JudikaturJustiz4Ob203/97z

4Ob203/97z – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. September 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden, durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** Verlags GmbH Co KG, ***** vertreten durch Dr.Christian Ebert und Dr.Thomas Huber, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei V***** Zeitungsverlags- und -vertriebs GmbH, ***** vertreten durch Schönherr, Barfuss, Torggler Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren S 215.000), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei und außerordentlichen Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 18.April 1997, GZ 15 R 21/97m-11, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 19.November 1996, GZ 39 Cg 81/96x-4, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten wird gemäß §§ 402, 78 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528 a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Dem Revisionsrekurs der Klägerin wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden teilweise dahin abgeändert, daß die Entscheidung insgesamt, einschließlich des bestätigten Teiles, wie folgt zu lauten hat:

Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung des Anspruchs der Klägerin wider die Beklagte auf Unterlassung der Verletzung von Ausschließlichkeitsrechten im Sinne des Urheberrechtsgesetzes wird der Beklagten bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils verboten, Lichtbilder, an denen die Urheber- und/oder Leistungsschutzrechte ausschließlich der klagenden und gefährdeten Partei zustehen, zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten, und zwar insbesondere jene Lichtbilder, die in den nachstehend angeführten Ausgaben der "Neuen Kronen-Zeitung" veröffentlicht worden sind, nämlich

das von Andreas S***** stammende Lichtbild des Staatsanwaltes Dr.Erich M*****, Seite 21 der Ausgabe vom 1.9.1996,

das von Andreas S***** stammende Lichtbild des David S*****, Seite 21 der Ausgabe vom 1.9.1996,

das von Gino M***** stammende Lichtbild des Dr.Jörg H*****, Seite 23 der Ausgabe vom 25.8.1996 und

das von Peter T***** stammende Lichtbild des Bürgermeisters Dr.Michael H*****, Seite 23 der Ausgabe vom 25.8.1996.

Die Klägerin hat die Kosten des Provisorialverfahrens vorläufig und die Beklagte endgültig selbst zu tragen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig und die Beklagte endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist Medieninhaberin der periodischen Druckschrift "Neue K*****-Zeitung", die Beklagte Medieninhaberin und Verlegerin der periodischen Druckschrift "D*****".

In der Ausgabe der "K*****-Zeitung" vom 1.9.1996 wurden auf Seite 21 - im Rahmen eines Artikels über eine Schmuggelaffäre - unter anderem Fotos des Staatsanwalts Dr.Erich M***** sowie des späteren Mordopfers David S***** veröffentlicht; beide Fotos waren vom Fotografen Andreas S***** im Rahmen seines Dienstverhältnisses zur Klägerin hergestellt worden. In der Ausgabe Wien der "K*****-Zeitung" vom 25.8.1996 veröffentlichte die Klägerin - anläßlich eines Artikels über den Semmering-Tunnel - auf Seite 23 ein Foto des FPÖ-Obmanns Dr.Jörg H***** (hergestellt vom Fotografen Gino M*****) und des Wiener Bürgermeisters Dr.H***** (hergestellt vom Fotografen Peter T*****); auch diese Bilder waren im Rahmen des Anstellungsverhältnisses der Fotografen bei der Klägerin angefertigt worden.

Die Beklagte veröffentlichte in der Zeitschrift "D*****" vom 25.9.1996 auf Seiten 16 und 17 einen Bericht unter der Schlagzeile "Tunnelfinsternis". Darin wirft sie der K*****-Zeitung vor, die Berichterstattung über den geplanten Semmering-Tunnel den (gegensätzlichen) politischen Interessen in Wien und Steiermark anzupassen. Während sie in ihrer Wiener Ausgabe gegen den Tunnel Stimmung mache, weiche sie diesem Thema in der Steiermark-Ausgabe aus, beziehe nicht Stellung und veröffentliche stattdessen "Belanglosigkeiten". Und weiter: "Dieses Thema gewinnt an Brisanz, wenn man den Geldregen der steirischen Regierungsparteien für die "K*****" hinterfragt. Wie....berichtet, verschenken die steirischen Regierungsparteien SPÖ. ÖVP und FPÖ jährliche dutzende Steuermillionen, um die Medien des Landes zu streicheln. ... Erhält das auflagenstarke Blatt (die K*****) in diesem Jahr von der SPÖ 2,8 Mio S und von der ÖVP noch einmal das gleiche Sümmchen. Doch die K***** wird nicht bloß mit Zärtlichkeiten verwöhnt, sie muß auch zurückstreicheln. Also pfuscht sie vielleicht durch eventuell kritische Berichterstattung in Sachen Tunnel der SPÖ und ÖVP nicht drein. Denn gerade SPÖ und ÖVP nutzen die "Pro-Tunnel"-Stimmung in der grünen Mark geschickt...... Doch eine Zeitung, die sich die Unabhängigkeit sogar auf dem Titelblatt attestieren läßt, sollte soviel Selbstachtung zeigen und sich entweder bundesweit aus dem Streit heraushalten oder ihre Leser nicht im Unklaren lassen...."

