JudikaturJustiz3Ob36/07a

3Ob36/07a – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. April 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon. Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Exekutionssache der Antragstellerin B***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Jandl und Mag. Doris Schöberl, Rechtsanwälte in Wien, wider den Antragsgegner Dr. Alexander Isola, Rechtsanwalt, Graz, Marburgerkai 47, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der K***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Graf Pitkowitz, Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen pfandweiser Beschreibung, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 15. Dezember 2006, GZ 3 R 185/06g-10, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Graz vom 12. September 2006, GZ 54 E 204/06v-2, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragsgegners wird mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin als Leasinggeberin schloss mit der späteren Gemeinschuldnerin - über deren Vermögen am 2. August 2006 der Konkurs eröffnet wurde - am 24./26. September 2003 einen Leasingvertrag über eine näher bezeichnete, der Antragstellerin gehörende Betriebsliegenschaft mit Betriebsgebäude, beginnend ab 1. Oktober 2003 auf unbestimmte Zeit um ein monatliches wertgesichertes Leasingentgelt von 12.291,13 EUR (incl. USt) mit sechsmonatiger Kündigungsfrist zum Ende eines jeden Kalendermonats. Die Vertragsteile vereinbarten einen Kündigungsverzicht der Gemeinschuldnerin, der das Recht zum Kauf des Vertragsgegenstands frühestens nach sieben Jahren eingeräumt wurde, für 240 Monate. Die Gemeinschuldnerin verpflichtete sich im Leasingvertrag, das Objekt bei Beendigung des Vertragsverhältnisses im gereinigten und einer ordnungsgemäßen Instandhaltung entsprechenden Zustand zurückzustellen.

Die Antragstellerin meldete im Konkurs über das Vermögen der Gemeinschuldnerin eine unbedingte Forderung von 14.644,88 EUR (Leasingentgelt für August 2006 zuzüglich „Spesen") und eine bedingte Forderung von 3,205.254,32 EUR (Summe der künftigen Leasingentgelte für 205 Monate á 12,194,98 EUR zuzüglich „Restwert 1,489.127,19 EUR, abgezinst mit 1,923 % excl. USt") an; gleichzeitig behielt sie sich vor, den auf die Zeit nach Konkurseröffnung entfallenden Anteil des Leasingentgelts als Masseforderung geltend zu machen und wies darauf hin, dass der Leasingvertrag noch aufrecht bestehe. Die Antragstellerin beantragte die pfandweise Beschreibung für eine Mietzinsforderung von (aus prozessökonomischen Gründen eingeschränkt) 1,5 Mio EUR. Durch Vorlage des Leasingvertrags und eines E-Mails, gemäß dem der Antragsgegner (Masseverwalter) beauftragt sei, das Vermögen der Gemeinschuldnerin zu verwerten, sei der Anspruch und dessen Gefährdung bescheinigt, sodass die pfandweise Beschreibung auch für nicht fällige Forderungen zu bewilligen sei. Die Vorinstanzen bewilligten die pfandweise Beschreibung. Im außerordentlichen Revisionsrekurs werden erhebliche Rechtsfragen iSd § 528 Abs 1 ZPO nicht zur Darstellung gebracht.

Rechtliche Beurteilung

Durch die Art XIII Z 6 und XXVII EGEO wird die pfandweise Beschreibung gemäß § 1101 ABGB von Einrichtungsgegenständen und Fahrnissen des Mieters (nur) verfahrensrechtlich zu einer Sicherungsexekution eigener Art. In Ansehung des Verfahrens sind grundsätzlich die Vorschriften über die einstweiligen Verfügungen (§§ 378 bis 402 EO) anzuwenden (Neurauter in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, Art XIII EGEO Rz 15 mwN). Die pfandweise Beschreibung nach § 1101 ABGB setzt die Einbringung der Bestandzinsklage voraus, der die Anmeldung der Forderung im Konkurs - wie hier - gleichsteht (3 Ob 3/80 = JBl 1980, 480 = EvBl 1980/76; RIS-Justiz RS0005217).

