JudikaturJustiz5Ob2426/96t

5Ob2426/96t – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. Januar 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Baumann und Dr.Hradil als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin G***** Ges.m.b.H., ***** vertreten durch Dr.Gottfried Eypeltauer, Dr.Alfred Hawel und Dr.Ernst Eypeltauer, Rechtsanwälte in Linz, wider die Antragsgegner 1.) Sabine N*****, 2.) Dr.Gerhard S*****, 3.) Lieselotte G*****, 4.) Gertrude A*****, 5.) Anton M*****, 6.) Ursula K*****, alle vertreten durch Dr.Aldo Frischenschlager und Dr.Dieter Gallistl, Rechtsanwälte in Linz, sowie alle übrigen Mieter der geradzahlig numerierten Häuser F*****straße 38 - 50 und der ungeradzahlig numerierten Häuser P*****straße 1 - 13 in *****, wegen Duldung der Neuerrichtung von Wohnungen durch Dachbodenausbau (§ 22 Abs 1 Z 3 WGG iVm § 20 Abs 1 Z 1 lit b WGG und § 18c Abs 2 MRG), infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 1.8.1996, GZ 15 R 140/96f, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 3.4.1996, GZ 16 Msch 116/95y-11, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin, eine gemeinnützige Bauvereinigung, ist Eigentümerin der im Kopf der Entscheidung angeführten Häuser (die sie, wie aus der unstrittigen Anwendbarkeit des § 20 Abs 1 Z 1 lit b WGG zu schließen ist, auch im eigenen Namen errichtet hat); die Antragsgegner sind Hauptmieter von Wohnungen in diesen Häusern.

Die Antragstellerin beabsichtigt, nach Maßgabe einer bereits vorliegenden Baubewilligung und der hiefür eingereichten Baupläne die Dachböden der Häuser so auszubauen, daß 14 neue Wohnungen entstehen. Diese Dachböden standen bisher den Mietern, denen das Trocknen von Wäsche in den Wohnungen untersagt ist, unentgeltlich als Trockenräume zur Verfügung und könnten nach dem Umbau nur in eingeschränktem Umfang für diesen Zweck verwendet werden. Um den Verlust an Trocknungsmöglichkeiten auszugleichen, hat die Antragstellerin den Mietern die Aufstellung elektrischer Trocknungsgeräte angeboten, doch haben die im Kopf der Entscheidung namentlich angeführten Antragsgegner dem Bauvorhaben bzw der Aufgabe ihrer bisherigen Mitbenützungsrechte an den Dachböden die Zustimmung verweigert.

Die Antragstellerin hat deshalb zunächst bei der Schlichtungsstelle der Stadt Linz und dann gemäß § 40 Abs 1 MRG (iVm § 22 Abs 4 WGG) bei Gericht den Antrag gestellt, die Antragsgegner nach Maßgabe der bewilligten Baupläne zur Duldung der Dachbodenausbauten (der Errichtung von je einer zusätzlichen Wohnung pro Haus) zu verpflichten. Sie orientierte sich dabei am Bescheid der Schlichtungsstelle, die die Duldungspflicht der Mieter an die Voraussetzung gebunden hatte, daß auf Kosten der Antragstellerin für jedes Haus zwei fabriksneue Wäschetrockner neuester Bauart mit einem Fassungsvermögen nicht wesentlich unter 3 kg auf lärm- und schwingsdämpfenden Sockeln aufgestellt werden, daß die Inbetriebnahme der Wäschetrockner mit Münzen erfolgt und daß - ebenfalls auf Kosten der Antragstellerin - für die verbleibenden Trocknungsflächen zusätzliche Wäschespinnen oder andere Spannvorrichtungen für Wäscheleinen angeschafft werden. Die Antragstellerin erklärte sich mit diesen Auflagen einverstanden und wollte vom Gericht eine Entscheidung "wie von der Schlichtungsstelle"; informativ nach einer finanziellen Abgeltung der den Mietern durch die Verkleinerung der Trocknungsflächen entstehenden Unannehmlichkeiten befragt, brachte die Antragstellerin schließlich noch vor, daß es ein solches Angebot nicht gebe, weil der Antragstellerin schlicht und einfach die Erfahrung fehle, welche Beträge hiefür angesetzt werden könnten.