Im Rahmen dieses Berichts veröffentlichte die Beklagte die Doppelseiten der K*****-Zeitung 20 und 21 der Ausgabe vom 1.9.1996 und Seiten 22 und 23 der Ausgabe vom 25.8.1996 in Faksimile, wobei sie auch die im Spruch angeführten Bilder den erwähnten Ausgaben der K*****-Zeitung entnahm und, ohne die Zustimmung der Klägerin einzuholen, wiedergab.

Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, die im Spruch näher bezeichneten Lichtbilder zu veröffentlichen, an denen die Urheber- und/oder Leistungsschutzrechte ausschließlich der Klägerin zustehen.

Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Sie beruft sich auf § 42 c UrhG. Die Wiedergabe von Fotografien auf den im Rahmen ihrer Berichterstattung faksimilierten Seiten der K*****-Zeitung falle unter die für die Berichterstattung über Tagesereignisse geregelte Ausnahmebestimmung.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung in Ansehung der in der Ausgabe der K*****-Zeitung vom 1.9.1996 veröffentlichten Lichtbilder des Staatsanwaltes Dr.M***** sowie des David S***** und wies den Antrag hinsichtlich der in der Ausgabe vom 25.8.1996 veröffentlichten Lichtbilder von Dr.Jörg H***** und Dr.Michael H***** ab.

Die gegenständlichen Fotos seien für Zwecke der Klägerin gewerbsmäßig hergestellt worden, so daß dieser auch die Leistungsschutzrechte zustünden. Der Ausnahmetatbestand des § 42 c UrhG sei hinsichtlich der beiden Politikerfotos verwirklicht. Die Beklagte habe über Tagesereignisse berichtet, in deren Rahmen auch eine durch Faksimile-Abdruck aufgelockerte Berichterstattung zulässig sei. Ihre Veröffentlichung habe die Interessen der Urheber kaum berührt, weil die Fotos nur bei gezielter Aufmerksamkeit wahrnehmbar gewesen seien. Die Wiedergabe der Lichtbilder von Staatsanwalt Dr.M***** und David S***** sei hingegen unzulässig, da der in Faksimile wiedergegebene Artikel der K*****-Zeitung keinen Bezug zu dem von der Beklagten aufgegriffenen Thema aufweise.

Das Rekursgericht gab den Rekursen beider Streitteile nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs in Ansehung des abweisenden Teils der angefochtenen Entscheidung zulässig, im übrigen jedoch nicht zulässig sei. Zur Frage, ob auch die Berichterstattung einer Tageszeitung ein Tagesereignis im Sinn des § 42 c UrhG darstellen könne, fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes.

§ 42 a (nunmehr 42 c) UrhG sei nicht sehr eng auszulegen. Die "gespaltene" Berichterstattung der K*****-Zeitung in ihren Regionalausgaben Wien und Steiermark könne als Ereignis angesehen werden, das bei einer nicht ganz unerheblichen Anzahl von Personen auf Interesse stößt, sei daher "als Tagesereignis" dem § 42 c UrhG zu unterstellen. Der Faksimile-Abdruck des K*****-Zeitungsartikels falle einschließlich der darin enthaltenen verkleinert abgedruckten Lichtbilder unter die freie Berichterstattung nach § 42 c UrhG. Es sei nicht zweifelhaft, daß die Lichtbilder durch ihre Publikation in der K*****-Zeitung öffentlich wahrnehmbar geworden seien. Wenngleich

§ 42 c die Verbreitung von Werken nur in einem durch den Informationszweck gerechtfertigten Umfang zulasse, sei es hier zweckmäßig gewesen, die im faksimilierten Artikel enthaltenen Fotos nicht auszuschneiden oder abzudecken, um beim Leser nicht den Eindruck zu erwecken, man habe einzelne - vielleicht ein anderes Bild ergebende - Passagen nicht abgedruckt.

