JudikaturJustiz4Ob119/15a

4Ob119/15a – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Januar 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** R*****, vertreten durch Mag. Dr. Nikolaus Friedl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Marktgemeinde L*****, vertreten durch Onz Onz Kraemmer Hüttler Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 18.738,04 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 16. Februar 2015, GZ 11 R 94/14w 51, womit das Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 4. April 2014, GZ 1 Cg 74/12v 47, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden im Umfang des angefochtenen Teilurteils dahin abgeändert, dass das Begehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 10.786,04 EUR samt 4 % Zinsen seit 28. 3. 2012 zu zahlen, abgewiesen wird.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem Erstgericht vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger betreibt ein Unternehmen, das ihm 2003 von seiner Mutter geschenkt wurde. Zufahrt zur Unternehmensliegenschaft gewährt ein 1994 von der beklagten Gemeinde angelegter und in ihrem Eigentum stehender Güterweg. Es handelt sich um eine Gemeindestraße, auf die das NÖ Landesstraßengesetz anwendbar ist. Die Mutter des Klägers traf 1995 eine Vereinbarung mit der Beklagten, wonach die Kosten der Instandhaltung der Straße zwischen ihr und der Beklagten im Verhältnis 40:60 zugunsten der Beklagten aufzuteilen seien. In Unkenntnis dieser Vereinbarung erbrachte der Kläger zehn Jahre lang Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung des auf sie entfallenden Anteils der Erhaltungskosten von 18.742,04 EUR.

Die Beklagte wendete ein, der Kläger habe sie nicht vor der Durchführung der Arbeiten in Kenntnis gesetzt. Die mehr als drei Jahre zurückliegenden Aufwendungen seien überdies verjährt. Im Übrigen seien die Arbeiten nicht notwendig gewesen. Dem Kläger fehle auch die Aktivlegitimation, weil er nur Einzelrechtsnachfolger seiner Mutter und nicht Gesamtrechtsnachfolger sei.

Im ersten Rechtsgang wiesen die Vorinstanzen jenen Teil des Begehrens, das sich auf Arbeiten bis 2009 bezieht, mit Teilurteil wegen Verjährung ab. Der Senat hob diese Entscheidungen zu 4 Ob 181/13s auf und hielt fest, dass der Verjährungseinwand unberechtigt ist. Ein synallagmatisches Rechtsverhältnis, welches für die Anwendbarkeit des § 1486 ABGB Voraussetzung ist, besteht nicht, weil nach der genannten Vereinbarung keine Verpflichtung der Beklagten besteht, dem Kläger 40 % der Erhaltungskosten zu ersetzen. Vielmehr sieht die Vereinbarung (nur) vor, dass die Mutter des Klägers zur Leistung eines 60 % übersteigenden Anteils an den Erhaltungsarbeiten nicht verpflichtet ist. Die Rechtssache wurde daher zwecks weiterer Feststellungen zu Grund und Höhe des Anspruchs an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im zweiten Rechtsgang brachte der Kläger vor, die seinerzeitige Vereinbarung zwischen seiner Mutter und der Beklagten sei nicht der Rechtsgrund der anteiligen Ersatzpflicht der Beklagten. Der Kläger habe vielmehr in Unkenntnis der Rechtspflicht der Beklagten einen Aufwand gemacht, den nach dem Gesetz die Beklagte hätte tätigen müssen. Ihm komme daher ein Aufwandersatz nach § 1042 ABGB zu. Das Klagebegehren werde darüber hinaus auf „jeden sonstigen erdenkbaren Rechtsgrund“ gestützt.

Das Erstgericht stellte den Aufwand des Klägers für die Erhaltungsarbeiten mit 46.855,11 EUR fest und gab dem Klagebegehren mit dem Zuspruch von 18.738,04 EUR statt. Der Kläger könne diesen Betrag auch wenn er nicht aus der Vereinbarung von 1995 berechtigt sei, weil die daraus erfließenden Rechte nicht auf ihn übergegangen seien nach § 1042 ABGB ansprechen. § 16 NÖ Landesstraßengesetz aF verpflichte die Gemeinde nämlich zur Erhaltung der Gemeindestraßen und zur Übernahme der Kostenlast. Der Kläger habe somit einen Aufwand für die Beklagte gemacht, den sie nach dem Gesetz selbst hätte tragen müssen.

Das Berufungsgericht hob das Ersturteil im Umfang eines Zuspruchs von 7.952 EUR sA auf. Hinsichtlich dieses Teils bestünden Mängel in der Beweisaufnahme und -würdigung. Ansonsten sei die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts zutreffend, weshalb das Berufungsgericht den Zuspruch von 10.786,04 EUR sA mit Teilurteil bestätigte. Die ordentliche Revision ließ es über Antrag der Beklagten nachträglich zu, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Anwendbarkeit des § 1042 ABGB zwischen privatem Straßennutzer und öffentlichem Straßenerhalter fehle.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten gegen das angefochtene Teilurteil ist zulässig und berechtigt .

