JudikaturJustiz3Ob240/01t

3Ob240/01t – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. Dezember 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Dr. Gerhard B***** , als Zwangsverwalter einer Liegenschaft gegen die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei Dagmar I*****, vertreten durch Dr. Franz Insam, Rechtsanwalt in Graz, wegen pfandweiser Beschreibung (§ 1101 ABGB), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 29. August 2001, GZ 3 R 232/01m-14, womit über deren Rekurs der Beschluss des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 14. Mai 2001, GZ 5 C 89/01h-2, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben. Die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei hat der klagenden und gefährdeten Partei die mit S 24.971,40 (darin enthalten S 4.161,90 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die gefährdete Partei (in der Folge nur noch: Kläger) wurde zum Zwangsverwalter einer Liegenschaft bestellt und am 21. 12. 2000 in sein Amt eingeführt. Die Gegnerin der gefährdeten Partei (in der Folge nur noch: Beklagte) ist Hauptmieterin mehrerer Bestandobjekte auf dieser Liegenschaft.

Mit der Mietzinsklage (gerichtet auf Zahlung rückständiger Mietzinse aus dem Zeitraum Jänner bis April 2001 in der Höhe von S 808.300) verband der Kläger den Antrag auf zwangsweise Beschreibung der in diesem Bestandobjekt befindlichen Einrichtungsgegenständen und Fahrnisse, die der Beklagten gehören, soweit sie nicht der Pfändung entzogen sind.

Das Erstgericht bewilligte die pfandweise Beschreibung. Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Rekursgericht dem dagegen erhobenen Rekurs der Beklagten nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Der Rechtsansicht der Beklagten, wonach die Klage des Zwangsverwalters einer exekutionsgerichtlichen Genehmigung bedurft hätte und eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens vorliege, weil ein Mängelbehebungsverfahren gemäß § 6 Abs 2 ZPO unterblieben sei, hielt das Rekursgericht entgegen, dass der Zwangsverwalter gemäß § 109 Abs 3 EO kraft seiner Bestellung befugt sei, alle Klagen anzustrengen, die zur Durchführung der Zwangsverwaltung erforderlich sind. Nur zu Verfügungen, welche nicht zum gewöhnlichen Wirtschaftsbetrieb gehören und zu "sonstigen Maßregeln von besonderer Wichtigkeit" bedürfe er gemäß § 112 Abs 1 EO der Zustimmung des Exekutionsgerichtes. Wie der Rekursgegner zutreffend kommentiere, gehöre die klagsweise Geltendmachung von Bestandentgelten gegenüber Mietern zu den Hauptaufgaben des Zwangsverwalters im Rahmen des "gewöhnlichen Wirtschaftsbetriebs" der Zwangsverwaltung, ohne dass er hiefür der vorhergehenden Zustimmung des Exekutionsgerichtes bedürfe. Wenn sogar die Einbringung von Räumungsklagen und Aufkündigungen von Bestandverträgen zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Zwangsverwaltung gehöre (Angst in Angst, EO Rz 3, 4 zu § 112 EO), müsse umso mehr die bloße Durchsetzung der Mietzinsforderungen (ohne Auflösung des Bestandverhältnisses) in den selbständigen Wirkungskreis des Zwangsverwalters fallen (vgl Schreiber in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO Rz 4 zu § 111 EO; JBl 1957, 561; SZ 15/248). Auch der mit der Klage verbundene Antrag auf Bewilligung der pfandweisen Beschreibung, dem schon ohne Bescheinigung des Anspruchs und ohne Glaubhaftmachung einer Gefahr allein aufgrund einer schlüssigen Mietzinsklage stattzugeben sei, bedürfe keiner vorhergehenden gerichtlichen Genehmigung.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten, mit dem sie die Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahin begehrt, dass zunächst das Mängelbehebungsverfahren gemäß § 6 Abs 2 ZPO eingeleitet und dem Kläger eine Frist von acht Tagen gesetzt werde, innerhalb welcher von ihm die notwendige Ermächtigung zur Prozessführung beizubringen sei. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist sei die Nichtigkeit dieses Verfahrens und die Zurückweisung der Klage wegen des eingangs bezeichneten Mangels auszusprechen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil, worauf im Revisionsrekurs zutreffend hingewiesen wird, keine oberstgerichtliche Entscheidung zur Frage vorliegt, ob der Zwangsverwalter für eine Mietzinsklage und den damit verbundenen Antrag auf pfandweise Beschreibung eine gerichtliche Genehmigung braucht. Auf das Verfahren über Anträge auf pfandweise Beschreibung sind die Bestimmungen der Exekutionsordnung über einstweilige Verfügungen anzuwenden (RIS-Justiz RS0037834; Neurauter in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO Art 27 EGEO Rz 2). Dies gilt auch für die neuen Bestimmungen, wie etwa § 402 Abs 1 EO, weshalb der Revisionsrekurs ungeachtet der Bestätigung des erstinstanzlichen Beschlusses nicht jedenfalls unzulässig ist (MietSlg 36.163; 8 Ob 53/01d; Neurauter aaO).

