JudikaturJustiz3Ob236/98x

3Ob236/98x – OGH Entscheidung

Entscheidung
07. Oktober 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hofmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der betreibenden Parteien 1) Rudolf B*****, und 2) Juliana B*****, beide vertreten durch Dr. Gerhard Hoyer, Rechtsanwalt in Wels, wider die verpflichtete Partei Ernst W*****, vertreten durch Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwalt in Wels, wegen Räumung und 79.999,94 S sA infolge Rekurses der betreibenden Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichts Wels als Rekursgerichts vom 1. Juli 1998, GZ 22 R 230/98z-61, womit der Beschluß des Bezirksgerichts Wels vom 12. Mai 1998, GZ 6 E 144/96-55, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die verpflichtete Partei ist schuldig, den betreibenden Parteien die mit 6.695,04 S (darin 1.115,84 S) bestimmten Rekurskosten binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Begründung:

Mit Urteil vom 24. November 1995 erkannte das Bezirksgericht Wels den Verpflichteten rechtskräftig schuldig, eine Halle und zwei Lagerplätze zu räumen. Aufgrund dieses Exekutionstitels bewilligte das Erstgericht den betreibenden Parteien am 4. November 1996 die Räumungs- und die Fahrnisexekution zur Hereinbringung von 79.999,94 S sA. Die Fahrnisexekution wurde am 26. November 1996 vollzogen und im Pfändungsprotokoll unter Postzahl 2 eine größere Anzahl von Kraftfahrzeugwracks mit näheren Beschreibungen, aber auch "weitere LKW- und PKW-Wracks Typen u. Marken nicht mehr ersichtlich" und "div. Alteisenteile" - darunter befanden sich nach dem Befund des gerichtlichen Schätzmeisters auch "Mopeds" - verzeichnet. Die Schätzung der gepfändeten Fahrnisse fand am 12. März 1998 in Anwesenheit des Verpflichteten statt; deren Wert wurde mit insgesamt 20.000 S ermittelt. Um ein solches Meistbot wurden die Pfandsachen bei der Versteigerung am 28. April 1998 schließlich der erstbetreibenden Partei zugeschlagen. Der Verpflichtete war beim Versteigerungstermin anwesend und erhob keine Einwendungen. Am 30. April 1998 brachte er eine Vollzugsbeschwerde ein und beantragte die Aufhebung des Zuschlags. Er behauptete, die versteigerten Fahrnisse seien "nicht eindeutig feststellbar". Jedenfalls könnten auch einige noch fahrbereite und gar nicht gepfändete Kraftfahrzeuge im Eigentum dritter Personen versteigert worden sein. Auch andere nicht gepfändete Sachen seien zur Versteigerung gelangt.

Das Erstgericht gab der Vollzugsbeschwerde des Verpflichteten nicht Folge und wies seinen Antrag auf Zuschlagsaufhebung ab. Es stellte fest, daß bloß die unter Postzahl 2 des Pfändungsprotokolls verzeichneten Fahrnisse versteigert wurden und der Verpflichtete beim Verkaufstermin keine "Sachen von Wert" angeben konnte. In rechtlicher Hinsicht hob es hervor, allfälliges Dritteigentum an bestimmten Fahrnissen, wie es der Verpflichtete jetzt behaupte, habe die Versteigerung nicht hindern können.