Die namentlich angeführten Antragsgegner beantragten die Abweisung des Sachantrages.

Die gegenteiligen Standpunkte lassen sich kurz so zusammenfassen, daß die Antragstellerin in der Aufstellung von Wäschetrocknern sowie zusätzlicher Wäschespinnen auf den verbleibenden Dachbodenflächen auf ihre Kosten (wobei die übrigen Kosten von den Mietern zu tragen wären) die Einräumung gleichwertiger Benützungsrechte bzw die Ermöglichung einer gleichwertigen Interessenbefriedigung iSd § 18c Abs 2 MRG erblickt (zumal den Mietern in Neubauten idR keine Dachboden-Trockenräume zur Verfügung stehen), während die Antragsgegner wegen der hohen Kosten einer elektrischen Wäschetrocknung, wegen der Reparaturanfälligkeit der Maschinen, wegen der mangelnden Eignung vieler Wäschestücke für eine maschinelle Trocknung und wegen der ihrer Ansicht nach selbst bei Verwendung der Wäschetrockner nicht ausreichenden Rest-Trocknungsflächen den Dachbodenausbau ablehnen.

Das Erstgericht wies auf Grund folgender (ergänzender) Feststellungen den Sachantrag ab:

Nach dem Dachbodenausbau bliebe sehr wenig Dachbodenfläche übrig, um die Wäsche an der Luft trocknen zu lassen, und zwar so wenig, daß es etwa im Haus P*****straße 9, in dem derzeit sechs Mietwohnungen bewohnt werden, nur mehr für eine Waschmaschinenfüllung reichen würde. Die in den einzelnen Häusern verbleibenden Restflächen wären verschieden groß, nämlich zwischen etwa 40 m2 und 60 m2 reiner Bodenfläche. Zu berücksichtigen ist dabei noch, daß die Restbodenflächen teilweise in einem Bereich mit Dachschrägen liegen, was die tatsächlich zum Wäschetrocknen verbleibende Fläche weiter verringert.

Konnten die Mieter bislang ihre Wäsche gratis auf dem Dachboden trocknen, müßten sie nunmehr die Trockenmaschine mit Münzen "füttern". Bei einem Trockengerät mit Zeitschaltuhr betragen je nach Art der zu trocknenden Wäsche die durchschnittlichen Trocknungskosten pro Füllung S 15,-. Eine Trommel voll gewaschener Wäsche kann dabei nicht mit einer Trommel zu trocknender Wäsche gleichgesetzt werden. Nur bei bestimmter Wäsche, etwa bei Bettwäsche, wäre es möglich, das gewaschene Gut 1 : 1 in den Trockner zu geben. Bei bestimmten Materialien, etwa Blusen oder anderen heiklen Geweben, ist entweder ein maschinelles Trocknen überhaupt nicht möglich, oder aber es kann die Trockenmaschine nicht so stark befüllt werden wie die Waschmaschine. Ein wirtschaftliches Trocknen ist zudem nur dann möglich, wenn man eine Waschmaschine besitzt, die mindestens 1.000 Schleudertouren pro Minute leistet. Darunter gelegene Schleudertouren bewirken, daß man bis zur doppelten Trocknungszeit benötigt. Maschinell getrocknete Wäsche verschleißt außerdem schneller als naturgetrocknete, und zwar ist der Verschleiß um zirka 10 % höher.

In der Mietwohnung des Zweitantragsgegners leben zwei Erwachsene und drei Kinder. In diesem Haushalt fallen pro Woche mindestens 10 Trommeln einer 5 kg fassenden Waschmaschine an. Das ergibt geschätzte 15 Trocknungsvorgänge pro Woche für diese Familie. Die damit verbundenen Kosten wären für diese Familie bereits eine existenzielle Frage, zumal sie für die zirka 124 m2 große Wohnung unter Berücksichtigung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages ca S 8.200,- monatlich inklusive Betriebskosten, jedoch ohne Heizkosten, bezahlt. Der Zweitantragsgegner ist Alleinverdiener.

