JudikaturJustiz4Ob353/97h

4Ob353/97h – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. Dezember 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter sowie durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj.Rene S*****, geboren am 5.Dezember 1988, vertreten durch das Amt für Jugend und Familie ***** als Sachwalter gemäß § 9 UVG, infolge Revisionsrekurses des Unterhaltssachwalters gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 16.Juli 1997, GZ 45 R 609/97k-84, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 17. Juni 1997, GZ 3 P 3375/95f-69, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.

Text

Begründung:

In einem mit dem Unterhaltssachwalter abgeschlossenen Vergleich vom 24.2.1997 verpflichtete sich der Vater zu einer Unterhaltsleistung von monatlich S 3.000, beginnend mit 1.3.1997.

Am 15.5.1997 begehrte das Kind, vertreten durch den Unterhaltssachwalter die Gewährung monatlicher Unterhaltsvorschüsse in Höhe des verglichenen Betrages. Die zu 19 E 2264/97i des Bezirksgerichtes Favoriten geführte Exekution auf das Arbeitseinkommen des Vaters habe den Unterhalt für die letzten sechs Monate vor Antragstellung nicht gedeckt. Die Exekution sei am 17.4.1997 bewilligt worden. Nachdem der Drittschuldner die Annahme verweigert habe, sei am 12.5.1997 ein Antrag auf neuerliche Zustellung gestellt worden. Der Antragsteller legte gleichzeitig die mit 29.4.1997 datierte Benachrichtigung vom Unterbleiben der Zustellung an die Drittschuldnerin vor. Aus dieser ergibt sich, daß die Drittschuldnerin die Annahme verweigert hat, ein zur Übernahme von RSa-Sendungen Berechtigter sei nicht anwesend gewesen. Der Unterhaltssachwalter beantragte daraufhin am 12.5.1997 die neuerliche Zustellung. Zu diesem Zeitpunkt war der Vater nicht mehr bei der Drittschuldnerin beschäftigt, er war am 5.5.1997 ausgeschieden.

Mit Beschluß vom 17.6.1997 gewährte das Erstgericht monatliche Unterhaltsvorschüsse von S 3.000 ab 1.5.1997 bis 30.4.2000, nachdem eine Anfrage beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger kein Ergebnis erbrachte (relevante Daten waren nicht gespeichert).

Das Rekursgericht wies den Antrag auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen ab und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage des Vorliegens einer erfolglosen Exekution für den Fall, daß die Drittschuldnerin die Annahme verweigert, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege.

Der Umstand, daß die Drittschuldnerin die Annahme des Exekutionsbewilligungsbeschlusses verweigert hat, reiche nicht aus, um Unterhaltsvorschüsse im Sinn des § 3 Z 2 UVG zu rechtfertigen. Auch eine Exekution, die deshalb erfolglos geblieben sei, weil der Unterhaltsschuldner seinen Arbeitsplatz vor Zustellung des Zahlungsverbotes an die Drittschuldnerin gewechselt habe, erfülle nicht die Voraussetzungen der Vorschußgewährung nach § 3 Z 2 UVG. In einem solchen Fall würde der Exekutionsversuch zur bloßen Formalität herabsinken. Ein rechtliches Bedürfnis, die Voraussetzungen der Vorschußgewährung auch auf diesen Fall auszudehnen, bestehe nicht, da § 4 Z 1 UVG ohnedies die Möglichkeit der Vorschußgewährung im Falle einer aussichtslosen Exekution eröffne.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu § 3 Z 2 UVG abgewichen ist, er ist auch berechtigt.

Nach § 3 UVG sind Vorschüsse auf den gesetzlichen Unterhalt des mj.Kindes zu gewähren, wenn ein im Inland vollstreckbarer Exekutionstitel besteht und eine wegen der laufenden Unterhaltsbeiträge geführte Exekution auf das Arbeitseinkommen auch nur einen in den letzten sechs Monaten vor Antragstellung fällig gewordenen Unterhaltsbeitrag nicht voll gedeckt hat, somit erfolglos war (siehe dazu Neumayr in Schwimann ABGB2 Rz 1, 3 und 17 ff zu § 3 UVG).

Auf welche Ursachen die Erfolglosigkeit der Exekutionsführung zurückzuführen ist, ist grundsätzlich nicht entscheidend. Der Mißerfolg der Exekutionsführung muß aber der Sphäre des nichtleistenden Unterhaltsschuldners im weitesten Sinn zuzurechnen sein (Neumayr aaO Rz 24; Knoll Unterhaltsvorschußgesetz Rz 10 zu § 3). Demgegenüber muß der betreibende Gläubiger alle zur Erreichung des Exekutionszieles erforderlichen Verfahrenshandlungen setzen (RIS-Justiz RS0108462; Knoll aaO Rz 9 f). Hat der betreibende Gläubiger alle für die exekutive Hereinbringung seiner Forderung notwendigen Aktivitäten gesetzt, und tritt dessenungeachtet ein Mißerfolg ein, sind die Voraussetzungen einer Vorschußgewährung nach § 3 Z 2 UVG gegeben (Knoll aaO Rz 10).

