JudikaturJustiz4Ob140/98m

4Ob140/98m – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. August 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L***** S.A., *****, Frankreich, vertreten durch Dr.Harald Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien

1.) ***** Manfred O.P***** GmbH, und 2.) Manfred O.P*****, beide vertreten durch Dr.Gerhard Engin-Deniz Dr.Christian Reimitz, Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Unterlassung, Urteilsveröffentlichung, Rechnungslegung und Gewinnherausgabe (Streitwert im Provisorialverfahren: S 350.000), infolge außerordentlicher Revisionsrekurse der beklagten Parteien gegen die Beschlüsse des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht

I) vom 9.Februar 1998, GZ 2 R 23/98v-12, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 29.Dezember 1997, GZ 40 Cg 304/97k-4, bestätigt wurde, und

II) vom 17.April 1998, GZ 2 R 107/98x-25, womit ua der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 16.März 1998, GZ 40 Cg 304/97k-19, abgeändert wurde,

in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

I) Dem außerordentlichen Revisionsrekurs gegen den Beschluß ON 12

wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen (ON 4 und 12) werden dahin abgeändert, daß der Antrag der Klägerin, den beklagten Parteien mit einstweiliger Verfügung (zur Sicherung des mit Klage geltend gemachten Anspruchs auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen aufzutragen, ab sofort bis auf weiteres im geschäftlichen Verkehr mit Wein-Accessoires das Inverkehrbringen (Herstellen, Einkaufen, Ankündigen, Anbieten, Lagern, Feilhalten und Verkaufen) von Korkenziehern, welche dem "Taschenmodell" 5590 der Klägerin sklavisch nachgeahmt sind, insbesondere ihres Korkenziehers "Bottle-Pull Compact" (ArtNr 11-15), in Österreich zu unterlassen,

abgewiesen wird.

Die Klägerin ist schuldig, den Beklagten die unten bestimmten Kosten binnen 14 Tagen zu ersetzen:

a) Äußerungskosten: S 11.743,38 (darin S 1.957,23 USt);

b) Rekurskosten: S 14.681,70 (darin S 2.446,95 USt);

c) Revisionsrekurskosten: S 17.622 (darin S 2.937 USt).

Die infolge dieses Ausspruches erforderlichen weiteren Anordnungen werden gemäß § 527 Abs 1 ZPO dem Erstgericht übertragen.

II) Der außerordentliche Revisionsrekurs gegen den Beschluß ON 25 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsrekurses fallen den Beklagten selbst zur Last.

Text

Begründung:

Zu I): Die Klägerin stellt ua Korkenzieher mit der registrierten Markenbezeichnung "Screwpull" her, darunter das sogenannte Taschenmodell 5990, das durch einen schwengelförmigen Aufsetzhandgriff gekennzeichnet ist, welcher abgenommen, in sich zusammengeschoben und über die Zugspindel in die Flaschen-Korkenführung eingeschoben werden kann, sodaß der Korkenzieher leicht und ohne überstehende Teile transportiert werden kann. Im oberen Teil der Korkenführung ist seitlich ein ausklappbares Messer zum Abtrennen der Flaschenversiegelung eingelassen. Das Produkt, das in mehreren Farben erhältlich ist, wird in einem durchsichtigen Hartplastikbehälter vertrieben.

Die Erstbeklagte, deren einziger Geschäftsführer der Zweitbeklagte ist, vertrieb etwa 10 Jahre lang bis Ende April 1997 die Produkte der Klägerin in Österreich. Nach Beendigung der Geschäftsbeziehung kündigten die Beklagten mit einem an alle Kunden gerichteten Fax an, in Kürze eine mindestens gleichwertige Alternative zu den Produkten der Klägerin zu einem realistischen Preis anbieten zu können. Diese Ankündigung verwirklichten sie im Herbst 1997 dadurch, daß sie das Taschenmodell eines Korkenziehers mit der Bezeichnung "Bottle-Pull" in Österreich auf den Markt brachten. Dieses Produkt ist im Aufbau, seiner Bedienungsart und in seiner Gesamterscheinung nahezu ident mit dem Taschenmodell 5990 der Klägerin.

