JudikaturJustiz3Nc6/23x

3Nc6/23x – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. April 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen 1. *, und 2. *, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Bezirksgericht Meidling zurückgestellt.

Text

Begründung:

[1] Der im Sprengel des Bezirksgerichts Rohrbach wohnhafte * S*, stellte als Pflegevater am 21. 2. 2023 anwaltlich vertreten beim Bezirksgericht Meidling, in dessen Sprengel die beiden Minderjährigen derzeit in einem Krisenzentrum wohnhaft sind, einen obsorgerechtlichen Antrag. Das Bezirksgericht Meidling sprach mit Beschluss vom 22. 2. 2023 in limine litis aus, zur („weiteren“) Führung des Verfahrens nicht zuständig zu sein, und überwies die Rechtssache an das Bezirksgericht Rohrbach. Dieses sprach mit Beschluss vom 23. 3. 2023 aus, die Pflegschaftssache nicht zu übernehmen, und retournierte den Akt an das Bezirksgericht Meidling.

[2] Dieses legt den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den negativen Kompetenzkonflikt nach § 47 JN vor.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die Vorlage ist verfrüht.

[4] Die – vom Obersten Gerichtshof im Fünfersenat nach § 6 OGHG zu treffende (RS0126085) – Entscheidung über einen positiven oder negativen Kompetenzkonflikt iSd § 47 JN setzt voraus, dass beide konfligierenden Gerichte ihre Zuständigkeit rechtskräftig bejaht oder verneint haben (RS0118692; RS0046354; RS0046374). Dies gilt auch bei der hier gegebenen Konstellation eines vom Adressatgericht nicht akzeptierten Überweisungsbeschlusses nach § 44 JN (8 Nc 7/08h; 9 Nc 1/15v; 5 Nc 12/16h; 4 Nc 7/18v; 6 Nc 30/22x; RS0046374 [T9]; RS0118692 [T7]).

[5] Es ist weder ersichtlich, dass der Beschluss des Bezirksgerichts Meidling noch, dass jener des Bezirksgerichts Rohrbach den aktenkundigen Parteien (§ 38 AußStrG) zugestellt wurde und in Rechtskraft erwuchs. Die Zustellung des Beschlusses des Bezirksgerichts Meidling wurde von der Gerichtsabteilung 2 des Bezirksgerichts Rohrbach zwar verfügt, die Durchführung dessen ist aber nicht ersichtlich (weder Abfertigungsvermerk noch Rückscheine vorhanden). Für eine Zustellung des Beschlusses des Bezirksgerichts Rohrbach fehlt jeder Anhaltspunkt.

[6] Wenn das Bezirksgericht Meidling einen negativen Kompetenzkonflikt zur Entscheidung an den Obersten Gerichtshof vorlegen will, muss es vorher für die Zustellung der Beschlüsse sorgen und die Rechtskraft abwarten. Der Akt wird dem Bezirksgericht Meidling, an das die Sache dem Inhalt nach (zurück )überwiesen wurde, zurückgestellt (7 Nc 24/09b; 5 Nc 12/16h).

[7] Bei den Zustellungen an die aktenkundigen Parteien (§ 38 AußStrG) wird jedenfalls auch das Folgende zu berücksichtigen sein:

[8] Ausweislich des Antrags hatten die Kinder über viele Jahre bis vor kurzem (19. 1. 2023 – Kindesabnahme) einen zweiten – mit dem Antragsteller zusammenlebenden – Pflegevater, Dr. * B*, sodass auch dieser als aktenkundige Partei iSd § 38 AußStrG anzusehen ist.

[9] Ausweislich der Beilage ./2 zum Antrag hat die Kinder- und Jugendhilfeträgerin die Obsorge für den jüngeren Buben nur im Bereich Pflege und Erziehung. Wem die Obsorge im Übrigen zukommt, wird zB durch Einsichtnahme in den Akt * des Bezirksgerichts Urfahr, den das Bezirksgericht Meidling mit ON 6 bereits anforderte (siehe auch den Übertragungsbeschluss des Bezirksgerichts Urfahr gemäß § 111 JN vom 29. 3. 2023, GZ*), zu ermitteln sein.