Die Veröffentlichung der Bilder von Staatsanwalt Dr.M***** und David S***** sei hingegen in keiner Weise von dem von der Beklagten angestrebten Informationszweck zur aufgezeigten gespaltenen Berichterstattung gedeckt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Klägerin richtet sich gegen die Abweisung des in Ansehung der Lichtbilder von Dr.Jörg H***** und Dr.Michael H***** gestellten Sicherungsantrages und ist aus den vom Rekursgericht angeführten Gründen zulässig. Er ist auch berechtigt.

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten richtet sich gegen das in Ansehung der Lichtbilder von Staatsanwalt Dr.M***** und David S***** erlassenen Verbotes. Er ist nicht zulässig.

Zum Revisionsrekurs der Klägerin:

Die Klägerin verweist auf den Zweck der Ausnahmebestimmung des § 42 c UrhG. Danach solle der Urheberrechtsschutz nur dort geringfügig gelockert werden, wo es der unmittelbare zeitliche Druck des tagesaktuellen Geschehens im Interesse einer topaktuellen Berichterstattung verlange. Der Begriff des "Tagesereignisses" im Sinn des § 42 c UrhG setze nicht nur voraus, daß etwas interessant sei, sondern auch, daß die Berichterstattung unter dem Druck der Aktualität stehe. Dies sei hier nicht der Fall. Die von der Beklagten vorgenommene Artikelanalyse und Berichterstattung habe sich über Wochen und Monate erstreckt und sei unter keinem Aktualitätsdruck gestanden. Es wäre der Beklagten daher zumutbar gewesen, auf bestehende Urheberrechte Rücksicht zu nehmen.

Gemäß § 42 c (vor der Urheberrechtsgesetz-Novelle 1996 § 42 a) UrhG dürfen zur Berichterstattung über Tagesereignisse Werke, die bei Vorgängen, über die berichtet wird, öffentlich wahrnehmbar werden, in einem durch den Informationszweck gerechtfertigten Umfang vervielfältigt, verbreitet, durch Rundfunk gesendet und zu öffentlichen Vorträgen, Aufführungen und Vorführungen benützt werden. Unter "Tagesereignis" ist dabei ein Ereignis zu verstehen, das wegen seiner Aktualität Interesse findet (EB z Urheberrechtsgesetz-Novelle 1988, 385 BeilNR 15.GP, abgedruckt in Dillenz, Materialien zum österreichischen Urheberrecht 341 ff [362]; ÖBl 1989, 118 - Gloria; MR 1989, 212 - Arnulf Rainer; RdW 1997, 175).

Schon § 49 des österreichischen Urheberrechtsgesetzes 1936 gestattete die freie Werknutzung zugunsten der Film- und Funkberichterstattung über Tagesereignisse (auch kultureller Natur) aus der Überlegung, eine Berichterstattung über tagesaktuelle Ereignisse durch Film oder Funk solle nicht dadurch erschwert oder unmöglich gemacht werden, daß im Verlauf der Vorgänge, über die zur Information der Allgemeinheit berichtet wird, urheberrechtlich geschützte Werke wahrnehmbar werden. Voraussetzung der zulässigen freien Berichterstattung war jedoch ein besonders aktueller Anlaß, wie die Eröffnung von Festspielen oder Festwochen, die Vorstellung der Preisträger eines Kompositions- oder die Interpretenwettbewerbs, oder die Vernissage einer Ausstellung (Walter, Die Film- und Funkberichterstattung über Tagesereignisse, Gedanken zum geltenden und künftigen österreichischen Urheberrecht GRURInt 1971, 384 ff [389]). Walter (aaO 389) führt hiezu - einschränkend - aus, die freie Berichterstattung über aktuelle Ereignisse müsse besonders vorsichtig und sorgsam behandelt werden, um nicht unter dem Vorwand des Informationsinteresses in lebenswichtige Interessenssphären des Urhebers in einer Weise einzubrechen, die mit dem Anliegen der Ausnahmevorschrift nichts mehr gemein hat.

