JudikaturJustiz2Ob222/12d

2Ob222/12d – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. November 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 22. November 2005 verstorbenen J*****, aus Anlass des (richtig) außerordentlichen Revisionsrekurses des Noterben E*****, vertreten durch Mag. Christian Anetter, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 23. August 2012, GZ 5 R 115/12m-153, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Weiz vom 17. April 2012, GZ 1 A 53/06b-144, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, vorerst über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu entscheiden.

Text

Begründung:

Die Entscheidung des Rekursgerichts wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter des Noterben im elektronischen Rechtsverkehr zugestellt, wobei nach dem aktenkundigen ERV Zustellnachweis der Zustellungszeitpunkt gemäß § 89d Abs 2 GOG (idF BGBl I 2012/26) auf den 18. 9. 2012 fiel.

In dem am 3. 10. 2012 ebenfalls im elektronischen Rechtsverkehr beim Erstgericht eingebrachten Schriftsatz nahm der Noterbe folgende Reihung seiner Rechtsmittel bzw Rechtsbehelfe vor: „I. Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand; II. Zulassungvorstellung gemäß § 63 AußStrG; III. Ordentlicher Revisionsrekurs“.

Das Erstgericht hielt in einem Amtsvermerk fest, dass seiner Ansicht nach die elektronisch eingebrachte „Zulassungsvorstellung“ im Hinblick auf § 89d Abs 2 GOG rechtzeitig sei, sodass über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vorerst) keine Entscheidung ergehe. Es legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über das als außerordentlicher Revisionsrekurs zu behandelnde Rechtsmittel des Noterben vor.

Diese Rechtsmittelvorlage erfolgte verfrüht.

Rechtliche Beurteilung

1. Gemäß § 89d Abs 2 GOG aF galten elektronisch übermittelte gerichtliche Erledigungen und Eingaben (§ 89a Abs 2 GOG) als zugestellt, sobald ihre Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Seit der Novellierung dieser Bestimmung durch das „Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsorganisationsgesetz geändert wird“, BGBl I 2012/26, gilt nunmehr als Zustellungszeitpunkt elektronisch übermittelter gerichtlicher Erledigungen und Eingaben (§ 89a Abs 2 GOG) jeweils der auf das Einlangen in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers folgende Werktag, wobei Samstage nicht als Werktage gelten (zu den Gründen für diese Änderung vgl ErläutRV 1676 BlgNR XXIV. GP). Die neue Regelung ist auf Zustellungen nach dem 1. 5. 2012 anzuwenden (§ 98 Abs 15 Z 1 GOG).

Nach der Aktenlage erfolgte die Zustellung am 18. 9. 2012. Die vierzehntägige Frist für den Revisionsrekurs (§ 65 Abs 1 AußStrG) endete somit am 2. 10. 2012. Das erst am 3. 10. 2012 eingebrachte Rechtsmittel ist demnach verspätet.

2. Die Zurückweisung des verspäteten Revisionsrekurses kommt aber (vorerst) nicht in Betracht:

Nach ständiger Rechtsprechung steht es jeder Partei frei, dem Gericht eine Reihenfolge der Erledigung ihrer Sach und Rechtsmittelanträge durch die Bezeichnung als Haupt- und Eventualanträge vorzugeben. Nur wenn eine Partei keine ausdrückliche Reihung ihrer Anträge vornimmt, ist grundsätzlich zunächst über das den weitergehenden Schutz gewährende Rechtsmittel zu entscheiden (vgl 10 ObS 128/01y; 10 Ob 58/11v; RIS Justiz RS0043274 [T3]).

Im vorliegenden Fall hat der Noterbe eine Reihung seiner Anträge eindeutig dahin vorgenommen, dass zunächst über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entschieden werden soll (vgl 10 Ob 79/06z).

Das Erstgericht wird daher das Verfahren über den Wiedereinsetzungsantrag durchzuführen und über diesen zu entscheiden haben (§ 21 AußStrG).