JudikaturJustiz5Ob235/03z

5Ob235/03z – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. Januar 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gaby Maria S*****, vertreten durch Dr. Walter Poschinger ua Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei Gerta S*****, vertreten durch Dr. Nikolaus Kodolitsch ua Rechtsanwälte in Graz, wegen EUR 72.672,83 samt Anhang und Rechnungslegung (Streitwert EUR 7.267,28; Gesamtstreitwert EUR 79.940,11), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 17. Juli 2003, GZ 5 R 66/03w-24, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Nach § 66 Abs 1 JN ist der Wohnsitz einer Person an dem Ort begründet, an welchem sie sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, daselbst ihren bleibenden Aufenthalt zu nehmen. Wesentlich ist beim Wohnsitzbegriff, dass neben dem körperlichen Moment des tatsächlichen Aufenthaltes an einem bestimmten Ort auch das Willensmoment der erweislichen Absicht, dort einen bleibenden Aufenthalt zu nehmen, nach außenhin erkennbar wird. Die bloße - innere - Absicht, den ständigen Aufenthalt aufzugeben, ist für die Beendigung eines Wohnsitzes nicht entscheidend (8 Ob 225/01y mwN). Auch ein Mehrfachwohnsitz ist möglich, wobei für die Frage der Begründung eines - zweiten - Wohnsitzes nicht allein die Dauer der Aufenthalte ausschlaggebend ist, sondern vor allem auch, ob Umstände vorliegen, die eine dauernde Beziehung zwischen einer Person und ihrem Aufenthalt anzeigen (8 Ob 225/01y, RIS-Justiz RS0046692, RS0046688, RS0046667). Reisen und längere geschäftliche oder dienstliche Aufenthalte an anderen Orten vermögen den einmal begründeten Wohnsitz nicht zu beenden, solange die - sich aus den Umständen des Einzelfalls allenfalls auch schlüssig ergebende - Absicht fortbesteht, am bisherigen Ort den bleibenden Aufenthalt weiterhin bestehen zu lassen (4 Ob 60/98x). Für die Begründung eines Wohnsitzes ist ein ununterbrochener Aufenthalt an diesem Ort nicht erforderlich. Selbst bei kurzer Dauer des Aufenthaltes kommt es darauf an, ob Umstände vorliegen, die eine dauernde Beziehung zwischen der Person und ihren Aufenthalt anzeigen (vgl 10 ObS 58/92). Selbst die Begründung eines neuen Wohnsitzes hat nicht zwingend die Aufgabe des alten zur Folge, es können vielmehr auch zwei oder mehrere Wohnsitze (teils im Inland, teils im Ausland) nebeneinander bestehen (9 Ob 22/00a, Mayr in Rechberger2, § 66 JN, Rz 2 mwN). Ob ausgehend von diesen Grundsätzen unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls ein Wohnsitz begründet wurde, stellt regelmäßig keine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar, es sei denn, es würde sich um eine auffallende Fehlbeurteilung handeln (8 Ob 225/01y mwN).

Die Beklagte hat drei Jahre vor dem Ableben ihres Ehegatten in St. R***** ihren Wohnsitz im Inland begründet, hielten sich doch die Ehegatten an diesem Ort dauernd auf und machten ihn zum Zentrum ihrer Lebensinteressen Die Beklagte begab sich nur zwei- bis dreimal im Jahr nach Kairo, um dort ihre Angelegenheiten zu ordnen. Die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, dass nun, da sich die Klägerin überwiegend in Kairo aufhält, dieser Wohnsitz im Inland nicht aufgegeben wurde, hält sich im Rahmen der oben dargelegten Rechtsprechung. Da es auf die Dauer des Inlandsaufenthaltes allein nicht ankommt, gehen die darauf abzielenden Argumente des Revisionsrekurses ins Leere. Es ist eine Frage des Einzelfalls, ob nach den festgestellten Umständen die nach außen hin erkennbare Absicht einer Person besteht, einen bleibenden (nicht notwendig immerwährenden) Aufenthalt an einem Ort zu nehmen. Die Beklagte hält sich - selbst wenn man von ihrem Vorbringen ausgeht - zumindest zweibis dreimal ein bis zwei Wochen im Inland, und dann immer in dem Haus in St. R*****, auf und muss nach den Feststellungen in Ägypten jedes Jahr eine Aufenthaltsbewilligung erwirken. Die Rechtsauffassung, dass in diesem Fall der bereits bestehende Wohnsitz in St. R***** von der Beklagten nicht aufgegeben wurde, sondern dass diese mehrere Wohnsitze im In- und Ausland hat, ist vertretbar und bedarf im Einzelfall keiner Korrektur.

Rechtssätze
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