a) Die pfandweise Beschreibung ist zugunsten aller Forderungen des Bestandgebers zulässig, die vom Bestandgeber für die Überlassung der unbeweglichen Sache zu zahlen sind einschließlich der Nebengebühren, die anlässlich der Geltendmachung der Bestandzinsforderung entstehen, also etwa die Kosten der Mietzinsklage (Neurauter aaO Rz 17). Nach Lehre und Rsp wurde das Bestandgeberpfandrecht auch ausgedehnt auf gemischte Verträge, bei denen der Bestandcharakter überwiegt (Würth in Rummel3, § 1101 ABGB Rz 2). Gesichert sind somit auch Ansprüche eines Unternehmensverpächters, sofern sich das Bestandrecht auch auf unbewegliche Sachen, wie Räumlichkeiten, bezieht (Binder in Schwimann3, § 1101 ABGB Rz 4 mwN aus der Rsp in FN 19), des Grundeigentümers in Ansehung der aus einem Abbauvertrag zu leistenden Vergütung (Binder aaO FN 21), nicht aber den aus Miete und Verwahrung gemischten Vertrag schließenden Garagierungsunternehmer, weil hier das Zurückbehaltungsrecht nach § 970c ABGB eingreife (Binder aaO FN 22). Soweit ein gemischter Vertrag wie hier vorliegt, kann nur jener Entgeltteil nach § 1101 ABGB gesichert werden, der der Gebrauchsüberlassung entspricht (Binder aaO Rz 4 unter Hinweis auf Klang in Klang2 V 67). Dass bei Immobilienleasingverträgen - wie hier - schon zur Vermeidung einer Umgehung von zwingenden Schutznormen des MRG von einem Überwiegen der mietvertraglichen Elemente auszugehen ist, hat die zweite Instanz in Übereinstimmung mit der herrschenden

Auffassung frei von Rechtsirrtum erkannt (3 Ob 28/99k = SZ 72/108 =

JBl 2000, 43 = MietSlg 51.118 u.a.; Würth aaO §§ 1090, 1091 ABGB Rz

35; Schauer in Schwimann3, § 1090 ABGB Rz 73; Würth/Zingher/Kovany21 § 1 MRG Rz 26). Grund für eine derartige Anwendung des § 1101 ABGB ist die wirtschaftlich weitgehend ähnliche Interessenlage wie bei der Nutzungsüberlassung im Bestandvertrag. Der erkennende Senat hat bereits in der E 3 Ob 532/95 (= SZ 68/84 = JBl 1995, 727 = ÖBA 1996, 80 mwN) ausgesprochen, § 23 KO sei auch auf einen Leasingvertrag anzuwenden, wenn das Schwergewicht des Vertrags in der Gebrauchsüberlassung bestehe, und ferner in seiner E 3 Ob 28/99k, es könne nicht gesagt werden, dass die pfandweise Beschreibung von Leasing-Rechten nicht tunlich wäre. Davon abzugehen besteht kein Anlass.

Soweit der Revisionsrekurswerber die Auffassung vertritt, dass bei dem hier zu beurteilenden Leasingvertrag die Elemente des Kaufvertrags überwiegen, zeigt er keine Rechtsfrage von der Qualität des § 528 Abs 1 ZPO auf. Ungeachtet des Umstands, dass Immobilienleasingverträge auch Elemente anderer Vertragstypen enthalten, ist ihr Kern doch ein Bestandvertrag. So überwiegen nach Würth (in Würth/Zingher/Kovany aaO) beim Immobilienleasing wohl immer die Elemente des Mietvertrags (siehe dazu auch 3 Ob 28/99k; Iro in KBB, § 1090 ABGB Rz 6 mwN). Das Rekursgericht hat beim hier zu beurteilenden Vertrag ohne (gravierende) Fehlbeurteilung das Überwiegen der Merkmale eines Bestandvertrags angenommen.

