JudikaturJustiz3Ob91/70

3Ob91/70 – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. September 1970

Kopf

SZ 43/155

Spruch

Auch wenn der betreibende Gläubiger das Bestehen einer Gütergemeinschaft kennt, steht diese, wenn im Hauptbuch lediglich "notarieller Ehevertrag vom ..." angeführt ist, einer Exekutionsführung auf Grund eines Exekutionstitels nur gegen einen Ehegatten nicht entgegen

OGH 16. September 1970, 3 Ob 91/70 (KG Ried im Innkreis R 119/70; BG Ried im Innkreis E 5014/70)

Text

Die Verpflichtete und ihr Mann Anton G sind je zur Hälfte bücherliche Eigentümer der Liegenschaft EZ 59 KG G. Die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes erfolgte auf Grund einer Einantwortungsurkunde vom 11. Jänner 1938, "des notariellen Ehevertrages vom 9. September 1939" und der Heiratsurkunde vom 10. Mai 1941. Auf Grund des gegen die nunmehrige Verpflichtete zu 1 Cg ../69 ergangenen Versäumungsurteils des KG Ried im Innkreis vom 25. Juni 1969 wurde auf ihrem Hälfteanteil an der Liegenschaft zugunsten der vollstreckbaren Forderung des betreibenden Gläubigers im Betrage von 16.430.14 S samt näher angeführten Zinsen und Kosten das Pfandrecht einverleibt. Zur Hereinbringung dieser Forderung beantragte der betreibende Gläubiger, ihm auf Grund des erwähnten Versäumungsurteils die Zwangsverwaltung der der Verpflichteten gehörigen "Hälfte des mit Anton G gütergemeinschaftlichen Vermögens" zu bewilligen.

Das Erstgericht bewilligte die Exekution antragsgemäß.

Die zweite Instanz gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Verpflichteten Folge und änderte den erstrichterlichen Bewilligungsbeschluß i S der Abweisung des Exekutionsantrages ab. Wie das Rekursgericht ausführte, hindere die für die vollstreckbare Forderung der betreibenden Partei bereits erfolgte Verbücherung des Pfandrechtes nicht, die Voraussetzungen für die umstrittene Zwangsverwaltung des der Verpflichteten gehörigen Hälfteanteils an der Liegenschaft einer selbständigen Prüfung zu unterziehen (SZ 30/52). Die nach herrschender Rechtsprechung (EvBl 1968/396) zur Verdinglichung der wechselseitigen Verfügungsbeschränkung der Ehegatten bei der Gütergemeinschaft unter Lebenden geforderte Ersichtlichmachung im Grundbuch dergestalt, daß für jeden Eheteil das Eigentumsrecht an der Hälfte der gütergemeinschaftlichen Liegenschaft mit der Beschränkung einverleibt wird, daß während der Dauer der Gütergemeinschaft kein Teil einseitig über seinen ideellen Anteil verfügen kann, sei im vorliegenden Fall allerdings unterblieben; daher komme dem der Gütergemeinschaft innewohnenden Belastungs- und Veräußerungsverbot hier keine dingliche Wirkung zu. Dennoch sei die zwischen der Verpflichteten und ihrem Mann bestehende Gütergemeinschaft nicht ohne Bedeutung. Da nämlich der betreibende Gläubiger im Exekutionsantrag selbst auf diese Gütergemeinschaft hinweise, fehle ihm der gute Glaube, der sonst durch die Eintragung der Gütergemeinschaft ins Grundbuch ausgeschaltet werden soll. Abgesehen davon aber komme es im Bereich der Zwangsvollstreckung auf den guten Glauben nicht an, denn wer durch sie Befriedungsobjekte suche, handle nicht im Vertrauen auf das Grundbuch. Der betreibende Gläubiger müsse demnach die Gütergemeinschaft gegen sich gelten lassen. Anders als ein bloßes Belastungs- und Veräußerungsverbot, das in der Regel einer Zwangsverwaltung nicht entgegenstehe, mache eine Gütergemeinschaft die Nutzungen der von ihr betroffenen Liegenschaft zum Gemeinschaftsgut. Daher sei bei Bestehen einer allgemeinen, schon unter Lebenden wirksamen Gütergemeinschaft eine Zwangsverwaltung zugunsten eines Dritten grundsätzlich unzulässig (Neumann - Lichtblau[4], 1972) wenn der Exekutionstitel nicht gegen beide Ehegatten gerichtet sei. Dies aber treffe hier nicht zu, was zur Abweisung des Exekutionsantrages zwinge.

Der Oberste Gerichtshof stellte den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der gegen diese Entscheidung erhobene Revisionsrekurs des betreibenden Gläubigers ist gerechtfertigt. Den vom Rekursgericht angestellten Erwägungen könnte im Ergebnis nur dann beigestimmt werden, wenn es zuträfe, daß die aus der Gütergemeinschaft zwischen der Verpflichteten und ihrem Mann sich ergebende Beschränkung, wonach kein Ehegatte über seinen Anteil am Gesamtgut allein verfügen kam, auch die in Exekution gezogene Liegenschaft erfassen würde. Die in der Rekursentscheidung angeführten Gründe, aus denen dies zu bejahen sei, lassen sich jedoch mit der Bestimmung des § 4 GBG nicht vereinbaren. Erfordert doch die letztere u a auch für die Beschränkung der bücherlichen Rechte ihre Eintragung in das Grundbuch, andernfalls die Beschränkung nach dem Eintragungsgrundsatz nicht wirksam wird. Die Frage des guten Glaubens ist dabei nicht ausschlaggebend (vgl Neumann - Lichtblau[4], 911 Abs 2, 972 Abs 4). Eine solche Eintragung fehlt im vorliegenden Fall, da als Rechtsgrund für die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Eheleute Anton und Maria G an der fraglichen Liegenschaft außer einer Einantwortungsurkunde und einer Heiratsurkunde lediglich ein "notarieller Ehevertrag vom 9. September 1939" im Hauptbuch angeführt ist, jedoch ohne jedweden Hinweis auf eine zwischen den Ehegatten begrundete Gütergemeinschaft (vgl Neumann - Lichtblau[4] aaO und die auf 911 unter FN 5 zitierte Rechtsprechung). Der gegenwärtigen Exekutionsführung steht somit die Gütergemeinschaft nicht im Wege.