Im Haushalt des Fünftantragsgegners leben ebenfalls fünf Personen, und zwar zwei Erwachsene und drei Kleinkinder. Auch für diese Familie, die inklusive Betriebskosten (ohne Heizkosten) derzeit etwas über S 6.000,- für die Wohnung bezahlt, ist es eine existenzielle Frage, ob das Wäschetrocknen mit zusätzlichen Kosten verbunden ist. Der Fünftantragsgegner, der die Maschinentrocknung übrigens auch wegen einer möglichen Übertragung von im Wäschetrockner zurückgebliebenen Keimen auf die eigene Wäsche ablehnt, ist nämlich schon Pensionist; nur seine Gattin ist noch berufstätig. Das gemeinsame Familieneinkommen ist nicht so groß, daß die Familie ohne weiteres die durch die Maschinentrocknung auflaufenden Kosten aufbringen könnte.

Zusätzliche Kosten für das Wäschetrocknen stellen auch für die Familie der Erstantragsgegnerin ein finanzielles Problem dar. Deren Wohnung liegt in einem Haus, in dem der Dachboden sehr viel zum Wäschetrocknen in Anspruch genommen wird, weil alle Mieter Kinder haben. Im Haushalt der Erstantragsgegnerin leben zwei Erwachsene und zwei Kinder; es fallen pro Woche ca 5 bis 6 Trommeln Wäsche aus einer 5-kg-Trommel-Waschmaschine an. In dieser Familie wird außerdem, abgesehen von Handtüchern, Geschirrtüchern und Bettwäsche, gar keine Wäsche verwendet, die im Trockner zu trocknen wäre.

Insgesamt ist die Situation in den Häusern so, daß besonders die Mieter mit Kindern wegen der großen Wäschemengen den Dachboden zum Trocknen der Wäsche benötigen und für sie die auf sie zukommenden Trocknungskosten eine erhebliche finanzielle Belastung bedeuten würde. Lediglich bei kleinen Haushalten fielen diese Kosten nicht ins Gewicht. Sie sind im Gegensatz zu Mietern mit einem 1-Personen-Haushalt und durchschnittlich zwei Waschmaschinenfüllungen pro Woche auch auf den Dachboden angewiesen.

Die Antragstellerin würde - was gar nicht bestritten wurde - die Kosten für die Trockenvorgänge sowie die für die Maschinen auflaufenden Reparaturkosten auf die Mieter überwälzen. In Allgemeinnutzung stehende Wäschetrockner sind jedoch als eher reparaturanfällig zu bezeichnen.

Die Mieter haben ihre Waschmaschinen in den Wohnungen stehen. Die jeweils zwei Trockengeräte pro Haus würden auf dem Dachböden aufgestellt, und zwar in den Waschküchen, soweit solche noch existieren (in einem Haus gibt es eine solche offenbar gar nicht).

In rechtlicher Hinsicht meinte das Erstgericht, daß die von der Antragstellerin angebotene Ersatzlösung - vor allem wegen der auf die Mieter zukommenden hohen Kosten - keine gleichwertige Möglichkeit der Interessenbefriedigung biete. Zu akzeptieren wäre in einem Fall wie dem gegenständlichen nur die in § 18c Abs 2 dritter Fall angesprochene Abgeltung des Verlustes des bisherigen Benützungsrechtes am Dachboden, doch habe die Antragstellerin ein derartiges Angebot nicht gemacht. Damit könnten die Antragsgegner nicht zur Duldung der geplanten Baumaßnahmen verpflichtet werden.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Zum Verständnis seiner Rechtsausführungen bedarf es des Hinweises, daß die Antragstellerin (ua) die Feststellung nachtragen haben wollte, daß den Antragsgegnern auch Wäschetrocknungsmöglichkeiten im Freien (im Hof des Häuserblocks) zur Verfügung stehen, daß es zu einer Abwägung des öffentlichen Interesses an der Schaffung von zusätzlichem Wohnraum und dem Interesse der Mieter an der ungeschmälerten Weiterbenützung der Trockenböden hätte kommen müssen, und daß es schließlich Sache des Gerichtes gewesen wäre, die Duldungspflicht der Mieter von zusätzlichen Auflagen an die Antragstellerin, etwa die Übernahme der Betriebskosten der Wäschetrockner, zu binden, statt deren Antrag abzuweisen. Dazu wurde - unter Übernahme des festgestellten Sachverhalts als unbedenklich und ausreichend - folgendes ausgeführt:

Die Voraussetzungen, unter denen Mieter Benützungsrechte an allgemeinen Teilen der Liegenschaft im Interesse der Schaffung neuen Wohnraums (der vom Gesetzgeber gewollten "Nachverdichtung" von Wohnbauten) aufgeben müssen, seien in § 18c Abs 2 MRG (hier iVm § 20 Abs 1 Z 1 lit b WGG) genau angeführt. Im gegenständlichen Fall erstrecke sich das Mietrecht der Antragsgegner auf die Mitbenützung des Dachraums, da sie nach ihren Mietverträgen die Wäsche auf dem Dachboden trocknen müssen, weil ihnen das Wäschetrocknen in der Wohnung untersagt ist. Ein gleichwertiges Benützungsrecht am Dachboden (erster Fall des § 18c Abs 2 MRG) wäre die Möglichkeit der Naturtrocknung an anderen Stellen der Häuser, also die bloß räumliche Verschiebung der Trockenflächen (nicht aber etwa in einen feuchten Keller: vgl MietSlg 45.237, 42.207, 39.252 zu § 8 MRG). Diese Möglichkeit komme mangels Ausweichflächen nicht in Betracht. Da die Mieter derzeit ihre gesamte Wäsche gratis trocknen können, sei auch im Angebot einer Maschinentrocknung mit einem Kostenaufwand von ca S 15,- pro Trocknungsvorgang keine gleichwertige Möglichkeit der Interessenbefriedigung zu erblicken (zweiter Fall des § 18c Abs 2 MRG). Dies umsoweniger, als die Mieter auch für Reparaturkosten und die Kosten einer allfälligen Neuanschaffung der Wäschetrockner aufkommen müßten. Einen finanziellen Ausgleich für die Duldung der Einbuße des Benützungsrechtes der Antragsgegner an den gesamten Dachbodenflächen (dritter Fall des § 18c Abs 2 MRG) habe die Antragstellerin abgelehnt.

Damit liege keine der in § 18c Abs 2 MRG normierten Voraussetzungen für eine Duldungspflicht der Antragsgegner vor. Die Auferlegung zusätzlicher Auflagen würde kein Minus, sondern ein Aliud darstellen (in diesem Zusammenhang wurde auf die in WoBl 1993/84 judizierte Bindung des Gerichtes an das auf Feststellung einer bestimmten Wohnungskategorie gerichtete Begehren verwiesen). Die Antragstellerin habe anläßlich der Erörterung der Verfahrensergebnisse bei Schluß der Verhandlung ausdrücklich die Übernahme weiterer Verpflichtungen (über die Anschaffung und Installierung der Trockner hinaus) abgelehnt und auch ihren Sachantrag nicht modifiziert. Das im Rekurs enthaltene Eventualbegehren, den Sachantrag allenfalls unter der Auflage der Kosten für den laufenden Betrieb der Wäschetrockner (nicht auch der Reparaturkosten sowie der Kosten notwendiger Neuanschaffungen) zu bewilligen bzw ihn in diese Richtung abzuändern, scheitere am Neuerungsverbot. Auch der im außerstreitigen Verfahren anzuwendende § 405 ZPO lasse in der Erteilung von Auflagen ein Aliud erkennen. Die Verurteilung zur Vornahme bestimmter Schutzhandlungen statt eines Gebotes zur Unterlassung von Emissionen (JBl 1989, 239) stelle ebenso ein unzulässiges Aliud dar wie die Verurteilung zu einer Zug-um-Zug zu erbringenden Gegenleistung, wenn der Kläger eine Gegenleistung im Verfahren verweigert hat (E 24 zu § 405 ZPO, MGA14; Rechberger in Rechberger, Rz 4 zu § 405 ZPO). Aus all dem müsse geschlossen werden, daß die Auferlegung von Gegenleistungen - hier die Erfüllung von Auflagen - kein Minus, sondern ein Aliud darstelle. Unabhängig davon würde das Gericht (die Schlichtungsstelle) rechtsgestaltend in das Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter eingreifen, würde das Gericht - auch gegen den Willen des Vermieters - so lange nach Auflagen suchen müssen, bis die für eine Antragsstattgebung notwendige Gleichwertigkeit hergestellt ist. Die Abweisung des Sachantrages durch das Erstgericht entspreche daher der Rechtslage.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Begründet wurde dies mit dem Fehlen einer Rechtsprechung zur grundsätzlichen Frage der Gleichwertigkeit von Ersatznutzungsrechten bei nachträglichen Baumaßnahmen, insbesondere bei Dachausbauten, aber auch zur Frage, inwieweit die Auferlegung von Auflagen ein Minus darstellt und das Gericht derartige Auflagen von Amts wegen anzuordnen hat.

