JudikaturJustiz2Ob178/05y

2Ob178/05y – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Oktober 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Dr. Baumann, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Veith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** reg. GenmbH, *****, vertreten durch Dr. Sieglinde Lindmayr, Dr. Michael Bauer, Dr. Günter Secklehner Rechtsanwalts OEG in Liezen, wider die beklagten Parteien 1) Dobrivoj B*****, 2) Zeljka B*****, beide vertreten durch Scherbaum/Seebacher Rechtsanwälte GmbH in Graz, und 3) Zeljko K*****, wegen EUR 110.232,89 sA, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 6. Juni 2005, GZ 2 R 81/05g 7, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluss des Landesgerichtes Leoben vom 6. Mai 2005, GZ 7 Cg 72/05z 3, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Zurückweisung eines Revisionsrekurses wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Es trifft zwar zu, dass die vom Rekursgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage, ob einem von mehreren Gesellschaftern einer GmbH, der die persönliche Haftung für eine unternehmensbezogene Kreditverbindlichkeit der Gesellschaft übernommen hat und deshalb vom Gläubiger in Anspruch genommen wird, ebenso wie einem geschäftsführenden Alleingesellschafter (7 Ob 315/01a = SZ 2002/18 = JBl 2002, 526 [Karollus] = ÖBA 2003, 11 [P. Bydlinski/Haas] und 58; 9 Ob 27/05v) die Verbrauchereigenschaft abzusprechen ist, in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bisher unbeantwortet blieb (vgl EvBl 2003/137; EvBl 2004/99; 6 Ob 202/04f). Auf die Beantwortung dieser Rechtsfrage kommt es aus den folgenden Erwägungen aber auch im vorliegenden Fall nicht an:

Bei der Prüfung der Zuständigkeit ist gemäß § 41 Abs 2 JN zunächst von den Klagsangaben auszugehen (7 Ob 148/02v; 3 Ob 2/04x uva; RIS Justiz RS0046204). Wird ein anderer als der allgemeine Gerichtsstand in Anspruch genommen, so hat der Kläger schon in der Klage ausdrücklich und konkret jene Tatsachen zu behaupten, die den besonderen Gerichtsstand begründen. Er ist nicht gehalten, Zuständigkeitstatbestände in ihrer rechtlichen Konfiguration zu benennen, er muss aber das erforderliche Tatsachensubstrat vorbringen (7 Ob 202/00g; 7 Ob 148/02v; 3 Ob 2/04x; RIS Justiz RS0046204). Auf Grund der Klagsbehauptungen allein kann die örtliche Zuständigkeit verneint werden, wenn ein Kompetenztatbestand nicht behauptet wird, oder sich die Zuständigkeit aus den Behauptungen rechtlich nicht ergibt (RIS Justiz RS0039812).