Der Revisionsrekurs ist allerdings nicht berechtigt. Die Revisionsrekurswerberin trägt keine Argumente vor, die geeignet sind, die völlig zutreffende rechtliche Beurteilung des Rekursgerichtes zu entkräften. Auszugehen ist zunächst davon, dass die Zwangsverwaltung (als eine Art der Exekution zur Hereinbringung von Geldforderungen) nach § 97 Abs 1 EO den Zweck hat, die Tilgung der vollstreckbaren Forderung aus den Nutzungen und Einkünften von Liegenschaften oder Liegenschaftsanteilen des Verpflichteten zu bewirken. Demgemäß gehört es zum Geschäftskreis des Zwangsverwalters, alle Nutzungen und Einkünfte aus der verwalteten Liegenschaft anstelle des Verpflichteten einzuziehen und darüber zu quittieren, und überhaupt alle Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen vorzunehmen und alle Klagen anzustrengen, die zur Durchführung der Zwangsverwaltung erforderlich sind (§ 109 Abs 3 EO), insbesondere auch, die Drittschuldner zur Leistung aufzufordern (§ 110 Abs 1 EO). Demgemäß ist auch der Zwangsverwalter zur klageweisen Geltendmachung der fälligen Mietzinse berechtigt (SZ 15/248). Grundsätzlich hat demnach der Verwalter alle Verfügungen, die der Wirtschaftsbetrieb gewöhnlich mit sich bringt, selbständig zu treffen (Schreiber in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 109 Rz 15). Ausgenommen sind lediglich die in § 112 Abs 1 EO genannten Verfügungen, die nicht im gewöhnlichen Wirtschaftsbetrieb inbegriffen sind, und alle sonstigen Maßregeln von besonderer Wichtigkeit, zu welchen die Zustimmung des Exekutionsgerichtes erforderlich ist. Zu solchen außergewöhnlichen bzw besonders wichtigen Maßregeln gehört nach § 111 Abs 1 Satz 3 EO auch der Abschluss von Pachtverträgen. Wie sich aus einem Gegenschluss zur letztgenannten Bestimmung ergibt, ist der Verwalter zur Aufkündigung von Miet- und Pachtverträgen sowie zu Räumungsklagen ohne Genehmigung des Exekutionsgerichts berechtigt (ebenso auch Angst in Angst, EO § 111 Rz 3). Es ist daher dem Rekursgericht darin völlig zuzustimmen, dass ein Größenschluss ergibt, dass die bloße Durchsetzung von Mietzinsforderungen ohne Auflösung des Bestandverhältnisses durch Mietzinsklagen umso weniger der gerichtlichen Genehmigung bedarf. Dabei handelt es sich in typischer Weise um Maßnahmen, die zum gewöhnlichen wirtschaftlichen Betrieb bei der Verwaltung von vermieteten Liegenschaften gehören. Nichts anderes gilt aber auch für Anträge auf Erlassung einstweiliger Verfügungen zur Sicherung von Ansprüchen auf Zahlungen des Bestandzinses, wie etwa auf pfandweise Beschreibung nach § 1101 ABGB.

Da sich somit aus den eindeutigen Wertungen der EO eindeutig ergibt, dass eine Genehmigung der Klagsführung durch das Exekutionsgericht nicht erforderlich ist, braucht man, wie in der Revisionsrekursbeantwortung zutreffend angeführt wird, entgegen der Auffassung der Beklagten nicht auf die eine ganz andere Situation betreffende Regelung des § 154 ABGB zurückzugreifen. Dies gilt im gegebenen Zusammenhang auch für die Regelung der Verwaltung von im Miteigentum stehender Sachen, worauf sich im Übrigen entgegen der Ansicht der Revisionsrekurswerberin, das Rekursgericht gar nicht berufen hat. Folgte man aber Angst (in Angst, EO § 112 Rz 3), der die Rechtsprechung zu den §§ 833, 834 ABGB zur Auslegung des § 112 Abs 1 EO heranziehen will, ergäbe sich nichts anderes, gehört doch nach der Rechtsprechung die Einbringung von Mietzinsklagen ebenfalls zur ordentlichen Verwaltung im Sinn des § 833 ABGB (MietSlg 20.188; RZ 1985/10, 63), die dem "gewöhnlichen Wirtschaftsbetrieb" vergleichbar ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 402 Abs 4, § 78 EO iVm §§ 50, 41 ZPO. Da der Oberste Gerichtshof die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung zu überprüfen hat, führt die nachträgliche Klagsausdehnung nicht zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage für die Rechtsanwaltskosten.