So hat der Oberste Gerichtshof eine Gehaltsexekution dann als erfolglos im Sinn dieser Bestimmung erkannt, wenn die Drittschuldneräußerung ergab, daß das Arbeitsverhältnis vor Zustellung des Pfändungsbeschlusses beendet wurde und keine Lohnansprüche des Dienstnehmers unberichtigt aushafteten (vgl Neumayr Rz 28 zu § 3 UVG mwN) oder wenn eine Drittschuldneräußerung deshalb unterblieb, weil der Exekutionsbewilligungsbeschluß wegen Änderung der Abgabestelle nicht zugestellt werden konnte, der Unterhaltssachwalter jedoch in Erfahrung bringen konnte, daß das Arbeitsverhältnis mittlerweile (vor Zustellung der Exekutionsbewilligung) beendet war (5 Ob 542/93 = EFSlg 72.492 = ÖA 1994, 103/UV 65).

Der erkennende Senat teilt diese im übrigen von Knoll (aaO Rz 9) vertretene Auffassung. Das Unterhaltsvorschußgesetz trifft keine Unterscheidung zwischen einer Vielzahl denkbarer Ursachen für ein Mißlingen der Exekutionsführung, setzt aber voraus, daß die Exekution durch den betreibenden Gläubiger in dem Sinne "geführt" wird, daß er alle notwendigen Exekutionsschritte setzt. Das UVG bezeichnete die Unterhaltssicherung als vordringlichstes Anliegen, das Verfahren über die Gewährung der Vorschüsse soll möglichst rasch und ohne viel Förmlichkeiten abgewickelt werden (RV 5 BlgNR 14.GP 9 in Ent/Hopf UVG 48). Die Versagung eines Vorschusses wegen erfolgloser Exekutionsführung in Fällen, in denen das Dienstverhältnis - wie hier - nach Einbringung des Exekutionsantrages jedoch vor Zustellung der Exekutionsbewilligung aufgelöst wurde, widerspräche diesem erklärten Ziel des Gesetzgebers.

Der Mißerfolg bei der Exekutionsführung ist im vorliegenden Fall auf zwei - nicht der Sphäre des Unterhaltsberechtigten zuzurechnenden - Umstände zurückzuführen: Zum einen auf die fehlerhafte Zustellung des Exekutionsbewilligungsbeschlusses an den Dienstgeber des Vaters, zum anderen darauf, daß das Arbeitsverhältnis schon vor der tatsächlichen Zustellung der Exekutionsbewilligung beendet wurde. Der Postfehlbericht des Zustellers ergab, daß die Annahme des Exekutionsbewilligungsbeschlusses mit dem Hinweis verweigert wurde, ein zur Empfangnahme berechtigter Vertreter der Drittschuldnerin sei nicht anwesend. Das Zustellorgan hätte in diesem Fall nach § 21 Abs 2 ZustG vorgehen und - sollte auch beim zweiten Zustellversuch kein Empfangsberechtigter anwesend sein - das Schriftstück nach § 17 ZustG hinterlegen müssen. Es hat stattdessen das Schriftstück mit Postfehlbericht zurückgestellt, worauf der betreibende Gläubiger unverzüglich nach Kenntnis vom Unterbleiben der Zustellung eine neuerliche Zustellung beantragte. In der Zwischenzeit war jedoch - wie die Vorinstanzen ergänzend erhoben - das Dienstverhältnis bereits beendet. Damit erwies sich die Exekutionsführung jedenfalls als erfolglos. Die Voraussetzungen für eine Vorschußgewährung nach § 3 Z 2 UVG liegen vor.

Entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes ist der Versuch einer Gehaltsexekution gerade dann keine "reine Formalität", wenn das Dienstverhältnis - wie hier - nach Einbringung des Exekutionsantrages aber vor Zustellung des Exekutionsbewilligungsbeschlusses gelöst wurde.

Der Unterschied zwischen den Vorschußgründen nach § 3 Z 2 UVG und dem nach § 4 Z 1 UVG liegt nur darin, daß bei letzterem das Erfordernis des erfolglosen Versuchs einer Exekution wegfällt (EvBl 1995/10; Knoll aO Rz 21 zu §§ 3 und 4 UVG). Dem Antragsteller soll nach der als Sonderfall zu § 3 UVG geregelten Bestimmung des § 4 Z 1 UVG (vgl Neumayr Rz 1 zu § 4) die Exekutionsführung als Voraussetzung einer Vorschußgewährung dann erspart bleiben, wenn bereits aufgrund der objektiven Lage zur Zeit der Beschlußfassung erster Instanz eine Exekutionsführung für jedermann aussichtslos erscheinen muß. Hat der Unterhaltsberechtigte jedoch bereits eine Exekutionsführung im Sinn des § 3 Z 2 UVG erfolglos versucht, kann ihm die Vorschußgewährung nicht mit der Begründung verwehrt werden, er hätte - da schon von vornherein eine Exekutionsführung aussichtslos gewesen sei - einen Vorschuß nach § 4 Z 1 UVG beantragen müssen.

Dem Revisionsrekurs des Kindes ist daher stattzugeben und der den Unterhaltsvorschuß gewährende Beschluß des Erstgerichts wiederherzustellen.

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