JudikaturJustiz3Ob223/12h

3Ob223/12h – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. Dezember 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Hofrätin Dr. Lovrek als Vorsitzende sowie die Hofräte Hon. Prof. Dr. Neumayr, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch Dr. Martin Mahrer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei I*****, vertreten durch Mag. Andreas Arbesser, Rechtsanwalt in Langenzersdorf, und des Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei Ing. K*****, vertreten durch Mag. Reinhard Schweng, Rechtsanwalt in Wien, wegen 19.600 EUR sA, infolge der Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 21. August 2012, GZ 14 R 46/12f 31, womit über Berufung des Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 16. Dezember 2011, GZ 56 Cg 27/11v 24, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, dem Nebenintervenienten die mit 1.076,51 EUR (darin 179,42 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen. Der Antrag der beklagten Partei auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Der Nebenintervenient schloss mit der Beklagten am 23. März 1997 eine schriftliche Vereinbarung, dass diese für den Fall seines Ablebens sein Begräbnis ausrichten und sich dann noch 20 Jahre lang um die Pflege des Familiengrabes kümmern soll. Zur Deckung der Kosten übergab er ihr zwei 1996 abgeschlossene Er- und Ablebensversicherungen, zahlbar an den Überbringer. Der Wert der Versicherungen betrug 19.600 EUR.

Im Hinblick auf seinen schlechten Gesundheitszustand vereinbarte der Nebenintervenient im Jahr 1999 weiters mit der Beklagten, dass sie sich bereits zu seinen Lebzeiten um das Grab kümmern soll, wofür ihr 300 EUR jährlich zustehen sollten, die sie von dem von der Versicherung auszuzahlenden Betrag nehmen sollte.

Nach Ende der Laufzeit der Polizzen im Jahr 2003 wurden diese vom Nebenintervenienten eingelöst. Das von der Versicherung ausgezahlte Geld übergab er wiederum der Beklagten in bar. Diese veranlagte das Geld auf zwei auf ihren Namen lautende Sparbücher.

Die Klägerin war die Ehefrau des Nebenintervenienten. Die Ehe wurde im Jahr 1999 geschieden. Im Rahmen des nachfolgenden Aufteilungsverfahrens wurde ihr eine Ausgleichszahlung von 280.000 EUR zugesprochen. Sie beantragte, soweit für dieses Verfahren wesentlich, mit Exekutionsantrag vom 22. Juli 2008 beim Bezirksgericht Korneuburg zu AZ 8 E 2703/08a die Bewilligung der Forderungsexekution gegen den Nebenintervenienten und gab die Beklagte als Drittschuldnerin an. Sie brachte vor, der Nebenintervenient habe der Beklagten treuhändig und jederzeit rückforderbar 19.600 EUR übergeben. Die Exekutionsbewilligung wurde dem Nebenintervenienten am 9. September 2008 und der Beklagten (samt Aufforderung zur Abgabe einer Drittschuldnererklärung) am 8. August 2008 zugestellt. In der Drittschuldnererklärung gab die Beklagte an, dass dem Nebenintervenienten keine Forderungen gegen sie zustünden. Vielmehr habe sie selbst eine Forderung von 2.100 EUR gegen ihn.

Mit der als Drittschuldnerklage bezeichneten Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten die Zahlung von 19.600 EUR. Die Beklagte habe vom Nebenintervenienten treuhändig einen Betrag von 19.600 EUR „für Grabpflege“ erhalten. Es bestehe ein „jederzeitiger Rückforderungsanspruch“ (gemeint: des Nebenintervenienten gegenüber der Beklagten), der mittels Drittschuldnerklage geltend gemacht werde.

Die Vereinbarung habe nur dem Zweck gedient, Vermögen zu verschieben, um es dem exekutiven Zugriff zu entziehen. Es liege ein Scheingeschäft vor.

Die Beklagte habe als Lebensgefährtin des Nebenintervenienten dessen wahre Absicht eine Vermögensverschiebung mit dem Zweck der Benachteiligung der Klägerin gekannt. Beide hätten jedenfalls im Jahr 2003 bei der Geld-, Sparbuch- bzw Polizzenübergabe in Benachteiligungsabsicht zu Lasten der Klägerin gehandelt.

