JudikaturJustiz3Ob56/01h

3Ob56/01h – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. August 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei V*****, vertreten durch Schönherr, Barfuß, Torggler Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die verpflichtete Partei V*****, vertreten durch Dr. Gerald Ganzger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 9. Jänner 2001, GZ 47 R 1142/00i-1155/00a-132a, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 9. Oktober 2000, GZ 25 E 138/00i-114a, 115-122, und vom 25. Oktober 2000, GZ 25 E 138/00i-124-128, abgeändert wurden, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, dass die Strafbeschlüsse des Erstgerichtes wiederhergestellt werden, wobei auf die mit den Beschlüssen ON 114a bis 116 verhängten Geldstrafen von je S 80.000,- jeweils die mit den Beschlüssen des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 9. 10. 1999, 25 E 5004/99y-215 bis 217, verhängten Geldstrafen von je S 80.000,- anzurechnen sind.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen und ist schuldig, der betreibenden Partei die mit S 40.950,-

(darin enthalten S 6.825,- Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Mit einstweiliger Verfügung des Handelsgerichtes Wien vom 8. 9. 1999 wurde der verpflichteten Partei verboten, unentgeltliche Zugaben zur Zeitschrift "*****" - insbesondere Gratis-Sonnenfinsternis-Brillen - anzukündigen; das Mehrbegehren, der Verpflichteten überdies zu verbieten, unentgeltliche Zugaben zu dieser Zeitschrift - insbesondere Gratis-Sonnenfinsternis-Brillen - zu gewähren und um einen bloßen Scheinpreis abgegebene Zugaben zur Zeitschrift - insbesondere Handys mit Freisprecheinrichtung und Router - anzukündigen und/oder zu gewähren, wurde abgewiesen.

Das Oberlandesgericht Wien als Rekursgericht verbot der Verpflichteten mit Beschluss vom 28. 12. 1999 zusätzlich, unentgeltlich Zugaben zur Zeitschrift "*****" - insbesondere Gratis-Sonnenfinsternis-Brillen - zu gewähren sowie um einen bloßen Scheinpreis Zugaben zu dieser Zeitschrift - insbesondere Handys mit Freisprecheinrichtung und Router - azukündigen; im Übrigen bestätigte es die erstgerichtliche Entscheidung.

Der Oberste Gerichtshof erließ mit Beschluss vom 12. 4. 2000, 4 Ob 46/00v, auch das Verbot des Gewährens dieser Zugaben.

Die Unterlassungsexekution wurde mit Beschluss vom 17. 1. 2000 aufgrund der einstweiligen Verfügung des Handelsgerichtes zur Erwirkung des Verbots, unentgeltliche Zugaben zur Zeitschrift "*****" anzukündigen, bewilligt.

Die betreibende Partei brachte in ihren Strafanträgen ON 114a, 115 bis 122 und 124 bis 128 im Wesentlichen vor, die Verpflichtete habe in einer Beilage zu den Ausgaben Nr 37/00 und 38/00 der Zeitschrift "*****", die zwischen 11. 9. 2000 und 24. 9. 2000 vertrieben worden sei, ein aus 10 Ausgaben der Zeitschrift und einem "Jahrhundert-Video von Hugo Portisch" bestehendes "Kombi-Abo" um S 100 beworben, wobei auf das Video bloß ein Scheinpreis entfalle. Da die Verpflichtete somit Zugaben zur Zeitschrift um einen bloßen Scheinpreis ankündige und gewähre, verstoße sie gegen die einstweilige Verfügung des Obersten Gerichtshofs, mit der die einstweilige Verfügung des Handelsgerichtes Wien, auf welche das Exekutionsverfahren bisher gestützt gewesen sei, erweitert worden sei.

Das Erstgericht gab den Strafanträgen statt und verhängte jeweils Geldstrafen von S 80.000.

Das Rekursgericht gab den Rekursen der verpflichteten Partei Folge und änderte die erstinstanzlichen Beschlüsse dahin ab, dass die Strafanträge der betreibenden Partei abgewiesen wurden; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes bei jedem Strafbeschluss S 260.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs in Ermangelung einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig sei.