Das Rekursgericht hob den angefochtenen Beschluß auf, trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens auf und sprach ferner aus, daß der "ordentliche Revisionsrekurs" zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, der Zuschlag sei bei einer Fahrnisexekution mittels Rekurses überhaupt nicht anfechtbar. Die Vollzugsbeschwerde greife nur bei "besonders krassen Verfahrensverstößen". Nur wenn das Verfahren so fehlerhaft gewesen sei, daß der Mangel einer "ordnungsgemäßen Versteigerung" auch für die in Betracht kommenden Käufer erkennbar gewesen sei, könne ein Zuschlag aufgehoben werden. Der Eintritt der Pfändungswirkung setzte die Beschreibung der gepfändeten Sachen im Pfändungsprotokoll voraus. Solange es an Zweifeln über die Identität der Pfandsachen fehle, könnten bloße Verfahrensmängel nicht die Unwirksamkeit der Pfändung bewirken. Es sei praktisch unmöglich, "Wracks, Alteisen und Gerümpel" aufgrund einer Detailbeschreibung zu verzeichnen. Demgemäß sei es auch hier nicht erforderlich gewesen, "typen- und markenmäßig nicht mehr identifizierbare LKW- und PKW-Wracks" genauer als ohnehin geschehen zu beschreiben. Es sei jedoch zu fordern, Fahrnisse, deren Nämlichkeit und Wert gesondert erfaßbar seien, in einer die Identifizierung ermöglichenden Weise anzuführen. Soweit daher hier "allenfalls noch fahrbereite Fahrzeuge", die nicht als Wracks bzw Alteisen bezeichnet werden könnten, vorhanden gewesen seien, hätte es deren genauen Verzeichnung im Pfändungsprotokoll bedurft. Somit sei im fortgesetzten Verfahren den Behauptungen des Verpflichteten nachzugehen, es seien auch "zwei (fahrbereite) Kühllastwägen, ein Steyr-Traktor 15, 1 Fiat 9 Tonnen-LKW sowie 1 Motorrad und 1 Moped veräußert" worden. Dazu sei auch zu klären, ob solche Gegenstände im Pfändungsprotokoll verzeichnet seien. Sollte sich herausstellen, daß wertnäßig gesondert erfaßbare und - mangels Verzeichnung bzw ordnungsgemäßer Verzeichnung - gar nicht gepfändete Fahrnisse versteigert worden seien, müßte ein derartiger "gravierender Verfahrensverstoß ... zur (auch teilweisen) Aufhebung des Zuschlags führen". Von erheblicher Bedeutung sei die Lösung der Rechtsfrage, wie genau die Beschreibung von Schrott und Alteisen, deren Einzelteile nicht identifizierbar und in ihrer Menge nicht bzw kaum erfaßbar seien, im Pfändungsprotokoll sein müsse.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der betreibenden Parteien ist, wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergeben wird, zulässig. Er ist auch berechtigt.

Nach ständiger - auch in der neueren Lehre gebilligten - Rechtsprechung, kann der Zuschlag gemäß § 278 Abs 1 EO mittels Rekurses nicht angefochten werden (JBl 1987, 796; SZ 41/88; SZ 27/92;

Angst/Jakusch/Pimmer, EO13 Anm 5 zu § 278; Holzhammer, Österr ZwVollstrR4 278; Mohr, Fahrnisexekution [1996] 94;

Rechberger/Oberhammer, ExRecht2 Rz 363; Rechberger/Simotta, ExVerf2 Rz 625). Die Aufhebung des Zuschlags kommt - abgesehen von einer solchen Rechtsfolge als Ergebnis einer Vollzugsbeschwerde, was noch zu erörtern sein wird - überhaupt nur nach Verwirklichung des Tatbestands gemäß § 278 Abs 3 EO in Betracht. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, weil der erstbetreibende Gläubiger den Kaufpreis als Ersteher - unter Abzug der (offenkundig) von ihm bezahlten Schätzungs- und Portokosten - noch in der Versteigerungstagsatzung erlegte (ON 48).

Die Anfechtung des Zuschlags mittels Vollzugsbeschwerde gemäß § 68 EO - wie hier - kann nach herrschender Ansicht nur im Falle schwerer Verletzungen der Verfahrensvorschriften erfolgreich sein (JBl 1987, 786; SZ 60/94; SZ 58/2; SZ 53/5; SZ 41/88; Holzhammer aaO; Mohr aaO; Rechberger/Oberhammer aaO; Rechberger/Simotta aaO), also dann, wenn eine dem Wesen der Versteigerung entsprechende Vorgangsweise überhaupt zu verneinen (SZ 60/94 [soweit offenkundig im Anschluß an zitiertes Schrifttum]; Heller/Berger/Stix, Kommentar 1914) und die Mißachtung von Verfahrensvorschriften so krass ist, daß der Mangel einer ordnungsgemäßen Versteigerung auch für den Ersteher erkennbar wurde (JBl 1987, 796; SZ 58/2; Mohr aaO; Rechberger/Oberhammer aaO). Das ist etwa dann zu bejahen, wenn die Beschreibung der im Pfändungsprotokoll verzeichneten Fahrnisse so mangelhaft ist, daß deren Identifizierung nicht zweifelsfrei möglich und demzufolge auch der Umfang und die Wirksamkeit der Pfändung fraglich sind (RZ 1995/55; SZ 65/115; JBl 1987, 796; SZ 58/2; Mohr aaO). Diese Rechtslage wurde vom Rekursgericht zutreffend erkannt und dargelegt.

