JudikaturJustiz4Ob127/94

4Ob127/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
06. Dezember 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** GesellschaftmbH, ***** vertreten durch Preslmayer Partner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. K. ***** GesellschaftmbH, 2. S*****GesellschaftmbH, 3. Karl S***** alle vertreten durch Schmidt Kornfeld, Rechtsanwälte in Wien, 4. M***** GesellschaftmbH, ***** vertreten durch Dr.Christian Kuhn und Dr.Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte in Wien, 5. S***** Srl, ***** vertreten durch Dr.Gustav Dirnberger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Rückholung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 950.000), infolge Revisionsrekurses der Klägerin gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 5.September 1994, GZ 4 R 156/94-15, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 31.Mai 1994, GZ 17 Cg 81/94g-8, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, der Erst- und Zweit- und dem Drittbeklagten zur ungeteilten Hand die mit S 25.537,50 bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin S 4.226,25 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Klägerin ist schuldig, der Viertbeklagten die mit S 22.590,-- bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin S 3.765,-- USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin erzeugt und vertreibt Sammelalben für Abziehbilder sowie Abziehbilder mit Bildnissen der Sportler und Mannschaften, die an der Fußballweltmeisterschaft '94 teilgenommen haben. Sie hat mit den Fußballspielern Bodo Illgner, Thomas Helmer, Guido Buchwald, Christian Ziege, Michael Schulz, Lothar Matthäus, Stefan Effenberg, Thomas Häßler, Andreas Möller, Maurizio Gaudino, Karlheinz Riedle, Jürgen Klinsmann, Ulf Kirsten, Stefan Kuntz, Andreas Köpke, Jorginho, Carlos Dunga, Paolo Sergio, Sergeij Kiriakov, Rune Bratseth, Tom Dooley, Martin Dahlin, Ioan Lupescu, Stephane Chapuisat, Adrian Knup, Ciriaco Sforza, Alain Sutter, Yordan Letchkov, Jan Wouters und Augustine (J.J.) Okocha Verträge abgeschlossen, die auszugsweise wie folgt lauten:

"1. Der Spieler räumt ausschließlich der Gesellschaft das Recht ein, sein Bild als Einzel- oder Mannschaftsbild in fotografischer oder jeder anderen Darstellungsform auf und in Sammelbildern und/oder Sammelalben, deren Ausstattung, Verpackung und Produktwerbung jeder Art herzustellen und zu nutzen, insbesondere zu veröffentlichen und zu verbreiten. Die Gesellschaft ist berechtigt, die ihr in diesem Vertrage eingeräumten Rechte ihrerseits ganz oder teilweise Dritten einzuräumen. Die Gesellschaft verpflichtet sich, die Persönlichkeitsrechte des Spielers zu achten.

2. Der Spieler versichert, daß er mit Dritten eine gleiche oder ähnliche Vereinbarung für eine gleichartige Nutzung nicht getroffen hat und verpflichtet sich, eine solche weder während der Laufzeit dieser Vereinbarung noch vor deren Beginn zu treffen.

3. Der Spieler erteilt hiermit der Gesellschaft die ausdrückliche Vollmacht, in ihrem eigenen Namen gegen jeden anderen Hersteller oder Vertreiber von Sammelbildern und/oder Sammelalben, welche das Recht des Spielers am eigenen Bild verletzen, vorzugehen, um die Veröffentlichung und Verbreitung zu unterbinden."

Die Fünftbeklagte erzeugt Sammelalben und Abziehbilder, die deren der Klägerin ähnlich sind. In den Sammelalben sind die Fußballspieler nicht abgebildet, nur ihre Namen sind angegeben. Keiner der Beklagten hat die Zustimmung der auf den Sammelbildern abgebildeten Fußballspieler eingeholt. Die Sammelalben und Abziehbilder werden in Österreich von der Erst- und Zweitbeklagten vertrieben; der Drittbeklagte ist deren Geschäftsführer. Auch die Viertbeklagte hat Sammelalben und Abziehbilder vertrieben; sie hat jedoch dem Klagevertreter mit Schreiben vom 29.4.1994 mitgeteilt, daß nicht vorgesehen sei, Sammelhefte und Abziehbilder weiterhin auszuliefern.

Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres Unterlassungsanspruches, den Beklagten zu untersagen, fotografische oder andere Darstellungen auf und in Sammelbildern und/oder Sammelalben, deren Ausstattung, Verpackung und Produktwerbung herzustellen und zu nutzen, insbesondere zu veröffentlichen und zu verbreiten und zwar hinsichtlich der im Sicherungsantrag genannten Fußballspieler; weiters Sammelalben, für die die genannten Darstellungen der genannten Spieler vertrieben werden, herzustellen oder zu vertreiben,

der Erst- und Zweibeklagten, dem Dritt- und der Viertbeklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen,

1. Sammelhefte und Bilder in fotografischer oder jeder anderen Darstellungsform auf und in Sammelbildern und/oder Sammelalben, deren Ausstattung, Verpackung und Produktwerbung jeder Art herzustellen und dabei die Bilder der nachfolgend genannten Fußballer (sei es als Einzel- oder Mannschaftsbild), insbesondere im Zusammenhang mit Sammelalben und Sammelbildern für die Fußballweltmeisterschaft 1994 in den USA, herzustellen oder zu vertreiben:

Bodo Illgner, Thomas Helmer, Jürgen Kohler, Guido Buchwald, Christian Ziege, Michael Schulz, Lothar Matthäus, Stefan Effenberg, Thomas Häßler, Andreas Möller, Maurizio Gaudino, Karlheinz Riedle, Jürgen Klinsmann. Ulf Kirsten, Stefan Kuntz, Andreas Köpke, Jorginho, Carlos Dunga, Paolo Sergio, Sergeij Kiriakov, Rune Bratseth, Augustine Okocha, Tom Dooley, Martin Dahlin, Ioan Lupescu, Stephane Chapuisat, Adrian Knup, Ciriaco Sforza, Alain Sutter, Yordan Letchkow und Jan Wouters;

b) Werbematerial, das der Förderung des Vertriebes von Sammelalben und Darstellungen gemäß Punkt 1a dient, zu vertreiben, auszuteilen oder in sonstiger Weise in den Verkehr zu bringen;

2. den Beklagten aufzutragen, bereits in Verkehr befindliche Sammelalben und Darstellungen gemäß Punkt 1 a und das in Punkt 1 b genannte Werbematerial, soweit dies rechtlich möglich ist, unverzüglich - spätestens innerhalb von 10 Tagen - zurückzuholen.

Die Sammelalben enthielten Vordrucke für Bilder der Mannschaft und der einzelnen Spieler. Die Beklagten hätten in das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und den Fußballspielern wettbewerbswidrig eingegriffen. Wettbewerbswidrig handelten die Beklagten aber auch dadurch, daß sie planmäßig § 78 UrhG mißachteten. Damit verschafften sie sich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern. Mit der Verwendung der Bilder beuteten die Beklagten den Ruf der Fußballspieler aus. Die Klägerin habe die Viertbeklagte am 28.4.1994 darauf hingewiesen, daß der Fünftbeklagten keine Rechte zustünden. Die Erst- und Zweitbeklagte seien jahrelang als Vertreter der Klägerin tätig gewesen. Ihnen sei daher, ebenso wie dem Drittbeklagten als ihrem Geschäftsführer, bekannt, daß allein die Klägerin berechtigt sei, Sammelalben und Abziehbilder mit Abbildungen der genannten Fußballer herzustellen und zu vertreiben.

Die Beklagten beantragen, den Sicherungsantrag abzuweisen.

Die Erst- und Zweitbeklagte und der Drittbeklagte wandten ein, daß die Klägerin nicht aktiv legitimiert sei. Die Sammelalben würden von ihr weder hergestellt noch in Österreich vertrieben. Auch die Passivlegitimation der Erst- und Zweitbeklagten und des Drittbeklagten fehle. Die beanstandeten Abziehbilder und Sammelalben würden von "S***** Importe" in Österreich vertrieben; dieses Unternehem sei mit der Erst- und Zweitbeklagten nicht identisch. Der Sicherungsantrag decke sich nicht mit dem Unterlassungsbegehren, ausgenommen das Inverkehrbringen von Werbematerial. Der Vertrieb von Werbematerial sei weder behauptet noch bescheinigt. Die Erst- und Zweitbeklagte und der Drittbeklagte griffen in das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und den Fußballspielern nicht ein. Die Verbreitung der Sammelbilder verstoße nicht gegen § 78 UrhG, weil die Bilder die Fußballspieler bei Ausübung jener Tätigkeit zeigten, der sie ihre Bekanntheit verdankten. Der Anspruch nach § 78 UrhG sei ein höchstpersönliches Recht, das nur vom Verletzten oder seinen nahen Angehörigen geltend gemacht werden könne. Der Ruf der Abgebildeten werde nicht ausgebeutet, sondern sogar noch gefördert. Es bestehe keine Wiederholungsgefahr, weil ein weiterer Vertrieb durch die Viertbeklagte nicht vorgesehen sei.