Bei beiden Produkten handelt es sich um zusammenlegbare Korkenzieher, die in Transport- oder Lagerstellung einen geringen Platzbedarf haben und in dieser Position die scharfe Spindelspitze geschützt abdecken. In der eigentlichen Betriebsposition kann die Spindel über einen oben aufgesteckten Betätigungshebel in Drehbewegung versetzt werden. Die Spindel dringt dabei in den Korken ein und zieht diesen anschließend nach oben, wobei lediglich die Drehbewegung des Betätigungshebels kontinuierlich fortgesetzt werden muß. Es ist daher keine zusätzliche Hebe- oder Ziehbewegung nötig, der Korken kommt "von selbst" aus dem Flaschenhals heraus und befindet sich dann im oberen Bereich des Korkenziehers. Der Wechsel zwischen der Transport- oder Lagerstellung und der Arbeitsstellung erfolgt dadurch, daß der Betätigungshebel abnehmbar ist, sodaß die Spindel aufgeschoben werden kann. Dadurch ist er raumsparend zwischen den beiden Schenkeln des Korkenziehers untergebracht und schützt außerdem vor der scharfen Spindelspitze, indem er diese in sich aufnimmt. Diese Gattung von Korkenziehern weist seitlich neben der schraubenförmigen Spindel zwei geringfügig verbiegbare Schenkel auf, die am freien Ende quer zur Spindellängsachse beweglich sind, um eine Anpassung an verschiedene Flaschenhalsdurchmesser zu ermöglichen. Die beiden Schenkel weisen außerdem jeweils einen nach innen gerichteten Absatz auf, der sich im Betrieb oben auf den Flaschenhals abstützt. Außerdem ist im Korkenzieher ein ausklappbares Messer zum Aufschneiden der Kapsel integriert, das zusätzlich einen Kronenkorkenöffner umfaßt.

Die beiden Produkte unterscheiden sich lediglich in folgenden Details:

Das Profil zur lösbaren Befestigung zwischen dem Betätigungshebel und der oberen Spindelaufnahme ist beim Korkenzieher der Klägerin im Querschnitt quadratisch, bei jenem der Beklagten hingegen fünfeckig. In der normalen Transport- und Lagerstellung ist erkennbar, daß der Betätigungshebel beim Korkenzieher der Klägerin eine quadratische Öffnung, bei jenem der Beklagten hingegen eine fünfeckige Öffnung aufweist. In entsprechender Weise sind auch die beiden oberen Spindelaufnahmen bei den Korkenziehern quadratisch bzw fünfeckig.

Beim Korkenzieher der Klägerin ist das seitliche Messer mit einem Metallsplint befestigt, welcher hingegen beim Produkt der Beklagten durch einen kreisrunden scheibenförmigen Kunststoffteil abgedeckt ist.

Die Form des Hauptteiles der beiden Korkenzieher ist geringfügig unterschiedlich: Die zwischen den beiden Schenkeln gebildete Ausnehmung ist beim Korkenzieher der Klägerin im wesentlichen eckig, mit nur geringfügig abgerundeten Innenecken; das Produkt der Beklagten hingegen ist in diesem Bereich im wesentlichen rund bzw oval ausgestaltet.

Auch die Messergestaltung ist bei beiden Korkenziehern geringfügig verschieden. Im eingeklappten Zustand besteht der Unterschied nur darin, daß das Messer des Korkenziehers der Klägerin geringfügig länger ist als beim Produkt der Beklagten und außerdem die sichtbare Messerrückseite beim Korkenzieher der Klägerin gerade, bei jenem der Beklagten hingegen leicht gewölbt verläuft. Im aufgeklappten Zustand besteht der Unterschied darin, daß das Messer beim Korkenzieher der Klägerin eine gerade Schneide, das Messer beim Korkenzieher der Beklagten hingegen Wellenschliff aufweist.

Die Plastikschenkel, welche die Spindel und den Betätigungshebel aufnehmen, sind beim Produkt der Beklagten geringfügig stärker und massiver ausgebildet. Bei der Seitenansicht ist der Korkenzieher der Klägerin oben schmal und unten über eine Stufe breiter. Der Korkenzieher der Beklagten ist in dieser Ansicht auf die Schmalseite überhaupt etwas breiter und weist einen kontinuierlichen Breitenverlauf auf. Ob der Durchmesser der Spindel beim Produkt der Beklagten gegenüber jenem der Klägerin vergrößert ist, ist ebensowenig feststellbar, wie ein anderer Schliff der Spindelspitze. Auch eine stabilere und abgerundetere Konstruktion des ausziehbaren Schiebeteils des Betätigungshebels beim Korkenzieher der Beklagten ist nicht feststellbar.