In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, das in den Strafanträgen erstattete Vorbringen der betreibenden Partei finde in der einstweiligen Verfügung des Handelsgerichtes Wien, die der Exekutionsbewilligung als Exekutionstitel zugrunde liege, keine Deckung. Aufgrund der einstweiligen Verfügung des Obersten Gerichtshofes, welche der Verpflichteten auch verbiete, um einen bloßen Scheinpreis abgegebene Zugaben zur Zeitschrift "*****" anzukündigen und/oder zu gewähren, sei der betreibenden Partei keine Exekutionsbewilligung erteilt worden. Die Strafanträge, denen weder eine deckungsgleiche Exekutionsbewilligung noch ein entsprechender Exekutionsantrag vorangegangen seien, seien zu Unrecht gestellt worden. Sie seien daher als unberechtigt abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist zulässig, weil die Entscheidung des Rekursgerichtes zur Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in Widerspruch steht; er ist auch berechtigt.

Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 3 Ob 91/98y (= ÖBl 1999, 37) ausgeführt hat, kommt es nicht darauf an, ob sich die Exekutionsbewilligung auf Verstöße gegen alle Teile des Exekutionstitels bezieht; der Oberste Gerichtshof verweist in dieser Entscheidung auch darauf, dass im Übrigen nach seiner Rechtsprechung unter Umständen sehr wohl Strafbeschlüsse gefasst werden können, ohne dass es eine (aufrechte) Exekutionsbewilligung gibt.

Der hier vorliegende Fall, dass die den Exekutionstitel bildende einstweilige Verfügung von den Gerichten zweiter und dritter Instanz unter Erlassung weiterer Verbote erweitert und dem betreibenden Gläubiger damit eine Exekutionsführung auch zur Durchsetzung dieser Verbote ermöglicht wird, ist nicht anders zu beurteilen. Es kann keinen Unterschied machen, wenn auf Grund ein und desselben Antrags andere Verbote sofort oder wenn sie erst nach und nach auf Grund von Rechtsmitteln erlassen werden. In all diesen Fällen geht es um die Durchsetzung desselben Anspruchs und es umfasst die Bewilligung der Exekution den gesamten der betreibenden Partei zuerkannten Anspruch, wenngleich ihr nur ein Verstoß gegen einzelne von mehreren Verboten zugrunde liegt. Eine neue Exekutionsbewilligung wegen eines Verstoßes gegen ein anderes Verbot ist dann weder notwendig noch zulässig.

Die betreibende Partei hat somit völlig zutreffend nicht die Bewilligung einer neuen Exekution beantragt, sondern in dem bereits anhängigen Exekutionsverfahren weitere Strafanträge gestellt.

In der Sache sind die Strafanträge berechtigt.

Die Argumentation der verpflichteten Partei in ihrer Äußerung ON 123 und in den Rekursen ON 129 - 131, es falle jeglicher Werbe- oder Lockeffekt für die Hauptware, das Kombi-Abo, weg, weil dem Leser auch die Möglichkeit angeboten werde, das Video ohne Zeitschrift um S 89 zu bestellen, das Video werde somit weder unentgeltlich noch um einen bloßen Scheinpreis abgegeben, ist nicht zutreffend.

Abgesehen davon, dass dieser Hinweis auf der dem Strafantrag ON 114a angeschlossenen Beilage keineswegs auffällig ist, wird damit der Anreiz zum Abschluss des Kombi-Abos nicht aufgehoben, weil für 10 Ausgaben der Zeitschrift ***** nur um 11 S mehr zu bezahlen wäre. Da auf der Hand liegt, dass es sich hiebei um einen völlig unrealistischen Preis handelt, ist davon auszugehen, dass nach der für die Beurteilung der Scheinpreis-Zugabe maßgeblichen Kalkulation des Anbieters das auf die Nebenware entfallende Entgelt ein Scheinpreis ist; daher ist auch in diesem Fall Zugabenrecht anzuwenden (vgl 4 Ob 74/01p = MR 2001, 172 [Korn]).