Die Viertbeklagte wandte ein, daß die Verwendung der Abbildungen von Fußballspielern für Abziehbilder auch ohne Zustimmung der Abgebildeten zulässig sei. Berechtigte Interessen der Fußballspieler würden nicht verletzt; die Verletzung berechtigter Interessen könnte im übrigen nur von den Abgebildeten wahrgenommen werden. Der zwischen der Klägerin und den Fußballspielern abgeschlossene Vertrag sei überflüssig; Dritte könnten dadurch keinesfalls gebunden werden. Fremder Ruf werde nicht ausgebeutet; die Bildnisse würden nicht zu Werbezwecken mißbraucht. Als reines Vertriebsunternehmen könne die Viertbeklagte die von ihr vertriebenen Druckerzeugnisse nicht auf Wettbewerbs- oder Urheberrechtsverstöße überprüfen. Es bestehe keine Wiederholungsgefahr, weil die Viertbeklagte sofort nach Erhalt des Mahnschreibens der Klägerin den Vertrieb der beanstandeten Sammelalben und Abziehbilder eingestellt habe.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab.

Der Bildnisschutz nach § 78 UrhG sei ein höchstpersönliches Recht und könne demnach von der Klägerin für die Fußballspieler nicht wahrgenommen werden. Durch den Vertrieb von Sammelalben und Sammelbildern würden berechtigte Interessen der Abgebildeten nicht verletzt. Es sei nicht erforderlich, daß die abgebildeten Sportler der Verwendung ihres Bildnisses für Sammelbilder zustimmten. Die Beklagten verstießen auch dann, wenn ihnen bekannt sei, daß die Klägerin den Fußballspielern für die Zustimmung zur Verbreitung ihres Bildnisses auf Sammelbildern ein Entgelt bezahlt habe, nicht gegen § 78 UrhG und § 1 UWG. Die Beklagten hätten die Sportler auch weder zum Vertragsbruch verleitet noch einen - ohnehin nicht gegebenen - Vertragsbruch ausgenützt. Das Verbreiten der Sammelbilder sei kein Schmarotzen am Ruf der Fußballspieler. Inwiefern der Vertrieb der Sammelalben wettbewerbswidrig sein solle, sei der Klage nicht zu entnehmen.

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes. Es sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässi sei. Das Rekursgericht hat entgegen § 500 Abs 2 Z 1, § 526 Abs 3 ZPO nicht ausgesprochen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteigt. Den Ausführungen zur Zulässigkeit des Revisionsrekurses ist jedoch mit noch hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, daß das Rekursgericht einen 50.000 S übersteigenden Wert des Entscheidungsgegenstandes angenommen hat.

Die Klägerin sei nicht berechtigt, den Bildnisschutz der abgebildeten Sportler geltend zu machen, weil es sich dabei um ein höchstperösnliches Recht der Abgebildeten handle. Eine Abtretung sei ausgeschlossen; die bloße Übertragung des Prozeßführungsrechtes aber unzulässig. Die Umgehung vertraglich vereinbarter Ausschließlichkeitsrechte durch Dritte sei nur bei Vorliegen sittenwidriger Begleitumstände wettbewerbswidrig. Derartige Umstände habe die Klägerin nicht einmal behauptet.

Der Bildnisschutz sei in Deutschland anders geregelt als in Österreich. Die Entscheidung des BGH GRUR 1968, 652, in der den abgebildeten Fußballspielern in einem vergleichbaren Fall Bildnisschutz zuerkannt worden sei, könne nicht auf österreichische Verhältnisse übertragen werden. § 78 UrhG gewähre Bildnisschutz nur bei Verletzung berechtigter Interessen. Durch die Verbreitung von Sammelalben und Sammelbildern würden die berechtigten Interessen der abgebildeten Sportler nicht verletzt. Daran ändere auch der zwischen der Klägerin und den Fußballspielern abgeschlossene Vertrag nichts. Die gegen Entgelt übernommene Verpflichtung der Spieler, von ihrem - zumindest für den österreichischen Rechtsbereich - lediglich gegen Mißbrauch geschützten Recht auf das eigene Bild nur eingeschränkt Gebrauch zu machen, sei gegenüber unbeteiligten Dritten, welche ohne Verletzung berechtigter Interessen Bilder verbreiten, nicht verbindlich.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs der Klägerin ist nicht berechtigt.

