JudikaturJustiz3Ob80/14g

3Ob80/14g – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Juli 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ. Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. V*****, und 2. P*****, beide vertreten durch MMag. Dr. Franz Pechmann, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei E*****, vertreten durch Dr. Ruth E. Hütthaler Brandauer, Rechtsanwältin in Wien, wegen Unterlassung und Feststellung, über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. Februar 2014, GZ 11 R 158/13f 133, womit über Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 6. Juni 2013, GZ 60 Cg 193/08f 128, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit 1.848,71 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten 308,12 EUR an USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger als Eigentümer der unmittelbaren Nachbarliegenschaft nehmen die beklagte Eigentümergemeinschaft wegen mittelbaren und unmittelbaren Einwirkens von Niederschlagswasser von deren Wohnungseigentumsobjekt nach §§ 364 Abs 2 und 1319 ABGB in Anspruch. Sie begehrten zuletzt (ON 124)

1. die Unterlassung des Eindringens

a. von Niederschlagswasser über einen Spalt zwischen ihrer Feuermauer und einer Einfriedungsmauer auf Beklagtenseite und

b. von in einer Grünfläche aufgrund der dort errichteten Betonwanne aufgestautem Niederschlagswasser

jeweils in den klägerischen Kellerbereich sowie

2. die Feststellung der Haftung für sämtliche Schäden, die mit einer mittelbaren und unmittelbaren Zuleitung (gemeint: von Niederschlagswasser) in kausalem Zusammenhang stehen.

Die Feuermauer ihres Hauses sei an der Grenze zum Nachbargrundstück der Beklagten stark durchnässt und weise Feuchtigkeitsschäden auf, die dadurch verursacht worden seien, dass durch einen Spalt zwischen der Einfriedungs- und Feuermauer und über eine angrenzende Grünfläche und eine Betonplatte darunter Niederschlagswasser in das Haus der Kläger eindringe. Die Rechtsvorgänger der Beklagten hätten eine mangelhafte Anlage geschaffen, weil eine nicht baubewilligte und nicht abgedichtete Bodenplatte ohne Abfluss und Funktion errichtet, die natürlichen Abflussverhältnisse verändert und eine unmittelbare Zuleitung von Niederschlagswasser hergestellt worden sei. Die Beklagte habe dagegen geeignete Vorkehrungen unterlassen, obwohl von ihr als zur ordentlichen Verwaltung berufenen Verwalterin Abhilfe zu erwarten sei.

Die Beklagte bestritt sowohl ihre Passivlegitimation als auch eine Emmission von Niederschlagswasser von ihrem Grundstück. Ein Eindringen des Wassers auf die Liegenschaft der Kläger werde durch die unter dem Grünstreifen befindliche Betonwanne verhindert. Die Durchfeuchtung der Feuermauer der Kläger sei auf eine aufsteigende Feuchtigkeit, nicht auf ein auf der Grünfläche versickerndes Niederschlagswasser zurückzuführen.

Das Erstgericht wies die Klage ab, weil die Beklagte für eine Immissionsabwehrklage nicht passiv legitimiert sei und kein Fall des § 1319 ABGB vorliege.

Es traf dazu folgende Feststellungen: Die Feuermauer weist in Kellerfußbodennähe auch an den anderen Außenmauern des Hauses der Kläger Feuchtigkeitsschäden auf, die durch sehr intensiv aufsteigende Bodenfeuchtigkeit bedingt sind. Im Zuge der entsprechend den erteilten Baubewilligungen erfolgten Errichtung des Hauses der Beklagten im Jahr 1976 wurde im Bereich der an die Feuermauer angrenzenden Grünfläche ca zwei Stockwerke tief abgegraben und dann dieser Bereich wieder verfüllt; es konnte nicht festgestellt werden, welches Material mit welcher Versickerungsfähigkeit dabei verwendet wurde. Unter der Grünfläche wurde bei Errichtung des Hauses in einer Tiefe von rund 20 cm Tiefe eine Betonplatte hergestellt, die ein deutliches Gefälle zum Haus der Beklagen aufweist und deshalb verhindert, dass Niederschlagswasser aus dem Grünstreifen zur Feuermauer der Kläger gelangt. Es konnte nicht festgestellt werden, ob die Bodenplatte unter der Grünfläche einen Abfluss hat und ob das Fundament/die Bodenplatte direkt an die Feuermauer der Kläger anschließt. Allfällige Auswirkungen eines Nichtanschließens des Fundaments/der Bodenplatte an die Feuermauer der Kläger konnten nicht festgestellt werden. Die Bodenplatte ist nicht abgedichtet und weist keinen Hochzug auf. Ob die Bodenplatte baubewilligt ist und ob diese bei Errichtung des Hauses überhaupt einer Baubewilligung bedurfte, konnte nicht festgestellt werden. Im Bereich des Grünstreifens liegt keine Druckwassersituation vor, die ein Eindringen von Niederschlagswasser in die Feuermauer der Kläger bewirken würde. Der Grünstreifen auf der Liegenschaft der Beklagten ist kein zusätzlicher Feuchtigkeitsspender für die Feuermauer der Kläger. Eine auf der Liegenschaft der Beklagten entlang der Grundstücksgrenze errichtete, ca 2 m hohe Einfriedungsmauer an die Feuermauer der Liegenschaft der Kläger schließt nicht direkt an, weil zur Krone der Einfriedungsmauer ein ca 4 cm breiter Spalt bestand. Bei deren Mauerkrone waren an der Feuermauer der Kläger Feuchtigkeitsschäden in Form von Putzabblätterungen und feuchtem Mauerwerk in einem Bereich von ca 30 cm oberhalb vorhanden. Diese waren auf dort eindringendes Wasser zurückzuführen, wobei nicht festgestellt werden konnte, wie intensiv dort Wasser eindrang. Das Eindringen des Wassers in diesem Bereich wirkt sich nur im oberen Bereich der Feuermauer aus, nicht auf Kellerfußbodenniveau. Es kann durch eine Verblechung über die Länge der Einfriedungsmauer mit Blechhochzug verhindert werden, die im Jänner 2012 von einer Fachfirma hergestellt wurde.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger nicht Folge. Es verwarf die Beweis- und Mängelrügen und bestätigte im Wesentlichen die Rechtsansicht des Erstgerichts. Die ordentliche Revision wurde zugelassen, weil zur Frage der Passivlegitimation der Beklagten für eine Klage nach § 364 Abs 2 ABGB noch keine gefestigte Judikatur vorliege.

