JudikaturJustiz2Ob27/01m

2Ob27/01m – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Februar 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stadt Wien, MA 17 - Wiener Wohnen, Dieselgasse 1 3, 1100 Wien, vertreten durch Dr. Michael Ott, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Johann D*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Berger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 30. August 2000, GZ 40 R 259/00k 22, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Favoriten vom 31. März 2000, GZ 5 C 516/99y 18, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Bezirksgericht Favoriten als für die beklagte Partei zuständigem Pflegschaftsgericht zur Entscheidung gemäß § 6a ZPO übermittelt .

Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Pflegschaftsgerichtes unterbrochen .

Text

Begründung:

Das Erstgericht erkannte die auf die Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 Z 3 erster und zweiter Fall MRG gestützte Aufkündigung des Mietvertrages über die vom Beklagten gemietete Wohnung für wirksam.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

In seiner außerordentlichen Revision beantragt der Beklagte ausdrücklich die Überprüfung seiner Prozessfähigkeit und behauptet, er sei seit Beginn des Verfahrens prozessunfähig. Er habe sich bereits vor Jahren in der Betreuung des psychosozialen Dienstes befunden und zeige offenbar Symptome einer Paranoia. Eine Überprüfung der Prozessfähigkeit habe aber bisher nicht stattgefunden, obwohl insbesondere in der Tagsatzung vom 25. 2. 2000, in welcher er seine Aussage geleistet habe, deutlich erkennbar gewesen sei, dass Zweifel an seiner Prozessfähigkeit angebracht seien. Überdies habe sein Vertreter bereits in der Tagsatzung vom 14. 9. 1999 darauf hingewiesen, dass das Verhalten des Beklagten im Lichte der §§ 273 ff ABGB zu betrachten sei. Infolge Vorliegens der Prozessunfähigkeit bereits bei Zustellung der Aufkündigung und Durchführung des Verfahrens ohne vorherige Bestellung eines Sachwalters sei der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 5 ZPO gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu wurde erwogen:

Wird der Nichtigkeitsgrund mangelnder Prozessfähigkeit - wie hier - erst im Revisionsverfahren geltend gemacht, ist es dem Obersten Gerichtshof verwehrt, die Prozessfähigkeit einer Partei, die der inländischen Pflegschaftsgerichtsbarkeit unterliegt, nach der Aktenlage selbst zu beurteilen. Darin manifestiert sich der Grundsatz, dass es gemäß § 6a ZPO ausschließlich Aufgabe des Pflegschaftsgerichtes ist, über die Frage der Notwendigkeit der Bestellung eines Sachwalters zur Vertretung einer Prozesspartei zu entscheiden. An eine solche Entscheidung ist der Oberste Gerichtshof gebunden, weshalb zur Prüfung der Behauptung des Beklagten, er sei seit Prozessbeginn prozessunfähig und bedürfe eines Sachwalters, die Aktenübersendung an das Pflegschaftsgericht anzuordnen ist (1 Ob 169/99f; 6 Ob 102/00v; RIS Justiz RS0035231, RS0035270). Ein allenfalls bestellter Sachwalter wäre zur Stellungnahme aufzufordern, ob er das bisherige Verfahren genehmigt (vgl 9 Ob 11/98b; RIS Justiz RS0107438).

Das Verfahren über die außerordentliche Revision des Beklagten ist bis zur Mitteilung über die Entscheidung des Pflegschaftsgerichtes nach § 6a ZPO zu unterbrechen (1 Ob 169/99f; RIS Justiz RS0035234).