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsbegehrens beantragte die Klägerin die Erlassung der im Spruch ersichtlichen einstweiligen Verfügung. Sie brachte vor, die Beklagten hätten ein seit einem Jahrzehnt eingeführtes Produkt der Klägerin, welchem wettbewerbliche Eigenart zukomme, nahezu identisch nachgeahmt und dadurch gegen § 1 UWG verstoßen, weil eine schmarotzerische Ausbeutung fremder Leistung vorliege, die darüberhinaus zu Verwechslungen führen könne.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Sicherungsantrags und wandten ein, ihr Korkenziehermodell "Bottle-Pull" sei eine Eigenentwicklung, für welche sie mehr als eine Million Schilling ausgegeben hätten. Ähnlichkeiten zwischen den beiden Korkenziehermodellen seien ausschließlich auf die erforderliche technische Funktion zurückzuführen, wobei aufgrund des neuen Designs des Modells der Beklagten keine Verwechslungsgefahr vorliege. Die Beklagten hätten in zulässiger Weise die funktionellen Vorteile des Korkenziehers der Klägerin übernommen, allerdings mit wesentlichen technischen Änderungen und Verbesserungen. Eine absichtliche Nachahmung sowie die Zumutbarkeit einer andersartigen Gestaltung seien von der Klägerin nicht bescheinigt worden. Solche Umstände lägen auch nicht vor. Ein allfälliges Schutzbedürfnis der Klägerin sei auch deswegen nicht gegeben, weil diese im Verlauf von mehr als vierzehn Jahren, in welchen ihr Korkenzieher auf dem Markt sei, ausreichenden Gewinn gezogen habe.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung, deren Wirksamkeit es vom Erlag einer Sicherheitsleistung in Höhe von S 250.000,-- abhängig machte. Das Nachahmen eines fremden Produktes, das keinen Sonderrechtsschutz genieße, sei an sich nicht wettbewerbswidrig. Ein Verstoß gegen § 1 UWG sei allerdings dann anzunehmen, wenn im Einzelfall besondere Umstände hinzuträten, aus denen sich die Sittenwidrigkeit der Handlung ergebe. Das treffe insbesondere dann zu, wenn der Nachahmende das Vorbild nicht nur als Anregung zu eigenem Schaffen benütze, sondern seinem Produkt ohne ausreichenden Grund die Form eines fremden Erzeugnisses gebe und dadurch die Gefahr von Verwechslungen hervorrufe. Die Annahme von Verwechslungsgefahr setze keine besondere Verkehrsgeltung des nachgeahmten Vorbildes voraus, es genüge vielmehr, wenn das in den Verkehr gelangte Vorbild eine gewisse Eigenart oder Verkehrsbekanntheit habe. Im vorliegenden Fall liege eine verwechselbare Ähnlichkeit der beiden Korkenziehermodelle vor, die Detailunterschiede träten bei flüchtiger Betrachtung stark zurück. Auch wenn bei Korkenziehern aufgrund der gleichen Funktionsweise und der gleichen Anforderungen gewisse Ähnlichkeiten technisch bedingt seien, habe für die Beklagten ein zumutbarer Spielraum für eine andere optische Gestaltung bestanden. Ihnen müsse daher vorgeworfen werden, bewußt das Produkt der Klägerin nachgeahmt und keinen ausreichenden zumutbaren optischen Abstand gewahrt zu haben.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Es verneinte die gerügten Verfahrensmängel und vertrat folgende Rechtsauffassung: Gemäß § 48 Abs 2 IPRG sei österreichisches Recht anzuwenden, weil sich der behauptete Wettbewerbsverstoß auf den österreichischen Markt auswirke. Das Nachahmen der technischen Funktion des Korkenziehers der Klägerin wäre für sich allein nicht sittenwidrig, wohl aber das Nachahmen der Kombination dieser Funktion mit einem charakteristischen Design, das entgegen der Auffassung der Beklagten zweifellos vorliege, sodaß insgesamt von einer wettbewerblichen Eigenart des Produktes (der Klägerin) gesprochen werden könne. Dieses Design, das sich nicht auf ausschließlich technische Gegebenheiten beschränke, sondern auch auf ästhetische Momente Bedacht nehme, könne bei weitgehender Aufrechterhaltung der technischen Funktion in vielerlei Hinsicht so variiert werden, daß Verwechslungsgefahr auszuschließen sei. Ein besonderes technisches Wissen wäre wohl zur Ausarbeitung einer konkreten, ausreichend abweichenden Form notwendig, nicht aber zur Beurteilung der Frage, ob ein abweichendes Design grundsätzlich möglich wäre. Zurecht sei das Erstgericht von einer Verwechslungsgefahr ausgegangen, dies auch für den verständigen Verbraucher im Sinne der EU-Irreführungsrichtlinie, weil die vom Erstgericht herausgearbeiteten Unterschiede nur bei genauer und gleichzeitiger Betrachtung der beiden Korkenziehermodelle erkennbar seien und sich auch ein verständiger Verbraucher bei der Auswahl eines Korkenziehers in der Regel auf das flüchtige Erinnerungsbild eines ihm bereits bekannten Modells beschränken werde. Die Verpackung der beiden Korkenziehermodelle sei entgegen der Ansicht der Beklagten nicht ausreichend unterscheidungskräftig, um Verwechslungsgefahr zu beseitigen. Die beim Akt liegenden Verpackungen seien in Größe und Form weitgehend ähnlich, vom Material her zwar verschieden, aber insofern gleich, als die Verpackungen beider Streitteile Klarsichtpackungen seien. Eine vollkommen identische Nachahmung sei zur Annahme einer sittenwidrigen Nachahmung nicht erforderlich. Die Behauptung der Beklagten, sie seien zur Abwehr des Versuchs der Klägerin, für ihr Produkt unzumutbar hohe Preise durchzusetzen, mit einem billigeren österreichischen Produkt auf den Markt gekommen, rechtfertige die sittenwidrige Nachahmung des klägerischen Produktes nicht. Die Behauptung, die Klägerin hätte aus dem Verkauf ihres Korkenziehers durch vierzehn Jahre hindurch "ausreichenden Gewinn" gezogen, sei zu wenig konkretisiert, als daß auf dieses Argument näher eingegangen werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die zweitinstanzliche Entscheidung gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten ist entgegen der Auffassung der Klägerin zulässig, weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des erkennenden Senates abgewichen ist. Das Rechtsmittel ist auch berechtigt.

