JudikaturJustiz2Ob3/24s

2Ob3/24s – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Januar 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende sowie die Hofräte MMag. Sloboda, Dr. Thunhart, Dr. Kikinger und die Hofrätin Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F *, vertreten durch Poduschka Partner Anwaltsgesellschaft mbH in Linz, gegen die beklagte Partei V*, vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 13.717,17 EUR sA und Feststellung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 10. November 2023, GZ 2 R 148/23g 31, mit dem den Berufungen beider Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr vom 29. Juni 2023, GZ 3 Cg 60/21f 23, nicht Folge gegeben wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass es – unter Einschluss der rechtskräftigen Teilabweisung des Zahlungsbegehrens und der Abweisung des Feststellungsbegehrens – insgesamt lautet:

1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 2.286,19 EUR samt 4 % Zinsen seit 7. Oktober 2021 binnen 14 Tagen zu zahlen.

2. Das Mehrbegehren,

a) die beklagte Partei sei darüber hinaus schuldig, der klagenden Partei weitere 11.430,98 EUR samt 4 % Zinsen seit 15. Oktober 2009 zu zahlen und das Zinsenmehrbegehren von 4 % Zinsen aus 11.430,98 EUR von 15. Oktober 2009 bis 6. Oktober 2021, sowie

b) es werde mit Wirkung zwischen der klagenden und beklagten Partei festgestellt, dass die beklagte Partei für jeden Schaden hafte, welcher der klagenden Partei aus dem Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung im Motortyp EA189 des VW Tiguan Sport Style TDI 4MOTION Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN): * zukünftig entstehe,

wird abgewiesen.“

3. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 6.115,98 EUR (darin enthalten 762,15 EUR USt und 1.342,50 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

[1] Der Kläger erwarb am 15. 10. 2009 ein von der Beklagten hergestelltes, mit einem Dieselmotor des Typs EA189 ausgestattetes, gemäß VO (EG) Nr 715/2007 nach der Abgasnorm Euro 5 zertifiziertes Fahrzeug um 45.723,78 EUR. Bei Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger war darin eine Motor-Software verbaut, die erkannte, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand (NEFZ = Modus 1) oder im normalen Fahrbetrieb im Straßenverkehr befand (= Modus 0; in der Folge auch: Umschaltlogik). So wurde die Abgasrückführung im NEFZ erhöht, wodurch es zu einer Reduktion der Stickstoff (NOx )Emissionen kam.

[2] Der Kl äger ging beim Abschluss des Kaufvertrags davon aus, dass das Fahrzeug den geltenden Normen entspricht. Er wollte kein Fahrzeug, das mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet ist. Er hatte keine Kenntnis von der bei dem Fahrzeug verbauten Umschaltlogik. Wäre ihm bei Abschluss des Kaufvertrags bekannt gewesen, dass sein Fahrzeug mit einer Abschalteinrichtung ausgestattet ist, die von der akkreditierenden Behörde als unzulässig eingestuft werden könnte und aufgrund der der Entzug der Zulassung droht, hätte er das Fahrzeug nicht, zumindest nicht um den vereinbarten Kaufpreis erworben .

[3] Im Herbst 2015 forderte das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) die Beklagte auf, diese unzulässige Abschalteinrichtung bei allen Fahrzeugen mit dem Aggregat EA189 Euro 5 zu entfernen. Seit Juni 2016 stand eine mit dem KBA abgestimmte und von diesem freigegebene technische Maßnahme zur Entfernung der Abschalteinrichtung zur Verfügung (Software-Update). Im Jänner 2018 ließ der Kläger am Fahrzeug das kostenlose Software-Update durchführen. Ihm wurde erklärt, dass einige Einstellungen geändert würden und dann alles in Ordnung sei.

[4] Das Software-Update eliminiert die Umschaltlogik und bewirkt, dass das Fahrzeug durchgehend im Modus 1 betrieben wird, in dem (von Anfang an) ein „Thermofenster“ programmiert war, das dazu dient, dass die volle Abgasrückführung nur in einem Temperaturbereich zwischen 15 Grad Celsius und 33 Grad Celsius bis zu einer Seehöhe von 1.000 Metern erfolgt . Bei Temperaturen dar über oder darunter wird die Abgasrückführung sukzessive reduziert, um Bauteile zu schonen.

