JudikaturJustiz5Ob31/01x

5Ob31/01x – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. Mai 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin I***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Univ. Doz. Mag. DDr. Ludwig Bittner, öffentlicher Notar, 2020 Hollabrunn, Amtsgasse 4, wegen Eintragung eines Baurechtes, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 30. November 2000, AZ 46 R 771/00y, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden abgeändert, sodass sie zu lauten haben wie folgt:

"Aufgrund des Baurechtsvertrages vom 4. 11. 1999 ./A, der Amtsbestätigung ./B, und unter Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung vom 3. 4. 2000 ./1 wird im Lastenblatt der der A***** zur Gänze gehörenden Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** S*****, Bezirksgericht D*****, bestehend aus dem Grundstück ***** Baufl. (Gebäude), Baufl. (begrünt), die Anmerkung des Gesuches um Eintragung eines Baurechtes bewilligt.

Zugleich werden

a) das Finanzamt für den 9., 18. und 19. Bezirk, Nußdorfer Straße 90, 1090 Wien,

b) das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern Wien

c) das Finanzamt für Körperschaften, Radetzkystraße 2, 1030 Wien

d) die Stadtkasse des Magistrats Wien für den 18. und 19. Bezirk, Gatterburggasse 14, 1190 Wien,

e) die Magistratsabteilung 6, Rechnungsamt, 1010 Wien, Rathaus

aufgefordert, ihre Ansprüche an Steuern, Zuschlägen und Gebühren, soweit diesen Abgaben ein Vorzugspfandrecht an diesem Grundstück zukommt, binnen 14 Tagen anzumelden, sonst würden diese Abgaben dem einzutragenden Baurecht im Range nachstehen.

Hievon werden verständigt:

1. I***** Gesellschaft mbH, *****

2. A*****

3. Univ. Doz. Mag. DDr. Ludwig Bittner, öffentlicher Notar, 2020 Hollabrunn, Amtsgasse 4

4. Finanzamt für den 9., 18. und 19. Bezirk, 1090 Wien, Nußdorfer Straße 90

5. MA 40 ZLE, 1080 Wien, Lerchenfelderstraße 4

6. Finanzamt für Körperschaften Wien, 1030 Wien, Radetzkystraße 2;

7. Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern Wien, 1030 Wien, Vordere Zollamtstraße 5

8. Stadtkasse des Magistrats Wien für den 18. und 19. Bezirk, Gatterburggasse 14, 1190 Wien

9. Magistratsabteilung 6, Rechnungsamt, Rathaus, 1010 Wien".

Die Entscheidung über die weiteren Anträge ("2. Beschluss") werden dem Erstgericht im Sinne des § 14 BauRG vorbehalten.

Text

Begründung:

Die A***** ist Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ *****, Grundbuch ***** *****, BG D*****. Der Grundbuchskörper besteht aus dem Grundstück Nr. ***** mit einer Gesamtfläche von 13.525 m2.

Die Antragstellerin und die Grundeigentümerin schlossen am 4. 11. 1999/21./22. 10. 1999 einen Baurechtsvertrag, nach dem die Eigentümerin zu Gunsten der Antragstellerin hinsichtlich des Grundstücks Nr. *****, inneliegend in der EZ *****, Grundbuch *****, BG D*****, ein Baurecht im Sinne des Baurechtsgesetzes bestellt. Die Nutzungsberechtigung des Bauberechtigten wird auf die im beiliegenden Lageplan, der einen integrierenden Bestandteil des Vertrages bildet, rot eingezeichnete Teilfläche (rund 1070 m2) eingeschränkt. Das Baurecht wird bis zum 31. 12. 2050 eingeräumt.

Die Antragstellerin begehrt zunächst - soweit dies für das Revisionsrekursverfahren von Bedeutung ist - wie aus dem Spruch ersichtlich.

