritt der Rechtskraft des Auflösungsurteiles aufgelöst und mangels anderer Auseinandersetzungen in Liquidation getreten. Sie könne - solange die Vollbeendigung noch nicht eingetreten sei - durch Beschluß der Gesellschafter fortgesetzt werden. In diesem Fall wäre die gerichtliche Bestellung eines Liquidators ausgeschlossen, weil eine Abwicklung eben nicht stattfinde. Eine Fortsetzung der aufgelösten Gesellschaft gegen den Willen des bei der Fortsetzung ausscheidenden Gesellschafters sei jedoch mangels gesellschaftsvertraglicher Vereinbarung ausgeschlossen. Eine Verpflichtung der Gesellschafter, für die Fortsetzung zu stimmen, bestehe regelmäßig nicht.

Die von Rechtsprechung und Lehre in Deutschland vertretenen Grundsätze, wonach die gesellschaftliche Treuepflicht es dem an der Fortsetzung der OHG als werbender Gesellschaft nicht interessierten Gesellschafter dann gebiete, aus der Gesellschaft auszuscheiden, wenn die Fortsetzung kein anerkennenswertes Interesse des widerstrebenden Gesellschafters berühre, gegen eine Abwicklung aber beachtliche Gründe sprächen, sei bei gleicher Gesetzeslage auch für das österreichische Recht anwendbar.

Allerdings seien die von Rechtsprechung und Lehre in Deutschland verlangten Grundvoraussetzungen hier nicht erfüllt. Die übrigen Gesellschafter müßten den der Fortsetzung widersprechenden Gesellschafter von seiner Haftung für die Gesellschaftsverbindlichkeiten befreien und ihm eine Abfindung anbieten (gegebenenfalls auch absichern), die dem vollen Wert des Geschäftsanteiles entspricht und nicht hinter dem Betrag zurückbleibt, der ihm im Falle der Liquidation zufließen würde. Diese Voraussetzungen seien nicht gegeben. Weder sei ein genaues ziffernmäßig bestimmtes Abfindungsanbot unterbreitet worden, noch der Mitgesellschafter von seiner Haftung für Gesellschaftsverbindlichkeiten befreit. Eine Erklärung der Gesellschafter, ihn schad- und klaglos halten zu wollen, reiche nicht aus, vielmehr bedürfte es einer Tilgung der in Frage kommenden Verbindlichkeiten oder Schuldentlassungserklärungen der Gläubiger.

Für die Bestellung eines gesellschaftsfremden Liquidators lägen wichtige Gründe vor. Zwischen den nach dem Gesetz gemeinsam zu Liquidatoren berufenen Gesellschaftern herrschten eine sich immer mehr verstärkende Feindschaft und Mißtrauen, sie bezichtigten einander der Unredlichkeit. Überdies handelten die Liquidatoren Marianne und Dr.Christian F***** insoweit pflichtwidrig, als sie die Gesellschaft als werbende fortführen. Eine gedeihliche Abwicklung der Gesellschaft könne daher nicht erwartet werden.

Die Heranziehung einzelner Gesellschafter als Liquidatoren sei nur bei Einigkeit am Platz. Mit Rücksicht auf die zwischen ihnen bestehende Feindschaft habe das Erstgericht mit Recht einen Gesellschaftsfremden zum Liquidator bestellt. Dieser weise auch die erforderliche Sachkenntnis auf.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehle, ob und unter welchen Voraussetzungen eine durch Urteil aufgelöste offene Handelsgesellschaft ohne den Auflösungskläger und gegen dessen Willen durch Beschluß der übrigen Gesellschafter als werbende Gesellschaft fortgesetzt werden kann und ob die möglicherweise erlaubte Fortsetzung die Ernennung eines Liquidators durch das Gericht hindert.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Gesellschafter Marianne F***** und Dr.Christian F***** ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist ausschließlich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine durch Urteil nach § 133 HGB aufgelöste OHG ohne den Auflösungskläger und gegen dessen Willen (bei Fehlen einer entsprechenden Fortsetzungsklausel im Gesellschaftsvertrag) durch Beschluß der übrigen Gesellschafter fortgesetzt werden kann.

Die Fragen des Vorliegens wichtiger Gründe im Sinn des § 146 Abs 2 HGB und der Auswahl des bestellten Liquidators werden im Revisionsrekurs nicht mehr releviert.