[5] Derzeit besteh en auf dem Gebrauchtwagenmarkt keine Preisnachteile für das Fahrzeug des Klägers, das einen Verkehrswert von 12.800 EUR aufweist.

[6] Der Kläger begehrt mit seiner am 30. 9. 2021 bei Gericht eingebrachten Klage von der beklagten Fahrzeugherstellerin die Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 13.717,17 EUR (30 % des Kaufpreises) sowie die Feststellung der Haftung für aus dem Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung im Motortyp EA189 resultierenden Schäden an seinem Fahrzeug. Die Beklagte habe das Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet und so die Typengenehmigung erschlichen. Hätte er davon gewusst, hätte er das Fahrzeug nicht um den vereinbarten Preis erworben, sondern um den begehrten Betrag weniger gezahlt, der auch dem aufgrund der unzulässigen Abschalteinrichtung reduzierten Verkehrswert entspreche. Dass durch das Software-Update keine Beseitigung der verbotenen Abschalteinrichtung erfolgt sei, sei erst Anfang 2019 medial bekannt geworden. Sein Schadenersatzanspruch sei daher nicht verjährt.

[7] Die Beklagte wendet zusammengefasst ein, der Kläger habe keinen Schaden erlitten, weil das Fahrzeug uneingeschränkt nutzbar und der Wert des Fahrzeugs zum Schluss der mündlichen Verhandlung maßgeblich sei. Im Rahmen der Vorteilsausgleichung sei nämlich die Aufwertung durch das Software-Update zu berücksichtigen, sodass kein verminderter Verkehrswert (mehr) vorliege. Die Verwendung des Thermofensters entspreche dem Stand der Technik und verstoße nicht gegen Art 5 Abs 2 VO (EG) Nr 715/2007. Jedenfalls könne ihr insoweit kein auch nur fahrlässiger Normverstoß angelastet werden, weil sie das Thermofenster dem KBA gegenüber offengelegt und dieses das Software-Update freigegeben habe. Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit der Rechtsansicht des KBA hätten nicht vorgelegen. Allfällige Schadenersatzansprüche seien verjährt, weil die „NOx Thematik“ im Zusammenhang mit EA189 Fahrzeugen bereits seit Mitte September 2015 bekannt sei. Jedenfalls mit Durchführung des Software-Updates habe die Verjährungsfrist zu laufen begonnen.

[8] Das Erstgericht gab dem Zahlungsbegehren im Umfang von 6.858,57 EUR (15 % des Kaufpreises) samt 4 % Zinsen seit 7. Oktober 2021 statt und wies das Zahlungsmehr- sowie das Feststellungsbegehren ab. Die Umschaltlogik sei eine verbotene Abschalteinrichtung. Dem Kl äger sei ein Schaden entstanden, der darin bestehe, dass die Nutzungsmöglichkeit seines Fahrzeugs eingeschränkt sei und sich sein Vermögen mit dem Erwerb des mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestatteten Fahrzeugs infolge unrichtiger Übereinstimmungsbescheinigung nicht entsprechend den objektiv berechtigten Verkehrserwartungen zusammensetze. Das Software-Update habe den mangelhaften Zustand nicht beseitigt, weil aufgrund des Thermofensters weiterhin eine unzulässige Abschalteinrichtung vorliege. Es sei unter Anwendung des § 273 ZPO eine (schadenersatzrechtliche) Preisminderung von 15 % des Kaufpreises angemessen. Der Schadenersatzanspruch sei nicht verjährt, weil der Kläger nach Durchführung der vom KBA freigegebenen Maßnahme nicht mit dem Fortbestand einer unzulässigen Abschalteinrichtung rechnen habe müssen. Vom Thermofenster habe er erst weniger als drei Jahre vor Einbringung der Klage erfahren. Das Feststellungsbegehren bestehe nicht zu Recht, weil die vom Kl äger im Rahmen des Feststellungsbegehrens geltend gemachten Spät- und Dauerfolgen nicht im Rechtswidrigkeitszusammenhang der unionsrechtlichen Schutzgesetze stünden.