Im jetzt vorliegenden Revisionsrekurs beharrt die Antragstellerin auf ihrem Rechtsstandpunkt, daß die den Antragsgegnern zur Verfügung stehende Trockungsmöglichkeit im Freien bei der Beurteilung des Angebots einer gleichwertigen Interessenbefriedigung durch die Anschaffung von Wäschetrocknern und zusätzlichen Wäscheleinen für die verbleibenden Trockenböden hätte berücksichtigt werden müssen. Darüber hinaus hätten die Vorinstanzen an die in § 18c Abs 2 MRG normierte Gleichwertigkeit eines den Mietern für den Verlust von Benützungsrechten angebotenen Ersatzes zu hohe Anforderungen gestellt. Primäres Ziel des Gesetzgebers bei Einführung des § 18c MRG sei die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum insbesondere durch den Ausbau von Dachböden gewesen, wobei es klar war, daß dadurch Flächen zum Wäschetrocknen für immer verloren gehen. In Zeiten knapper Wohnraumressourcen und hoher Baukosten für neuen Wohnraum, die die Schaffung eigener Räumlichkeiten für die Lufttrocknung der Wäsche gar nicht mehr zulassen, habe man dabei zweifellos die maschinelle Trocknung als zumutbare Alternative angesehen, mag auch die Lufttrocknung Vorteile bieten. An das Gleichwertigkeitskalkül des § 18c Abs 2 MRG seien daher im Interesse der Wohnraumbeschaffung keine allzustrengen Anforderungen zu stellen. Bei der Beurteilung der Kostenbelastung der Mieter sei überdies zu berücksichtigen, daß sich ihre Betriebskosten durch zusätzliche Wohneinheiten vermindern. Vor allem aber hätten die Vorinstanzen den Sachantrag nicht abweisen dürfen, ohne vorher die Möglichkeit zusätzlicher Auflagen auszuschöpfen. Darin sei kein Aliud, sondern nur ein Minus gegenüber dem ursprünglichen Sachantrag zu erblicken. Andernfalls würde man den Vermieter zwingen, so lange immer wieder neue Anträge zu stellen, bis sein Angebot exakt jener Ausgleichsleistung entspricht, die dem Gericht angemessen erscheint. Mit dem gerade im außerstreitigen Verfahren geltenden Gebot der Prozeßökonomie lasse sich dies nicht vereinbaren. Die für die Gegenmeinung angeführten Belege aus Judikatur und Lehre hätten nicht vergleichbare Anträge bzw spezielle Probleme eines Zug-um-Zug-Leistungsaustausches zum Gegenstand.

Der Revisionsrekursantrag geht dahin, den angefochtenen Beschluß im Sinn einer Stattgebung des ursprünglichen Sachantrags (auf Basis der Entscheidung der Schlichtungsstelle) abzuändern, allenfalls unter der zusätzlichen Auflage, daß die Antragstellerin auch die Kosten des laufenden Betriebs der Wäschetrockner tragen muß, allenfalls unter der weitergehenden Auflage, auch die Reparaturkosten oder die Kosten der Anschaffung von Ersatzgeräten für kaputte Wäschetrockner der Antragstellerin aufzuerlegen; in eventu wird auch ein Aufhebungsbegehren gestellt.

Von den namentlich angeführten Antragsgegnern liegt dazu eine fristgerecht erstattete Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag auf Bestätigung der angefochtenen Entscheidung vor.

Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht angeführten Gründen zulässig; er erweist sich im Sinn seines Aufhebungsbegehrens auch als berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rechtsmittelwerberin ist zuzugestehen (wovon allerdings auch die Vorinstanzen ausgegangen sind), daß die durch das 3.WÄG eingeführte Regelung des § 18c Abs 2 MRG die Schaffung neuen Wohnraums im Wege der wohnungspolitisch erwünschten "Nachverdichtung" der bestehenden Gebäudesubstanz erleichtern sollte (AB zu Art I Z 19 und Art II Z 19 des 3. WÄG, abgedruckt bei Würth/Zingher, Wohnrecht '94, 67 und 173). Dafür bietet sich vor allem der Ausbau von Dachböden an, die üblicherweise - so auch im gegenständlichen Fall - den Mietern zur gemeinsamen Benützung, etwa zur Wäschetrocknung oder zum Abstellen verschiedener Gegenstände, überlassen sind. § 18c Abs 2 MRG ist daher im Zweifel so auszulegen, daß die Voraussetzungen, unter denen ein Mieter den Ausbau eines von ihm mitbenützten Dachbodens zu dulden hat, gegenüber der früheren Rechtslage vermindert und nicht erschwert werden.

Vor dem Inkrafttreten des 3.WÄG am 1.3.1994 hatte der Mieter nützliche Bauführungen des Vermieters, also auch den Ausbau des Dachbodens (vgl 3 Ob 524/88 = RZ 1988, 280/63 ua), zuzulassen, wenn ihm daraus bei billiger Abwägung der beiderseitigen Interessen keine wesentliche Beeinträchtigung erwuchs (Call, Darf der private Hauseigentümer Dachböden ausbauen?, in Korinek/Krejci, HB des Bau- und Wohnungsrechtes, VI - Mon - 1, 36 f; 1 Ob 570/88 = WoBl 1989, 93/42; 5 Ob 26/89 = WoBl 1989, 91/41 ua). Dieser schon dem § 1098 ABGB entnommene Grundsatz (vgl Würth in der Anmerkung zu WoBl 1989, 93) wurde dann in § 8 Abs 2 Z 2 MRG (nach dem Vorbild des § 15 WVG) für dessen Anwendungsbereich dahingehend präzisiert, daß dem Mieter ein solcher Eingriff in seine Rechtsposition dann zuzumuten ist, wenn die Veränderung keine wesentliche oder dauernde Beeinträchtigung des Mietrechts zur Folge hat. Diese Gesetzesbestimmung steht wiederum in einem engen inhaltlichen Zusammenhang mit § 18c Abs 2 MRG (AB zu Art II Z 19 des 3. WÄG). Der Mieter hat daher einen Dachbodenausbau durch den Vermieter hinzunehmen, wenn dadurch sein Mietrecht - im Licht einer Abwägung der beiderseitigen Interessen - nicht wesentlich beeinträchtigt wird.

In diesem Sinn wurde schon vor Inkrafttreten des 3. WÄG judiziert, daß der Mieter die Verschiebung, ja sogar die geringfügige Verkleinerung einer von ihm (mit-)benützten Dachbodenfläche

hinzunehmen hat (5 Ob 70/90 = WoBl 1991, 234/140; 5 Ob 1037/93 = EWr

I/8/14; vgl auch 1 Ob 570/88 = WoBl 1989, 93/42). Bleibt der Eingriff

in diesem Rahmen, sind daher die weiteren Voraussetzungen des § 18c Abs 2 MRG gar nicht mehr zu prüfen; ist dem Mieter der Verlust des Benützungsrechtes abzugelten, kann sich die Entschädigung (ob in Geld oder durch die Bereitstellung eines anderen Ersatzes) nur auf die darüber hinausgehende Schmälerung seiner Rechtsposition erstrecken.

§ 18c Abs 2 MRG verpflichtet nunmehr die Mieter zur Duldung des Dachbodenausbaus (oder anderer Baumaßnahmen des Vermieters zur Schaffung neuen Wohnraums) unter der Voraussetzung, daß ihnen

a) gleichwertige Benützungsrechte

oder

b) die sonstige Möglichkeit zur gleichwertigen

Befriedigung ihrer Interessen

eingeräumt werden, oder

c) daß ihnen der Verlust des Benützungsrechtes

unter Berücksichtigung der bisherigen

Ausübung abgegolten wird.