1. Die Beklagte bemängelt zutreffend, dass Ansprüche nach § 1042 ABGB nicht auf die in § 16 NÖ Landesstraßengesetz aF (= § 15 NÖ Landesstraßengesetz nF) normierte Verpflichtung zur Kostentragung gestützt werden können.

2. Nach § 1042 ABGB ist der Aufwand zu ersetzen, den ein anderer nach dem Gesetze hätte machen müssen. Nur soweit die Pflicht des anderen reicht, kann Ersatz gefordert werden (RIS Justiz RS0104142). Auf die Art des Rechtsgrundes kommt es nicht an (RIS Justiz RS0028060), dieser kann auch im öffentlichen Recht begründet sein (RIS-Justiz RS0019882; 1 Ob 195/10y mit ausführlicher Begründung). Die Bestimmung des § 1042 ABGB kommt aber nur zur Anwendung, wenn weder zwischen dem Kläger und dem Beklagten, noch zwischen dem Kläger und einem Dritten, an den geleistet wurde, sondern nur zwischen dem Beklagten und einem Dritten eine Rechtsbeziehung bestand, die jenen zum Aufwand verpflichtet hätte (RIS Justiz RS0104150; 4 Ob 201/07y). Der Umfang des Anspruchs richtet sich nach der fremden Schuld (2 Ob 114/03h betreffend die Herstellungs- und Sanierungskosten einer Zufahrtsstraße).

3. Voraussetzung einer Klage nach § 1042 ABGB ist daher die Erfüllung eines Anspruchs eines bestimmten Dritten, der gegen den Beklagten besteht (vgl RIS Justiz RS0019908; RS0104150), mag dieser Anspruch auch öffentlich rechtlicher Natur sein. Die Übernahme allgemeiner öffentlicher Pflichten, bezüglich derer kein subjektives Recht einer bestimmten Person besteht, berechtigt den Leistenden hingegen nicht zu Ersatzforderungen nach § 1042 ABGB. Dies würde es jedermann ermöglichen, durch tatsächliche Erfüllung öffentlicher Aufgaben die Kompetenz des zuständigen Rechtsträgers zu arrogieren und den getätigten Aufwand von diesem ersetzt zu verlangen (vgl Kerschner , „Naturale“ Bereicherungsansprüche im öffentlichen Recht?, JBl 1986, 702 [704]; ihm folgend Apathy in Schwimann/Kodek , ABGB 4 § 1042 Rz 1).

4. Aus der in § 16 Abs 2 NÖ Landesstraßengesetz aF bzw § 15 Abs 1 nF normierten Straßenbaulast der Gemeinde lässt sich nicht ableiten, dass die Gemeinde verpflichtet wäre, eine Leistung gegenüber einer bestimmten dritten Person zu erbringen. Es fehlt daher an einem anspruchsberechtigten Dritten. Für den Kläger ist auch daraus nichts zu gewinnen, dass § 1042 ABGB in bestimmten Konstellationen auch auf zweipersonale Verhältnisse anwendbar ist (vgl RIS-Justiz RS0018290), da die zuvor zitierten landesgesetzlichen Bestimmungen ihm selbst keinen subjektiven Anspruch gewähren. Ein Anspruch des Klägers nach § 1042 ABGB muss daher scheitern.

5. Der Kläger stützte sein Begehren auf § 1042 ABGB und auf „jeden sonstigen erdenkbaren Rechtsgrund“. Das Berufungsgericht gründete seine Entscheidung mit Hilfsbegründung auch auf § 1041 ABGB. Zu diesem Anspruchsgrund ist daher kurz auszuführen, dass ein Nutzen im Sinn dieser Bestimmung nur vorliegt, wenn sich die Verhältnisse beim vermeintlich Bereicherten bei vernünftiger Beurteilung verbessert haben (RIS-Justiz RS0020148). War die Verwendung auch bei objektiver Betrachtung nicht von Nutzen, steht kein Bereicherungsanspruch zu (RIS-Justiz RS0116468). Überdies hat der Redliche nur den Vorteil zu vergüten, der ihm nach seinen subjektiven Verhältnissen entstanden ist (RIS-Justiz RS0020150).

Im vorliegenden Fall ist von der Redlichkeit der Beklagten auszugehen (der Kläger hat nichts Gegenteiliges behauptet). Ihr subjektiver Nutzen aus den Instandhaltungsarbeiten des Klägers am Güterweg ist nach den hier getroffenen Feststellungen nicht erkennbar.

6. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch besteht daher nicht zu Recht. Die Klage ist im Umfang des Teilurteils des Berufungsgerichts abzuweisen. Die Urteile der Vorinstanzen sind insoweit abzuändern.

7. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 3 ZPO.

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