Der erkennende Senat teilt auch dessen Ansicht, daß Fahrnisse in der Gestalt von Kraftfahrzeugwracks auf einem Schrottplatz, die eine Identifizierung nach Marke und Type nicht mehr mühelos ermöglichen, keiner näheren Beschreibung im Pfändungsprotokoll bedürfen. Zur Begründung der Pfändungswirkung genügt es dann vielmehr, wenn solche in größerer Anzahl vorhandenen Exekutionsobjekte - etwa dem hier zu beurteilenden Beispielsfall entsprechend - als "weitere LKW- und PKW-Wracks Typen u. Marken nicht mehr ersichtlich" bzw als "div. Alteisenteile" - dazu gehörten nach dem Befund des gerichtlichen Schätzmeisters (ON 45 S. 3) auch "Mopeds" - ohne eine (im Zuge des bloßen Augenscheins eines Schrottlagerplatzes meist gar nicht tunliche) Zählung verzeichnet werden, solange eine solche Zählung nicht wegen besonderer - hier fehlender - wertbestimmender Faktoren geboten ist.

Dennoch soll nach Ansicht des Rekursgerichts noch aufgeklärt werden, ob, wie der Verpflichtete in der Vollzugsbeschwerde behauptete, ungeachtet des Mangels eines (wirksamen) Pfändungsakts auch fahrbereite Kraftfahrzeuge (2 Kühllastwägen, 1 Steyr-Traktor, 1 Fiat-LKW 9 t, 1 Motorrad und 1 Moped) versteigert und solche Fahrnisse im Pfändungsprotokoll entweder gar nicht oder allenfalls ohne die erforderlichen Unterscheidungsmerkmale verzeichnet wurden. Dabei wurde übersehen, daß nach den Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts keine anderen als die im Rahmen der allein maßgeblichen Postzahl 2 des Pfändungsprotokolls verzeichneten Fahrnisse versteigert wurden. Das Gericht zweiter Instanz setzte sich mit der Beweiswürdigung des Erstgerichts auch gar nicht auseinander, sondern unterstellte einfach die nunmehrigen Tatsachenbehauptungen des Verpflichteten als mögliche Sachverhaltsvariante, obgleich bereits Gegenteiliges feststeht, der Verpflichtete beim Versteigerungstermin anwesend war und, wie das Erstgericht ferner feststellte, keine "Sachen von Wert" angeben konnte. In diesem Zusammenhang ist von besonderer Bedeutung, daß die entscheidungswesentliche Feststellung nicht nur auf einer schriftlichen Stellungnahme des Vollstreckers vom 4. Mai 1998 (ON 52), sondern neben dem sonstigen Akteninhalt auch noch auf dem persönlichen Eindruck des Erstrichters beruht, den dieser anläßlich einer Vorsprache des Verpflichteten von dessen Glaubwürdigkeit gewann und im "Aktenvermerk vom 6. Mai 1998" (ON 53) festhielt. Das Rekursgericht hätte daher in Anwendung der Grundsätze der Entscheidung eines verstärkten Senats des Obersten Gerichtshofs selbst dann nicht von der Beweiswürdigung des Erstgerichts abgehen können, wenn es, was hier aber gar nicht der Fall ist, aufgrund einer eigenen Würdigung des reinen Akteninhalts zu anderen tatsächlichen Schlußfolgerungen als das Erstgericht gelangt wäre (SZ 66/164). Nach den erörterten Tatsachenfeststellungen, die auch der Oberste Gerichtshof seiner rechtlichen Beurteilung zugrundezulegen hat, kann sich nicht mehr die Frage stellen, ob neben den Wracks von Kraftfahrzeugen und diversen Alteisenteilen auch "noch fahrbereite Fahrzeuge", die im Pfändungsprotokoll entweder gar nicht oder bloß mangelhaft verzeichnet worden wären, Gegenstand des Zuschlags gewesen sein könnten.

Dem Rekurs der betreibenden Parteien ist daher Folge zu geben und der angefochtene Aufhebungsbeschluß durch die Wiederherstellung der antragsabweisenden Sachentscheidung des Erstgerichts zu ersetzen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 78 EO in Verbindung mit den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.

Rechtssätze
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