JudikaturJustiz3Ob17/97i

3Ob17/97i – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Juli 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Dr.Wilfrid Stenitzer, Rechtsanwalt, 8430 Leibnitz, Hauptplatz 34, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Gerhard W*****, und weiteren betreibenden Parteien, wider die verpflichtete Partei Gerhard W*****, wegen S 294.000,-- sowie weiterer Forderungen, infolge ordentlichen Revisionsrekurses der Hypothekarin und Beitrittsgläubigerin B***** AG, ***** vertreten durch Dr.Klaus Galle, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 27.November 1996, GZ 4 R 642/96b-83, womit der Meistbotsverteilungsbeschluß des Bezirksgerichtes Leibnitz vom 30.September 1996, GZ 7 E 12/95d-80, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen, soweit er gegen die Bestimmung der Kosten des Masseverwalters gerichtet ist.

Im übrigen wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden insoweit aufgehoben, als über die Zuweisung der vom Masseverwalter als Vorzugsposten geltend gemachten Kosten von S 154.600,83 sowie über die sich daraus ergebende Differenz bei der Zuweisung aus dem Zinsenzuwachs entschieden wurde; in diesem Umfang wird dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung aufgetragen.

Die Revisionsrekurswerberin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Nach Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Verpflichteten wurde dem Masseverwalter auf seinem Antrag mit Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 20.1.1995, 25 S 91/94-28, gemäß § 119 KO die kridamäßige Versteigerung der Liegenschaft EZ ***** GB O***** bewilligt. Das Konkursgericht sprach in diesem Beschluß aus, daß die Kosten des Masseverwalters für Verwaltung, Versteigerung und Verteilung gemäß § 125 Abs 4 KO vom Exekutionsgericht festzusetzen und bei der Verteilung zu berücksichtigen sind.

Das Konkursgericht bestimmte mit Beschluß vom 16.6.1995, 25 S 91/94-41, berichtigt mit Beschluß vom 10.1.1997, 25 S 112/96z (25 S 91/94)-67, die Kosten des Masseverwalters als Rechtsanwalt im Verfahren 28 Cg 75/94m des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz über die Hypothekarklage der nunmehrigen Revisionsrekurswerberin mit S 51.205,87 (darin 20 % USt S 8.534,31); sie seien ebenso wie die bereits mit Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz vom 24.4.1995 im Verfahren 28 Cg 75/94m des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz zugesprochenen Rekurskosten von S 1.196,16 Sondermasseforderungen gemäß § 49 KO. Der Betrag von insgesamt S 52.402,03 sei aus dem Meistbot dem Masseverwalter gemäß § 125 Abs 4 KO vor den Absonderungsgläubigern zuzuweisen.

Diese Beschlüsse wurden nur dem Masseverwalter und dem Gemeinschuldner zugestellt.

Der Masseverwalter meldete in der Verteilungstagsatzung am 11.9.1996 als Vorzugsposten diese Sondermasseforderungen sowie Kosten des Versteigerungsverfahrens in Höhe von S 93.971,-- sowie Kosten der Beteiligung an der Prüfungstagsatzung von S 8.227,80 an.

Das Erstgericht bestimmte die vom Masseverwalter verzeichneten Kosten des Versteigerungsverfahrens antragsgemäß und wies dem Masseverwalter alle angemeldeten Forderungen in der Gesamtsumme von S 154.600,83 als Vorzugsposten gemäß § 125 KO zur vollständigen Berichtigung durch Barzahlung zu.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß, sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der (ordentliche) Revisionsrekurs zulässig sei, weil eine auf den vorliegenden Fall durchgehend anwendbare Judikatur des Obersten Gerichtshofes nicht feststellbar sei. Zunächst gehe es um die Frage, inwieweit die Zuweisungen im Detail überprüft werden dürfen oder zu überprüfen sind, obgleich insofern im Rekurs nichts ausdrücklich geltend gemacht wurde. Auch was als Kostenbemessungsgrundlage zu gelten hat, sei nicht eindeutig feststellbar. Es komme auch darauf an, inwieweit der Beschluß des Konkursgerichtes für das Exekutionsgericht verbindlich ist und ob es sich bei der Prozeßführung des Masseverwalters außerhalb des Zwangsversteigerungsverfahrens um eine besondere Verwaltung im Sinn des § 49 Abs 1 KO handelt; andernfalls würde es sich um eine allgemeine Verwaltungshandlung hinsichtlich der Masse handeln.

In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, mangels erkennbarer Anfechtung sei es nicht erforderlich, die dem Masseverwalter zuerkannten Beträge der Höhe nach im Detail nachzuprüfen oder anhand des Einheitswertes neu zu berechnen.