Die Klägerin hält an ihrer Auffassung fest, daß die Verwendung eines Bildnisses für Sammelbilder berechtigte Interessen iS des § 78 UrhG verletze. Dem Abgebildeten müsse die Entscheidung überlassen werden, wem er sein Bildnis zur kommerziellen Auswertung überlasse. Die Verwendung des Bildnisses durch Dritte erwecke den für den Abgebildeten nachteiligen Eindruck, vertragswidrig gehandelt zu haben.

Die Klägerin hat ihren Sitz in Deutschland. Das von ihr behauptete

wettbewerbswidrige Verhalten der Beklagten wirkt sich auf den

österreichischen Markt aus; es ist daher österreichisches Recht

anzuwenden (§ 48 Abs 2 IPRG). Das gilt auch für die Frage, ob die von

der Klägerin behauptete Verletzung des Rechtes am eigenen Bild

vorliegt, nimmt sie den Schutz doch für das Gebiet der Republik

Österreich in Anspruch (§ 34 Abs 1 IPRG; s Schwimann in Rummel, ABGB2

§ 34 IPRG Rz 3).

§ 78 Abs 1 UrhG verbietet, Bildnisse von Personen öffentlich

auszustellen oder auf eine andere Art, wodurch sie der Öffentlichkeit

zugänglich gemacht werden, zu verbreiten, wenn dadurch berechtigte

Interessen des Abgebildeten oder, falls er gestorben ist, ohne die

Veröffentlichung gestattet oder angeordnet zu haben, eines nahen

Angehörigen verletzt würden. Der Bildnisschutz ist ein

Persönlichkeitsrecht iS des § 16 ABGB (Aicher in Rummel, ABGB2 § 16

Rz 19 mwN); § 78 UrhG gibt einen Unterlassungsanspruch, wenn

berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden. Das Gesetz

legt den Begriff "berechtigte Interessen" iS des § 78 UrhG nicht

fest, weil es bewußt einen weiten Spielraum offen lassen wollte, um

den Verhältnissen des Einzelfalls gerecht werden zu können (stRsp zB

ÖBl 1974, 97 - Toni Sailer; zuletzt etwa ÖBl 1993, 39 - Austria-Boss

ua). Die Generalklausel des § 78 UrhG ermöglicht es damit, auch den

heutigen und künftigen Wertungen auf dem Gebiet des

Persönlichkeitsschutzes zum Durchbruch zu verhelfen (s Buchner, Das

Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten, in FS 50 Jahre UrhG 21 [26]).

§ 78 UrhG schützt ideelle und materielle Interessen (s Rehm, Das Recht am eigenen Bild, JBl 1962, 1 [5, 7]); letztere aber nur dann, wenn durch die Verletzung ideeller Interessen auch materielle Interessen berührt sind. Bei der Prüfung, ob berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden, ist darauf abzustellen, ob die geltend gemachten Interessen des Abgebildeten bei objektiver Prüfung des einzelnen Falles als schutzwürdig anzusehen sind. Nach den EB zum Entw des UrhG soll eine vom Abgebildeten nicht genehmigte Verbreitung seines Bildnisses dann zulässig sein, wenn dadurch ein schutzwürdiges Interesse des Abgebildeten überhaupt nicht verletzt wird. Wird aber das Interesse des Abgebildeten an der Verhinderung einer solchen Verbreitung als schutzwürdig erkannt, dann ist diese Verbreitung grundsätzlich unzulässig. Behauptet dagegen derjenige, der das Bildnis verbreitet, ein Interesse an dieser Verbreitung, dann müssen die beiderseitigen Interessen gegeneinander abgewogen werden (stRsp zB ÖBl 1974, 97 - Toni Sailer; SZ 50/22 = ÖBl 1977, 76 - Horizonte ua).

Die Verwendung des Bildnisses einer Person zu Werbezwecken ohne ihre Einwilligung kann schon deswegen ihre berechtigten Interessen verletzen, weil sich diese Person dem Verdacht ausgesetzt sieht, ihr Bildnis für Werbezwecke zur Verfügung gestellt zu haben (ÖBl 1974, 97 - Toni Sailer; ÖBl 1982, 85 - Ich liebe Toyota; MR 1990, 141 - Thomas Muster). Dem Abgebildeten muß die Entscheidung vorbehalten bleiben, ob er die Benützung seines Bildes für Werbezwecke erlaubt und zu welchen Bedingungen. Hat jemand der Veröffentlichung seines Bildnisses zugestimmt, dann muß stets berücksichtigt werden, für welchen Zweck und innerhalb welchen Rahmens diese Zustimmung im Einzelfall erteilt worden ist (ÖBl 1982, 85 - Ich liebe Toyota).

