JudikaturJustiz4Ob34/93

4Ob34/93 – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Mai 1993

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Thomas G*****, vertreten durch Dr.Stefan Frotz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei K***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Friedrich Jöllinger, Rechtsanwalt in Leoben, wegen Unterlassung, Zahlung und Veröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 300.000) infolge Revisionsrekurses des Klägers gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 2.Februar 1993, GZ 2 R 241/92-18, womit der Beschluß des Kreisgerichtes Leoben vom 8.Oktober 1992, GZ 7 Cg 137/92-14, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit S 12.247,20 bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin S 2.041,20 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Kläger arbeitet als selbständiger Graphiker; er ist auch Geschäftsführer der S***** Gesellschaft mbH mit dem Sitz in Wien. Die Beklagte betreibt in Leoben eine Funkzentrale und ein Taxiunternehmen. Sie verwendet auf ihren Fahrzeugen, aber auch auf ihrem Geschäftspapier, ihren Rechnungsformularen, Visitkarten udgl., das nachstehende - zwischen den beiden Flügeln um ihre Telefonnummer ergänzte - Unternehmenskennzeichen:

Die Beklagte verwendet dieses Zeichen mit Zustimmung von Johann L***** und Josef C*****, welche in Graz eine Taxifunkzentrale betreiben und deren Fahrzeuge ebenfalls mit diesem Zeichen versehen sind. Johann L***** und Josef C***** haben 1989 mit der S***** Gesellschaft mbH einen Werbebetreuungsvertrag abgeschlossen.

Der Kläger hatte 1985 für ein Wiener Taxiunternehmen einen Schriftzug entworfen, an welchen auf einer Seite die stilisierte Darstellung eines Flügels anschloß. Damit sollten die Vorteile des Flugverkehrs - Schnelligkeit, Bequemlichkeit, Sicherheit - auf den Taxiverkehr übertragen werden.

Der Kläger begehrt zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, das von der gefährdeten Partei hergestellte, oben abgebildete Flügelsymbol samt dem darin enthaltenen Schriftzug "CITY FUNK", an dem die Leistungsschutzrechte der gefährdeten Partei zustehen, ohne deren Zustimmung zu verwenden, zu veröffentlichen oder sonstwie zu verwerten.

Der Kläger habe für Johann L***** und Josef C***** das von der Beklagten verwendete Zeichen entworfen. Bei der Übergabe des Werkes habe der Kläger mit Johann L***** und Josef C***** ausdrücklich vereinbart, daß das Zeichen ausschließlich zu geschäftlichen Zwecken im Rahmen des von ihnen betriebenen Taxiunternehmens gebraucht werden dürfe; einer weiteren Nutzung, insbesondere einer Weitergabe, habe der Kläger nicht zugestimmt.

Der Kläger habe die Beklagte vergeblich aufgefordert, das Zeichen nicht mehr zu verwenden. Es handle sich dabei um eine eigentümliche geistige Schöpfung auf dem Gebiet der bildenden Künste, welches - auch als Werk der Gebrauchsgraphik - urheberrechtlichen Schutz genieße.

Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Der Kläger sei nicht aktiv legitimiert; nicht er, sondern die S***** Gesellschaft mbH habe die Werknutzungsrechte vergeben. Johann L***** und Josef C***** hätten der Beklagten gestattet, das Zeichen zu verwenden; sie hätten erklärt, über das Zeichen verfügen zu können, und auch tatsächlich das Recht dazu erworben.

Das Zeichen sei keine eigentümliche geistige Schöpfung des Klägers, habe doch der Kläger lediglich das seit Jahrhunderten verwendete Hermes-Symbol abgewandelt.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Der Kläger habe das Zeichen entworfen und es Johann L***** und Josef C***** unter der Bedingung zur Verfügung gestellt, daß die Verwendung auf die Grazer Funkzentrale beschränkt bleibe. Entgegen ihrer Zusicherung, das Zeichen nur für die Grazer Funkzentrale zu gebrauchen, hätten aber Johann L***** und Josef C***** der Beklagten gestattet, das Zeichen für deren Leobener Funkzentrale zu verwenden. Das Zeichen sei eine eigentümliche geistige Schöpfung des Klägers und daher als Werk der Gebrauchsgraphik urheberrechtlich geschützt. Der zur Nutzung eines urheberrechtlich geschützten Werkes Berechtigte sei nicht berechtigt, anderen die Werknutzung zu bewilligen.

Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidsungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Rekursgericht ließ die Beweisrüge aus rechtlichen Gründen unerledigt. Es nahm auf Grund der Aussagen von Johann L***** und Josef C***** als bescheinigt an, daß diese für das Zeichen Markenschutz erworben haben. Durch die Registrierung der Marke erlange der Markeninhaber ein ausschließliches Gebrauchs- und Untersagungsrecht für das gesamte Staatsgebiet. Der Markeninhaber sei berechtigt, Lizenzrechte an der Marke einzuräumen. Die Beklagte benütze daher das Zeichen auf Grund eines Markenrechtes. Der Kläger könne ihr nicht die Nutzung des Zeichens untersagen, nachdem er sein Werk dem Markeninhaber zur Nutzung überlassen habe; er werde sich wegen einer allfälligen vertragswidrigen Weitergabe des Werknutzungsrechtes an seine Vertragspartner halten müssen. Ob Johann L***** und Josef C***** berechtigt waren, die Werknutzungsrechte ohne Zustimmung des Urhebers weiterzugeben, sei in diesem Rechtsstreit nicht zu prüfen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederherzustellen; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berchtigt.

Soweit der Rechtsmittelwerber Verfahrensmängel und Aktenwidrigkeit der angefochtenen Entscheidung geltend macht, ist auf seine Ausführungen nicht einzugehen, weil der Revisionsrekurs schon aus rechtlichen Gründen nicht berechtigt ist:

Der Kläger könnte der Beklagten die Verwendung des Flügelsymbols nur untersagen, wenn es sich dabei um ein Werk im Sinne des Urheberrechtsgesetzes handelt. Werke im Sinne des Urheberrechtsgesetzes sind auch Werke der Gebrauchsgraphik (ecolex 1992, 712 mit Anm von Kucsko uva). Ihre Schutzfähigkeit hängt davon ab, ob ihnen individuelle Eigenart zukommt; maßgebend ist daher die auf der Persönlichkeit seines Schöpfers beruhende Individualität des Werkes. Die individuelle eigenartige Leistung muß sich vom Alltäglichen, Landläufigen, üblicherweise Hervorgebrachtem abheben; sie setzt voraus, daß beim Werkschaffenden persönliche Züge - insbesondere durch die visuelle Gestaltung und durch die gedankliche Bearbeitung - zur Geltung kommen (ecolex 1992, 712 mit Anm von Kucsko; WBl 1992, 340 mwN).

Das in Rede stehende Zeichen besteht nun aus nichts anderem als zwei stilisiert wiedergegebenen, durch eine waagrechte Gerade - oberhalb deren die Telefonnummer des Benützers aufscheint - miteinander verbundenen Flügeln; es soll eine Gedankenverbindung zur Schnelligkeit der Bewegung mit Flügeln und damit zum Flugverkehr schaffen. Dieser Gedanke ist nicht neu: Schon der griechische Götterbote Hermes, der Gott des sicheren Geleits und Patron der Wanderer, Hirten, Kaufleute und Schelme, wurde stets mit Flügelhelm und Flügelschuhen dargestellt (s. Meyers, Enzyklopädisches Lexikon Band 11, 741); das "Flügelrad" wiederum ist als Eisenbahn-Symbol weit über die Grenzen Österreichs hinaus allgemein bekannt. Auch in der graphischen Gestaltung ist keine individuelle eigenartige Leistung zu sehen; sie beschränkt sich vielmehr auf eine schlichte Darstellung zweier, miteinander verbundener Flügel, die sich in keiner Weise vom Alltäglichen abhebt.

Mangels Vorliegens eines Werkes der bildenden künste scheidet das Urheberrecht als Anspruchsgrundlage aus; andere Rechtsgründe, aus denen das Verbotsbegehren des Klägers abgeleitet werden könnte, sind weder behauptet worden noch sonst zu erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 402, 78 EO; §§ 41, 50, 52 ZPO.