Das Nachahmen eines fremdes Produktes, das keinen Sonderschutz, etwa nach dem MSchG, dem UrhG oder als Unternehmenskennzeichen genießt, ist an sich nicht wettbewerbswidrig; ein Verstoß gegen § 1 UWG ist aber dann anzunehmen, wenn im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, aus denen sich die Sittenwidrigkeit der Handlung ergibt (ÖBl 1998, 17 - Schokobananen mwN uva). Das ist ua dann der Fall, wenn der Nachahmende das Vorbild nicht nur als Anregung zu eigenem Schaffen benützt, sondern seinem Produkt ohne ausreichenden Grund die Gestaltungsform eines fremden Erzeugnisses gibt und dadurch die Gefahr von Verwechslungen hervorruft. Der Nachahmer muß vom nachgeahmten Erzeugnis im Rahmen des Möglichen, vor allem dann, wenn ihm eine große Anzahl von Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung steht, einen angemessenen Abstand halten. Eine vermeidbare "Herkunftstäuschung" setzt voraus, daß eine bewußte Nachahmung vorliegt, die Gefahr von Verwechslungen herbeigeführt wird und eine andersartige Gestaltung zumutbar gewesen wäre (ÖBl 1997/167 - Astoria; ÖBl 1996, 292 - Hier wohnt; ÖBl 1994, 58 - Makramee-Spitzen jeweils mwN uva). Sittenwidrigkeit ist ausgeschlossen, wenn die Form, die zur Erzeugung der Ware am wirtschaftlichsten und zweckmäßigsten ist, nachgeahmt oder eine ihr ähnliche Form gewählt wird, weil keine oder nur ganz beschränkte Ausweichmöglichkeiten bestehen (SZ 49/65 = ÖBl 1976, 154 - Schwedenbombe).

