JudikaturJustiz3Ob2277/96s

3Ob2277/96s – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. November 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Hofmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Heinz E*****, vertreten durch Dr.Andreas Brandtner, Rechtsanwalt in Feldkirch, wider die beklagte Partei Dr.Angelika Lener, Rechtsanwältin, Feldkirch, Dorfstraße 23, als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen des Hermann D*****, wegen Unzulässigkeit einer Exekution, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgerichtes vom 19.Dezember 1995, GZ 2 R 347/95-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 19.August 1995, GZ 4 C 76/95f-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit S 6.086,40 (darin S 1.014,40 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der nunmehrige Gemeinschuldner (in der Folge als Beklagter bezeichnet) führt gegen einen am Rechtsstreit nicht beteiligten Dritten zur Hereinbringung der Forderung von S 500.000,- sA Fahrnisexekution. Im Zuge dieser Exekution wurde ein als Imbißstube verwendetes Gebäude gepfändet. Zwischen den Streitteilen steht außer Streit, daß es sich dabei um ein Superädifikat handelt.

Der Kläger erhob in einer beim Erstgericht am 15.2.1995 eingelangten Klage gegen die Exekution Widerspruch mit dem Vorbringen, daß er Eigentümer des gepfändeten Gebäudes sei. Er habe es im Jahr 1983 im Einvernehmen mit der Grundstückseigentümerin errichtet. In der Folge sei es zwar mehrfach weiterverkauft worden. Dies habe aber nicht zum Verlust seines Eigentumsrechts geführt, weil die Veräußerungsurkunden nicht hinterlegt worden seien. Er sei verpflichtet, den Erwerbern das Eigentum lastenfrei zu übertragen, und habe daher ein Interesse an der Klagsführung, weil er sonst Ersatzansprüchen der Erwerber ausgesetzt sei.

Der Beklagte wendete ein, daß der Kläger nicht mehr zur Erhebung des Widerspruchs gemäß § 37 EO berechtigt sei, weil der Besitz an dem Gebäude anläßlich der Veräußerung an den jeweiligen Käufer übergeben und von diesem auch jeweils der Kaufpreis bezahlt worden sei. Durch die Übergabe des Besitzes habe der Käufer mehr als nur eine Anwartschaft auf das Eigentumsrecht und mehr als die Rechtsstellung eines publizianischen Eigentümers erhalten. Die Erhebung des Widerspruchs stelle auch eine schikanöse Rechtsausübung dar, zumal der Kläger selbst erklärt habe, keinerlei Interesse mehr an den Gebäude zu haben. Durch die Klage sollten daher allein seine (des Beklagten) Interessen geschädigt werden.

Das Erstgericht wies das auf Unzulässigerklärung der Exekution gerichtete Klagebegehren ab. Es stellte im wesentlichen folgendes fest:

Der Kläger errichtete das gepfändete Gebäude 1983 auf einem Grundstück, daß ihm von der Eigentümerin in Bestand gegeben wurde. Er betrieb darin eine Imbißstube. In der Folge wurde zwischen dem Kläger und Siegfried K***** ein mit 27.9.1989 datierter Kaufvertrag geschlossen. Es kann nicht festgestellt werden, ob dieser Kaufvertrag aufrecht blieb oder ob er aufgehoben und durch einen - mündlichen oder schriftlichen - Kaufvertrag zwischen dem Kläger einerseits und Josef H***** andererseits ersetzt wurde. Jedenfalls kam es zwischen September 1989 und Oktober 1990 entweder zwischen dem Kläger als Verkäufer einerseits und Josef H***** als Käufer andererseits oder aber zwischen Siegfried K***** als Verkäufer einerseits und Josef H***** als Käufer andererseits zu Kaufvereinbarungen als Grundlage einer beabsichtigten Eigentumsübertragung der Imbißstube. Der Kläger gab seinen Besitz Ende September 1989 auf. Entweder Siegfried K***** oder Josef H***** oder aber auch beide gemeinsam eröffneten im Oktober 1989 ihrerseits wiederum den Betrieb. Josef H***** verkaufte die Imbißstube am 23.10.1990 an den Verpflichteten, der mit einer als "Pachtvertrag" bezeichneten schriftlichen Vereinbarung vom 25.10.1990 das Grundstück, auf dem sie sich befindet, von der Eigentümerin in Bestand nahm. Die jeweiligen Käufer der Imbißstube waren nicht darüber informiert, daß es zum Erwerb des Eigentums einer Urkundenhinterlegung bedurft hätte. Sie bezahlten jeweils den vereinbarten Kaufpreis und nahmen die Imbißstube in Besitz. Jedenfalls bis zur Einleitung des Exekutionsverfahrens gingen sie davon aus, rechtmäßige Eigentümer des Gebäudes zu sein.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt dahin, daß der Kläger als Erbauer Superädifikats jedenfalls zunächst trotz des Verkaufes dessen Eigentümer geblieben sei, weil Urkunden nicht hinterlegt worden seien. Das Eigentum sei aber durch Ersitzung auf den Verpflichteten übergegangen. Da es sich bei einem Superädifikat um eine bewegliche Sache handle, werde das Eigentum daran gemäß § 1466 ABGB durch einen dreijährigen rechtlichen, das sei gemäß § 1460 ABGB ein rechtmäßiger, redlicher und echter Besitz ersessen. Diese Voraussetzung sei hier mit Ablauf des 30.9.1992 gegeben gewesen, weil gemäß § 1493 ABGB die Ersitzungszeit aller Besitzer zusammenzurechnen sein. Aber selbst wenn der Kläger noch Eigentümer des Superädifikates wäre, könnte er nicht Widerspruch gemäß § 37 EO erheben, weil die Käufer ein Anwartschaftsrecht auf Übertragung des Eigentums hätten. Der Kläger müsse dulden, daß auf diese Rechte gemäß § 331 EO Exekution geführt werde, und er könne durch eine Exekutionsführung nach § 249 EO nicht beschwert sein, weil der "Endzweck" beider Exekutionen derselbe sei.

Schadenersatzansprüche gegen den Kläger seien nicht zu befürchten, weil die unterbliebene Urkundenhinterlegung nachgeholt werden könne.

Das Berufungsgericht bestätigte infolge Berufung des Klägers dieses Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteigt und die ordentliche Revision zulässig sei. Die Exszindierungsklage entspreche der Eigentumsklage nach § 366 ABGB, die auf Herausgabe der Sache gerichtet sei. Einen solchen Herausgabeanspruch habe jedoch der Kläger nicht, weil er das Superädifikat verkauft und an den (die) Käufer übergeben habe. Der Verpflichtete habe ohne Urkundenhinterlegung Eigentum erworben, weil die Voraussetzungen des § 367 ABGB erfüllt seien. Jedenfalls könne er sich gegen den Herausgabeanspruch des Klägers zur Wehr setzen, weshalb dieser nicht exszindierungsberechtigt sei. Der sogenannte außerbücherliche Eigentümer könne nämlich dem bücherlichen Eigentümer die Einrede aus dem Recht zum Besitz entgegensetzen. Die Urkundenhinterlegungsvorschriften dienten höchstens dem Schutz Dritter, nicht jedoch dem des Verkäufers, der es unterlassen habe, die Urkunde zu hinterlegen. Im übrigen habe das Erstgericht zu Recht auf die Ersitzung von Amts wegen Bedacht genommen, weil § 1501 ABGB nur auf die Verjährung und nicht auf die Ersitzung Bezug nehme. Eine konkrete Behauptung, daß der Verpflichtete das Eigentum ersessen habe, sei nicht notwendig. Es genüge der Einwand, daß die Exszindierungsklage unzulässig sei, weil der Käufer "mehr als nur eine Anwartschaft auf das Eigentumsrecht erhalten hat und der Kläger zur Übertragung des Eigentums verpflichtet war".