Die Beklagte und der Nebenintervenient wandten im Wesentlichen ein, dass der Abschluss der Vereinbarung bezweckt habe, die Ausrichtung des Begräbnisses des damals schon schwer kranken Nebenintervenienten und die Grabpflege zu sichern.

Ein Scheingeschäft liege ebenso wenig vor wie Benachteiligungsabsicht. Ein Rückforderungsanspruch des Nebenintervenienten gegenüber der Beklagten habe nie bestanden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von 15.475 EUR sA statt und wies das Mehrbegehren (rechtskräftig) ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei dahin Folge, dass es das Klagebegehren unter Einbeziehung der in Rechtskraft erwachsenen Abweisung im Ersturteil zur Gänze abwies.

Das Rechtsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Nebenintervenienten sei als Treuhandvertrag zu qualifizieren.

Mangels vorheriger Beendigung sei das Treuhandverhältnis zum Zeitpunkt der Zustellung der Exekutionsbewilligung noch aufrecht gewesen. Die Klägerin habe gegen den Nebenintervenienten einen Antrag auf Bewilligung einer Forderungsexekution eingebracht, worauf ein Doppelverbot gegen den Nebenintervenienten und die Beklagte erlassen und eine allfällige Forderung des Nebenintervenienten gegen die Beklagte an die Klägerin zur Einziehung überwiesen worden sei. Die Überweisung zur Einziehung ermächtige den betreibenden Gläubiger, namens des Verpflichteten vom Drittschuldner die Entrichtung des im Überweisungsbeschluss bezeichneten Betrags nach Maßgabe des Rechtsbestands der gepfändeten Forderung und des Eintritts ihrer Fälligkeit zu begehren, den Eintritt ihrer Fälligkeit durch Einmahnung oder Kündigung herbeizuführen, alle zur Erhaltung und Ausübung des Forderungsrechts notwendigen Handlungen vorzunehmen, Zahlung zur Befriedigung seines Anspruchs in Empfang zu nehmen und die nicht rechtzeitig und ordnungsgemäß bezahlte Forderung gegen den Drittschuldner in Vertretung des Verpflichteten einzuklagen und das für die überwiesene Forderung begründete Pfandrecht geltend zu machen.

Allerdings könne auf das Treugut nicht direkt Exekution geführt werden. Vielmehr könnten nur die Ansprüche des Treugebers gegen den Treuhänder in Exekution gezogen werden. Wenn auch die Sache oder Forderung wirtschaftlich im Vermögen des Treugebers bleibe, stehe sie rechtlich im Vermögen des Treuhänders, weshalb nur ein obligatorischer Herausgabeanspruch bestehe, der im vorliegenden Fall zusätzlich davon abhänge, dass zuvor das Treuhandverhältnis gemäß § 1020 ABGB beendet werde. Habe der betreibende Gläubiger aber keinen direkten Zugriff auf die Treuhandsache, könne Exekution nur nach § 331 EO geführt werden.

Konsequenterweise müsse eine Forderungsexekution daran scheitern, dass dem Verpflichteten zum Zeitpunkt des Drittverbots gegen den Drittschuldner eine entsprechende Geldforderung weder bedingt noch befristet zugestanden sei. Zwar sei vereinzelt vertreten worden, dass dann, wenn der Anspruch des Treugebers in der Forderung auf Herausgabe eines Geldbetrags bestehe (also ausschließlich eine Geldforderung des Verpflichteten gepfändet werde), dieser Anspruch als Exekutionsobjekt im Sinne des § 294 EO zu qualifizieren sei. Dies könne aber jedenfalls dann nicht gelten, wenn für das Entstehen der Geldforderung die Ausübung eines Gestaltungsrechts, hier eines Widerrufs des bestehenden Treuhandverhältnisses, erforderlich sei.

Die mit Drittschuldnerklage geltend gemachte Forderung bestehe daher nicht zu Recht, weshalb das Begehren unbegründet sei.