Mangels gegenteiliger Anordnung im Gesellschaftsvertrag muß der Gesellschafterbeschluß auf Fortsetzung der aufgelösten offenen Handelsgesellschaft grundsätzlich einstimmig gefaßt werden (Koppensteiner in Straube, HGB2 Rz 22 zu § 131; EvBl 1961/43 ecolex 1993, 322), wobei eine Verpflichtung des Gesellschafters zur Beschlußfassung verneint wird (Ulmer in Großkommentar dHGB3 Anm 159 zu § 131; Karsten Schmidt in Schleglberger, dHGB5 Rz 64 zu § 131).

Unter Hinweis auf die gesetzliche Treuepflicht vertreten Lehrmeinungen in Deutschland bei gleicher Rechtslage wie in Österreich die Ansicht, ein Gesellschafter könne ausnahmsweise auch zur Fassung des Fortsetzungsbeschlusses, unter besonderen Umständen sogar zum Ausscheiden aus der Gesellschaft verpflichtet sein:

Karsten Schmidt (in Schleglberger HGB5 Rz 64 und 70 (zitiert von Heymann, HGB2 Rz 32 zu § 131)) bejaht eine Verpflichtung des OHG-Gesellschafters zur Fassung des Fortsetzungsbeschlusses auch im Fall einer Auflösung durch gerichtliche Entscheidung unter der Voraussetzung, daß die Fortsetzung allen Beteiligten zumutbar ist. Ist der Gesellschafter nicht zur Fortsetzung bereit und machen ihm die Mitgesellschafter ein Abfindungsanbot, so könne ihm die gesetzliche Treuepflicht gebieten auszuscheiden, wenn beachtliche Gründe gegen eine Abwicklung sprechen und durch das Ausscheiden kein anerkennenswertes Interesse des Gesellschafters berührt werde, so wenn er von seiner Haftung für die Gesellschaftsverbindlichkeiten befreit und ihm als Abfindung der volle, nicht hinter dem voraussichtlichen Liquidationserlös zurückbleibende Wert seines Anteiles angeboten wird.

Ulmer (in Großkommentar dHGB3 Anm 145 und 153 zu § 131) bejaht das Recht der OHG-Gesellschafter, die Fortsetzung unabhängig von dem zur Auflösung führenden Grund zu beschließen und setzt im Regelfall (mangels anderer Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag) Einstimmigkeit der Beschlußfassung voraus. Ein Mehrheitsbeschluß über die Fortsetzung mit allen Gesellschaftern sei dann unzulässig, wenn ein Gesellschafter die Auflösung einseitig herbeigeführt hat, weil der Mehrheitsbeschluß hier dazu führen würde, das unentziehbare Auflösungsrecht "leerlaufen" zu lassen. Die Auflösung könne daher für den Fall eines rechtskräftigen Auflösungsurteiles nicht rückgängig gemacht werden (Anm 155).

Die Fortsetzung nur durch einen Teil der Gesellschafter gegen den Willen der ausscheidenden Gesellschafter hält auch Ulmer grundsätzlich für unzulässig. Die Verweigerung der Zustimmung (zur Fortsetzung) sei auch dann nicht rechtsmißbräuchlich, wenn die nicht zustimmenden Gesellschafter selbst kein Interesse an der Fortsetzung haben, könnten sie sich doch auf das im § 145 Abs 1 verankerte Recht auf Durchführung der Liquidation berufen; diese sichere ihnen vollen Anteil am Auseinandersetzungserlös und die Befreiung von den im Zuge der Liquidation zu tilgenden Gesellschaftsschulden. Eine Ausnahme könne sich nur unter dem Gesichtspunkt der gesetzlichen Treuepflicht dann ergeben, wenn die Interessen des widersprechenden Gesellschafters auch im Fall der Fortsetzung der Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern voll gewahrt sind, und diese ein beachtliches Interesse an der Fortsetzung haben (Anm 160).

Ob Ulmer diese Ansicht auch für die Fälle eines rechtskräftigen Auflösungsurteiles aufrecht erhält (siehe Anm 155), wird nicht klargestellt.