b) Schadenersatzansprüche gehören nicht zu solchen Ansprüchen, für die eine pfandweise Beschreibung zulässig wäre. Die Antragstellerin stützt aber ihren Antrag nach § 1101 ABGB, wie die zweite Instanz zutreffend erkannte, nicht auf bedingte Schadenersatzansprüche, sondern zulässigerweise auf noch nicht fällige Leasingentgelte (vgl. dazu Würth aaO § 1101 ABGB Rz 3 mwN) für die durch den Kündigungsverzicht gedeckte Restlaufzeit von 205 Monaten. Das gesetzliche Pfandrecht des § 1101 ABGB besteht zur Sicherstellung auch der noch nicht fälligen Zinse für die restliche Bestandzeit bzw. bei Bestandverträgen oder vergleichbaren gemischten Verträgen auf unbestimmte Zeit - wie hier - für jene Zeit, die das Bestandverhältnis bei ordnungsgemäßer Kündigung zum nächstmöglichen Termin fortdauern würde (5 Ob 503/88 = SZ 61/25 = EvBl 1988/142; RIS-Justiz RS0020616; Würth aaO § 1101 ABGB Rz 3). Bei noch nicht fälligen Forderungen sind Anspruch und Gefährdung zu bescheinigen (Würth aaO § 1101 ABGB Rz 7). Dass diese von den Vorinstanzen berücksichtigten Voraussetzungen hier vorliegen, wird im Rechtsmittel nicht in Zweifel gezogen. Die pfandweise Beschreibung ist auch noch nach Konkurseröffnung zulässig und zwar selbst für erst nach diesem Zeitpunkt fällige werdende Zinsforderungen (Binder aaO Rz 16 mwN) bzw. vergleichbare Forderungen aus gemischten Verträgen (in casu:

Immobilienleasingvertrag). Für nach Konkurseröffnung entstehende

Mietzinsforderungen besteht ein gesetzliches Pfandrecht des

Vermieters sowohl an den zuvor, wie auch an den erst nach

Konkurseröffnung eingebrachten Gegenständen der Konkursmasse; dies

insbesondere dann, wenn das Bestandverhältnis vom Masseverwalter

fortgesetzt wird (Schulyok in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze, §

48 KO Rz 107). Wird das Bestandverhältnis vom Masseverwalter

fortgesetzt, ist eine offene Bestandzinsforderung bis zur

Konkurseröffnung Konkursforderung, der Bestandzins für die Zeit

danach Masseforderung (8 Ob 300/98w = JBl 1999, 736 [Apathy] = ecolex

1999, 684 [Wilhelm]; 8 Ob 163/99z = SZ 72/212 u.a.; RIS-Justiz

RS0064127). Für Forderungen aus Immobilienleasingveträgen gilt nichts anderes.

c) Keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zeigt der Revisionsrekurs auch mit seinem Hinweis aus, dass die pfandweise Beschreibung höchstens im Ausmaß der Entgelte für die gesetzliche Kündigungsfrist (= 36.584,94 EUR) hätte bewilligt werden dürfen. Selbst wenn eine Mietzinsklage nur für einen Teilbetrag schlüssig ist, ist über Antrag die pfandweise Beschreibung aller in § 1101 ABGB bezeichneten Fahrnisse zu bewilligen. Die Höhe der Mietzinsforderung

ist im Spruch nicht ziffernmäßig anzuführen (3 Ob 337/97y = wobl

1998, 120 = immolex 1998, 137; Iro aaO § 1101 ABGB Rz 5 mwN). Wie

sich aus der Gesetzessystematik ergibt, stellt die pfandweise Beschreibung noch keine Verwertungsmaßnahme dar (3 Ob 28/99k; vgl. dazu auch Binder aaO Rz 19 mwN). Die pfandweise Beschreibung durfte grundsätzlich zur Sicherung des Pfandrechts der Antragstellerin für den gesamten nach ihren Behauptungen offen aushaftenden Leasingentgelten bewilligt werden (vgl. 5 Ob 503/88). Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 528a Abs 1 iVm § 510 Abs 3 ZPO).

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