JudikaturJustiz3Ob17/96

3Ob17/96 – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. April 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst, Dr. Graf, Dr. Pimmer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Exekutionssache der führenden betreibenden Partei R***** reg. Genossenschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Roman Moser, Rechtsanwalt in Thalgau, und weiterer betreibender Parteien, wider die verpflichtete Partei Roman H*****, vertreten durch Dr.Herbert Pflanzl ua Rechtsanwälte in Salzburg, wegen S 2,119.950 sA, infolge Rekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 14. Dezember 1995, GZ 53 R 1053/95z-72, womit der Rekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 16. September 1995, GZ 23 E 23/95-62, zurückgewiesen wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die verpflichtete Partei hat die Rekurskosten selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Gegenstand des Exekutionsverfahrens ist die Zwangsversteigerung mehrerer Liegenschaften des Verpflichteten. Das Erstgericht trennte mit Beschluß vom 16.9.1995, 23 E 23/95-62, das Exekutionsverfahren bezüglich der EZZ 740 und 832 Grundbuch G***** von dem Exekutionsverfahren bezüglich der EZZ 383, 845 und 76 Grundbuch G*****; das Verfahren bezüglich der zuletzt genannten Liegenschaften werde zu 23 E 23/95 weitergeführt; hinsichtlich der zuerst genannten Liegenschaften werde "aus Gründen der Übersicht bezüglich des führenden Aktes ein Neuakt angelegt", die Beitritte würden zur ursprünglichen GZ weitergeführt. Zur Begründung führte das Erstgericht aus, bei der Festsetzung des Schätzwertes sei bei den EZZ 740 und 832 die Schaffung einer künftigen Bauparzelle zur Grundstücknummer 196/8 berücksichtigt worden. Da diese Parzelle bisher aber nicht existiere, könne sie nicht Gegenstand einer gerichtlichen Zwangsversteigerung sein; Schätzwert und Versteigerungsbedingungen müßten - nach Überarbeitung des Sachverständigengutachtens - neu festgesetzt werden. Da dies eine zeitliche Verzögerung nach sich ziehe, sei auch im Interesse des Verpflichteten "in sinngemäßer Anwendung des § 188 ZPO (§ 78 EO)" spruchgemäß zu entscheiden.

Das Rekursgericht wies den gegen diesen Beschluß gerichteten Rekurs des Verpflichteten als unzulässig zurück. Gemäß § 78 EO hätten - soweit die Exekutionsordnung nicht anderes anordnet - auch im Exekutionsverfahren die allgemeinen Bestimmungen der ZPO über das Verfahren und die mündliche Verhandlung zur Anwendung zu kommen. Es seien daher auch die Bestimmungen der §§ 171 bis 225 ZPO im Exekutionsverfahren anzuwenden. Gemäß § 188 ZPO könne angeordnet werden, daß über mehrere in der selben Klage erhobene Ansprüche getrennt verhandelt werde. Eine sinngemäße Anwendung dieser Bestimmung auf das vorliegende Exekutionsverfahren sei möglich, zumal es fünf verschiedene, voneinander unabhängige Grundbuchskörper, somit verschiedene Exekutionsobjekte betreffe. Gemäß § 192 Abs 2 ZPO könne ua die nach § 188 ZPO erlassene Anordnung durch ein Rechtsmittel nicht angefochten werden. Infolge des § 78 EO gelte diese Rechtsmittelbeschränkung auch im Exekutionsverfahren, weshalb der Rekurs der verpflichteten Partei als unzulässig zurückzuweisen sei. Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil eine Rechtsprechung zur Anwendbarkeit der Bestimmungen der §§ 188, 192 Abs 2 ZPO im Exekutionsverfahren nicht vorhanden sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Verpflichteten ist nicht berechtigt.

Gemäß § 78 gelten - soweit nichts anderes angeordnet ist - auch im Exekutionsverfahren die allgemeinen Bestimmungen der ZPO, und zwar ua der erste Teil über die Parteien (§§ 1 bis 73 ZPO), das Verfahren (§§ 74 - 170 ZPO) und die mündliche Verhandlung (§§ 171 bis 225 ZPO) (Holzhammer, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht4 27; Rechberger/Simotta, Exekutionsverfahren**2 Rz 2).

Gemäß § 188 Satz 1 ZPO kann das Gericht anordnen, daß über mehrere in derselben Klage erhobene Ansprüche getrennt verhandelt werde. Das Erstgericht hat sich bei seiner Beschlußfassung zu Recht auf diese Bestimmung gestützt, die nach § 78 EO auch im Exekutionsverfahren anzuwenden ist. Entgegen der Ansicht des Verpflichteten handelt es sich bei der Bestimmung des § 188 Satz 1 ZPO nicht um eine Vorschrift, die schon ihrer Natur nach nur auf das mit einer Klage eingeleitete Erkenntnisverfahren angewendet werden kann (vgl Heller/Berger/Stix 757).

Vielmehr kann eine Trennung bei einem mehrere Liegenschaften betreffenden Zwangsversteigerungsverfahren durchaus aus verfahrensökonomischen Gründen zweckmäßig sein, weshalb § 188 Satz 1 ZPO auch hier anzuwenden ist (vgl zur deutschen Rechtslage Leipold in Stein/Jonas, ZPO21 Rz 4 zu § 145; Peters in MünchKommZPO, Rz 3 zu 3 145; Steiner/Riedel, ZVG8 Rz 9 zu § 18). Dem steht auch nicht die Sonderbestimmung des § 22 EO über die Verbindung des Vollzuges der von einem Gläubiger gegen denselben Verpflichteten auf mehrere Liegenschaften geführten Exekutionen entgegen. Aus dieser Bestimmung kann nicht abgeleitet werden, daß die Verweisungsbestimmung des § 78 EO insofern einzuschränken wäre, daß § 188 Satz 1 ZPO im Exekutionsverfahren nicht anwendbar wäre. Durch eine Trennung der mehrere Liegenschaften betreffenden Zwangsversteigerungsverfahren wird die verfahrensrechtliche Stellung des Verpflichteten nicht beeinträchtigt, weil die Trennung nach § 188 ZPO nicht bewirkt, daß ein Prozeß in mehrere Prozesse zerlegt wird (Neuwirth in Fasching II 894). Da es sich hiebei ausschließlich um eine Frage der Zweckmäßigkeit handelt, durch die Weitwendigkeiten und Verzögerungen vermieden werden sollen, wird durch die jederzeit wieder aufhebbare Trennung die Einheit des Exekutionsverfahrens nicht beseitigt (vgl Fasching, ZPR**2 Rz 787). Daher könnte der Verpflichtete unter Bekämpfung der Versteigerungsbedingungen jedenfalls geltend machen, daß die gemeinsame Versteigerung mehrerer oder aller Liegenschaften vorteilhafter wäre (vgl EvBl 1994/146 = SZ 67/77).

Der vom Erstgericht somit zutreffend auf § 78 EO, § 188 Satz 1 ZPO gestützte Beschluß ist jedoch gemäß § 78 EO, § 192 Abs 2 ZPO nicht anfechtbar. Das Rekursgericht hat somit den Rekurs des Verpflichteten mit dem angefochtenen Beschluß zutreffend zurückgewiesen, weshalb dem dagegen gerichteten Rekurs des Verpflichteten ein Erfolg zu versagen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO, §§ 40, 50 ZPO.