Besteht - wie im vorliegenden Fall - kein Sonderrechtschutz und ist somit grundsätzlich die wirtschaftliche Betätigung des einzelnen Mitbewerbers frei, dann muß jeder die Ergebnisse seiner Arbeit, mag er sie mit noch so viel Mühe und Kosten erreicht haben, der Allgemeinheit im Interesse des Fortschritts zur Verfügung stellen; sein Vorteil im Wettbewerb liegt im natürlichen (meist auch zeitlichen) Vorsprung, den er vor seinen Mitbewerbern dadurch gewinnt, daß sie ihn erst wieder durch die nachahmende Leistung ausgleichen müssen, was keinesfalls immer einfach ist und oft ebenfalls erheblichen Aufwand an Mühe und Kosten erfordert; insoferne ist auch die nachahmende Leistung noch Leistungswettbewerb, so lange der Nachahmende die Leistung als eigene und nicht als fremde Leistung ausgibt (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht19 § 1 d UWG Rz 495; ÖBl 1998, 182 - Fußballverein-Logos ua). Ist die Erscheinungsform (hier auch als Styling oder Design bezeichnet) eines Produktes technisch bedingt oder ergibt sie sich daraus, daß eine wirtschaftlich zweckmäßige Herstellung (worunter durchaus auch die Berücksichtigung von Kundenerwartungen zu verstehen sein kann) zu einer bestimmten Form des Produktes führt, dann wäre das Nachahmen selbst dann noch zulässig, wenn das nachgeahmte Erzeugnis (eine im konkreten Fall nicht gegebene) Verkehrsgeltung hätte, weil Monopolstellungen für technisch/wirtschaftlich zweckmäßige Verfahren oder Produkte, welche die Voraussetzungen sondergesetzlichen Schutzes nicht erfüllen, verhindert werden sollen (Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht3 § 33 Rz 72 mwN). Für das Vorliegen technischer/wirtschaftlicher Ausweichmöglichkeiten trägt der Kläger die Beweislast (Koppensteiner aaO mH auf RdW 1993, 277; dabei besteht keine Judikaturdivergenz zu ÖBl 1994, 223 - Zeitrelais, weil dort die [im vorliegenden Fall nicht vorliegende] unmittelbare Leistungsübernahme die Sittenwidrigkeit bewirkte, weshalb dort das Fehlen technischer Ausweichmöglichkeiten in die Beweislast des Beklagten verwiesen wurde [abl Koppensteiner aaO Rz 67 FN 196]).

Nun hat zwar das Erstgericht "festgestellt", daß für die Beklagten ein zumutbarer Spielraum für eine andere "optische Gestaltung" (wohl gemeint: ein anderes Design) bestanden habe; des weiteren hat das Berufungsgericht ausgeführt, das nicht ausschließlich auf technische Gegebenheiten beschränkte Design des klägerischen Korkenziehers könne bei weitgehender Aufrechterhaltung der technischen Funktion in vielerlei Hinsicht so variiert werden, daß Verwechslungsgefahr auszuschließen sei. Daraus folgt aber nach Ansicht des erkennenden Senates noch nicht, daß die Wahl einer völlig oder wesentlich anderen Form - denn etliche Abweichungen in der Konstruktion des beanstandeten Korkenziehermodells der Beklagten stehen fest, sodaß von einer völligen Leistungsübernahme nicht ausgegangen werden kann - die gleichen technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten bieten könnte, wie die tatsächlich gewählte. Die "Feststellungen" oder Erwägungen der Vorinstanzen über zahlreiche Ausweichmöglichkeiten erscheinen daher insbesondere unter dem Gesichtspunkt, daß gleiche Bequemlichkeit bei der Betätigung, aber auch in der Ruhestellung des Korkenziehers nach Gebrauch (etwa bei Aufbewahrung in einer Rocktasche) mit einem unrunden oder durch höhere Kraftanstrengung für die Dreh- und/oder Zugbewegung zu betätigenden Korkenzieher nicht erreichbar sein könnte, bloß als abstrakte Überlegungen. Die Klägerin hat nicht aufgezeigt, wie die Beklagten bei Übernahme des - ungekürzten - Prinzips dieses Korkenziehers einen größeren Abstand hätten halten können. Die Beklagten hatten daher das Recht, den sondergesetzlich nicht geschützten Korkenzieher der Klägerin in einer Weise als Vorbild nachzuahmen, daß sie ihm eine vergleichbare Form geben und ihn in der technischen Verwendungsweise nahezu gleichartig gestalteten. Abgesehen davon, daß schon wegen der auffällig unterschiedlichen, am Gerät angebrachten Bezeichnungen (SCREWPULL - BOTTLE-PULL) und der doch nicht völlig gleichen Verpackungen sowie auch deshalb, weil die Beklagte ihre (vormals mit den Produkten der Klägerin versorgten) Kunden über die Herausbringung eigenständiger Produkte nach der Beendigung der Geschäftsbeziehung mit der Klägerin umfassend informierte, das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr fraglich erscheint, bewirkte auch eine Verwechslungsfähigkeit der Produkte der Streitteile unter den aufgezeigten Gesichtspunkten für die Beklagten noch kein Nachahmungsverbot, weil sie die technisch und wirtschaftlich als optimal befundene, jedoch sondergesetzlich nicht geschützte Form des klägerischen Produkts im Wege zulässigen Leistungswettbewerbs als Vorbild verwenden durften.