Durch die Urheberrechts-Novelle 1982 wurde die freie Werknutzung zugunsten der Berichterstattung über Tagesereignisse in § 42 a (nunmehr 42 c) UrhG neu gefaßt. Erfaßt werden nun auch Werke der bildenden Künste, begünstigt wird auch die Berichterstattung in Printmedien.

Ausgehend von der Überlegung, daß der Berichterstatter - will er über ein Tagesereignis aktuell berichten - die Wiedergabe von im Zuge des Tagesereignisses wahrnehmbarer Werke in aller Regel nicht vermeiden kann und dem Zweck der Ausnahmebestimmung, nämlich den Urheberrechtsschutz (nur) dort zu lockern, wo dies im Interesse einer tagesaktuellen Berichterstattung notwendig ist, muß § 42 c UrhG eng ausgelegt werden (vgl Walter aaO 387; ders MR 1989, 214 ff; Hodik, Aktuelle Berichterstattung über Kulturereignisse, MR 1989, 160; Zanger, Urheberrecht und Leistungsschutz im digitalen Zeitalter 118).

Daß ein Bericht über eine tatsächliche Begebenheit beim Leser besonderes Interesse findet, qualifiziert diesen Vorgang noch nicht als "Tagesereignis" im Sinn des § 42 c UrhG. Voraussetzung für die Anwendung dieser Ausnahmebestimmung ist das Vorliegen eines tagesaktuellen Vorganges, der wegen seiner besonderen Aktualität Interesse erweckt (vgl Walter, Anm zu MR 1989, 212 - Arnulf Rainer [214 f]). Er muß sich entweder gleichzeitig mit der Berichterstattung oder kurz davor ereignet haben (MR 1989, 212 - Arnulf Rainer; Zanger aaO 118).

So wurde die geforderte Tagesaktualität des Ereignisses bisher bejaht bei aktueller Berichterstattung über Militärparaden, öffentliche Feierlichkeiten und Sportveranstaltungen (Walter, GRURInt 1971, 384 ff [388], desgleichen über offizielle Empfänge, Ausstellungseröffnungen, Buchpräsentationen (Walter aaO 215), den aktuellen Wahlkampf (ÖBl 1989, 118 - Gloria; Zanger aaO 118), sowie über den aktuellen Verkauf eines Aktienpakets (RdW 1997, 175).

Die von der Beklagten aufgezeigte "gespaltene Berichterstattung" der K*****-Zeitung erfüllt die dargelegten Kriterien eines "Tagesereignisses" im Sinn des § 42 c UrhG nicht. Wenngleich die Blattlinie der K*****-Zeitung zum Thema Semmering-Tunnel bei medienpolitisch Interessierten durchaus Beachtung finden mag, wird sie dadurch noch nicht zum tagesaktuellen Ereignis, das wegen seiner besonderen Aktualität Interesse weckt. Schon der Begriff "Ereignis" wird als Geschehen definiert, "das den normalen alltäglichen Ablauf als etwas Bemerkenswertes unterbricht" (Duden, Bedeutungswörterbuch), sich somit bereits von all jenen Vorgängen abhebt, die - aus welchen Gründen auch immer - Interesse wecken. Die in § 42 c UrhG verwendete Formulierung "Berichterstattung über Tagesereignisse" setzt darüber hinaus eine besondere Aktualität der tatsächlichen Begebenheiten voraus, die wegen des dadurch hervorgerufenen besonderen Interesses eine unverzügliche (tagesaktuelle) Berichterstattung angezeigt erscheinen läßt, für die der Gesetzgeber die Möglichkeit freier Werknutzung eröffnet hat.

