JudikaturJustiz4Ob85/06p

4Ob85/06p – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. Juli 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz X. H*****, Grafiker, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang C. M. Burger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei „P*****" Gesellschaft m. b.H., *****, vertreten durch DDr. Meinhard Ciresa, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Zahlung und Veröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 5.000 EUR), über den Revisionsrekurs des Klägers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 2. Februar 2006, GZ 2 R 205/05i-8, mit welchem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 19. August 2005, GZ 17 Cg 27/05k-3, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen. Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit 749,70 EUR bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin 124,95 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

§ 31 Abs 2 Z 12 ASVG unterscheidet für die Erstattungsfähigkeit von Medikamentenkosten zwischen einem „roten", einem „gelben" und einem „grünen" Bereich. In Klammer werden bei diesen Begriffen die Formulierungen „red box", „yellow box" und „green box" angeführt. Der Kläger schuf zur Kennzeichnung von Arzneimitteln, die dem „grünen Bereich" zuzuordnen sind, das folgende Logo (Fläche und Umrandung der Sprechblase grün, Schrift weiß und schwarz):

Die an dieser Stelle befindliche Grafik kann nicht angezeigt werden. Die Beklagte verwendete dieses Logo ohne Sprechblase (dh nur die grüne Fläche mit der Inschrift „green box") bei der Werbung für ihre Medikamente.

Zur Sicherung seines inhaltsgleichen Unterlassungsbegehrens begehrt der Kläger, der Beklagten zu verbieten, „die in Beilage ./A, welche einen integrierenden Bestandteil dieser einstweiligen Verfügung bildet, abgebildeten Werke zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten". Zur Begründung stützt er sich, soweit noch relevant, auf sein Urheberrecht am Logo. Beilage ./A ist eine „eidesstättige Erklärung" des Klägers, die keine Abbildung enthält. Gemeint hatte der Kläger wohl Beilage ./C, in der das Logo (mit der Sprechblase) abgebildet ist.

Die Beklagte wandte ein, dass das Unterlassungsbegehren wegen des Verweises auf Beilage ./A unbestimmt sei. Das vom Kläger geschaffene Logo sei zudem kein Werk im Sinn des Urheberrechts, da es nur einfache geometrische Formen verwende und keine eigentümlich geistige Leistung darstelle. Weiters habe die Beklagte das Logo nur irrtümlich und ohne Sprechblase verwendet. Nun verwende sie überhaupt ein anderes Logo, das sich von jenem des Klägers deutlich unterscheide (keine abgerundeten Ecken, andere Schriftfarbe etc). Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag mit der Begründung ab, dass das Logo eine reine Gebrauchsgrafik ohne jede Werkqualität sei. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands zwar 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige, und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu. Auch wenn ein Werk vorliegen sollte, habe § 31 Abs 3 Z 12 ASVG die Farbgebung und wohl auch die geometrische Form vorgegeben. Damit sei die Gestaltungsmöglichkeit eingeschränkt gewesen. Je weniger Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung stünden, um so weniger gehe von der Individualität des Schöpfers in sein Werk ein; um so schwächer sei auch sein Schutz. Schon geringfügige Abweichungen könnten dann bereits „außerhalb des Schutzumfangs des Originals" liegen. Das Weglassen der Sprechblase sei daher eine den Schutz ausschließende Abweichung. Der Revisionsrekurs sei zuzulassen, weil sich die Lösung des konkreten Falls nicht "ohne weiteres" aus den durch die Judikatur des Obersten Gerichtshofs vorgegeben Leitlinien ergebe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Die Beklagte hat nicht das Logo als Ganzes, sondern nur einen Teil davon übernommen. Die Frage, ob dieser Teil eigenständige Werkqualität hat und aus diesem Grund urheberrechtlich geschützt ist (RIS-Justiz RS0076935), hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und hat daher in der Regel keine darüber hinausgehende Bedeutung. Der Revisionsrekurs zeigt keine vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmende Fehlbeurteilung auf: Schon das Erstgericht hat im Ergebnis zutreffend erkannt, dass geometrische Formen an sich Gemeingut sind (RIS-Justiz RS0076326), kleine Unregelmäßigkeiten (hier Schrägstellung und Abrundung der Ecken) noch nicht als eigentümliche geistige Schöpfung angesehen werden können (vgl 4 Ob 319/68 = ÖBl 1969, 47 - Aichberger-Email) und auch das Einpassen eines aus üblichen Buchstaben bestehenden Schriftzugs in ein an den Kanten abgerundetes Viereck nicht ausreichend originell ist (4 Ob 223/00y = MR 2001, 166 - Holz Eich's Holz). Die Originalität des Logos liegt in der - von der Beklagten nicht übernommenen - Sprechblase. Die Idee als solche - nämlich die Visualisierung des Gesetzesbegriffs „green box" - ist für sich allein nicht schutzfähig (RIS-Justiz RS0076830). Ein Anspruch nach § 1 UWG scheidet aus, weil wegen des Weglassens eines prägenden Teils keine glatte Übernahme vorliegt und auch sonst kein unlauteres Vorgehen erkennbar ist.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen. Für die Bemessungsgrundlage ist allerdings nur das Unterlassungsbegehren maßgeblich.