Diese Erwägungen führen zur Abänderung der vorinstanzlichen Entscheidungen im Sinne der Abweisung des Sicherungsantrags.

Die Kostenentscheidungen beruhen auf den §§ 78, 402 Abs 4 EO, §§ 41 und 50 ZPO. Kosten für die Beiziehung eines Patentanwaltes als "Privatgutachter" waren hier zur Rechtsabwehr nicht erforderlich.

Zu II): Nach ständiger Rechtsprechung setzt jedes Rechtsmittel (für seine sachliche Behandlung) eine Beschwer, also ein Anfechtungsinteresse voraus, da es nicht Aufgabe der Rechtsmittelinstanzen ist, nur noch rein theoretische Fragen zu entscheiden; die Beschwer muß auch noch im Zeitpunkt der Rechtsmittelentscheidung vorliegen (Kodek in Rechberger ZPO Rz 9 vor § 461 mwN).

Durch die Erledigung des außerordentlichen Revisionsrekurses zu I) ist das Interesse der Beklagten an der Bewilligung der einstweiligen Hemmung, also die Beschwer, weggefallen (Kodek aaO Rz 4 zu § 524). Dies führt zur Zurückweisung des Rechtsmittels.

Bei der Kostenentscheidung ist zwar der Wegfall der Beschwer gemäß § 50 Abs 2 ZPO (§§ 78, 402 Abs 4 EO) nicht zu berücksichtigen, sondern vom hypothetischen Erfolg des Rechtsmittels auszugehen (Fucik aaO Rz 2 zu § 50). Das Rechtsmittel der Beklagten wäre aber auch sachlich nicht berechtigt gewesen:

Gemäß § 528 Abs 3 ZPO sind für den außerordentlichen Revisionsrekurs sinngemäß die Bestimmungen der außerordentlichen Revision (§ 505 Abs 3 ZPO) anzuwenden. Während die ordentliche Revision gemäß § 505 Abs 3 Satz 1 ZPO sowohl die Rechtskraft, als auch die Vollstreckbarkeit des Berufungsurteils hemmt, hindert die Erhebung einer außerordentlichen Revision gemäß § 505 Abs 3 Satz 2 ZPO nur den Eintritt der Rechtskraft, nicht aber den der Vollstreckbarkeit. Es kann daher aufgrund des Berufungsurteils, wider welches außerordentliche Revision erhoben wurde, Befriedigungsexekution geführt werden. Allerdings kann gemäß § 42 Abs 1 Z 2a EO die Exekution - ohne Prüfung der Erfolgschancen der außerordentlichen Revision (§ 44 Abs 3 EO) - auf Antrag aufgeschoben werden. Gemäß § 524 Abs 1 ZPO hat ein Rekurs in Bezug auf die Ausführung des angefochtenen Beschlusses und den Eintritt der Vollstreckbarkeit - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - keine aufschiebende Wirkung. Gemäß § 524 Abs 2 ZPO hat das Gericht erster Instanz bei Vorliegen dort näher genannter Voraussetzungen auf Antrag die einstweilige Hemmung zu verfügen, wodurch die "Ausführung und der Eintritt der Vollstreckbarkeit" einstweilen aufgeschoben werden (d.h. dem Rekurs aufschiebende Wirkung zuerkannt wird). Aus der Verweisung auf die Bestimmungen über die außerordentliche Revision in § 528 Abs 3 ZPO ergibt sich, daß die Vollstreckbarkeit nicht auf Grund eines Antrags nach § 524 Abs 2 ZPO einstweilen gehemmt (aufgeschoben) werden kann, sondern sofort eintritt, und - wie im Fall der außerordentlichen Revision - erst die Exekution aufgrund eines berechtigten Antrags analog §§ 42 Abs 1 Z 2a, 44 Abs 3 EO aufgeschoben werden kann (Fasching, Lehrbuch2 Rz 2028). Entgegen der Auffassung der Vorinstanz wäre daher der auf § 524 Abs 2 ZPO gegründete Antrag der Beklagten - ohne Prüfung der Antragsbehauptungen - jedenfalls abzuweisen gewesen. Den Beklagten steht daher auch nach Wegfall der Beschwer kein Kostenersatzanspruch zu (§§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 50, 40 ZPO).

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