Im vorliegenden Fall geht es nicht um den Einsatz von Personenbildnissen in der Werbung, sondern um die Verwendung von Bildnissen für Abzieh(Sammel)bilder, die verkauft und damit als Ware verwertet werden. In beiden Fällen werden Personenbildnisse eingesetzt, um einen wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen; in dem einen Fall äußert sich dieser Erfolg darin, daß der Absatz einer anderen Ware gesteigert wird, in dem anderen darin, daß die Bildnisse selbst verkauft werden. Der damit erweckte Eindruck ist nicht gleich:

Beim Einsatz von Personenbildnissen in der Werbung wird der Anschein erweckt, daß der Abgebildete sein Bild für Werbezwecke entgeltlich zur Verfügung gestellt habe. Dem Abgebildeten wird darüber hinaus unterstellt, sich für den Absatz einer bestimmten Ware einzusetzen, weil er sie für gut hält. Der Einsatz von Bildnissen in der Werbung berührt daher im Regelfall die Persönlichkeitsrechte des Abgebildeten.

Die Verwendung von Bildnissen für Abzieh(Sammel)bilder ist vor allem Folge der besonderen Beliebtheit (oder sogar der Verehrung), die der Abgebildete bei seinen Anhängern genießt. Sie läßt in der Regel keinen Zweifel daran aufkommen, daß der Abgebildete damit einverstanden ist. Die Interessen des Abgebildeten werden dadurch regelmäßig nicht beeinträchtigt: Anders als ein etwaiger "Verdacht", sein Bild für Werbezwecke entgeltlich zur Verfügung gestellt zu haben, wird die Annahme, mit der Abbildung auf Abziehbildern einverstanden und daran allenfalls finanziell beteiligt zu sein, den Abgebildeten in der öffentlichen Meinung nicht herabsetzen, setzt eine solche Verwertung von Bildnissen doch voraus, daß der Abgebildete aufgrund seiner Bekanntheit und Beliebtheit (insbesondere unter Jugendlichen) Anhänger hat, die sein Bildnis besitzen wollen. Sie ist, anders als die Werbung für irgendwelche Artikel oder Dienstleistungen durch einen Schauspieler oder Sportler, auch keine "fachfremde" Tätigkeit, sondern ergibt sich unmittelbar aus dem besonderen Erfolg, den der Abgebildete auf seinem Gebiet erreicht hat.

Daran ändert auch nichts, wenn der Abgebildete einem anderen das ausschließliche Recht eingeräumt hat, sein Bildnis auf diese Art zu verwerten. Der Abgebildete könnte nur dann in den Verdacht geraten, vertragsbrüchig geworden zu sein und sein Einverständnis auch einem anderen erklärt zu haben, wenn die Verwertung von Bildnissen für Abzieh(Sammel)bilder der Zustimmung des Abgebildeten bedürfte. Nur in diesem Fall ließe die Herstellung und Verbreitung von Abziehbildern durch einen Dritten auf ein vertragsbrüchiges Verhalten schließen. Ist dies aber nicht der Fall, dann können solche Schlußfolgerungen auch nicht erheblich sein. Der Versuch, die Verletzung berechtigter Interessen mit dem Verdacht vertragsbrüchigen Verhaltens zu begründen, läuft daher auf einen Zirkelschluß hinaus.

Die Verwendung von Personenbildnissen für Abzieh(Sammel)bilder verletzt demnach nur die wirtschaftlichen Interessen der Abgebildeten. Das reicht nicht aus, um die Verletzung eines Persönlichkeitsrechtes und damit einen Verstoß gegen § 78 UrhG anzunehmen. Auch in der - von der Klägerin in diesem Zusammenhang zitierten - Entscheidung ÖBl 1974, 97 - Toni Sailer ging es nicht allein um wirtschaftliche Interessen; daß auch ausschließlich wirtschaftliche Erwägungen berechtigte Interessen iS des § 78 UrhG sein könnten, ist daher als obiter dictum aufzufassen.