A.Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft4, 355 FN 46 verneint die Zulässigkeit einer Fortsetzung durch Mehrheitsbeschluß gegen den Willen jenes Gesellschafters, über dessen Klage die OHG aufgelöst wurde. Ohne Differenzierung nach einzelnen Auflösungsgründen vertritt er die Ansicht, die Verweigerung der Zustimmung zur Fortsetzung durch die übrigen Gesellschafter könne im Einzelfall eine unzulässige Rechtsausübung darstellen, wenn der der Fortsetzung widersprechende Gesellschafter selbst an der Fortsetzung nicht teilnehmen könne oder wolle und ihm eine Abfindung nicht nur versprochen, sondern tatsächlich bezahlt oder doch sichergestellt werde, die mindestens dem bei der Liquidation auf ihn entfallenden Betrag entspreche und er auch gegen die Inanspruchnahme für frühere Gesellschaftsschulden gesichert werde.

H.Westermann, Handbuch der Personengesellschaften I Rn 598 verneint unter Hinweis auf das jedem Gesellschafter mit Eintritt eines Auflösungstatbestandes zustehende Recht auf Beendigung der Gesellschaft eine Fortsetzung durch Mehrheitsbeschluß. Mangels Regelung im Gesellschaftsvertrag scheitere die Fortsetzung am Willen auch nur eines Gesellschafters. Auch die für die Abwicklungsgesellschaft fortbestehende Treuepflicht verpflichtet den die Fortsetzung ablehnenden Gesellschafter nicht, dieser zuzustimmen, wenn die anderen Gesellschafter ihm das zuwenden wollen, was er bei Liquidation der Gesellschaft erhalten würde. Nur dort, wo kein anzuerkennendes Interesse des Gesellschafters berührt wird und beachtliche Interessen für die Fortsetzung sprechen, könne man eine Pflicht zur Mitwirkung als Folge der Treuepflicht bejahen.

Der Bundesgerichtshof (BB 1986, 421 = JUS 1986, 407 [Karsten Schmidt]) hat im Falle einer durch den Tod eines Gesellschafters aufgelösten OHG (die Erben waren zur Fortsetzung nicht bereit, eine Fortsetzungsklausel war im Gesellschaftsvertrag nicht enthalten) ausgesprochen, daß die gesellschaftliche Treuepflicht es dem an der Fortsetzung nicht interessierten Gesellschafter gebieten könne, aus der Gesellschaft auszuscheiden, falls beachtliche Gründe gegen eine Abweisung sprechen und durch das Ausscheiden kein anerkennenswertes Interesse des Gesellschafters berührt werde, er insbesondere von seiner Haftung für die Gesellschaftsverbindlichkeiten befreit und ihm als Abfindung der volle, also auch nicht hinter dem voraussichtlichen Liquidationserlös zurückbleibende Wert seines Anteils angeboten wird. Allerdings sei nicht jedes Interesse der Mitgesellschafter an der Fortsetzung so schutzwürdig, daß der hiezu nicht bereite Gesellschafter aufgrund seiner Treuepflicht gehalten wäre, sich mit einer Abfindung zu begnügen und auf eine Abwicklung zu verzichten; es müsse schon ein "beachtliches wirtschaftliches Interesse" sein.

Ob die vom Bundesgerichtshof in Einklang mit der deutschen Lehre vertretenen Grundsätze angesichts gleicher Rechtslage auch für das österreichische Recht anwendbar sind und auch auf jene Fälle angewendet werden können, in denen die Gesellschaft infolge Klage jenes Gesellschafters aufgelöst wurde, der einer Fortsetzung der Gesellschaft nicht zustimmt (Ulmer aaO und Hueck aaO nehmen dazu nicht ausdrücklich Stellung), kann dahingestellt bleiben, weil diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht erfüllt sind.

Die auf den Grundsätzen des redlichen Verkehrs und auf Treu und Glauben beruhende gesellschaftliche Treuepflicht (Torggler/Kucsko in Straube, HGB2 Rz 7 zu § 109) gebietet es nicht, die Interessen der Gesellschaft stets über jene des Gesellschafters zu stellen. So können sogenannte "eigennützige" Rechte des Gesellschafters, die primär seinen Interessen dienen, im Einzelfall auch gegen die Interessen der Gesellschaft ausgeübt werden (Torggler/Kucsko aaO Rz 8). Zu diesen Rechten gehört auch das Recht auf Kündigung bzw Auflösung und Liquidation zum Zwecke der Befreiung von der Haftung für Gesellschaftsverbindlichkeiten und Erhalt des vollen Anteils am Liquidationserlös.