Zur Zuweisung von S 52.402,03 an Kosten der Hypothekarklage führte das Rekursgericht aus, § 125 Abs 4 KO bestimme nur, daß Kosten des Masseverwalters, die er anläßlich der gerichtlichen Veräußerung von Sachen und der Verteilung des Erlöses beim Exekutionsgericht zu beanspruchen hat, von diesem festzusetzen seien. § 125 Abs 4 KO setze somit voraus, daß dem Grunde nach kein Zweifel bestehe, daß der Masseverwalter zwar Kosten, jedoch nicht beim Konkursgericht, sondern im Rahmen des Verteilungsverfahrens beim Exekutionsgericht anzusprechen habe. Stets aber komme die (auch ziffernmäßige) Festsetzung und die Überprüfung der Kosten im Detail auf ihre Notwendigkeit dem Exekutionsgericht zu. § 125 Abs 4 KO könne somit nicht bedeuten, daß Kosten, auch wenn es Sondermassekosten sind, vom Exekutionsgericht gleichsam ungeprüft zu übernehmen und zuzuweisen sind; dies würde sich zum Nachteil der Zuweisungsbeteiligten des Verteilungsverfahrens auswirken. Der dem Erstgericht vorgelegte Beschluß des Rekursgerichtes lasse diesem aber keinen Raum für eine ziffernmäßige Festsetzung und Überprüfung der Kostenbeträge. Es stelle sich die Frage, inwieweit das Exekutionsgericht inhaltlich an diesen Beschluß des Konkursgerichtes gebunden war, obgleich er auch eine Rechtskraftbestätigung nicht aufweise. Auch den sonst in Betracht kommenden gesetzlichen Bestimmungen (§ 49 Abs 1, § 47 Abs 3 KO) sei nicht zu entnehmen, daß das Konkursgericht Sondermassekosten, die vom Exekutionsgericht bei der Verteilung zu berücksichtigen sind, auch ziffernmäßig festzusetzen hätte. Überhaupt sei eine Entscheidung des Konkursgerichtes über die Sondermassekosten nur dann erforderlich und allenfalls einzuholen, wenn Zweifel bestünden, ob es sich um Sondermassekosten oder allgemeine Massekosten handelt. Das Konkursgericht habe die Entscheidung betreffend die Sondermassekosten demnach bloß dem Grunde nach zu treffen.

Das Rekursgericht erachte sich aber unter den gegebenen Umständen an den Beschluß des Konkursgerichtes gebunden, wenngleich nicht ersichtlich sei, daß er rechtskräftig sei und/oder die Rekurswerberin die Gelegenheit hatte, am Zustandekommen des Beschlusses mitzuwirken. Es habe daher auch eine detaillierte Prüfung der verzeichneten und zugewiesenen Kosten auf ihre Notwendigkeit zu unterbleiben. Die Kosten des Masseverwalters für die Beteiligung am Versteigerungsverfahren gehörten zu den in § 49 Abs 1 KO genannten Kosten der Verwertung der Sondermasse. Ihnen komme das Vorzugsrecht nach dieser Gesetzesstelle unabhängig davon zu, ob der Masseverwalter die Versteigerung beantragt hat oder ob er gemäß § 119 Abs 4 KO in ein bereits anhängiges Zwangsvollstreckungsverfahren als betreibender Gläubiger eingetreten ist. Entscheidend sei nur, ob die Kosten im Zusammenhang mit der Verwertung der Sondermasse entstanden sind.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist, soweit er sich gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes hinsichtlich der Höhe der Kosten des Masseverwalters richtet, als Entscheidung im Kostenpunkt gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO, § 78 EO jedenfalls unzulässig. Er ist daher gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO, § 78 EO zurückzuweisen.

Soweit sich der Revisionsrekurs nicht gegen die Höhe der zugesprochenen Kosten, sondern gegen den Rang, in dem die einzelnen Massekosten zugeteilt wurden, sohin gegen den Inhalt des Meistbotsverteilungsbeschlusses richtet, ist er nicht jedenfalls unzulässig, weil es sich bei der Frage des Befriedigungsranges von Kosten um keine Kostenentscheidung handelt (ZIK 1997, 225; SZ 66/15). Er ist auch berechtigt.

Nach der bindenden Zuständigkeitsregelung des § 47 Abs 3 KO entscheidet das Konkursgericht unter Ausschluß des Rechtsweges darüber, ob sich eine Masseforderung auf die gemeinschaftliche oder auf eine besondere Masse bezieht. Liegt eine Masseforderung vor und ist wie hier strittig und zweifelhaft, ob sie aus der Sonder- oder aus der allgemeinen Masse zu befriedigen ist, darf daher diese Frage vom Exekutionsgericht nicht entschieden werden. Die Entscheidung des ausschließlich zuständigen Konkursgerichtes bindet dann das Exekutionsgericht (ZIK 1997, 225; SZ 66/15; Bartsch/Pollak, KO I3 284; Wegan, Österreichisches Insolvenzrecht 53;

Petschek/Reimer/Schiemer, Das österreichische Insolvenzrecht 556;

Baumgartner in ÖJZ 1973, 9).

Dieser Beschluß ist aber auch den Absonderungsberechtigten zuzustellen; da ihre rechtliche Position dadurch beeinträchtigt werden kann, kommt ihnen dagegen ein Rekursrecht zu (Petschek/Reimer/Schiemer aaO; Baumgartner aaO). Vor Rechtskraft dieses Beschlusses tritt eine Bindung des Exekutionsgerichtes nicht ein.

Eine eindeutige gesetzliche Regelung, wie vorzugehen ist, wenn zum Zeitpunkt der Verteilungstagsatzung eine Entscheidung des Konkursgerichtes, ob sich eine Masseforderung auf die gemeinschaftliche oder auf eine besondere Masse bezieht, noch nicht bindend ergangen ist, liegt nicht vor. Es ist untunlich, mit der Beschlußfassung über die gesamte Verteilung bis zur Entscheidung des zuständigen Konkursgerichtes zuzuwarten (ZIK 1997, 225; SZ 66/15 mwN). Als einzig die Interessen beider Teile wahrnehmende befriedigende Lösung bleibt, den strittigen Betrag zuzüglich der daraus sich ergebenden Verschiebung der Fruktifikationszinsen von der Verteilung vorläufig auszunehmen und erst nach Klärung der Vorfrage durch das Konkursgericht über den von der Verteilung ausgenommenen Betrag zu entscheiden (ZIK 1997, 225).

Ein Zuspruch der mit dem Einschreiten im Meistbotsverfahren verbundenen Kosten findet nicht statt (JB 201).

Rechtssätze
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