Soweit die Klägerin ihren Anspruch auf das Anfechtungsrecht gestützt habe, komme nur eine Anfechtung nach § 2 Z 1 AnfO in Betracht, weil zwischen dem Nebenintervenienten und der Beklagten zwar ein freundschaftliches Verhältnis, aber keine Lebensgemeinschaft bestanden habe. Die maßgebliche Vereinbarung zwischen dem Nebenintervenienten und der Beklagten datiere aus dem Jahr 1997. Da die Klage erst 2011, also mehr als 10 Jahre nach diesem Zeitpunkt eingebracht worden sei und ein Anfechtungstatbestand erstmals mit Schriftsatz vom 19. Mai 2011 behauptet worden sei, sei ein allfälliger Anfechtungsanspruch verfristet. Die im Laufe des aufrechten Vertragsverhaltnisses zwischen dem Nebenintervenienten und der Beklagten vereinbarte geringfügige Änderung der ursprünglichen Vereinbarung würde für sich allein keine benachteiligende Handlung darstellen.

Die Revision sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob dann, wenn der Anspruch des Treugebers gegen den Treuhänder in einer Geldforderung bestehe, auch eine Exekutionsführung des Gläubigers des Treugebers nach § 294 EO möglich sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin aus den Revisionsgründen der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens mit dem Antrag, das Ersturteil wiederherzustellen.

Die Beklagte und der auf ihrer Seite beigetretene Nebenintervenient beantragen in ihren Revisionsbeantwortungen, der Revision nicht Folge zu geben. Der Nebenintervenient beantragt weiters, die Revision als unzulässig zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruchs nicht zulässig.

1. Die Klägerin gründet ihr Klagebegehren zum einen darauf, dass sie eine dem Nebenintervenienten gegen die Beklagte zustehende Geldforderung gepfändet habe.

1.1. Diese von ihr als Überweisungsgläubigerin geltend gemachte Geldforderung soll nach ihrem erstinstanzlichen Vorbringen daraus resultieren, dass dem Nebenintervenienten ein „jederzeitiger Rückforderungsanspruch“ bezüglich der der Beklagten überlassenen Gelder zustehe, die nach Auslaufen der im Besitz der Beklagten befindlichen Versicherungspolizzen von der Versicherung an den Nebenintervenienten ausgefolgt worden seien. Dieser „jederzeitige Rückforderungsanspruch“ soll erkennbar deshalb bestehen, weil ein Scheingeschäft bzw eine „jederzeit widerrufliche freie Treuhand“ vorliege.

1.2. Durch die Überweisung der Forderung zur Einziehung wird der betreibende Gläubiger berechtigt, die gepfändete Forderung so geltend zu machen, wie sie dem Verpflichteten gegen den Drittschuldner zusteht (RIS-Justiz RS0003868). Der Verpflichtete bleibt zwar weiterhin Inhaber der Forderung; die Überweisung nimmt ihm aber die materiellrechtliche Einziehungsbefugnis und das aus dieser erwachsende Klagerecht ( Oberhammer in Angst 2 § 308 EO Rz 7). Die Einziehungsbefugnis erhält der Überweisungsgläubiger ( Oberhammer in Angst 2 § 308 EO Rz 3).

1.3. § 308 EO gibt dem Überweisungsgläubiger auch das Recht zur Erhebung der Klage im eigenen Namen gegen den Drittschuldner (§ 308 EO). Gegenstand des Drittschuldnerprozesses ist (nur) die Frage des Bestehens der Forderung des Verpflichteten gegen den Drittschuldner (RIS Justiz RS0003886; Heller/Berger/Stix 4 2228). Die Rechtsstellung des Drittschuldners wird nämlich durch die Überweisung zur Einziehung nicht geändert, ihm stehen alle Einwendungen aus seinem Verhältnis zum Verpflichteten unverändert zu ( Oberhammer in Angst ² § 308 EO Rz 4).

1.4. Daraus folgt ganz selbstverständlich, dass die Bewilligung der Forderungsexekution keine neue Forderung schafft; die Pfändung einer nicht existierenden Forderung ist ein „Schlag ins Wasser“. Das zeigt sich allerdings erst im Drittschuldnerprozess, weil das Bestehen der Forderung im Exekutionsbewilligungsverfahren nicht zu prüfen ist ( Oberhammer in Angst ² § 294 EO Rz 26a; RIS Justiz RS0000085 [T1 und T7]).