Ob nun die gesellschaftliche Treuepflicht eine bestimmte Handlungsweise gebietet, kann im Einzelfall nur aufgrund einer Interessensabwägung ermittelt werden. Der Bundesgerichtshof (BB 1986, 421) hat die Interessen der fortsetzungswilligen Gesellschafter jenen der an der Liquidation interessierten gegenübergestellt. Er hat eine Verpflichtung der an der Fortsetzung nicht interessierten Gesellschafter, aus der Gesellschaft auszuscheiden (um den Mitgesellschaftern deren Fortsetzung zu ermöglichen) aus dem Gesichtspunkt der Treuepflicht nur unter der Voraussetzung bejaht, daß einerseits ein beachtliches wirtschaftliches Interesse der Mitgesellschafter an der Fortsetzung besteht und andererseits die berechtigten Interessen an der Liquidation zur Befreiung von Gesellschaftsverbindlichkeiten und Erhalt des vollen Anteiles am Liquidationserlös erfüllt werden.

Diese Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall nicht gegeben. Ein wirtschaftliches Interesse der Revisionsrekurswerber an der Fortsetzung wird nicht geleugnet. Sie haben jedoch keine Umstände geltend gemacht, geschweige denn bescheinigt, die über das grundsätzlich immer gegebene Interesse an der Fortsetzung einer Personengesellschaft hinaus gegen eine Liquidation sprechen. Die von ihnen artikulierte Gefahr, die Gesellschaft könne nach Vollbeendigung nicht mehr fortgesetzt werden, begründet mangels Hinzutretens besonderer Umstände kein über das übliche Maß hinausgehendes wirtschaftliches Interesse an der Fortsetzung.

Die Ansicht der Revisionsrekurswerber, ihre anläßlich der Klageführung zu 13 Cg 44/96i des Handelsgerichtes Wien abgegebenen Erklärungen seien ausreichend, um die Rechte des Mitgesellschafters auf seinen Anteil am Liquidationserlös und auf Befreiung von den Gesellschaftsverbindlichkeiten zu gewährleisten, wird nicht geteilt. Wie schon das Rekursgericht zu Recht ausführte, fehlt ein ziffernmäßig bestimmtes Abfindungsanbot, das dem ausscheidenden Gesellschafter ermöglichen könnte, seine Angemessenheit zu beurteilen. Das Anbot enthält nicht einmal einen Stichtag, zu dem der Liquidationsanteil berechnet werden soll, ist somit - abgesehen davon, daß die Berechnung durch Sachverständige und Zahlung binnen drei Monaten nach Rechtskraft des Feststellungsurteiles angeboten wird - nicht ausreichend bestimmt, um aus Treuepflichtgesichtspunkten eine Verpflichtung des Mitgesellschafters, aus der Gesellschaft auszuscheiden, auszulösen.

Was die Befreiung des ausscheidenden Gesellschafters von der Haftung für Gesellschaftsverbindlichkeiten betrifft, bieten die Revisionsrekurswerber lediglich eine Schad- und Klagloshaltung bzw eine "Sicherstellung" gegen eine Inanspruchnahme an, befreien ihn damit jedoch nicht von seinen Verbindlichkeiten. Wie schon das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat, könnte der Gesellschafter nur durch Tilgung der in Frage kommenden Verbindlichkeiten oder durch Schuldentlassungserklärungen der betroffenen Gläubiger von seiner Haftung für die Gesellschaftsverbindlichkeiten befreit werden (Art 7 Nr 15 Abs 4 4.EVHGB; Kastner/Doralt/Nowotny5 132; Koppensteiner aaO Rz 30 zu Art 7 Nr 15, 16 EVHGB). Eine Sicherstellung käme nur für nicht fällige Schulden in Betracht.

Das Anbot der Revisionsrekurswerber reicht daher nicht aus, um die Interessen des im Falle der Fortsetzung ausscheidenden Gesellschafters an der Liquidation ausreichend zu wahren. Er ist daher auch aus dem vom BGH angesprochenen Gesichtspunkt der Treuepflicht nicht verpflichtet, aus der Gesellschaft auszuscheiden, um den Mitgesellschaftern deren Fortsetzung zu ermöglichen.

Der von den Mitgesellschaftern am 1.8.1995 gefaßte Beschluß, die Gesellschaft ohne Dr.Michael F***** fortzusetzen, war daher nicht geeignet, die Liquidation zu beenden, so daß eine Beschlußfassung über die Abberufung und Neubestellung von Liquidatoren vorgenommen werden konnte.

Der Revisionsrekurs muß daher erfolglos bleiben.

Rechtssätze
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