[9] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und schloss sich im Wesentlichen der Rechtsansicht des Erstgerichts an. Ergänzend führte es aus, die Beklagte habe kein ausreichendes Tatsachensubstrat behauptet, aus dem sich ein allfälliger Verbotsirrtum im Zusammenhang mit dem verbauten „Thermofenster“ ergebe. Die ordentliche Revision ließ es zu, weil die Rechtsprechung zum notwendigen Umfang des Tatsachenvorbringens zur Beurteilung eines Verbotsirrtums uneinheitlich erscheine, hinsichtlich der Differenzierung zwischen Sach- und Rechtsmängel bei der Verjährung noch keine gesicherte Rechtsprechung vorliege und sich aus 6 Ob 160/21d allenfalls ein gegenteiliger Standpunkt zur Verjährung ableiten lasse.

[10] Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Abänderungsantrag, die Klage zur Gänze abzuweisen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[11] Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[12] Die Revision ist zulässig , weil den Vorinstanzen bei Ausmittlung der Schadenshöhe eine aufzugreifende Fehlbeurteilung unterlaufen ist. Sie ist auch teilweise berechtigt .

[13] Die Beklagte argumentiert, allfällige Schadenersatzansprüche seien verjährt, weil der Kläger spätestens bei Durchführung des Software-Updates gewusst habe, dass auch sein Fahrzeug von der Dieselproblematik betroffen sei. Wann er das Fehlschlagen des Verbesserungsversuchs erkannt hat, sei im Rahmen deliktischer Schadenersatzansprüche und daher gegenüber der Beklagten nicht entscheidend. Auf die Kenntnis einer abstrakten Gefahr einer Betriebsuntersagung komme es als rechtliche Schlussfolgerung verjährungsrechtlich nicht an. In der Implementierung des Thermofensters liege nicht einmal ein fahrlässiger Normverstoß, sei dieses doch dem KBA gegenüber offengelegt worden und von diesem unbeanstandet geblieben. Ein Schaden sei dem Kläger nicht entstanden. Es gebe keinen Preisverfall. Überdies habe sich der Kläger auch den Vorteil aus der bisher erfolgten Nutzung des Fahrzeugs anrechnen zu lassen.

[14] 1. Dass sowohl die Umschaltlogik als auch das – nach Durchführung des Software-Updates (weiterhin) implementierte – Thermofenster eine gemäß Art 5 Abs 2 VO 715/2007/EG verbotene Abschalteinrichtung darstellt (vgl jüngst 6 Ob 16/23f Rz 11 ff ), zieht die Revision nicht mehr in Zweifel, sodass darauf nicht mehr näher einzugehen ist (RS0043352 [T30]).

2. Verjährung

[15] Der Oberste Gerichtshof geht in seiner jüngeren Rechtsprechung auch im Zusammenhang mit deliktischen Schadenersatzansprüchen (gegen die auch hier Beklagte) davon aus, dass die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 1489 erster Satz ABGB für den Kläger erst zu dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, zu dem er davon Kenntnis erlangte, dass trotz des Software-Updates nach wie vor vom Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung auszugehen ist, weil er davor mit gutem Grund annehmen durfte, dass der aufgetretene Schaden zur Gänze behoben wurde und daher die Geltendmachung weiterer Ansprüche nicht in Betracht komme ( 7 Ob 169/23p Rz 17; 9 Ob 33/23b Rz 24 f; 10 Ob 31/23s Rz 63 f). Die Rechtsansicht der Vorinstanzen zur Verjährung steht im Einklang mit dieser – auch vom erkennenden Senat als zutreffend erachteten – Rechtsprechung. Stichhaltige Gründe, davon abzugehen, zeigt die Revision nicht auf. Die insoweit gegenteilige Entscheidung 6 Ob 160/21d, die für den Beginn der Verjährung ausschließlich auf die Kenntnis der Betroffenheit vom Abgasskandal abstellt, ist insoweit vereinzelt geblieben und aufgrund der wiedergegebenen aktuellen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs überholt.