1.5. Die Beklagte und der Nebenintervenient haben eine Vereinbarung getroffen, die ausgehend von den Feststellungen nicht als Scheingeschäft zu qualifizieren ist. Im Hinblick auf den festgestellten Inhalt der Vereinbarung stand dem Nebenintervenienten zum maßgeblichen Zeitpunkt der Pfändung ( Oberhammer in Angst ² § 294 EO Rz 21) auch kein „jederzeitiger Rückforderungsanspruch“ gegen die Beklagte zu, wie die Klägerin vorgebracht hatte.

1.6. Auf ein zum Zeitpunkt der Pfändung bereits bestehendes und von der Klägerin wirksam gepfändetes Rückforderungsrecht, das seine Grundlage in einer Kündigung des Vertragsverhältnisses durch die Beklagte gehabt hätte, hat sich die Klägerin nicht berufen.

1.7. Damit stellt sich aber die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage nicht: Die Pfändung von Ansprüchen nach § 294 EO setzt voraus, dass (zum Zeitpunkt der Pfändung) zumindest eine bedingte oder betagte Forderung besteht (RIS-Justiz RS0119639; Oberhammer in Angst ² § 294 EO Rz 2).

Bloß erwartete Forderungen, denen in der Gegenwart jede rechtliche Grundlage fehlt, wie etwa ein künftig möglicherweise entstehender Gewährleistungsan-spruch, sind nicht im Rahmen der Exekution auf Geldforderungen nach den §§ 290 ff EO pfändbar ( Zechner , Forderungsexekution 221; vgl RIS-Justiz RS0004203 [T1], RS0119639). Dieser Fall liegt hier vor, weil das Vertragsverhältnis nur durch eine Gestaltungserklärung einer der Vertragsparteien beendet werden kann.

1.8. Diesem Ergebnis steht der Wortlaut des § 308 EO nicht entgegen, der auf die Befugnis des Überweisungsgläubigers verweist, „die Fälligkeit durch Einmahnung oder Kündigung“ herbeizuführen. Diese Regelung bezieht sich nur auf die Fälligstellung der gepfändeten Geldforderung, nicht aber darauf, dass sie mangels Kündigung des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses noch gar nicht entstanden ist.

1.9. Damit wäre aber, wie das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zutreffend erkannte, nur eine Exekution der Klägerin in die Rechtsposition des Nebenintervenienten nach § 331 EO möglich gewesen.

Richtig ist zwar, dass die Abgrenzung zwischen einer Exekution nach §§ 325 ff EO iVm § 308 Abs 1 EO einerseits und § 331 EO iVm § 333 Abs 1 EO andererseits fließend ist ( Oberhammer in Angst 2 § 325 EO Rz 5). Die in der Revision vorgeschlagene Umdeutung des Antrags die im Übrigen nur im Exekutionsverfahren denkbar wäre, weil im Drittschuldnerprozess eine Umdeutung der rechtskräftigen Exekutionsbewilligung nicht in Frage kommt kann sich aber nur darauf beziehen, dass die rechtliche Qualifikation strittig ist, nicht aber darauf, dass der im Exekutionsantrag dargestellte Sachverhalt mit dem wahren Sachverhalt nicht übereinstimmt. Im vorliegenden Fall behauptete die Klägerin im Exekutionsantrag, dass dem Verpflichteten bereits eine Geldforderung zustand.

Die behauptete „überraschende Rechtsansicht“ des Berufungsgerichts begründet schon deshalb keinen Verfahrensmangel, weil die Klägerin als Überweisungsgläubigerin einer gepfändeten Geldforderung zur Kündigung des Vertragsverhältnisses zwischen der Beklagten und dem Nebenintervenienten nicht befugt war.

2. Die Auffassung des Berufungsgerichts, eine allenfalls gläubigerbenachteiligende Handlung könne nur in der im Jahr 1997 geschlossenen Vereinbarung liegen und die Ausfolgung der Beträge 2003 stelle sich bloß als Abwicklungsmodalität dar, entspricht dem Grundsatz, dass es nicht möglich ist, in einem Fall wie dem vorliegenden die Vereinbarung zu „teilen“ und im Rahmen der Anfechtung bestimmte Einzelelemente etwa auch aus der Abwicklung der vertraglichen Vereinbarung sozusagen zu isolieren (vgl RIS-Justiz RS0123338).

3. Die Revision ist daher mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO. Der Nebenintervenient hat im Gegensatz zur Beklagten auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Die Bemessungsgrundlage beträgt 15.475 EUR.

Rechtssätze
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