Dies ist aber bei Berichten über die Blattlinie eines Konkurrenzmediums, die auf Analysen der kritisierten Veröffentlichungen beruhen, nicht der Fall. Davon abgesehen hat die Beklagte erst Wochen nach dem in der K*****-Zeitung erschienenen Artikel über dessen gespaltene Blattlinie berichtet. Der Zweck der Ausnahmebestimmung des § 42 c UrhG, den Urheberrechtsschutz dort zu lockern, wo dies im Interesse einer tagesaktuellen Berichterstattung notwendig ist, weil der Berichterstatter die Wiedergabe von im Zuge eines Tagesereignisses wahrnehmbarer Werke in aller Regel nicht vermeiden kann, trifft auf die Beklagte nicht zu. Es wäre ihr zumutbar gewesen, auf das zugunsten der Klägerin bestehende Schutzrecht (vgl MR 1992, 114 - Michael Konsel) Rücksicht zu nehmen, eine Wiedergabe der Lichtbilder der beiden Politiker zu unterlassen bzw diese im Text durch einen entsprechenden Hinweis zu ersetzen, ohne daß dadurch der Eindruck hätte entstehen müssen, einzelne Passagen wären etwa nicht abgedruckt worden.

Überdies rechtfertigt es der von der Beklagten verfolgte Zweck, die Öffentlichkeit über die "gespaltene" Blattlinie der K*****-Zeitung zu informieren, nicht, (in Mißachtung von Schutzrechten der Klägerin) Bilder von Politikern zu veröffentlichen, die wohl zum Semmering-Tunnel selbst, nicht aber zu der von der Beklagten aufgezeigten Berichterstattung Stellung genommen haben. Der Verwendung ihres Bildes kommt in bezug auf den Zweck der Veröffentlichung somit kein Informationswert zu.

Auf die Größe der Faksimile-Wiedergabe der Bilder kommt es nicht an, wenn die wiedergegebenen Personen vom Betrachter identifiziert werden können. Dies ist hier der Fall.

Freie Werknutzung im Sinn des § 42 c UrhG liegt somit nicht vor.

Zum außerordentlichen Revisionsrekurs der Beklagten:

Gemäß § 42 c UrhG ist die Vervielfältigung von Werken, die bei Vorgängen, über die berichtet wird, öffentlich wahrnehmbar werden, nur insoweit zulässig, als sie in einem durch den Informationszweck gerechtfertigten Umfang erfolgt. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles.

Die Auffassung des Rekursgerichtes, wonach die Wiedergabe der in der Steiermark-K***** vom 1.9.1996 veröffentlichten Lichtbilder von Staatsanwalt Dr.M***** und David S***** schon deshalb nicht durch den von der Beklagten verfolgten Informationszweck gedeckt sind, weil sie bei der von der Beklagten vorgenommenen Gegenüberstellung mit dem in der K***** vom 25.8.1996 veröffentlichten Artikel keinen Informationswert aufweisen, ist schon deshalb nicht zu beanstanden, weil die Beklagte über die "gespaltene Berichterstattung" auch ohne Veröffentlichung der korrespondierenden Seiten der Steiermark-K***** (insbesondere auch ohne Wiedergabe der darin veröffentlichten geschützten Lichtbilder) hätte berichten können. Der Zweck, die Öffentlichkeit über die Blattlinie der K*****-Zeitung, insbesondere darüber zu informieren, daß sie das in Wien ablehnend behandelte Thema in der Steiermark-Ausgabe nicht berührt, rechtfertigt nicht die Verwendung urheberrechtlich geschützter Lichtbilder von Personen, denen in bezug auf den Zweck der Veröffentlichung kein Informationswert zukommt.

Diese Erwägungen führen zur Zurückweisung des außerordentlichen Revisionsrekurses der Beklagten.

Hingegen war dem Revisionsrekurs der Klägerin Folge zu geben, die Beschlüsse der Vorinstanzen waren teilweise abzuändern und die begehrte einstweilige Verfügung zur Gänze zu erlassen.

Der Ausspruch über die Kosten aller drei Instanzen beruht in Ansehung der Klägerin auf § 393 Abs 1 EO, in Ansehung der Beklagten auf §§ 402 Abs 4, 78 EO und §§ 41, 50 Abs 1 und 52 Abs 1 ZPO.