Mit der Einräumung gleichwertiger Benützungsrechte (erster Fall des § 18c Abs 2 MRG) ist - bezogen auf den Dachbodenausbau - offensichtlich die von der Judikatur schon früher abgehandelte Bereitstellung ausreichender Ersatzflächen auf einer anderen Stelle des Dachbodens oder in anderen Räumen des Hauses, etwa im Keller, gemeint. Daß diese Voraussetzung im gegenständlichen Fall nicht erfüllbar ist, haben die Vorinstanzen zutreffend erkannt und wird auch von der Antragstellerin zugestanden. Die damit zusammenhängenden Rechtsfragen können dahingestellt bleiben.

Die Ermöglichung einer gleichwertigen Interessenbefriedigung (zweiter Fall des § 18c Abs 2 MRG) würde, klammert man vorerst die Frage der Kosten aus, voraussetzen, daß die den Mietern verbleibenden oder neu eingeräumten Trocknungsmöglichkeiten ausreichen. Da sich nicht alle Wäschestücke für die maschinelle Trocknung eignen, müßte daher dafür gesorgt sein, daß die Mieter die "heikle" Wäsche auf den verbleibenden Dachbodenflächen oder anderswo trocknen können. Die hiezu getroffenen Feststellungen lassen eine verläßliche Beurteilung dieses Rechtsproblems nicht zu. Es ist genauer zu klären welche Mieter in welchem Ausmaß die Trockenböden schon bisher in Anspruch genommen haben (wobei es, wie aus dem letzten Halbsatz des § 18c Abs 2 MRG zu schließen ist, auf die tatsächliche Ausübung ankommt), welche Trocknungskapazität (und nicht nur Bodenfläche) den Mietern nach dem Dachbodenausbau zur Verfügung stehen würde, wie sich diese Trocknungsmöglichkeit durch eine verkehrsübliche zeitliche Stückelung (Trocknungsordnung, Hausordnung) auf die einzelnen Mieter verteilen läßt und was dann noch fehlt, um die Bedürfnisse der Mieter anderweitig zu befriedigen. In diesem Zusammenhang ist auch der von den Vorinstanzen bisher nicht behandelten Frage Beachtung zu schenken, ob und in welchem Ausmaß die Mieter den Hof des Gebäudekomplexes (auch hier nach Maßgabe einer verkehrsüblichen Trocknungsordnung) zum Wäschetrocknen bnützen können. Schließlich ist zu klären, inwieweit sich - bei Aufhebung des entsprechenden Verbotes - die Bäder der Wohnungen zu verkehrsüblicher Trocknung kleiner Wäschestücke eignen. Erst die noch fehlende Trocknungskapazität wäre dann durch elektrische Wäschetrockner abzudecken, was wesentlichen Einfluß auf die bisher nur oberflächlich ermittelten Betriebskosten haben könnte.

Was diese Kosten betrifft, ist den Vorinstanzen zuzugestehen, daß die Mieter keine wesentliche Belastung treffen darf, daß also die bisher (auf unverläßlicher Tatsachengrundlage) für einzelne Mieter festgestellten Betriebskosten eine Duldungspflicht ausschließen würden. Aus der Festlegung einer Abgeltungsverpflichtung des Vermieters für den Verlust der Mieter an Benützungsrechten (dritter Fall des § 18c Abs 2 MRG) ist sogar zu schließen, daß den Mietern nur bagatellhafte oder eindeutig durch Arbeitserleichterungen aufgewogene Kosten zugemutet werden können. Bleibt eine diesen Rahmen sprengende Kostenbelastung der Mieter bestehen, kann daher die Duldung des Dachbodenausbaus nur durch eine angemessene Entschädigung erreicht werden.

Wird den Mietern der Verlust ihres Benützungsrechtes - wie bereits erwähnt nach Maßgabe der tatsächlichen Ausübung - abgegolten, können sie allerdings den Dachbodenausbau nicht verhindern (dritter Fall des § 18c Abs 2 MRG). Die Vorinstanzen haben diesen Tatbestand nicht behandelt, weil die Antragstellerin von sich aus keine Entschädigung angeboten habe und die dem Verfahren nach § 22 Abs 1 Z 3 WGG (vgl die analog anzuwendende Bestimmung des § 37 Abs 1 Z 5 MRG) innewohnende Dispositionsmaxime eine amtswegige Erörterung der Entschädigungsfrage (oder gar die Festsetzung einer Entschädigung) ihrer Meinung nicht erlaube. Die Antragstellerin rügt jedoch zu Recht, daß das Problem der Entschädigung hätte näher erörtert werden müssen.