Mit ihrer Revision streben die Kläger die Abänderung im Sinn der Klagestattgebung an, hilfsweise die Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen und die Zurückweisung an die erste Instanz.

Die Beklagte tritt dem in ihrer Revisionsbeantwortung entgegen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig , im Ergebnis jedoch nicht berechtigt .

1.1. Dem Unterlassungsbegehren 1.a. wurde von der Beklagten während des erstinstanzlichen Verfahrens im Sinn des eingeholten Sachverständigengutachtens entsprochen, indem eine das Eindringen von Wasser in einen Spalt verhindernde Verblechung über die Länge der Einfriedungsmauer mit Blechhochzug im Jänner 2012 von einer Fachfirma hergestellt wurde; dies unabhängig davon, auf welcher Rechtsgrundlage man einen solchen Unterlassungsanspruch der Kläger bejahen könnte. Deshalb hätten sie auf Kosten einzuschränken gehabt, was jedoch unterblieb. Das führt zwangsläufig zur Abweisung dieses Teils des Unterlassungsbegehrens.

Auf ihr erstinstanzliches Vorbringen, der Hochzug der Verblechung wäre zu gering (ON 124 S 4 oben und ON 125 S 3), kommen die Kläger im Rechtsmittelverfahren nicht mehr zurück, weshalb sich eine Auseinandersetzung damit erübrigt.

1.2. Für die Berechtigung des auf Schadenersatz gerichteten Feststellungsbegehrens in diesem Zusammenhang fehlt nicht nur dessen Einschränkung auf künftige Schäden (RIS-Justiz RS0038934), sondern auch jedes Vorbringen zum nach § 228 ZPO notwendigen Feststellungsinteresse (RIS Justiz RS0038949); künftige Schäden sind aber angesichts des Sachverhalts (beschränkter Bereich der Schädigung der Feuermauer; schon länger zurückliegende Abdichtung [Schluss der Verhandlung am 10. April 2013]) auch nicht offenkundig. Erfolgsvoraussetzung eines jeden Feststellungsbegehrens ist aber das rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung, bei dessen Mangel das Begehren mit Urteil abzuweisen ist (RIS-Justiz RS0039201). Der Mangel ist auch noch im Rechtsmittelverfahren von Amts wegen wahrzunehmen (RIS-Justiz RS0039123; RS0038939).

Bezogen auf angeblich vom angesprochenen Spalt herrührende Feuchtigkeitsschäden ist die Abweisung des Feststellungsbegehrens daher zu bestätigen.

2. Die (neuerlichen) Mängelrügen der Kläger wurden geprüft, liegen jedoch nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

3. Einen angeblich in der unterlassenen Erörterung des vom Erstgericht beigeschafften Bauakts liegenden Verstoß gegen das rechtliche Gehör hat das Berufungsgericht verneint. Ist aber das Berufungsgericht in die Prüfung der Frage einer allfälligen im erstinstanzlichen Verfahren unterlaufenen Nichtigkeit eingegangen und hat eine solche verneint, ist die Wahrnehmung dieser Nichtigkeit im Verfahren dritter Instanz nicht mehr möglich (RIS-Justiz RS0042981).

4. Zur Begründung eines Unterlassungsanspruchs nach § 364 Abs 2 ABGB hat der Kläger sein Eigentumsrecht und die Einwirkung zu beweisen, der Beklagte hingegen die Zulässigkeit seiner Einwirkung (1 Ob 5/06a; 2 Ob 167/07h; 3 Ob 77/09h; RIS Justiz RS0010474). Nach dem den Obersten Gerichtshof bindenden Sachverhalt ist aber den Klägern der Nachweis von Einwirkungen von im Bereich der Grünfläche/Betonplatte aufgestautem Niederschlagswasser auf ihren Kellerbereich nicht gelungen, weshalb dem auf § 364 Abs 2 ABGB gestützten Unterlassungsbegehren 1.b. kein Erfolg zukommen kann. Einer Prüfung der Passivlegitimation der Beklagten bedarf es daher gar nicht.

5. Der Kläger hat nach § 1319 ABGB ua die Verursachung seines Schadens durch Einsturz oder Ablösung eines Gebäudeteils (Werksteils), den Besitz des Beklagten und die mangelhafte Beschaffenheit als Schadensursache zu behaupten und zu beweisen (RIS Justiz RS0029893). Dieser Kausalitätsnachweis ist den Klägern nach den getroffenen Feststellungen die die Revision übergeht ebenfalls nicht gelungen, weshalb es unerheblich ist, ob die Immission von Niederschlagswasser dem Einsturz oder der Ablösung eines Gebäudeteils gleichzuhalten ist und ob in der begehrten Unterlassung eine Naturalrestitution erblickt werden könnte. Auch das auf § 1319 ABGB gegründete Unterlassungsbegehren wurde daher im Ergebnis zutreffend abgewiesen.

6. Mangels Kausalitätsnachweis muss auch das restliche Feststellungsbegehren scheitern.

7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO.

Rechtssätze
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