Die wirtschaftlichen Interessen des Abgebildeten wahrt sein Anspruch nach § 1041 ABGB: Der geldwerte Bekanntheitsgrad einer Persönlichkeit, wie eines bekannten Sportlers oder eines berühmten Sängers, ist eine Sache iS dieser Gesetzesbestimmung; wird diese Sache ohne Geschäftsführung zum Nutzen eines anderen verwendet, so steht dem davon Betroffenen ein Verwendungsanspruch zu (SZ 55/12 = ÖBl 1983, 118 - Fußballwerbung I; MR 1991, 68 - Carreras). Den abgebildeten Fußballspielern ist es daher unbenommen, die Herausgabe des Nutzens zu verlangen, den andere aus der Verwendung ihrer Bildnisse für Abzieh(Sammel)bilder ziehen.

Die Hinweise der Klägerin auf die deutsche Rechtsprechung führen zu keiner anderen Beurteilung. Wie bereits das Rekursgericht ausgeführt hat, ist die deutsche Rechtslage der österreichischen nicht gleich. Während in Deutschland die Veröffentlichung von Personenbildnissen ohne Einwilligung des Abgebildeten grundsätzlich verboten und nur bei Vorliegen besonderer Umstände erlaubt ist (§§ 22, 23 dKUG), gibt § 78 UrhG dem Abgebildeten nur dann einen Unterlassungsanspruch, wenn seine berechtigten Interessen verletzt werden. Der Klägerin ist aber zuzugeben, daß auch nach der deutschen Rechtslage letztlich entscheidend ist, wie die einander gegenüberstehenden Interessen zu bewerten sind. In der E BGHZ 49, 288 - Sammelbildnis = GRUR 1968, 652 - Ligaspieler mit krit Anm von Kleine hat der BGH die Interessen der abgebildeten Fußballspieler, am Erlös der Sammelbilder beteiligt zu werden, höher bewertet als das Informationsbedürfnis der Allgemeinheit. Demgegenüber hat er in der E BGH GRUR 1979, 425 - Fußballspieler ausgesprochen, daß das Interesse des Abgebildeten, an der Veröffentlichung seines Bildnisses aus dem Bereich der Zeitgeschichte wirtschaftlich beteiligt zu werden, die Veröffentlichungsbefugnis in aller Regel nicht einschränke. In dieser Entscheidung wurde die in der E BGHZ 49, 288 - Sammelbildnis = GRUR 1968, 652 - Ligaspieler vertretene Auffassung relativiert: Der Senat habe mit der zitierten Entscheidung nicht sagen wollen, daß allgemein das Interesse an einer Beteiligung am Vertriebsergebnis schon als vorrangig und damit schutzwürdig iS des § 23 Abs 2 dKUG gegenüber Bildnisveröffentlichungen zu berücksichtigen sei, wenn diese ein Informationsbedürfnis iS des § 23 Abs 1 Nr. 1 dKUG erfüllen.

Auch der BGH hat damit anerkannt, daß ein wirtschaftliches Interessen allein den Abgebildeten in aller Regel nicht vor der Veröffentlichung seines Bildnisses schützt. Das muß umso mehr gelten, wenn, wie nach der österreichischen Rechtslage, ohnedies die Möglichkeit besteht, daß der Abgebildete durch einen Verwendungsanspruch (§ 1041 ABGB) am Nutzen teilhat, den andere aus der Verwertung seines Bildnisses ziehen (s dazu Anm Kleine GRUR 1968, 654, der sich - für den deutschen Rechtsbereich - dafür ausspricht, eine Vorschrift zu schaffen, die dem Abgebildeten in den bestimmt zu umschreibenden Fällen einen Anspruch auf angemessene Vergütung zubilligt; nur so werde ein durch keine Erwägung zu rechtfertigendes Monopol eines Gewerbtereibenden vermieden).

Verstößt aber die Verwendung der Bildnisse für Abzieh(Sammel)bilder nicht gegen § 78 UrhG, dann handeln die Beklagten auch nicht sittenwidrig iS des § 1 UWG, wenn sie derartige Bilder vertreiben. Auf die anderen, im Sicherungsantrag noch geltend gemachten Anspruchsgrundlagen kommt die Klägerin im Revisionsrekurs nicht mehr zurück. Es erübrigt sich daher, darauf weiter einzugehen. Nicht eingegangen werden muß auch auf die Frage, ob sämtliche Beklagten passiv legitimiert sind und ob der Klägerin selbst bei Vorliegen eines Verstoßes gegen § 78 UrhG ein Anspruch zustünde, die Unterlassung des Vertriebes von Sammelalben und der Verteilung von Werbematerial zu verlangen.

Der Revisionsrekurs mußte erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 41, 50, 52 Abs 1 ZPO.

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