JudikaturJustiz4Ob143/13b

4Ob143/13b – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Oktober 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am ***** verstorbenen J***** W***** infolge Revisionsrekurses des erbl. Sohnes und erbserklärten Erben Ing. J***** W*****, vertreten durch MMag. Dr. Michael Michor Partner, Rechtsanwälte in Villach, gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 23. Mai 2013, GZ 2 R 78/13t 82, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Villach vom 20. Februar 2013, GZ 15 A 62/11t 77, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Erblasser errichtete mit eigenen Mitteln auf einem Grundstück seiner Mutter Betriebsgebäude für ein Sägewerk und führte dort ab 1987 ein Einzelunternehmen. 1992 gründete der Erblasser mit seinem Sohn die „Holzbau J. W***** GmbH“ (in der Folge: Gesellschaft); seine Stammeinlage erbrachte der Erblasser durch Einbringung seines Einzelunternehmens. Mit Übergabsvertrag auf den Todesfall übergab die Mutter dem Erblasser die Liegenschaft, auf der die Betriebsgebäude errichtet worden waren. Daraufhin wurde das Eigentum des Erblassers an dieser Liegenschaft verbüchert. Mit Schenkungsvertrag auf den Todesfall vom 4. 6. 2009 übergab der Erblasser diese Liegenschaft seinem Sohn.

Das Erstgericht hat im Verlassenschaftsverfahren verfügt, dass die Betriebsgebäude gemäß § 166 Abs 2 AußStrG (als unselbständiger Teil des näher bezeichneten Grundstücks) in das Inventar der Verlassenschaft aufzunehmen sind. Ob die Betriebsgebäude Superädifikate seien, könne dahingestellt bleiben. Wenn man dies annehmen wolle, seien die Gebäude Teil des in die Gesellschaft eingebrachten Einzelunternehmens des Erblassers. Der Gesellschaftsvertrag sei Titel für die Eigentumsübertragung dieser Gesamtsache an die Gesellschaft. Daneben bedürfe es zur Übereignung eines entsprechenden modus; daran fehle es hinsichtlich der Superädifikate. Die Betriebsgebäude seien demnach falls Superädifikate im Alleineigentum des Erblassers geblieben, der in weiterer Folge durch den Übergabsvertrag auf den Todesfall vom 30. 9. 1995 Eigentümer der Liegenschaft geworden sei. Dadurch hätten die Superädifikate ihre rechtliche Selbständigkeit verloren. Sollten mangels entsprechender Widmung und Vereinbarung bei der Errichtung der Gebäude keine Superädifikate begründet worden sein, seien die Betriebsgebäude immer Teil von Grund und Boden geblieben und durch den genannten Übergabsvertrag auf den Todesfall als unselbständige Teile der Liegenschaft ins Eigentum des Erblassers gekommen. Die Betriebsgebäude seien deshalb ins Inventar aufzunehmen.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der Erblasser habe 1992 sein Einzelunternehmen mit allen Rechten und Pflichten in die Gesellschaft eingebracht, wobei im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich die Zugehörigkeit der Betriebsgebäude zum Unternehmen festgehalten werde; die Gebäude stünden ausschließlich in Besitz und Verwendung der Gesellschaft. Aus den vom Erstgericht genannten Gründen sei der Erblasser Eigentümer der Gebäude gewesen, nunmehr sei es die Verlassenschaft. Das Eigentum sei entscheidend für die Aufnahme der Gebäude in das Inventar.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig; entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) Ausspruch des Rekursgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG ab.

1.1. Nach § 166 Abs 1 AußStrG dient das Inventar als vollständiges Verzeichnis der Verlassenschaft, nämlich aller körperlichen Sachen und aller vererblichen Rechte und Verbindlichkeiten des Verstorbenen und ihres Wertes „im Zeitpunkt seines Todes“ (vgl RIS Justiz RS0109531, RS0007818, RS0107373).

1.2. Dem Erblasser gehörige Sachen sind auch dann zu inventarisieren, wenn er sie nicht besessen hat (vgl RIS Justiz RS0107373 zur Nachforschungspflicht des Gerichtskommissärs, die alle Sachen umfasst, die im Zeitpunkt des Ablebens im Eigentum des Erblassers standen, und überdies noch auf jene Sachen, die er damals zumindest in seiner Gewahrsame hatte; ebenso Koziol/Welser II 13 576; Rechberger , AußStrG, § 166 Rz 12; Rabl , Das Nachlassinventar Inhalt und Zweck, NZ 1999, 129, 133). Dabei ist der Grund anzugeben, warum sich die Sache bei einem Dritten befindet (6 Ob 213/09f zum AußStrG aF).

1.3. Auch auf den Todesfall geschenkte Sachen sind in das Inventar aufzunehmen, wenn sie sich im Zeitpunkt des Ablebens des Erblassers noch in dessen Besitz befunden haben (vgl RIS Justiz RS0007843 [T3]; Koziol/Welser II 13 542).

1.4. Ist die Aufnahme eines Wertes oder einer Sache in das Inventar strittig, hat darüber das Abhandlungsgericht zu entscheiden, ohne dass dies präjudiziell für eine endgültige Entscheidung über die Rechtszuständigkeit (Eigentumsfrage) im streitigen Verfahren wäre (vgl RIS Justiz RS0121985 [T11]).

2.1. Der Rechtsmittelwerber stellt außer Streit, dass die Gesellschaft mangels modus nicht Eigentümerin der Betriebsgebäude ist (Rechtsmittel S 4) und stellt auch nicht in Frage, dass der Erblasser Eigentümer der Betriebsgebäude war. Damit entspricht deren Aufnahme in das Inventar der zuvor referierten Rechtsprechung, von der das Rekursgericht nicht abgewichen ist.

2.2. Selbst wenn demnach die Gesellschaft rechtmäßige Sachbesitzerin der Betriebsgebäude wäre (so der Standpunkt des Rechtsmittelwerbers), hindert dieser Umstand nicht, die Gebäude als unstrittiges Eigentum des Erblassers in das Inventar aufzunehmen.

2.3. Ob aus dem Titel der Einbringung des Unternehmens samt Betriebsgebäuden in die GmbH ein Anspruch der GmbH auf Übertragung des Eigentumsrechts an den Betriebsgebäuden gegen den Erblasser bzw die Verlassenschaft besteht, der auf der Passivseite des Inventars aufzunehmen wäre, ist hier nicht zu prüfen.

Rechtssätze
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