Das Erstgericht wies den Antrag mit der Begründung ab, dass gemäß § 5 BauRG ein Baurecht nicht an einem Teil eines Grundbuchskörpers begründet werden könne. Seien die Grundstücke, an denen ein Baurecht eingeräumt werde, nur ein Teil des Grundbuchskörpers, so seien sie abzuschreiben und in eine neue Grundbuchseinlage zu übertragen.

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs nicht Folge. Durch die im Baurechtsvertrag genannte Nutzungsvereinbarung beziehe sich das Baurecht nur auf einen Teil des Grundbuchskörpers. Dies widerspreche der ausdrücklichen Bestimmung des § 5 Abs 2 BauRG.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteige und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs im Hinblick auf die klare Rechtslage nicht für zulässig.

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichtes ist der Revisionsrekurs zulässig, er ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Antragstellerin vertritt die Rechtsauffassung, dass nach einhelliger und ausführlich begründeter Lehre die Begründung eines "Baurechts" an Teilflächen eines Grundstücks möglich sei.

Gemäß § 1 Abs 1 BauRG kann ein Grundstück mit dem Baurecht belastet werden. Da nach § 5 Abs 2 Satz 1 BauRG das Baurecht nicht an einem Teil eines Grundbuchskörpers begründet werden kann, wurde in § 7 Abs 1 DVBauRG für den Fall, dass die Grundstücke, an denen das Baurecht eingeräumt wird, nur einen Teil des Grundbuchskörpers bilden, in der Weise Vorsorge getroffen, dass die mit dem Baurecht zu belastenden Grundstücke abzuschreiben und in eine neue Grundbuchseinlage zu übertragen sind, in deren Lastenblatt das Gesuch um Eintragung des Baurechts anzumerken ist (vgl auch 5 Ob 135/95 = ecolex 1997, 89).

Es entspricht einhelliger Auffassung, dass sich das Baurecht als Belastung des Grundstücks nur auf den ganzen Grundbuchskörper beziehen kann (Ehrenzweig, System I/2, 379; Klang in Klang V, 145; Hofmeister/Rechberger/Zitta, Bauten auf fremdem Grund, S 28; Feil, Liegenschaftsrecht Band 1, S 570; Rechberger/Bittner, Rz 85).

Von dem auf der ganzen Liegenschaft haftenden Baurecht ist die zwischen den Parteien vereinbarte Nutzungsbefugnis des Bauberechtigten, die räumlich begrenzt auf Teile des Baurechtsgrundstückes eingeschränkt sein kann, zu unterscheiden (Hofmeister/Rechberger/Zitta, aaO, Ehrenzweig, aaO, Fn 30 unter Hinweis auf den Kommissionsbericht, dass selbstverständlich das Baurecht inhaltlich auf gewisse Parzellen der Liegenschaft eingeschränkt sein könne, genauso wie etwa der Servitutsweg nur auf bestimmte Teile des dienenden Grundstückes, das Recht als solches aber doch auf der ganzen Liegenschaft hafte, sodass bei bücherlicher Zerteilung der Liegenschaft solche Teilstücke, die von der Belastung tatsächlich nie betroffen gewesen seien, lastenfrei abzuschreiben seien; Klang aaO; Pekarek, Rechtliche Auswirkungen auf die Baurechtseinlage bei Abschreibung von Bestandteilen des mit dem Baurecht belasteten Grundbuchskörpers in NZ 1982, 148).

Aus dem Baurechtsvertrag ergibt sich zweifelsfrei, dass das Baurecht hinsichtlich der gesamten Liegenschaft begründet werden soll und nur die Nutzungsberechtigung inhaltlich (eingeschränkt) dem beiliegenden Lageplan entsprechen soll. Dies ist nach der oben dargestellten Rechtslage zulässig, sodass dem Revisionsrekurs der Antragstellerin Folge zu geben war. Nach Ablauf der Aufforderungsfrist wird das Erstgericht im Sinne des § 14 BauRG über die weiteren Anträge der Antragstellerin ("2. Beschluss") zu entscheiden haben.

Rechtssätze
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