Richtig ist, daß über einen Sachantrag auf Genehmigung von Eingriffen in Mietrechte in einem der Dispositionsmaxime unterliegenden Verfahren zu entscheiden ist, daß es sich dabei also um keine Regelungsstreitigkeit handelt, bei der das Gericht - ohne Bindung an den Antrag - eine für alle Beteiligten billige Lösung finden müßte (5 Ob 109/90 = WoBl 1991, 167/102). Der Sachantrag in einem Verfahren zur Durchsetzung der Duldungspflicht der Mieter nach § 18c Abs 2 MRG zielt jedoch auf die Genehmigung eines bestimmten Eingriffs ab (der hier durch die baubehördlich bewilligten Baupläne umschrieben ist und auch nicht geändert wurde), wobei die genannte Gesetzesbestimmung die materiellen Voraussetzungen der Genehmigung festlegt. Diese materiellrechtlichen Tatbestandsvoraussetzungen hat das Gericht jedenfalls zu erörtern und zu prüfen. Es könnte einzelne dieser Tatbestandsvoraussetzungen nur dann außer Betracht lassen, wenn der Antragsteller unmißverständlich erklärt, sein Begehren nur auf einen bestimmten Rechtsgrund (einen oder einzelne der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen) zu stützen. Das ist im gegenständlichen Fall nicht geschehen. Die Antragstellerin hat nicht etwa erklärt, zu einer Entschädigung der Mieter (beispielsweise durch die Übernahme angemessener Betriebs- und Wartungskosten der Wäschetrockner) nicht bereit zu sein, sondern sich außerstande zu sehen, eine bestimmte Entschädigungssumme anzubieten, weil ihr hiefür Erfahrungswerte fehlen. Damit wäre es Sache des Gerichtes gewesen, die Entschädigungsfrage näher zu erörtern und Entscheidungsgrundlagen zu schaffen, die die Bemessung einer angemessenen Entschädigung und einen darauf aufbauende Disposition der Antragstellerin zulassen. Nicht von ungefähr hat der Gesetzgeber die Frage der Entschädigung in die Kompetenznorm des § 22 Abs 1 Z 3 WGG bzw § 37 Abs 1 Z 5 MRG einbezogen.

Im gegenständlichen Fall eines Anbots, durch das Aufstellen von Wäschetrocknern den Mietern eine andere (zusätzliche) Möglichkeit der Interessenbefriedigung zu verschaffen, läßt sich die Frage einer angemessenen Entschädigung des verbleibenden Verlustes von Benützungsrechten gar nicht aus der Gesamtproblematik der nach § 18c Abs 2 MRG zu beurteilenden Duldungspflicht der Mieter herauslösen. Erst wenn feststeht, welche Trocknungskapazitäten durch elektrische Wäschetrockner abgedeckt werden müssen, läßt sich die Kostenbelastung der Mieter abschätzen, die wiederum das Maß für eine angemessene Entschädigung entgangener Benützungsrechte iSd des dritten Falls des § 18c Abs 2 MRG gibt. Es ist keineswegs unzulässig, die in § 18c Abs 2 MRG normierten Tatbestandsvoraussetzungen der Duldungspflicht des Mieters zu kombinieren. Da - wie oben ausgeführt wurde - Tatfragen zur verläßlichen Beurteilung des Anbots einer anderweitigen Möglichkeit der Interessenbefriedigung offen geblieben sind, fehlen entscheidende Anhaltspunkte für eine gründliche Erörterung des Entschädigungsproblems. Das Gericht durfte dieses Problem nicht schon allein deshalb aus dem Verfahren ausklammern, weil sich die Antragstellerin zu einem diesbezüglichen Anbot (noch) nicht in der Lage sah.

Aus allen diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden, um die noch fehlenden Entscheidungsgrundlagen zu schaffen.

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