Rechtliche Beurteilung

Die vom Kläger inhaltlich wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes erhobene Revision ist nicht berechtigt.

Gemäß § 1466 ABGB wird das Eigentumsrecht, dessen Gegenstand eine bewegliche Sache ist, durch einen dreijährigen rechtlichen Besitz ersessen. Es besteht kein Grund, diese Bestimmung auf Superädifikate, bei denen es sich um bewegliche Sachen handelt (JBl 1986, 722; SZ 55/155; EvBl 1976/105 ua), nicht anzuwenden. Dies ist auch herrschende Auffassung im Schrifttum (Feil, Bauwerke, nicht verbücherte Liegenschaften und Urkundenhinterlegung Rz 14; Graschopf, Bauwerke auf fremdem Grund 35 f; Lenhoff, Eigentumserwerb 16; Schubert in Rummel2 Rz 1 zu § 1466). Die analoge Anwendung des für die Ersitzung von Liegenschaften geltenden § 1468 ABGB kommt hingegen entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung nicht in Betracht, weil der Umstand, daß ein Superädifikat nur gegeben ist, wenn dem Erbauer die Belassungsabsicht fehlt (JBl 1985, 742; JBl 1985, 289; JBl 1982, 481 ua), für die Frage der Ersitzung eine unterschiedliche Behandlung erfordert und rechtfertigt. Ebenso wenig vermag sich der erkennende Senat der Ansicht von Klang (in Klang2 VI 586) der sich auf die "Natur der Sache" beruft (Klang, Sachenrechtliche Bestimmungen 85) anzuschließen, wonach die Ersitzungszeit je nach der Beschaffenheit des Bauwerks drei oder dreißig Jahre beträgt. Die Form, in der der für die Ersitzung erforderliche Besitz an einem Bauwerk ausgeübt wird, hängt nämlich vor allem bei Gebäuden nicht von deren Beschaffenheit ab; dies spricht aber dagegen, die Dauer der Ersitzungszeit hievon abhängig zu machen. Überdies würde die Differenzierung nach der Beschaffenheit des Bauwerks zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit führen, zumal die für die Dauer der Ersitzungszeit maßgebenden Eigenschaften des Bauwerks kaum in einer für alle Bauwerke eindeutigen Weise festgelegt werden könnten.

Unter rechtlichem Besitz im Sinn des § 1466 ABGB ist der rechtmäßige, redliche und echte Besitz zu verstehen (vgl § 1460 ABGB). Ein solcher Besitz war aber bei den Käufern des Superädifikates gegeben. Da seit dem ersten Verkauf drei Jahre verstrichen sind, hat der Kläger sein - durch die Bauführung erworbenes (NZ 1994, 15; EvBl 1991/75; Miet 38/29 ua) - Eigentumsrecht an dem Superädifikat jedenfalls und unabhängig davon, daß eine Urkunde über die Veräußerung nicht hinterlegt wurde (RZ 1960, 14; SZ 17/2; Hoyer in FS Ostheim 96, Feil aaO), infolge der vollendeten Ersitzung verloren. Ist aber der Kläger nicht mehr Eigentümer des gepfändeten Gebäudes, ist er auch nicht mehr berechtigt, gegen die darauf geführte Exekution Widerspruch nach § 37 EO zu erheben.

Der Beklagte, der für den Verlust des Eigentums des Klägers behauptungs- und beweispflichtig ist, hat sich darauf berufen, daß der Kläger das Superädifikat verkauft und den Besitz daran an den Käufer übertragen hat. Er hat damit alle Tatsachen vorgebracht, die für den Verlust des Eigentumsrechtes infolge Ersitzung wesentlich sind, zumal die Redlichkeit des Besitzes gemäß § 328 ABGB vermutet wird und hier auch nicht zweifelhaft ist. Daß er dabei nicht das Wort "Ersitzung" oder ein vergleichbares Wort gebraucht hat, ist ohne Bedeutung.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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