Die klagende Partei zieht die Rechtsansicht des Rekursgerichtes nicht in Zweifel, wonach der Gerichtsstand nach § 93 Abs 1 JN, obgleich er in § 14 Abs 1 KSchG nicht ausdrücklich genannt ist, dennoch unmittelbar durch die Beschränkungen des § 14 Abs 1 KSchG getroffen wird, weil er nicht gegeben ist, soweit Prorogationsverbote bestehen (5 Ob 525/90; RIS Justiz RS0046739). Der Gerichtsstand der Streitgenossenschaft kann daher nur mit der Beschränkung des § 14 Abs 1 KSchG begründet werden (8 Ob 108/00s; Mayr in Rechberger, ZPO2, § 93 JN Rz 3), somit bei dem Gericht, in dessen Sprengel der beklagte Verbraucher im Inland seinen allgemeinen Gerichtsstand oder den Beschäftigungsort hat. Das erste Hauptstück des KSchG gilt zufolge dessen § 1 Abs 1 für Rechtsgeschäfte, an denen ein Unternehmer und ein Verbraucher (als Parteien des Rechtsgeschäftes: RIS Justiz RS0065385) beteiligt sind. § 14 Abs 1 KSchG ist daher anzuwenden, wenn ein Verbraucher aus einem solchen Rechtsgeschäft in Anspruch genommen wird. Für die Beurteilung, ob ein Verbrauchergeschäft vorliegt, kommt es ausschließlich auf den Abschlusszeitpunkt an (6 Ob 135/05d). Handelt es sich - wie hier - um einen Bürgschaftsvertrag, liegt ein den zwingenden Bestimmungen des ersten Hauptstückes des KSchG unterliegendes Verbrauchergeschäft somit (nur) dann vor, wenn der Gläubiger der verbürgten Schuld Unternehmer ist und ihm beim Abschluss des Bürgschaftsvertrages ein Verbraucher gegenübersteht, mag sich dieser auch für einen Unternehmer verbürgt haben. Unter diesen Umständen kann eine von den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 14 KSchG abweichende Gerichtsstandsvereinbarung nicht gültig getroffen werden (EvBl 1992/51; RIS Justiz RS0032176). Der nachträgliche Wegfall der Verbrauchereigenschaft bewirkt, wie sich schon aus der Bestimmung des § 1 Abs 3 KSchG über die sogenannten Gründungsgeschäfte ergibt, nicht den Verlust des bei Vertragsabschluss erlangten Schutzes des § 14 Abs 1 KSchG (6 Ob 135/05d).

Die klagende Partei übersieht, dass ihren Angaben in der Klage nicht entnommen werden kann, ob der Drittbeklagte schon bei Abschluss des Bürgschaftsvertrages Gesellschafter der Gesellschaft war. Da sie die fehlende Verbrauchereigenschaft des Drittbeklagten auf dessen (Minderheits )Beteiligung an der Gesellschaft stützt, hätte es zur Begründung des Gerichtsstandes nach § 93 Abs 1 JN bereits in der Klage einer entsprechenden Behauptung bedurft. Dies wäre umso eher geboten gewesen, als sich aus dem „offenen Firmenbuch", auf welches sich die klagende Partei in ihrem Revisionsrekurs erstmals beruft, ergibt, dass der Drittbeklagte erst am 19. 5. 2000, somit 7 Monate nach dem behaupteten Abschluss der Kreditverträge als Gesellschafter der GmbH in das Firmenbuch eingetragen worden ist. Selbst wenn daher auch ein Minderheitsgesellschafter, der sich für eine Kreditschuld der GmbH verbürgt, wirtschaftlich als „Unternehmer" anzusehen wäre, wie dies dem Rechtsstandpunkt der klagenden Partei entspricht, wäre durch die Angaben in der Klage in Ansehung des Drittbeklagten dennoch jene Anwendungsvoraussetzung des § 93 Abs 1 JN nicht ausreichend dargetan, wonach das angerufene Gericht durch Vereinbarung zuständig gemacht werden können muss.

Die Unterlassung der Erteilung eines Verbesserungsauftrages wurde von der klagenden Partei nicht gerügt (EvBl 2005/136).

Bei dieser Sachlage käme der Lösung der vom Rekursgericht als erheblich angesehenen und von der klagenden Partei in ihrem Rechtsmittel ausschließlich relevierten Rechtsfrage nur theoretische Bedeutung zu. Die Anrufung des Obersten Gerichtshofes ist aber nach § 528 Abs 1 ZPO (wie nach § 502 Abs 1 ZPO) nur zulässig, wenn die Entscheidung gerade von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt, die angeschnittene Rechtsfrage also für die Entscheidung präjudiziell ist (RIS Justiz RS0088931 [T2]; weitere Judikaturbeispiele bei Zechner in Fasching/Konecny2 IV/1 § 502 Rz 60).

Da eine solche Rechtsfrage hier nicht zu lösen war, ist der Revisionsrekurs zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO.

Rechtssätze
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