Auch soweit die verpflichtete Partei die Meinung vertritt, bei den Strafbeschlüssen ON 114a bis 116 sei auf die bereits ergangenen Strafbeschlüsse im Verfahren 25 E 5004/99y des Bezirksgerichtes Donaustadt (ON 215 bis 217) durch Verweisung auf diese Beschlüsse Bedacht zu nehmen, ist ihr nicht zu folgen. Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 3 Ob 80/00m (= MR 2001, 111 [Frauenberger]) ua Entscheidungen in RIS-Justiz RS0114382 dargelegt hat, liegt dann, wenn in einer Ausgabe einer Zeitung oder Zeitschrift gegen mehrere Exekutionstitel verstoßen wird, nur ein exekutionsrechtlich einheitlich zu bewertender Verstoß gegen die Verpflichtung, die jeweilige Ausgabe entgegen den Unterlassungsgeboten nicht zu vertreiben, vor. Der mehrfache Verstoß, sei es gegen einen oder mehrere Titel, kann jedoch bei der Strafbemessung als erschwerend gewertet werden. Werden mehrere Strafanträge eingebracht und wurde über den als erster eingebrachten Strafantrag im Zeitpunkt der weiteren Antragstellung, mit der ein anderer, jedoch dieselbe Ausgabe betreffender Verstoß geltend gemacht wird, bereits entschieden und ist daher eine Verbindung der Verfahren nicht mehr möglich, ist der betreibende Gläubiger mit dem zweiten Antrag nicht auf die Entscheidung über den ersten Antrag zu verweisen; vielmehr ist eine einheitliche Strafe zu verhängen, die der Art und Schwere des Verstoßes gegen die beiden Exekutionstitel in der jeweils beanstandeten Ausgabe entspricht. Früher verhängte Strafen wegen desselben Verstoßes sind anzurechnen.

Diese Grundsätze haben auch hier zu gelten, wo die Verstöße nicht in der Zeitschrift selbst, sondern in einer Beilage gesetzt werden.

Es waren somit die erstinstanzlichen Strafbeschlüsse wiederherzustellen; die in ihnen verhängten Geldstrafen von S 80.000, deren Höhe von der verpflichteten Partei nicht bekämpft wurde, sind durchaus angemessen. Vorzusehen ist jedoch die Anrechnung der wegen Verstößen in der betreffenden Ausgabe bereits verhängten Strafen. Eine Erhöhung über S 80.000,- hinaus ist nach § 359 EO idF vor der EONov 2000 nicht möglich.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO, §§ 41, 50 ZPO.

Rechtssätze
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  • RS0114382OGH Rechtssatz

    29. August 2001·3 Entscheidungen

    Die Verbindung von bei ein und demselben Bezirksgericht gestellten Exekutions- oder Strafvollzugsanträgen ein und derselben betreibenden Partei gegen ein und dieselbe verpflichtete Partei ist nicht in der EO vorgeschrieben. Im Fall einheitlicher Anträge ist es kein Problem, eine gemeinsame Strafe zu verhängen, andernfalls wird das Erstgericht die beiden Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung zu verbinden haben (§ 78 EO iVm § 187 ZPO). Auch dann kann ohne weiteres eine gemeinsame Strafe verhängt werden, die das Verstoßen gegen zwei oder mehrere Exekutionstitel angemessen (innerhalb des Strafrahmens) berücksichtigen kann. Das Gleichheitsgebot des Art 7 B-VG gebietet, dass es nicht zu unterschiedlichen Bestrafungen kommen darf, je nachdem, ob die betreibende Partei die eine oder die andere der ihr offenstehenden Antragsvarianten wählt. Es ist daher danach zu trachten, die Strafe in jedem Fall - soweit im Rahmen des Verfahrensrechtes möglich - in insgesamt gleicher Höhe zu verhängen, egal ob bei Verstößen gegen zwei oder mehrere Exekutionstitel die betreibende Partei einen oder mehrere Anträge stellt. Wären bei einheitlicher Bestrafung eine höhere Geldstrafe zu verhängen als in dem ersten der Strafbeschlüsse, dann ist in den weiteren eine zusätzliche Strafe in dem Ausmaß zu verhängen, die der Differenz zwischen der angemessenen Gesamtstrafe und der bereits verhängten entspricht.