3. Rechtsirrtum – Thermofenster

[16] 3.1 Wird ein Schadenersatzanspruch auf die Verletzung eines Schutzgesetzes gestützt, dann hat der Geschädigte den Schadenseintritt und die Verletzung des Schutzgesetzes als solche zu beweisen. Für Letzteres reicht der Nachweis aus, dass die Schutznorm objektiv übertreten wurde ( RS0112234 ). Dem Schädiger obliegt hingegen der Beweis, dass ihn an der Übertretung dieses Schutzgesetzes kein Verschulden traf (RS0112234 [T17]). Derjenige, der sich unter Berufung auf einen unvermeidbaren Rechtsirrtum entlasten will, muss sowohl den Rechtsirrtum als solchen als auch die Unvermeidbarkeit des Rechtsirrtums konkret darlegen und beweisen (RS0112234 [T37]). Nach der Rechtsprechung kann ein Rechtsirrtum entschuldbar sein, wenn ein deckungsgleicher Irrtum einer Behörde vorliegt oder ein Rechtsakt einer Behörde Grundlage für den Rechtsirrtum ist ( 6 Ob 155/22w Rz 72 mwN).

[17] 3.2 Dass das Inverkehrbringen der Fahrzeuge mit der Umschaltlogik einen Verstoß gegen die VO 715/2007/EG darstellt, an dem die Beklagte auch ein Verschulden trifft, bezweifelt sie zutreffend selbst nicht. Ob sie am Fehlschlagen des Versuchs, die unzulässige Abschalteinrichtung durch das Software-Update zu beseitigen, ein Verschulden trifft (oder nicht), ist aber unbeachtlich. Schlägt – wie hier – der Versuch einer Schadensbeseitigung (verschuldet oder unverschuldet) fehl, hat es bei ihrer Haftung zu bleiben. Darauf, ob die Beklagte hinsichtlich der Unzulässigkeit des Thermofensters (auch) ein Verschulden trifft, kommt es daher nicht an (vgl 6 Ob 84/23f Rz 32 f ).

4. Schadenshöhe

[18] 4.1 Aufgrund der – bei der Ausmittlung der Ersatzleistung primär zu berücksichtigenden – unionsrechtlichen Vorgaben, wonach die Sanktionen für Verstöße gegen die Vorschriften der VO 715/2007/EG wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen und nationale Vorschriften dem Erwerber die Erlangung eines angemessenen Schadenersatzes nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen, ist jedenfalls ein angemessener Schadenersatzbetrag zu gewähren, der innerhalb einer Bandbreite von 5 % (aus Gründen unionsrechtlicher Effektivität als Untergrenze) und 15 % (aus Gründen unionsrechtlicher Verhältnismäßigkeit als Obergrenze) des Kaufpreises anzusetzen ist. Das Erstgericht kann den zu ersetzenden Betrag im Sinn des § 273 Abs 1 ZPO nach freier Überzeugung – selbst mit Übergehung eines von der Partei angebotenen (etwa: Sachverständigen )Beweises – innerhalb de r Bandbreite von 5 % und 15 % des vom Kläger gezahlten und dem Wert des Fahrzeugs angemessenen Kaufpreises fest setzen. Ein allfälliges Parteivorbringen, dass Fahrzeuge auch nach Kenntnis des „Abgasskandals“ (insbesondere am Gebrauchtwagenmarkt) zum gleichen Preis wie vor dieser Kenntnis gehandelt wurden, wäre bei der Ermittlung des Schadenersatzbetrags nach § 273 Abs 1 ZPO aufgrund der genannten unionsrechtlichen Vorgaben, einen angemessenen Betrag zu ermitteln, ohne Bedeutung und somit auch kein Grund für die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Steht aber – wie im vorliegenden Fall – das Nichtvorliegen eines (merkantilen) Minderwerts fest, ist dies ein Grund dafür, den zu zahlenden Betrag im unteren Bereich der Bandbreite festzusetzen ( 10 Ob 27/23b Rz 39 f mwN ; 8 Ob 88/22g Rz 25 ; 8 Ob 90/22a Rz 26). Zu berücksichtigen ist auch, ob der Käufer das Fahrzeug auch in Kenntnis des umweltschädlichen Mangels erwerben hätte wollen und es nach Aufdeckung behält und weiter verwendet (vgl 8 Ob 90/22a Rz 25).

