JudikaturJustiz6Ob226/69

6Ob226/69 – OGH Entscheidung

Entscheidung
01. Oktober 1969

Kopf

SZ 42/144

Spruch

Das Geständnis des Ehebruches gemäß § 543 ABGB. setzt voraus, daß der außereheliche Geschlechtsverkehr trotz Kenntnis der bestehenden Ehe erfolgt ist und dies ausdrücklich zugegeben wurde.

Entscheidung vom 1. Oktober 1969, 6 Ob 226/69.

I. Instanz: Kreisgericht Ried im Innkreis; II. Instanz:

Oberlandesgericht Linz.

Text

Die Klägerin wurde am 30. Mai 1941 von der Beklagten außer der Ehe geboren. Die Vaterschaft anerkannte Dr. Rudolf P., der in aufrechter Ehe lebte, die erst durch den Tod seiner Gattin im Jahre 1948 aufgelöst wurde. Mit Adoptionsvertrag vom 22. November 1942 nahm er die Klägerin an Kindes statt an. Er starb am 27. September 1967 mit Hinterlassung zweier Testamente, eines vom 12. Februar 1967, mit dem er die Klägerin zur Universalerbin einsetzte, und eines vom 27. März 1967, mit dem er das vorausgegangene Testament dahin abänderte, daß er die Klägerin und die Beklagte je zur Hälfte zu Erben einsetzte. Im Abhandlungsverfahren gaben beide Parteien bedingte Erbserklärungen ab, die Beklagte auf Grund des Testamentes vom 27. März 1962 zur Hälfte des Nachlasses, und die Klägerin teils auf Grund der Testamente vom 12. Februar 1967 und 27. März 1967 und teils auf Grund des Gesetzes zum ganzen Nachlaß, wobei sie ihre Berufung zum ganzen Nachlaß mit Erbunwürdigkeit der Beklagten begrundete. Die Erbserklärungen wurden zu Gericht angenommen und die Klägerin zur Feststellung der behaupteten Erbunwürdigkeit der Beklagten auf den Rechtsweg verwiesen.

In der vorliegenden Klage behauptet die Klägerin, die Beklagte habe mit dem in aufrechter Ehe lebenden Dr. Rudolf P. ein Liebesverhältnis aufgenommen, dem sie entstamme, und die Beklagte habe im Zuge des Vormundschaftsverfahrens auch ein gerichtliches Geständnis des Ehebruches abgegeben. Die Klägerin beantragt die Feststellung, daß die Beklagte vom Erbrecht und von den Vermächtnissen nach Dr. Rudolf P. gemäß der letztwilligen Verfügung vom 27. März 1967 ausgeschlossen sei (Punkt 1) und daß der Klägerin das Erbrecht an der von Dr. Rudolf P. der Beklagten zugewendeten Erbportion zustehe (Punkt 2).

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte neben Einzelheiten über die Bekanntschaft und die Beziehungen der Beklagten zu Dr. Rudolf P. fest:

Am 24. Juni 1941 gab die Beklagte vor der Jugendfürsorgeabteilung der Gemeindeverwaltung des damaligen Reichsgaues Wien Dr. Rudolf P. als den Vater ihres außerehelichen Kindes, der Klägerin, an. Sie ergänzte, dabei, daß er für seine Gattin zu sorgen habe.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, damit sei dem Erfordernis des § 543 ABGB., daß die Beklagte des Ehebruches gerichtlich geständig oder überwiesen sei, nicht genügt. Auch gehöre die Klägerin als die Tochter der Beklagten gar nicht zu dem Personenkreis, der durch diese Gesetzesstelle geschützt werden soll.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin keine Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S übersteige. Nur ein Geständnis der Beklagten noch bei Lebzeiten des Erblassers in einem gerichtlichen Verfahren oder ihre Überweisung in einem solchen Verfahren eines Ehebruches, des Geschlechtsverkehrs mit dem Erblasser in Kenntnis des Umstandes, daß er verheiratet war, sei von Bedeutung. Für die Annahme eines solchen Geständnisses genügten aber die im Pflegschaftsverfahren abgegebenen Erklärungen der Beklagten ebensowenig wie die Angaben in dem von der Beklagten mit unterfertigten Adoptionsvertrag betreffend die Klägerin, der Angaben über den Familienstand des Erblassers überhaupt nicht beinhalte. Den Rechtsgrund der Überweisung der Beklagten des Ehebruches mache die Klägerin aber gar nicht geltend.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Bestimmungen des § 543 ABGB. sind, wie insbesondere in den eingehend begrundeten Entscheidungen SZ. XXXII 125 und EvBl. 1961 Nr. 141, die sich mit der Entstehungsgeschichte dieser Gesetzesstelle und der Lehre und Rechtsprechung auseinandersetzten, ausgeführt wurde, einschränkend auszulegen. Gleichgültig, ob von der Entstehungsgeschichte oder vom Wortlaut des Gesetzes ausgegangen wird, das Ergebnis ist dasselbe. Von dem Geständnis eines Ehebruches kann nur gesprochen werden, wenn mit dem Geständnis nicht nur der außereheliche Geschlechtsverkehr mit einer bestimmten Person, sondern auch zugegeben wird, daß diese Person verheiratet war und der Geschlechtsverkehr trotz Kenntnis dieses Umstandes vollzogen wurde. Nicht der Ehebruch ist der Erbunwürdigkeitsgrund, sondern seine Feststellung durch gerichtliches Geständnis oder Überweisung (SZ. IX 178, SZ. XXXII 125, SZ. XXXIII 29, EvBl. 1961 Nr. 141). Diese Feststellung muß noch bei Lebzeiten des Erblassers erfolgt sein (SZ. XXXII 125), der Erblasser soll nicht nach seinem Tode durch Erörterung seines Privatlebens verunglimpft werden (SZ. IX 178, SZ. XXXII 125, Ehrenzweig II/2 S. 374). Die Feststellung muß nicht im Spruche eines Urteils erfolgen, es genügt auch die Feststellung in den Gründen, solange nur die Frage des Ehebruches in dem betreffenden Verfahren keine bloß nebensächliche Rolle spielte (SZ. XXXIII 29). Die Feststellung kann in einem Strafverfahren (EvBl. 1967 Nr. 250), muß aber nicht notwendigerweise in einem solchen Verfahren erfolgen (SZ. XXXII 125, SZ. XXXIII 29, Ehrenzweig a. a. O.). Es muß nur ein Verfahren sein, in dem es zu einer gerichtlichen Tatsachenfeststellung kommen kann, und es genügt auch das Geständnis in einem Außerstreitverfahren auf Feststellung der außerehelichen Vaterschaft nach § 16 (1) der 1. TN. z. ABGB. (EvBl. 1961 Nr. 141, Weiss in Klang[2] III; S. 115). Soweit die Klägerin bezügliche Entscheidungen zitiert oder Erwägungen in dieser Richtung anstellt und daraus ein für sie günstiges Ergebnis abzuleiten sucht, übersieht sie, daß Voraussetzung für einen Erfolg ihrer Klage immer ein gerichtliches Geständnis der Beklagten des Ehebruches mit dem Erblasser, das noch bei dessen Lebzeiten abgegeben wurde, wäre. Ein solches vermochten die Untergerichte nicht festzustellen. Die bloße Angabe der Beklagten, daß der Vater ihres außerehelichen Kindes für seine Gattin zu sorgen habe, bedeutet noch kein Geständnis des Ehebruches in dem oben bezeichneten Sinn, nämlich eines Geschlechtsverkehrs mit ihm trotz Kenntnis des Umstandes, daß er verheiratet war. Da diese Erklärungen auf keinen Fall ausreichen, ist auch auf die vom Berufungsgericht verneinte Frage, ob auf die vor dem Jugendamt abgegebenen Erklärungen überhaupt Bedacht zu nehmen sei, nicht einzugehen. Der Adoptionsvertrag, auf den sich die Klägerin weiter bezieht, enthält aber nach den Feststellungen des Berufungsgerichtes überhaupt keine Angaben über den Stand des Erblassers zur Zeit des Geschlechtsverkehrs.

Dem Berufungsgericht ist auch beizupflichten, daß die Klägerin lediglich den Erbunwürdigkeitsgrund des gerichtlichen Geständnisses des Ehebruches geltend machte. In ihrer Klage führte sie ausdrücklich aus, die Beklagte sei erbunwürdig gemäß § 543 ABGB., weil ein gerichtliches Geständnis des Ehebruches abgelegt worden sei. Damit machte sie von den zwei möglichen Tatbeständen der vorerwähnten Gesetzesstelle ausdrücklich nur diesen geltend, während in der Richtung des zweiten, der Überweisung der Beklagten des Ehebruches, jedes Tatsachenvorbringen fehlte. Wenn das Berufungsgericht davon ausging, daß nur dieser Rechtsgrund geltend gemacht wurde, kann sich die Klägerin daher nicht mit Recht beschwert erachten (SZ. XXIII 74). Es ist damit auch die Mängelrüge in dieser Richtung nicht berechtigt.

Letztlich ist dem Berufungsgericht auch zu folgen, daß es im Hinblick auf diese Ergebnisse der noch bei Lebzeiten des Erblassers geführten Verfahren nicht richtig war, wenn das Erstgericht Beweise darüber aufnahm, ob der Beklagten zur Zeit des Geschlechtsverkehrs mit dem Erblasser bekannt war, daß er in aufrechter Ehe lebte. Diese Erörterungen waren mit dem Zweck der Bestimmungen des § 543 ABGB., eine Verunglimpfung des Ansehens des Erblassers nach seinem Tode auszuschließen, unvereinbar.

Rechtssätze
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