[19] 4.2 Die Beklagte verweist daher insoweit zutreffend auf die jedenfalls überhöhte Festsetzung des Ersatzbetrags an der Obergrenze. Berücksichtigt man den bereits lange zurückliegenden Fahrzeugerwerb sowie den Umstand, dass das Fahrzeug nach wie vor rund 28 % des Ursprungswerts aufweist und nach dem durchgeführten Software-Update kein merkantiler Minderwert (mehr) besteht, ist die Festsetzung des Ersatzbetrags an der Untergrenze angemessen. Dass der Kläger das Fahrzeug bei Kenntnis nicht oder jedenfalls nicht um den vereinbarten Preis erworben hätte, fällt in Anbetracht der dennoch erfolgten Weiterverwendung nicht (mehr) maßgeblich ins Gewicht. Bei einer Gesamtbetrachtung erscheint daher insbesondere aufgrund der nicht vorhandenen (merkantilen) Wertminderung die Festsetzung des Ersatzbetrags mit 5 % des – bei Mangelfreiheit unstrittig auch angemessenen – Kaufpreises als geboten.

[20] 4.3 Eine Vorteilsausgleichung im Zusammenhang mit einem Nutzungsvorteil im Sinn eines Benützungsentgelts kann schon deshalb nicht stattfinden, weil eine solche nicht von Amts wegen, sondern nur über Einwendungen des insoweit behauptungs- und beweispflichtigen Schädigers zu erfolgen hat (RS0036710). Die Beklagte hat sich aber im Rahmen ihres Vorteilsausgleichseinwands nur darauf berufen, dass nach Durchführung des Software-Updates keine Wertminderung (mehr) vorliegt. Auf einen auch zu berücksichtigenden – ohnehin nicht näher bezifferten – Nutzungsvorteil hat sie sich in erster Instanz nicht berufen. Ob bzw inwieweit daher auch die erfolgte Fahrzeugnutzung im Rahmen der Vorteilsanrechnung etwa durch ein Benützungsentgelt zu berücksichtigen ist, kann daher dahinstehen.

[21] 4.4 Der Beginn des Zinsenlaufs ist in dritter Instanz unstrittig.

[22] 5. Die Abänderung der Entscheidung bedingt eine Neufassung der Kostenentscheidung.

[23] Diese stützt sich für das Verfahren erster Instanz auf §§ 43 Abs 1, 50 ZPO. Das Kostenprivileg des § 43 Abs 2 ZPO kommt dem Kläger aufgrund offenkundiger Überklagung nicht zu Gute ( RS0035993 ). Der Kläger drang in erster Instanz mit rund 15 % durch. Er hat daher der Beklagten 70 % ihrer Vertretungskosten (3.411,45 EUR netto) und 85 % der Barauslagen (1.275 EUR) zu ersetzen, wobei der Fristerstreckungsantrag vom 14. 10. 2022 nicht zu honorieren war. Hingegen hat der Kläger Anspruch auf 15 % seiner Barauslagen (343,80 EUR).

[24] Im Berufungsverfahren unterlag der Kläger mit seiner Berufung zur Gänze. Er hat daher der Beklagten gemäß §§ 41, 50 ZPO ihre Berufungsbeantwortungskosten (1.215,56 EUR netto) zu ersetzen.

[25] Hingegen obsiegte die Beklagte mit ihrer Berufung und Revision zu rund 30 %. Sie hat daher dem Kläger 40 % der Berufungs- (365,04 EUR netto) und Revisionsbeantwortungskosten (250,64 EUR netto) zu ersetzen und erhält 30 % der jeweils getragenen Pauschalgebühr (insgesamt: 411,30 EUR).

[26] Nach gebotener Saldierung der wechselseitigen Kostenersatzansprüche ( 2 Ob 241/22p Rz 51 mwN) verbleibt zu Gunsten der Beklagten ein Vertretungskostenersatzanspruch von 4.011,33 EUR netto und Barauslagenersatz in Höhe von 1.342,50 EUR. Leistungen eines österreichischen Rechtsanwalts für einen ausländischen Unternehmer unterliegen nicht der österreichischen Umsatzsteuer ( RS0114955 ). Da die Klägerin ihren Sitz in Deutschland hat, ist lediglich die in Deutschland zu entrichtende und auch so verzeichnete Umsatzsteuer (19 %) zuzusprechen (RS0114955 [T12]).